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Ohnet - Ohnmacht

Bild 12.347: Ohnet - Ohnmacht
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Ohnmacht(Syncope, Lipopsychia, Animi deliquium), eine krankhafte Unterbrechung der Gehirnthätigkeit, / 509
Ohnmacht _2(Lipopsychia, Syncope), der Zustand, bei welchem das Bewußtsein schwindet und die von demselben / 357

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Ohnmacht

866 Wörter, 6'272 Zeichen

Medicin — Specielle Pathologie — Nervenkrankheiten

Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888

Ohnmacht

(Syncope, Lipopsychia, Animi deliquium), eine krankhafte Unterbrechung der Gehirnthätigkeit, also des Bewußtseins, der Sinne, der Empfindungsfähigkeit und der willkürlichen Muskelbewegung. Der schwächste Grad ist die Ohnmachtneigung, Schwächeanwandlung, ein Vergehen der Sinne und Kräfte mit Schwindel, Schwarzwerden vor den Augen, Ohrensausen, doch ohne vollständigen Verlust des Bewußtseins und des willkürlichen Bewegungsvermögens.

Glieder, künstliche

Bild 7.430: Glieder, künstliche
* 2 Glieder.

Bei der wirklichen Ohnmacht sind nach gleichen Anfangserscheinungen das Bewußtsein und die Empfindung sowie Bewegung ganz aufgehoben, das Atmen und der Puls sind kaum wahrnehmbar, Stirn, Hände und Füße fühlen sich kalt an, kalter Schweiß bedeckt die Stirn. Der Ohnmachtanfall dauert wenige Minuten bis Stunden, ja sogar Tage. Das Erwachen aus der Ohnmacht geschieht gewöhnlich unter tiefem Seufzen, Gähnen und Strecken der Glieder, [* 2] zuweilen unter Aufstoßen und Abgang von Blähungen.

Der Kranke fühlt sich nach dem Erwachen schwach, meist aber erleichtert. Der höchste Grad der Ohnmacht ist der Scheintod (asphyxia), ein scheinbares Erlöschen, in Wahrheit eine Herabsetzung aller Lebenserscheinungen und aller Funktionen auf ein Minimum bei totenähnlichem Aussehen. Die Ohnmacht ist ein Symptom der verschiedenartigsten krankhaften Zustände: oft hat sie nur die Bedeutung eines unbedeutenden und ganz gefahrlosen Zufalls, in andern Fällen aber, z. B. beim Hitzschlag (s. d.) und bei organischen Hirnkrankheiten, ist sie als eine sehr gefährliche Erscheinung zu betrachten.

Als Ursachen der Ohnmacht sind zu nennen heftige und unerwartete psychische Eindrücke, besonders Überraschung und Schreck, sodann heftige Sinneseindrücke, zumal solche, welche auf den Gehör- und Geruchsinn wirken. Heftiger Schmerz, sehr hohe und sehr niedrige Temperaturgrade, das Atmen von schlechter Luft und irrespirabeln Gasarten, die Einwirkung des Alkohols und des Chloroforms, starken Tabaks, Erschütterungen des Gehirns beim Fall oder Schlagen auf den Kopf, schnelle Zunahme des Drucks auf das Gehirn [* 3] können ebenfalls Ohnmacht hervorrufen.



Ohnvogel - Ohr

Bild 12.348: Ohnvogel - Ohr
* 4 Seite 12.348.

Die gewöhnlichste Ursache der Ohnmacht ist aber eine schnell eintretende Überfüllung des Gehirns mit Blut oder umgekehrt eine schnelle Verminderung des Bluts in der Gehirnmasse. Die bloße Ohnmachtsneigung vergeht, wenn man den Kranken frische Luft atmen läßt, oder wenn man ihm ein wenig kaltes Wasser, Kaffee, Wein zu trinken oder scharf riechende Stoffe, z. B. Salmiakgeist, Eau de Cologne u. dgl., zu riechen gibt. Ist aber eine wirkliche Ohnmacht eingetreten und der Kranke

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niedergesunken, so bringt man ihn in reine, kühle Luft und lockert die eng anliegenden Kleider. Zeigen die Kranken die Symptome der Blutwallung nach den Organen des Kopfes und der Brust, so muß man sie mit dem Kopf und dem Oberleib hoch legen. Diejenigen aber, deren Gesicht [* 5] und Lippen bei der Ohnmacht bleich aussehen, und die aus Ermattung und Säfteverlust ohnmächtig werden, müssen mit dem ganzen Körper horizontal gelagert werden, ohne Unterstützung des Kopfes durch Kissen u. dgl. Die Anwendung stark riechender Substanzen und flüchtiger Reizmittel vermeide man bei solchen, welche vollblütig sind und ein heißes, rotes Gesicht haben; man besprenge hier vielmehr Gesicht und Herzgegend mit kaltem Wasser und gebe kalte Überschläge und Begießungen auf den Kopf. Hat sich ein Kranker den Magen [* 6] überladen und sich dadurch eine Ohnmacht zugezogen, so gebe man ihm reichlich laues Wasser zu trinken, damit Erbrechen eintritt. Bei schwereren Ohnmachten und da, wo die angegebenen Hilfsmittel nicht ausreichen, muß der Arzt so schnell wie möglich herbeigerufen werden.

Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910

Ohnmacht



Ohnmachtfeier - Ohrenk

Bild 62.554: Ohnmachtfeier - Ohrenkrankheiten
* 7 Seite 62.554.

(Lipopsychia, Syncope), der Zustand, bei welchem das Bewußtsein schwindet und die von demselben abhängigen Thätigkeiten des Körpers (Bewegung, Sinnesempfindung) zugleich mit der Atmung und Herzthätigkeit beeinträchtigt sind. Wer in wirkliche Ohnmacht fällt, wird blaß, fühlt sich höchst hinfällig und schwindelig, der Körper versagt ihm seinen Dienst, die Sinne vergehen ihm. Endlich sinkt er um, ist ganz bewegungs- und empfindungslos, die Respiration

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schwach und unregelmäßig, der Herzschlag oft kaum wahrnehmbar, der ganze Zustand ein dem Tode ähnlicher. Der schwächste Grad der Ohnmacht ist die Ohnmachtneigung (Schwächeanwandlung, Flauwerden), bei welcher momentan Sinne und Kräfte schwinden, Schwarzwerden vor den Augen, Schwindel und Ohrensausen eintreten, ohne daß es zum völligen Verlust des Bewußtseins und des willkürlichen Bewegungsvermögens kommt. Die höchsten Grade der Ohnmacht nennt man Scheintod (s. d.). Die Dauer des Ohnmachtsanfalls schwankt zwischen wenigen Minuten bis zu mehrern Stunden, ja mitunter selbst Tagen.

Das Erwachen aus der Ohnmacht erfolgt in der Regel unter tiefem Seufzen und Gähnen, Aufstoßen, leichtem Zucken im Gesicht, Rückkehr der Wärme [* 8] und der roten Lippen. Die Ohnmacht tritt ein nach heftigen Gemüts- und starken Sinneseindrücken, körperlichen Überanstrengungen, namentlich nach langem Stehen, ferner nach raschem Temperaturwechsel, Einatmen schlechter Luft in überfüllten Räumen, heftigen Schmerzen, Blutverlusten u. s. w., ist daher bei den zarter organisierten Individuen (Frauen, schwächlichen Männern) häufiger als bei kräftigen Personen.

Häufig ist die Ohnmacht auch eine Teilerscheinung von Erkrankungen anderer Art (Herzkrankheiten, Hysterie, Hirnkrankheiten) oder Vergiftungen. Manchmal geht die Ohnmacht dem Tode vorher, in den meisten Fällen ist sie aber nur ein vorübergehender Zustand, der entweder aus einer plötzlichen Blutüberfüllung des Gehirns oder auch umgekehrt auf einer schnell eintretenden Blutarmut desselben beruht. In den gewöhnlichen Fällen kann die Wiederkehr des Bewußtseins beschleunigt werden durch Erleichterung der Atmung (Entfernung beengender Kleidungsstücke, frische reine Luft), horizontale Lagerung mit tief gelagertem Kopfe, Hautreize (Bespritzen mit kaltem Wasser, Reiben der Haut, [* 9] Senfteige) oder Sinnesreize (Riechmittel von Salmiakgeist, Essig u. s. w.). Nur wenn der Ohnmächtige ein gerötetes Gesicht und rote Lippen zeigt, was auf Blutandrang nach dem Kopfe deutet, soll man ihn mit dem Kopfe und Oberleib hoch lagern. Nach dem Erwachen aus der Ohnmacht trinke der Patient etwas kaltes Wasser und verweile noch einige Zeit in horizontaler oder halb sitzender Lage.