Parlament | eLexikon | Geschichte - Frankreich - Allgemeines
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- ️Mon Jun 15 1215
Parlament
(engl. Parliament, franz. Parlement), eine ständische Vertretung oder Volksvertretung; davon abgeleitet das Adjektivum parlamentarisch (s. d.). Vor allem heißt Parlament der englische Reichstag, der durch die Magna Charta (s. d.) vom 15. Juni 1215 begründet wurde; dieses wiederholt bestätigte und erweiterte englische Grundgesetz bestimmte, daß Hilfsgelder (aids) außer in den herkömmlichen Fällen und Schildgelder (scutagium) statt der Lehnsdienste nur mit Zustimmung der Versammlung der Barone erhoben werden sollten, für welche in der Mitte des 13. Jahrh. der Ausdruck Parlament gebräuchlich wurde.
Simon v. Montfort berief zwei Ritter aus jeder Grafschaft und zwei Bürger aus gewissen Städten in das Parlament, das 20. Jan. 1265 eröffnet wurde. Unter Eduard II. bestimmte 1322 ein Statut, daß in England nur das Gesetzeskraft haben sollte, was vom König mit Zustimmung der zum Parlament versammelten Prälaten, Grafen, Barone und Gemeinen des Landes verfügt werde; unter Eduard III. (1327-77) traten die ersten beiden Stände zum Ober-, die beiden letztern zum Unterhaus (Haus der Gemeinen, house of commons) zusammen. 1376 machte das Unterhaus den ersten Versuch einer Anklage (impeachment) gegen Lord Latimer; 1377 erhielt es in dem Sprecher ein Organ dem König wie den Lords gegenüber.
Die Macht des Adels wurde durch die blutigen Kriege der beiden Rosen sehr geschwächt, und unter den Tudors, welche überdies durch die Reformation bedeutenden Machtzuwachs gewannen, hatte das Parlament wenig Einfluß, wenn es auch das Steuerbewilligungsrecht behauptete und die Verfassung im wesentlichen unangetastet blieb. Die Versuche der Stuarts, die Rechte des Parlaments zu beschränken und eine unumschränkte Königsgewalt zu errichten, hatten die Hinrichtung Karls I. und die Vertreibung Jakobs II. zur Folge, worauf von Wilhelm III. durch die Bill of rights (13. Febr. 1689) die Grundzüge der Verfassung festgestellt und die Rechte des Parlaments gesichert wurden.
Parlament
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Seite 12.735.Unter dem Haus Hannover, [* 2] das ja vom Parlament auf den Thron [* 3] erhoben wurde, befestigte sich seine Herrschaft immer mehr, indem durch die Act of settlement dem König das Recht, die vom Parlament angeklagten Minister zu begnadigen, entzogen und die Abgaben nur auf ein Jahr bewilligt wurden; daher mußte das Parlament jährlich berufen werden, während seine Wahlperiode unter Georg I. auf sieben Jahre bestimmt wurde. 1707 wurde das schottische Parlament mit dem englischen vereinigt, welches, in ähnlicher Weise wie dieses ¶
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zusammengesetzt, unter den letzten Stuarts und während der englischen Revolution eine herrschende Rolle gespielt hatte. Die Verschmelzung mit dem irischen Parlament erfolgte 1. Jan. 1801; dasselbe, seit dem 13. Jahrh. nachweisbar und seit 1399 auch die Gemeinen umfassend, war indes seit der Reformation keine Vertretung des irischen Volkes, da 1641 alle Verweigerer des Suprematseids ausgeschlossen und 1729 den Katholiken auch das aktive Wahlrecht genommen wurde.
Während zur Zeit der ersten Revolution sich die Parteien der Kavaliere und Rundköpfe, während der Restauration (seit 1660) Royalisten und Presbyterianer im englischen Parlament gegenübergestanden hatten, kamen seit 1680 die Parteinamen Tories und Whigs auf. Beide standen auf dem Boden der Verfassung, die Tories betonten aber vorzugsweise die Anhänglichkeit an die bestehende Gewalt in Staat und Kirche, die Whigs die Unverletzlichkeit der Verfassungsrechte und das Recht des Widerstandes gegen verfassungswidrige Eingriffe der Krone.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrh. traten an die Stelle dieser Parteinamen die der Konservativen und Liberalen, neben denen sich noch eine radikale Partei bildete und die Iren eine besondere Rolle spielten. Zwischen der herrschenden Mehrheit des Unterhauses und dem Ministerium, von dem die hervorragendsten Mitglieder, namentlich der Schatzkanzler, in der Regel Mitglieder des Parlaments sind, muß Übereinstimmung bestehen, und das Ministerium muß, wenn sich die Mehrheit im P. gegen dasselbe erklärt, zurücktreten, um Männern der neuen Majorität Platz zu machen.
Die Zusammensetzung des Unterhauses war bis in das 19. Jahrh. derart, daß es kaum als eine Vertretung des Volkes angesehen werden konnte. Die Katholiken waren vom Recht, zu wählen und gewählt zu werden, ausgeschlossen; viele in neuerer Zeit zu Größe und Bedeutung herangewachsene Städte entbehrten des Wahlrechts, während viele von den Burgflecken (rotten boroughs), denen es zustand, kleinere Ortschaften waren; von 75 hatte keiner 50 Wähler. In 125 Flecken übten 89 Mitglieder des Oberhauses und in weitern 70 andre Personen das Patronat.
Großbritannien
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Großbritannien.Bei der kleinen Anzahl von Wählern hatte sich die Wahlbestechung zu einem System entwickelt. Durch die Zulassung der Katholiken (1829) und die Reformbills von 1832, 1867 und 1884 wurde diesen Übelständen im wesentlichen abgeholfen. Die Vorrechte der Burgflecken wurden beseitigt, durch Ermäßigung des Zensus, der nicht ganz abgeschafft wurde, die Zahl der Wähler auf 5¾ Mill. erhöht, die Zahl der Mitglieder auf 670 festgesetzt und eine neue Einteilung der Wahlkreise nach der Einwohnerzahl vorgenommen (s. Großbritannien, [* 5] Geschichte, S. 837). Das Oberhaus besteht aus den erblichen Peers und den anglikanischen Bischöfen von England (s. Großbritannien, S. 776); die Krone hat das Recht der Peersernennung (Pairsschub), wovon besonders Gebrauch gemacht wird, um die Opposition des Oberhauses zu beseitigen. Nach dem Muster des Mutterlandes sind auch in den englischen Kolonien Parlamente errichtet worden, die ähnlich zusammengesetzt sind.
Die Mitglieder des Parlaments sind wegen ihrer Reden und Abstimmungen in demselben nicht verantwortlich und nur der Disziplin des Hauses, in welchem sie sitzen, unterworfen; dagegen besteht ein Schutz derselben gegen kriminelle Verhaftung nur in beschränktem Maß. Jedes Mitglied des Unterhauses muß sein Mandat niederlegen, wenn es von der Krone ein Amt annimmt. Beide Häuser haben das Recht, die Gesetze zu genehmigen, die Abgaben zu bewilligen und den Staatshaushalt festzustellen; doch werden alle Finanzgesetze zuerst im Unterhaus beraten, und das Oberhaus kann die Beschlüsse des Unterhauses über dieselben im ganzen annehmen oder verwerfen, aber nicht abändern.
Die Krone besitzt das absolute Veto, aber Wilhelm III. hat zum letztenmal davon Gebrauch gemacht. Die Initiative der Gesetzgebung überläßt die Krone meist dem Parlament, indem auch die Gesetze, welche sie beschlossen wünscht, von den Ministern nicht als solchen, sondern als Mitgliedern des Parlaments eingebracht werden. Die Kontrolle der Staatsverwaltung wird vom Parlament durch Interpellation, Einsetzung besonderer Kommissionen, Resolutionen, Adressen und Anklagen sowohl gegen die Minister als gegen jeden andern Beamten ausgeübt.
Die Anklage (impeachment) wird vom Unterhaus beschlossen, vom Oberhaus verhandelt und entschieden. Ohne solches Rechtsverfahren kann die Bestrafung eines Beamten nur durch ein besonderes Gesetz (bill of attainder) erfolgen. Einen wichtigen Teil der Beschäftigung des Unterhauses bilden die Privatgesetze (private bills), da Naturalisationen, die Verleihung der Rechtspersönlichkeit an Gesellschaften, Konzessionen von Eisenbahnen, Lokalstatuten u. a. der Zustimmung des Parlaments bedürfen.
Hut (im Bergbau) - Hut
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Hut (im Bergbau) - Hutcheson.Jeder Antrag wird dreimal verlesen; wird er bei der zweiten Lesung genehmigt, so geht der dritten Lesung und Schlußabstimmung eine Ausschußberatung voraus, indem entweder ein besonderer Ausschuß gewählt wird, oder das Haus sich in ein Komitee unter einem besondern Vorsitzenden (chairman) anstatt des Sprechers zur freiern Beratung auflöst. Nur im Komitee kann ein Mitglied mehr als einmal sprechen und eine Amendierung erfolgen. Wer reden will, erhebt sich und nimmt den Hut [* 6] ab; das Wort erhält der, den »des Sprechers Auge [* 7] zuerst erblickt«. Die Genehmigung der Gesetze erfolgt im Oberhaus, vor dessen Schranken das Unterhaus entboten wird, durch eine königliche Kommission. Wird eine der Lesungen abgelehnt oder auf sechs Monate vertagt, so gilt der Antrag als verworfen.
Man hat amtliche Sitzungsberichte für das Oberhaus seit 1509, für das Unterhaus seit 1547, Aufzeichnung der Reden seit 1680. Eine umfassende Darstellung der Parlamentsverhandlungen geben: »The parliamentary history of England, from the Norman conquest to 1803« (Lond. 1806-20, 36 Bde.);
»The parliamentary debates published under the superintendency of Hansard« von 1803 an.
Die vom Unterhaus jährlich zum Druck beförderten Papiere füllen über 50 Foliobände.
Vgl. May, Treatise upon the law, privileges, proceedings and usage of parliament (9. Aufl., Lond. 1883; deutsch bearbeitet von Oppenheim, 2. Aufl., Leipz. 1880);
Todd, Über die parlamentarische Regierung in England (deutsch, Berl. 1869-71, 2 Bde.);
Derselbe, Parliamentary government in the British colonies (2. Aufl., das. 1887);
Gneist, Das englische Parlament in tausendjährigen Wandlungen (das. 1886).
Parlamentär - Parlando
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Seite 12.736.Eine ganz andre Bedeutung hatte das Parlament in Frankreich; der Name bezeichnete hier die obersten Reichsgerichte. Das älteste war das Parlament von Paris. [* 8] Dasselbe, aus dem alten Pairshof (s. Pairs) entstanden, bestand aus Edelleuten, hohen Geistlichen, königlichen Hofbeamten und rechtskundigen Räten, übte die Funktionen eines obersten Gerichtshofs aus, erkannte in allen Angelegenheiten der Reichsstände und registrierte Gesetze, Edikte und Ordonnanzen. Dies Register hieß vom Anfangswort Olim, und ein Teil (1254-1318) ward 1840 in den »Documents inédits ¶
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sur l'histoire de France« von Beugnot veröffentlicht. 1302 erhielt es seinen festen Sitz in Paris. Sämtliche Pairs hatten Sitz und Stimme im P., außerdem zählte es seit 1344: 3 Präsidenten und 78 Räte, welche seit 1401 vom Parlament selbst bestimmt und 1468 für unabsetzbar erklärt wurden. Franz I. führte die Käuflichkeit der Stellen ein. Zuletzt bestand das Parlament von Paris aus 7 Kammern mit einem Präsidenten, 9 Vizepräsidenten (présidents à mortier, nach der Mütze, die sie trugen), 15 Präsidenten der Kammer und 150 Räten.
Auch in den neuerworbenen Gebieten errichteten die Könige Parlamente, die mit dem Pariser zusammen eine Korporation bildeten, so in Toulouse [* 10] 1302, Grenoble [* 11] 1451, Bordeaux [* 12] 1462, Dijon [* 13] 1477, Rouen [* 14] 1499, Aix 1501, Rennes 1553, Pau [* 15] 1620, Metz [* 16] 1633, Besançon [* 17] 1676, Trévoux 1696, Douai 1713, Nancy [* 18] 1773. Kein Gesetz hatte Gültigkeit, wenn es nicht in die Protokolle der Parlamente eingetragen war, und hierdurch erlangten dieselben, besonders das Pariser, politische Macht.
Verweigerte das Parlament die Eintragung, so konnte der König selbst im P. erscheinen und sie befehlen; dies nannte man ein Lit de justice (s. d.). Schon Richelieu war bestrebt, den Parlamenten ihre Bedeutung zu nehmen, und sprach ihnen in dem Lit de justice vom 20. Febr. 1640 jede politische Gewalt für immer ab. Nach seinem Tod erhob sich das Pariser Parlament wieder, vernichtete das Testament Ludwigs XIII. und erregte gegen Mazarin den Aufstand der Fronde (s. d.). Nach dessen Niederwerfung wagte das Parlament unter Ludwig XIV. keinen Widerstand gegen dessen Befehle.
Orléans (Stadt)
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Orléans.Erst nach seinem Tod (1715) vernichtete es sein Testament und ernannte den Herzog von Orléans [* 19] zum Regenten. Wegen seiner Opposition gegen Laws Finanzprojekte ward es nach Blois, wegen seiner Parteinahme für die Jansenisten 1752 nach Pontoise verlegt, aber 1754 nach Paris zurückberufen. Wegen seines Widerspruchs gegen die verderbliche Politik des Hofs ward es im Januar 1771 vom Kanzler Maupeou aufgelöst, der einen neuen Gerichtshof ohne das Recht der Einzeichnung, das sogen. Maupeou-Parlament, organisierte.
Ludwig XVI. stellte die alte Korporation wieder her. Weil das Parlament sich aber allen Reformen widersetzte und aus Rücksicht auf seine und des hohen Adels Interessen die von den Notabeln genehmigten Steuergesetze zu registrieren sich weigerte, erzwang der Minister Loménie durch das Lit de justice von 1787 die Einzeichnung, verbannte das Parlament nach Troyes und ersetzte es 1788 durch einen Hofrat (cour plénière). Necker stellte das Parlament wieder her, doch wurden die Parlamente durch Dekret vom März 1790 für immer aufgehoben.
Vgl. Voltaire, Histoire du parlement de Paris (Par. 1769);
Dufey, Histoire des actes et remontrances des parlements (das. 1826, 2 Bde.);
Bastard de l'Estang, Les parlements de France (das. 1857, 2 Bde.);
Demaze, Histoire du parlement de Paris (das. 1857, 2 Bde.);
Mérilhou, Les parlements de France (das. 1863).
Über das deutsche oder Frankfurter Parlament (die konstituierende Nationalversammlung in Frankfurt [* 20] a. M. 1848-49) s. Deutschland, [* 21] Geschichte, S. 889.