Pichler | eLexikon | Litteratur - Deutsche Literatur - Neuere Dichtung seit 1500
- ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
- ️Fri Apr 12 1697
Titel
Elemente zu Pichler:1) Anton, Steinschneider
2) Giovanni (Johann), Steinschneider, Sohn des vorigen
3) Ludwig (Luigi), Steinschneider, Bruder und Schüler des vorigen
4) Johann Peter, Kupferstecher
5) Karoline, Romanschriftstellerin
6) Adolf, Dichter und Naturforscher
7) Aloys, kathol. Kirchenschriftsteller
Pichler,
1) Anton, Steinschneider, geb. 12. April 1697 zu Brixen, bildete sich in Neapel [* 2] und lebte seit 1743 zu Rom, [* 3] wo er 14. Sept. 1779 starb. Von seinen Gemmen [* 4] sind die hervorragendsten: Antigone und Ismene vor dem Tempel [* 5] der Furien, dem Vater die Rückkehr nach Theben ratend (ein großer Onyx), und Priamos zu den Füßen des Achilleus (nach eigner Erfindung);
eine große Büste von Homer (s. Tafel »Gemmen und Kameen«, [* 1] Fig. 29);
der Kopf des Julius Cäsar;
Meleager, nach der Statue im Vatikan; [* 6]
das Bacchanal des Michelangelo, dessen Siegelring genannt.
Vgl. Rollett, Die drei Meister der Gemmoglyptik: Antonio, Giovanni und Luigi Pichler (Wien [* 7] 1874).
Löwe (Tier)

* 8
Löwen.2) Giovanni (Johann), Steinschneider, Sohn des vorigen, geb. 1. Jan. 1734 zu Neapel, bildete sich unter seinem Vater und nach der Antike und schnitt schon im 15. Jahr einen Herkules im Kampf mit dem nemeischen Löwen, [* 8] der allgemeine Bewunderung erregte. Er starb 25. Jan. 1791 in Rom. Seine Gemmen, sowohl vertieft als erhaben geschnitten, sind von ausgezeichneter Reinheit und Schärfe (s. Tafel »Gemmen und Kameen«, [* 1] Fig. 21 u. 28). Auch in der Pastellmalerei leistete er Gutes.
3) Ludwig (Luigi), Steinschneider, Bruder und Schüler des vorigen, geb. 31. Jan. 1773 zu Rom, erlangte gleichfalls bald großen Ruf, besuchte Wien, wo er 1818 als Professor der Graveurkunst angestellt wurde, und wo er im Auftrag des Kaisers Franz die kostbarsten Gemmen des k. k. Antikenkabinetts als Geschenk für den Papst in Glaspasten nachbildete. Seine ungemein zahlreichen Arbeiten (fast ausschließlich Intaglien) kommen denen seines Bruders nahe. Um 1850 kehrte er nach Rom zurück, wo er 13. März 1854 starb. - Auch Johann Joseph (Giuseppe) Pichler, Stiefbruder der beiden vorigen, geboren um 1760 zu Rom, war ein geschickter Edelsteinschneider.
Bozra - Brà

* 9
Bozen.4) Johann Peter, Kupferstecher, geb. 13. Mai 1765 zu Bozen, [* 9] bildete sich in Wien und hielt sich sodann zur Ausführung mehrerer Platten für die in Dessau [* 10] neu errichtete Chalkographische Gesellschaft längere Zeit in Dresden [* 11] auf und wirkte daselbst als Professor der Schabkunst; er starb 18. März 1806 in Wien. Pichler hat eine bedeutende Anzahl von schönen Blättern geliefert, wie Magdalena und Johannes nach Battoni, die fliehende Myrrha nach Poussin, Venus nach Tizian, Omphale nach Domenichino u. a.
5) Karoline, Romanschriftstellerin, geb. 7. Sept. 1769 zu Wien, erhielt im Haus ihres Vaters, des Hofrats v. Greiner, eine sehr sorgfältige Erziehung, verheiratet sich 1796 mit dem nachherigen Regierungsrat Andreas Pichler und trat seit 1800 als Schriftstellerin mit zahlreichen Romanen und einzelnen dramatischen Versuchen auf. Von ihren Romanen fanden »Agathokles« (Wien 1808, 3 Bde.),
»Frauenwürde« (das. 1808, 4 Bde.),
»Die Belagerung Wiens« (das. 1824, 3 Bde.),
Bregthalbahn - Bremen
![Bild 67.215: Bregthalbahn - Bremen [unkorrigiert] Bild 67.215: Bregthalbahn - Bremen [unkorrigiert]](http://peter-hug.ch/meyers/thumb/67/67_0215.jpeg)
* 12
Breite.von ihren kleinern Erzählungen »Das Schloß im Gebirge«, »Der schwarze Fritz« den meisten Beifall. Nicht ohne Erzählertalent und eine gewisse Würde, war Pichler als Schriftstellerin doch zu sehr in den Anschauungen ihrer Umgebung befangen und konnte daher weder tiefere Konflikte und Charaktere darstellen, noch überall die redselige Breite [* 12] der altwienerischen Belletristik vermeiden. Sie starb 9. Juli 1843 in Wien. Ihre »Sämtlichen Werke« erschienen Wien 1820-45, 60 Bde. An sie schlossen sich ihre »Denkwürdigkeiten«, herausgegeben von F. Wolf (Wien 1844, 4 Bde.).
6) Adolf, Dichter und Naturforscher, geb. 4. Sept. 1819 zu Erl in Tirol, [* 13] studierte zu Innsbruck [* 14] und Wien Medizin und Naturwissenschaften und trat als Dichter zuerst mit seinen »Frühliedern aus Tirol« (Innsbr. 1846) hoffnungerweckend vor die Öffentlichkeit. Als 1848 die Grenzen [* 15] Tirols von Italien [* 16] her bedroht waren, eilte er unter die Fahnen der Freiwilligen, welche auch der alte Haspinger begleitete, nahm an einigen Gefechten tapfern Anteil und erhielt nach der Heimkehr vom Kaiser den Orden [* 17] der Eisernen Krone, infolgedessen ihm später (1877) der Adel mit dem Prädikat »von Rautenkar« verliehen wurde. 1849 ward er Gymnasiallehrer zu Innsbruck. Pichler veröffentlichte demnächst eine wertvolle litterargeschichtliche Abhandlung: »Das Drama des Mittelalters in Tirol« (Innsbr. 1850),
Kraft [unkorrigiert]
![Bild 60.671: Kraft [unkorrigiert] Bild 60.671: Kraft [unkorrigiert]](http://peter-hug.ch/meyers/thumb/60/60_0671.jpeg)
* 18
Kraft.und bewährte seine poetische Kraft [* 18] in den »Gedichten« (das. 1853) und »Hymnen« (2. Aufl., Nürnb. 1857). 1867 wurde er an der Universität Professor für Mineralogie und Geologie. [* 19] Von seinen Schriften sind noch anzuführen: »Aus den Tiroler Bergen« [* 20] (Münch. 1862),
Schilderungen von Land und Leuten;
»Allerlei Geschichten aus Tirol« (Jena [* 21] 1867),
welche ein schönes novellistisches Talent bekunden;
die Trauerspiele: »Die Tarquinier« (1860) und »Rodrigo« (1862) sowie »Epigramme« (1865),
dann: »In Lieb' und Haß«, Elegien und Epigramme (Gera [* 22] 1869);
ferner: »Deutsche [* 23] Tage«, Zeitgedichte aus Tirol (Berl. 1870);
»Marksteine«, erzählende Dichtungen (Gera 1874);
»Zu Litteratur und Kunst«, Epigramme (Innsbr. 1879),
und die Dichtung »Fra Serafico« (das. 1879),
dann »Vorwinter« (Gera 1885).
Auf wissenschaftlichem Gebiet sind besonders Pichlers »Beiträge zur Geognosie Tirols« (in der »Zeitschrift des Ferdinandeums«, Innsbr. 1862) und »Zur Geognosie der Alpen« [* 24] (das. 1867) sowie zahlreiche Beiträge in Fachschriften zu erwähnen. Publizistisch ist er im deutschen Sinn thätig.
Picholinen - Pictet

* 27
Seite 13.50.7) Aloys, kathol. Kirchenschriftsteller, geb. 1833 zu Burgkirchen in Oberbayern, trat 1859 in den Priesterstand, promovierte 1861 zu München [* 25] als Doktor der Theologie und erhielt, nachdem er als Anhänger Döllingers mit dem erzbischöflichen Ordinariat in Konflikt geraten war, 1868 einen Ruf als kaiserlicher Bibliothekar nach Petersburg. [* 26] Diesem folgte er, ¶
mehr
ohne jemals förmlich aus der römischen Kirche auszutreten. Leider führte eine bis zur Geisteskrankheit entwickelte Bibliomanie zu einem Prozeß, in welchem er 1870 von russischen Geschwornen wegen Diebstahls von Büchern verurteilt und nach Sibirien geschickt wurde. Durch Vermittelung des Prinzen Leopold von Bayern [* 28] begnadigt, kehrte er nach München zurück und starb 2. Juni 1874 in Siegsdorf bei Traunstein. Von seinen Schriften nennen wir: »Geschichte der kirchlichen Trennung zwischen dem Orient und Occident« (Münch. 1865, 2 Bde.);
»Die Theologie des Leibniz« (das. 1869, 2 Bde.) und »Die wahren Hindernisse und die Grundbedingungen einer Reform der katholischen Kirche« (das. 1870).