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Pierre - Pietisten

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Piëtisten# (neulat.) nannte man zuerst in Leipzig die Anhänger Speners (s. d.), einige junge Magister, / 321

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Piëtisten

321 Wörter, 2'442 Zeichen

Piëtisten

(neulat.) nannte man zuerst in Leipzig [* 2] die Anhänger Speners (s. d.), einige junge Magister, die seit 1689 erbauliche Vorlesungen (collegia philobiblica) hielten und unter Betonung [* 3] der Herzensfrömmigkeit und des werkthätigen Glaubens sowie mit der Forderung selbst erlebten Heils und lebendiger Buße der Lehr- und Bekenntnisgerechtigkeit der Orthodoxie entgegentraten. Erweckung und Wiedergeburt galt ihnen als Merkmal des seligmachenden Glaubens, und das geistliche Priestertum aller Gläubigen wurde gegenüber der Pastorenherrschaft hervorgehoben.

Frankenwald - Frankfur

Bild 6.497: Frankenwald - Frankfurt am Main
* 4 Frankfurt.

Ihre reformatorischen Anschauungen fanden sie in Speners Schrift «Pia desideria» und zur Wiederbelebung und Pflege natürlicher Frömmigkeit empfahlen sie die erbaulichen Hausversammlungen (collegia pietatis), die Spener selbst zuerst in Frankfurt [* 4] a. M. eingeführt hatte. Als die Leipziger Orthodoxie die pietistischen Docenten Paul Anton und A. H. Francke vertrieben hatte, fanden sie samt dem Philosophen Thomasius durch die Vermittelung des inzwischen nach Berlin [* 5] berufenen Spener an der neugestifteten Universität Halle [* 6] (1694) einen glänzenden Wirkungskreis.



Halle war fortan der Hauptsitz des Pietismus. Hier entstanden die Franckeschen Stiftungen (s. d.), hier sammelte sich die theol. Jugend, hier erwachte der Missionssinn und der Eifer für ein praktisches Christentum zuerst in der evang. Christenheit. Doch der spätere Pietismus verfiel der religiösen Schwärmerei und huldigte einem zudringlichen Bekehrungseifer, der, gepaart mit Hochmut und mit der Verachtung der «Nichtwiedergeborenen», seine Verdienste verdunkelte. Vor allem verirrte er sich in übertriebene Selbstkasteiung und Verachtung alles Weltlichen, indem selbst gleichgültige Dinge, wie Spazierengehen, heitere Geselligkeit, Theater, [* 7] Kartenspiel u.s.w. für sündhaft erklärt und das ganze christl. Leben als ein Leben der Buße betrachtet wurde.