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Polen | eLexikon | Geschichte - Rußland - Polen

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
  • ️Mon Dec 01 1890
Titel
Elemente zu Polen:

1) Ehemaliges Königreich

2) Königreich unter russ. Herrschaft

1) Gründung, Verfall und Vereinigung des Reichs bis 1300. Als Fürsten der Vorzeit werden Lech und Popiel genannt.

2) Blüte des Reichs 1300-1572. Auf Wenzel von Böhmen folgte Wladislaw IV.

3) Polen als Wahlreich bis zur dritten Teilung 1572-1795. Der Tod Sigismunds

4) Polen nach der Teilung bis zur Gegenwart. Die Ausbreitung der Napoleonischen Macht

[63.229] Polen poln. Polacy

Polen,

Grenzen der Hörbarkeit

Bild 58.307: Grenzen der Hörbarkeit - Grenzfälschung [unkorrigiert]
* 23 Grenzen.

poln. Polska, russ. Polscha 1) Ehemaliges Königreich, umfaßte bis zur ersten Teilung 1772 im allgemeinen ein Gebiet, das im W. von der Oder und Warta, im S. von den Karpaten und dem Dnjestr, im O. vom Dnjepr, im N. von der Düna, der Wasserscheide ihrer Zuflüsse und der zum Ilmensee gehenden Gewässer und von der Ostsee umschlossen wird. Westlich gingen die Grenzen [* 23] nur im 11. und 12. Jahrh. weit über die Oder und Warta hinaus, fast bis zur Elbe bei Meißen [* 24] und bis nach Böhmen [* 25] und Mähren. Die Ausdehnung [* 26] nach O., wo anfangs der Bug die Grenze bildete, begann im 13. Jahrh. und ging zeitweilig sogar über den Dnjepr hinaus. Polen hatte:

Jahr Flä­chenraum qkm Ein­woh­ner
1620 991.000 15.000.000
1655 881.000 14.000.000
1683 661.000 12.000.000
1701 716.000 12.500.000
1755 716.000 13.000.000
1764 774.415 12.980.000
1791 530.000 7.752.486
1794 247.800 4.500.000

Mit der dritten Teilung 1795 hörte das alte Königreich ganz auf zu bestehen.

Kreisabschnitt - Kreis

Bild 10.186: Kreisabschnitt - Kreisinstrumente
* 28 Kreise.

Der Nationalität nach waren in Polen um 1772 fast 5 Mill. Polen (meist Katholiken), etwa ebenso viele Kleinrussen (meist uniert), 1 Mill. Litauer (Katholiken), 1½ Mill. Juden, 1 Mill. Deutsche [* 27] (meist evangelisch). Das Land bestand aus drei großen Provinzen, die in Woiwodschaften und diese wieder in Kreise [* 28] (powiaty) zerfielen: Großpolen (s. d.), Kleinpolen (s. d.) und Litauen (s. d.). Die herrschende Kirche war die römisch-katholische; es bestanden zwei Erzbistümer (Gnesen, Lemberg) [* 29] und 15 Bistümer. Universitäten gab es in Krakau, [* 30] Wilna [* 31] und Zamosc, daneben Dissidenten-, Jesuiten-, später Piaristen-, zuletzt sogar Staatsschulen. - Das Wappen war ein quadrierter Schild, [* 32] das erste und vierte Quadrat mit dem weißen gekrönten poln. Adler [* 33] in rotem Felde wegen Polen, im zweiten und dritten ein silberner geharnischter Reiter mit goldenem Patriarchenkreuz und bloßem Säbel auf einem rennenden silbernen Pferde [* 34] mit goldenen Hufeisen [* 35] und blauem Reitzeug in rotem Felde wegen Litauen. Das Herzschild enthielt das Geschlechtswappen des Königs. Die Landesfarben waren Weiß und Rot. -

Vgl.   Baliński und Lipiński, Starożytna Polska (3 Bde., Warsch. 1844-48).

Ost- und Westpreußen

Bild 12.541a: Ost- und Westpreußen
* 36 Ostpreußen.

2) Königreich unter russ. Herrschaft, errichtet 1815 durch den Wiener Kongreß, daher auch Kongreßpolen (Kongreśowka) oder kurzweg Russisch-Polen genannt, in Rußland offiziell Weichselgouvernements (russ. Priwislanskija gubernii) oder Weichselgebiet (Priwislanskij kraj). Es grenzt im N. an die preuß. Provinzen West- und Ostpreußen [* 36] und an das russ. Gouvernement Kowno, im O. an Wilna, Grodno und Volhynien, im S. an das österr. Kronland Galizien, im W. an die preuß. Provinzen Schlesien und Posen, und hat 127.312,9 qkm mit 8.308.122 E., d. i. 65,3 auf 1 qkm. Das Land ist vorherrschend Ebene, nur die südl. Teile haben als Ausläufer der Karpaten eine wellige, zum Teil bergige Oberfläche, deren höchste Erhebung die Lysa-Gora (s. d.) ist. Im SW. nahe an der Grenze ist das Thal [* 37] des Prondnik, die sog. Polnische Schweiz.

Kupfer (Darstellung de

Bild 10.318: Kupfer (Darstellung des Schwarzkupfers)
* 39 Kupfer.

Die Mitte wird bewässert von der Weichsel (auf 424,6 km) und ihren Nebenflüssen (rechts: San, Wieprz, Bug-Narew; links: Nida, Kamionna, Piliza und Bzura). Im Westen geht die Warta mit der Prosna zur Oder und der Nordosten gehört zum Gebiet des Niemen, zum Teil von diesem selbst begrenzt. Seen sind im Norden [* 38] zahlreich, aber nirgends von größerm Umfang. Im südl. und südwestl. Teil finden sich Eisenerz, Kupfer, [* 39] Zinn, Zink und besonders Steinkohlen. Ein Drittel des Landes ist mit Wäldern bedeckt.

Der Boden ist fruchtbar. Die Bevölkerung besteht zum größten Teil aus Polen, dann etwa 300.000 Russen, 1,1 Mill. Juden, 440.000 Deutschen, 300.000 Litauern. Der Religion nach sind römisch-katholisch 79 Proz., mosaisch 14 Proz., andern Bekenntnisses 7 Proz. Hauptbeschäftigung ist Ackerbau. Gebaut werden neben Roggen, Gerste, [* 40] Hafer [* 41] ein vortrefflicher Weizen. Bedeutend ist die Viehzucht, [* 42] namentlich die Zucht span. Schafe, [* 43] ferner Pferdezucht [* 44] und Bienenzucht [* 45] in den Wäldern.



Polen (Königreich)

Bild 63.231: Polen (Königreich)
* 48 Seite 63.231.

Bergmännisch gewonnen werden hauptsächlich Eisenerz und Steinkohlen (letztere jährlich etwa 130 Mill. Pud). 1887 wurden erzeugt Eisen [* 46] gegen 4 Mill., Stahl 3 Mill., Gußeisen 3,7 Mill. Pud. Es giebt 2288 Fabriken mit 164,5 Mill. Produktion. Die Textilindustrie (besonders Woll- und Baumwollfabriken) konzentriert sich hauptsächlich in Lodz. Auch die Zuckerfabrikation ist bedeutend (6 Mill. Rubel Produktion jährlich). Nach Aufhebung der russ.-poln. Zollgrenze 1851 bildet Polen mit Rußland ein wirtschaftliches Gebiet; es hat schiffbare Flüsse [* 47] und 2174 km Eisenbahnen. Hauptstapelplatz für das Ausland ist Danzig. Ausgeführt werden

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hauptsächlich Getreide, [* 49] besonders Weizen, Holz, [* 50] Ölsamen, Wolle, Vieh, Borsten, Roßhaare, Häute; eingeführt: Kolonialwaren, Farbstoffe, Baumwolle, [* 51] Rohseide und Seidenstoffe, Chemikalien, Maschinen, Metalle und Metallwaren, Wein und Kochsalz. Polen hat eine Universität in Warschau, [* 52] 21 Gymnasien, 7 Progymnasien, 4 Realschulen, 9 Lehrerinstitute und 2287 Volksschulen. Die Unterrichtssprache in sämtlichen Schulen ist die russ. Sprache, [* 53] die auch die Gerichts- und Geschäftssprache bildet.

Kaliglimmer - Kalisch

Bild 60.49: Kaliglimmer - Kalisch [unkorrigiert]
* 54 Kalisch.

An der Spitze des gesamten Unterrichtswesens steht der Kurator des Lehrbezirks Warschau. Die Verwaltung der röm.-kath. Kirche wird vom Ministerium des Innern aus in Petersburg geleitet und der direkte Verkehr mit der röm. Kurie ist verboten. Die griech.-orthodoxe Kirche steht unter dem Erzbischof von Warschau und Chelm, die evang.-luth. und die reform. Kirche unter je einem Generalsuperintendenten, der zugleich Vorsitzender des betreffenden Gouvernements ist. Polen bestand anfangs aus 8 Woiwodschaften, die 1846 in 5 und 1867 in 10 Gouvernements verwandelt wurden: Warschau, Kalisch, [* 54] Petrikau, Radom, Kjelzy, Lublin, Sjedlez, Plozk, Lomsha und Suwalki. Die selbständige Verwaltung des Landes hat seit 1863 überhaupt aufgehört, und die oberste Leitung führt statt des frühern Statthalters seit 1874 ein russ. Generalgouverneur mit dem Sitz in Warschau.

Geschichte.

1) Gründung, Verfall und Vereinigung des Reichs bis 1300. Als Fürsten der Vorzeit werden Lech und Popiel genannt. Nach dem Tode des letzten Popiel schwang sich Piast (s. d.) zum Herrscher über Polen empor, mit dessen viertem Nachfolger Mscislaw I. (s. d.; 962-992) dann die beglaubigte Geschichte P.s beginnt. Diesem gelang es, die zahlreichen poln. Gemeinden zwischen Weichsel und Oder zu einem einheitlichen Staatswesen zusammenzufassen; 966 nahm er das Christentum an und zwei Jahre später gründete er das Bistum Posen.

Geschichtskarten von D

Bild 4.772a: Geschichtskarten von Deutschland V
* 55 Deutschland.

Sein Sohn und Nachfolger Boleslaw I. Chrobry (s. d.) eroberte Pommern mit Danzig und benutzte den Thronstreit in Böhmen, um Krakau und Sandomir (Kleinpolen) sowie Schlesien an sich zu bringen. Er begründete durch die Stiftung des Erzbistums Gnesen die kirchliche Unabhängigkeit P.s von Deutschland [* 55] und bereitete so die polit. Selbständigkeit vor (1000). Unter seinem Sohne Mscislaw II. (s. d.) schwächten Bruderzwist und Bürgerkrieg die Macht des Reichs. Während der vormundschaftlichen Regierung für Kasimir I. (gest. 1058) brach eine Empörung des Adels und ein Kampf mit Břetislaw (s. d.) von Böhmen aus, die aber durch Dazwischenkunft des deutschen Kaisers Konrad II. beendet wurden.

Kasimirs Sohn Boleslaw II. (s. d.) wurde wegen seiner Grausamkeit vertrieben (1079) und sein Sohn vergiftet. Es folgte nun des Königs Bruder Wladislaw I. (gest. 1102), der als Schwager Kaiser Heinrichs IV. in ein friedliches Verhältnis zu Deutschland trat. Nach dem Tode seines Sohnes Boleslaw III. (1139) wurde das Land unter seine vier Sohne geteilt; der älteste, Wladislaw II., erhielt Krakau und Schlesien mit dem Seniorat, Boleslaw IV. Masowien und Kujawien, Mscislaw Gnesen und Pommern, Heinrich Sandomir. Wladislaw II. wurde vertrieben (1146), und nach Boleslaws Tode (1173) vereinigte Mscislaw III. Masowien, Kujawien und Krakau mit Großpolen; doch wurde er 1177 gestürzt und der jüngste der Brüder, Kasimir II., zum König gewählt. Dieser brachte außer Sandomir noch Gnesen zum Reich. Unter Kasimirs Sohn Leszek (1194-1227), dem ersten Wahlfürsten in Polen, und dessen Sohn Boleslaw V. (gest. 1279) wurden ganze Landschaften von Polen losgerissen.

Nicht nur trat Schlesien allmählich aus dem Verbände mit Polen, auch Pomerellen machte sich unter Herzog Swatopluk unabhängig; die heidn. Preußen und Litauer machten zudem fortwährend die Nordgrenzen des Reichs unsicher, bis die Not Konrad von Masowien zwang, die Deutschen Ritter herbeizurufen, die, vereinigt mit dem Polenheer unter Führung Herzog Heinrichs von Breslau in der Schlacht an der Sirgune (1233) den Preußen eine entscheidende Niederlage beibrachten.

Europa. Fluß- und Gebi

Bild 5.919a: Europa. Fluß- und Gebirgssysteme
* 56 Europa.

Seit jener Zeit war die Herrschaft des Ordens gesichert, und Polen beteiligte sich nicht weiter am Kampfe gegen die Preußen. Den Mongolen, die das östl. Europa [* 56] in der schrecklichsten Weise heimsuchten, auch Volhynien, ganz Ungarn, Südpolen bis nach Schlesien hin überschwemmten, stellte sich Herzog Heinrich der Fromme von Schlesien, im Verein mit Boleslaw von Mähren, den Großpolen und den Deutschen Ordensrittern mit einem poln.-schles. Heere bei Liegnitz [* 57] 1241 entgegen.

Heinrich fiel; die Zerfahrenheit im Innern und den unaufhörlichen Zwist unter den Landesfürsten, die nach seinem Tode herrschte, benutzten die Nachbarn, um das wehrlose Land zu verwüsten und ein Stück nach dem andern von demselben abzutrennen. Zudem machten die Tataren wiederholentlich Einfälle in die poln. Gebiete. So geschah es, daß man 1300 dem König Wenzel von Böhmen, der schon Kleinpolen beherrschte, die poln. Krone übertrug; er stellte durch sein kräftiges Eingreifen die Ruhe im Reiche endlich wieder her.

Orden

Bild 12.426a: Orden
* 59 Orden.

2) Blüte [* 58] des Reichs 1300-1572. Auf Wenzel von Böhmen folgte Wladislaw IV. (1306-33); er machte Krakau wieder zu einer rein poln. Stadt, die nach seiner Krönung 1320 Krönungsstadt (an Stelle von Gnesen) fortan blieb. Kleinpolen gewann dadurch an Bedeutung, während Großpolen an Ansehen verlor. Besonders bekämpfte er mit aller Macht den Deutschen Orden [* 59] und stärkte dadurch das Nationalbewußtsein. Wladislaws Sohn Kasimir III. d. Gr. (s. d.; 1333-70) überließ dem Deutschen Orden 1343 das Kulmer Land, Nessau und Pommern.

Für das im Westen durch die Abtretung Schlesiens an Johann von Böhmen geschmälerte Reichsgebiet eroberte er 1366 im Osten die russ. Fürstentümer Halicz und Wladimir und vereinigte, nach dem Aussterben der Herzogsgeschlechter, Kujawien, Lentschiza und Dobrzyn mit dem Königreich. Ihm folgte Ludwig von Ungarn (1370-82), der als Enkel Wladislaws IV. Ellenlang die nächsten Ansprüche hatte. Seine Tochter Hedwig, zur Nachfolgerin bestimmt, mußte auf Verlangen des Adels 1386 dem Großfürsten Jagello (s. d.) von Litauen ihre Hand [* 60] reichen.



Polen (Königreich)

Bild 63.232: Polen (Königreich)
* 62 Seite 63.232.

Dadurch kamen die Jagellonen (bis 1572) auf den poln. Thron [* 61] und eine Vereinigung von Polen und Litauen zu stande. Polen wurde jetzt der mächtigste Staat im östl. Europa; es bestand aus dem Königreich (d. i. Gebiet Krakau und die Herzogtümer Schlesien, Kujawien, Masowien) und dem Großfürstentum Litauen; gegen die Ostsee ward es abgegrenzt durch das Gebiet des Deutschen Ordens. Auf einem Flächenraum von 1 Mill. qkm wohnten etwa 35 Mill. E. Am 15. Juli 1410 wurden bei Tannenberg die Ordensritter unter Führung Ulrichs von Jungingen von Jagello geschlagen: doch im ersten Thorner Frieden Febr. 1411 trat der Orden

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nur Samogitien ab. 1413 wurde die Vereinigung Litauens mit Polen und die Gleichstellung des Adels beider Länderteile ausgesprochen. 1433 wurde Rotrußland und Podolien unauflöslich mit der Krone Polen verbunden.

Auf Jagello (gest. 1434) folgte sein Sohn Wladislaw III., der, als Kaiser Albrecht starb, 1440 auch die Krone von Ungarn erhielt; doch verlor er im Kampfe gegen die Türken bei Warna Nov. 1444 sein Leben. Die Verbindung Ungarns mit Polen löste sich wieder auf. Dort wurde Albrechts nachgeborener Sohn Wladislaw (Ladislaus, s. d.) König, während in Polen nach einem Interregnum von drei Jahren der zweite Sohn Jagellos, Kasimir IV. (s. d.), den Thron bestieg. Der 13jährige Kampf mit dem Deutschen Orden erreichte erst 1466 durch den zweiten Frieden zu Thorn [* 63] sein Ende, in welchem der Orden Westpreußen und Ermland an Polen abtreten mußte, Ostpreußen aber als poln. Lehn behielt.

Brandenburg

Bild 3.316a: Brandenburg
* 64 Brandenburg.

Auf Kasimir IV. (gest. 1492) folgten kurz hintereinander seine drei Söhne: Johann I. Albrecht (1492-1501), Alexander (1501-6), Sigismund I. (1506-48). Der Versuch des Hochmeisters Albrecht von Brandenburg, [* 64] Westpreußen wiederzuerobern, mißlang; doch erhielt Albrecht 1525 die Anerkennung als weltlicher Herzog von Preußen unter poln. Lehnshoheit. Während der Regierungszeit Sigismunds fand auch die luth. Lehre [* 65] in Polen Eingang, besonders in Westpreußen, ferner in Ostpreußen, nachdem der Hochmeister Albrecht mit fast allen Ordensrittern zu ihr übergetreten war.

Sigismunds Sohn und schon bei Lebzeiten des Vaters gekrönter Nachfolger war Sigismund II. August (1548-72), der seinen Plan, die allmählich erworbenen Länder Litauen, Preußen, Volhynien, Podolien und die Ukraine mit Polen zu einer Staatseinheit zu verbinden und einen gemeinsamen Reichstag für diese Gebietsteile zu konstituieren, endlich zu stande brachte in der Lubliner Union 1569. Unter ihm erreichte Polen auch seine größte Ausdehnung, fast 940.000 qkm mit etwa 35 Mill. E.

3) Polen als Wahlreich bis zur dritten Teilung 1572-1795. Der Tod Sigismunds (1572), mit dem der jagellonische Mannsstamm ausstarb, gab dem bisher nur der Theorie nach bestehenden Recht der Königswahl eine praktische Bedeutung: Polen gestaltete sich seit 1572 zu einem wirklichen Wahlreiche. Von den verschiedenen Bewerbern um die poln. Krone kamen 1572 eigentlich nur zwei in Betracht: der Erzherzog von Österreich, Sohn Maximilians II., und Heinrich von Valois (s. Heinrich III., König von Frankreich).

Krone (fürstliches Abz

Bild 10.247: Krone (fürstliches Abzeichen)
* 66 Kronen.

Letzterer wurde 1573 gewählt und beschwor die Pacta conventa; doch verließ er bereits nach drei Monaten, im Juli 1573, Polen, um als nächster Erbe den durch den Tod seines Bruders Karl IX. erledigten franz. Königsthron zu gewinnen, worauf 1575 Stephan Bathory als König erwählt wurde. Nach dessen Tode 1586 erfolgte die Wahl des schwed. Prinzen Sigismund III., der die beiden ersten nordischen Kronen [* 66] zu vereinigen suchte. Aber Schweden [* 67] riß sich bald von dieser Verbindung los.

Infolgedessen entbrannte ein langwieriger Krieg zwischen Polen und Schweden, der erst durch den Frieden zu Oliva 1660 beendigt wurde; Polen verlor Livland [* 68] und 1657 die Lehnshoheit über das Herzogtum Preußen. Nach dem Tode des Johann (s. d.) Sobieski (1674-96) schien der Thron dem Meistbietenden zuzufallen, jede Großmacht erkaufte sich für ihren Thronkandidaten eine Partei des Adels. Als der Kurfürst von Sachsen, [* 69] August II. (s. d.), sich gegen den franz. Prinzen Conti behauptete und sich an Peter I. von Rußland anschloß, wurde Polen in den Nordischen Krieg (s. d.) verwickelt.

Unter den siegreichen Waffen [* 70] Karls XII. entsetzte der poln. Reichstag 1704 August II. des Throns und wählte Stanislaus (s. d.) Leszczynski zum Könige, der aber schon 1709 die Krone an jenen zurückgeben mußte. Nach Augusts II. Tode 1733 versuchte Stanislaus mit franz. Unterstützung den Thron wiederzugewinnen, aber mit Hilfe Rußlands und Österreichs erlangte August III. (s. d., 1733-63) die poln. Krone; nach dessen Tode ward durch die Bemühungen der Kaiserin Katharina II. 1764 die Wahl des Grafen Stanilaus August Poniatowski (s. Stanislaus II. August) zum König von Polen durchgesetzt. Als Rußland sich darauf der Sache der Dissidenten annahm, erhob sich die Barer Konföderation (s.d.), die Polen in wilde Unordnung brachte.

Das gab Österreich, Rußland und Preußen den willkommenen Vorwand, die lange beabsichtigte Teilung P.s vorzunehmen. Die drei Mächte schlossen 5. Aug. 1772 darüber einen Vertrag, und die Republik Polen genehmigte 18. Sept. 1773 die schon vollzogene Teilung (erste Teilung), durch welche Polen von den 750.000 qkm, die es damals noch enthielt, gegen 214.000 verlor. Österreich erhielt die Grafschaft Zips, die Hälfte der Woiwodschaft Krakau, einen Teil der Woiwodschaft Sandomir, die Woiwodschaft Lemberg, das Land Halicz, die Woiwodschaft Belz und den westlichsten Teil von Podolien, zusammen 70480 qkm mit 2.700.000 E.;

Preußen ganz Polnisch-Preußen, mit Ausnahme von Danzig und Thorn, und den Netzedistrikt, zusammen 34745 qkm mit 416.000 E.;

Rußland das poln. Livland, die Hälfte der Woiwodschaft Polozk, die Woiwodschaften Witebsk und Mstislaw und einen Teil von Minsk, zusammen 108.750 qkm mit 1.800.000 E. Eine patriotische Partei begann nunmehr an der Wiederherstellung P.s zu arbeiten;

aber Rußland fand Verbündete an einem Teil des poln. Adels, der zu Targowitz eine Konföderation gegen die bereits vom Reichstage angenommene Konstitution (vom 3. Mai 1791) geschlossen hatte.

Kiew [unkorrigiert]

Bild 60.334: Kiew [unkorrigiert]
* 71 Kiew.

Hierauf verließ Preußen die Sache der Republik und willigte 4. Jan. 1793 in eine zweite Teilung P.s. Rußland bekam 250.700 qkm mit 3 Mill. E., die Reste der Woiwodschaften Polozk und Minsk, die Hälfte der Woiwodschaften Nowgorodek und Brzesc, den östl. Grenzstrich der Woiwodschaft Wilna, die Ukraine (die Woiwodschaften Kiew [* 71] und Braclaw), Podolien und die östl. Hälfte Volhyniens; Preußen 58370 qkm mit 1.100.000 E., die Woiwodschaften Posen, Kalisch, Sieradz, Lenczic und halb Rawa, nebst Danzig und Thorn, die Hälfte der Woiwodschaft Brzesc, das Ländchen Dobrzyn, die Woiwodschaft Plock, das Land Wielun und die Festung [* 72] Czenstochau.

Preußen bildete daraus die neue Provinz Südpreußen. Da erhob sich Kosciuszko (s. d.) an der Spitze der Konföderation von Krakau, März 1794, zum Kampfe für Vaterland und Freiheit. Doch es war zu spät. Ohne Festungen, ohne Taktik, ohne Bundesgenossen, ja ohne Waffen, mußte die Nation gegen Russen, Preußen und Österreicher nach dem Tage von Maciejowice, 10. Okt., und nach dem Falle von Praga, 1. Nov. 1794, unterliegen. Hierauf ward durch Traktat vom 24. Okt. 1795 die dritte Teilung P.s endgültig geregelt und Polen aus der Reihe der Staaten gestrichen. Rußland erhielt 111.780 qkm mit fast 1.200.000 E., Preußen 54398 qkm mit beinahe

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