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Sachverständige | eLexikon | Rechtswissenschaft - Justiz - Juristische Aemter

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
  • ️Sun Jun 30 1878

Sachverständige

(Experten), Personen, welche auf einem bestimmten Gebiet der Wissenschaft oder der Technik besonders bewandert und ebendarum zur Begutachtung und Beantwortung von Fragen, welche dies Gebiet betreffen, berufen sind. Sind derartige Fragen für die Entscheidung einer Rechtssache von Wichtigkeit, so macht sich für den Richter die Zuziehung von Sachverständigen notwendig, und das Gutachten (Expertise) derselben bildet nicht nur für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, sondern auch für das strafrechtliche Verfahren ein wichtiges Beweismittel, z. B. wenn es sich bei Verbrechen gegen das Leben um Feststellung der Todesursache durch ärztliches Gutachten u. dgl. handelt.

Für den Beweis durch S. gelten im allgemeinen ebendieselben Grundsätze wie für den Zeugenbeweis (s. Zeuge). Die Auswahl der Sachverständigen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten soll nach der deutschen Zivilprozeßordnung durch das Gericht erfolgen; doch kann letzteres die Parteien zur Bezeichnung geeigneter Personen auffordern und falls sich die Parteien über bestimmte Personen als S. einigen, so hat das Gericht dieser Einigung Folge zu geben, wenn es auch die Wahl der Parteien auf eine bestimmte Anzahl beschränken kann.



Sachwalter - Sacken

Bild 14.160: Sachwalter - Sacken
* 2 Seite 14.160.

Die Parteien und ebenso nach der deutschen Strafprozeßordnung im Strafprozeß der Staatsanwalt, der Privatkläger und der Angeschuldigte können S. aus ebendenselben Gründen, welche zur Ablehnung eines Richters berechtigen, ablehnen. Der zum Sachverständigen Ernannte hat im Strafprozeß sowohl als in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten der Ernennung Folge zu leisten, wofern er zur Erstattung von Gutachten der erforderlichen Art öffentlich bestellt ist, oder wenn er die Wissenschaft, die Kunst oder das Gewerbe, deren Kenntnis Voraussetzung der Begutachtung ist, öffentlich zum Erwerb ausübt, oder wenn er zur Ausübung derselben öffentlich bestellt oder ermächtigt ist. Ebenso ist auch derjenige zur Erstattung des Gutachtens verpflichtet, welcher sich dazu vor Gericht bereit erklärt hat. S., welche

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nicht, wie z. B. die Gerichtsärzte, im allgemeinen für die Erstattung von Gutachten der betreffenden Art vereidigt sind, haben den besondern Sachverständigeneid dahin abzuleisten, daß sie das von ihnen geforderte Gutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen erstatten werden. Die wissentlich falsche Abgabe eines Gutachtens seitens eines vereidigten Sachverständigen wird als Meineid, die fahrlässige als fahrlässiger Falscheid bestraft.

Die Gebühren, welche S. in den vor die ordentlichen Gerichte gehörigen Rechtssachen, auf welche die deutsche Zivilprozeßordnung, die Strafprozeßordnung oder die Konkursordnung Anwendung findet, zu beanspruchen haben, sind durch die Gebührenordnung vom 30. Juni 1878 normiert. Aber nicht nur von den Gerichten, sondern auch von andern Behörden werden, wenn es sich um Fragen handelt, zu deren Beantwortung besondere Fachkenntnisse gehören, S. zugezogen; wie denn überhaupt im geschäftlichen Leben, namentlich wenn es sich um Wertschätzungen handelt, vielfach das Gutachten von Sachverständigen in Anspruch genommen wird.

Berlin-Dresdener Eisen

Bild 52.817: Berlin-Dresdener Eisenbahn - Berliner Handels-Gesellschaft
* 3 Berliner.

Zur Beantwortung von kaufmännischen Fragen und zur Abgabe von handelsrechtlichen Gutachten (Parere) bestehen zuweilen besondere Kollegien von Sachverständigen, wie z. B. das Kollegium der Ältesten der Berliner [* 3] Kaufmannschaft. So sollen auch nach dem Bundes- (Reichs-) Gesetz vom 11. Juni 1870, betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen Kompositionen und dramatischen Werken, besondere litterarische und musikalische Sachverständigenvereine gebildet werden, die auf Erfordern der Gerichte Gutachten über technische Fragen abzugeben haben, welche den Thatbestand des Nachdrucks von Schriftwerken, Abbildungen und musikalischen Kompositionen oder den Thatbestand unerlaubter Aufführungen dramatischer oder musikalischer Werke oder den Betrag des dadurch verursachten Schadens, bez. der Bereicherung betreffen.

Spätere Reichsgesetze vom 9., 10. und 11. Jan. 1876 haben diese Bestimmung auch auf die unbefugte Nachbildung von Werken der bildenden Kunst, von photographischen Werken und von Mustern und Modellen ausgedehnt.

Vgl.   Instruktion vom 12. Dez. 1870 über die Zusammensetzung und den Geschäftsbetrieb der Sachverständigenvereine (Bundesgesetzblatt, S. 621 ff.);

Deutsche [* 4] Zivilprozeßordnung, § 367-379; Strafprozeßordnung, § 72-93; Deutsches Strafgesetzbuch, § 154 ff.; Obermeyer, Lehre [* 5] von den Sachverständigen im Zivilprozeß (Münch. 1880).