Seebeben | eLexikon | Mineralogie und Geologie - Vulkanisches
- ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
- ️Thu Aug 13 1868
Seebeben
Titel
Elemente zu Erdbeben:1) Einsturzerdbeben, Folgen unterirdischer Auswaschungen. Starke Wirkungen an den betreffenden Orten
Erdbeben,
Erdbeben
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Seite 5.736.[* 2] Erschütterungen der Erdoberfläche, je nach der Stärke [* 4] bald nur ein Erzittern oder schwaches, wellenförmiges Schwanken, bald heftige Stöße, welche Gebäude vernichten, und mit welchen unterirdisches Getöse, Spaltenbildungen, Bergstürze, Hebungen ganzer Landstriche, Wogenbildungen an der Meeresküste, plötzliches Zurückweichen des Meers und springflutartiges Eindringen in das Land, Hervortreten von Wasser und Schlamm aus neuentstandenen Spalten verbunden sein können. Die Erde als Ganzes betrachtet, sind die Erdbeben eine alltägliche ¶
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Erscheinung (man ist berechtigt, jährlich mehrere Tausend einzelner Stöße anzunehmen), nur sind sie ungleichmäßig verteilt, insofern sie in gewissen Gegenden sehr häufig sind, andre nur selten betreffen, doch ohne daß man annehmen dürfte, es gebe eine für Erdbeben vollkommen intakte Gegend. In Berücksichtigung, daß Nachrichten über den Eintritt von Erdbeben uns nur aus einem verhältnismäßig kleinen Teil der Erde zukommen können und unter diesen Orten sicher gerade solche fehlen, an denen nach aller Analogie die Erdbeben häufig sein dürften, muß eine Statistik der Erdbeben (Perrey, Kluge, Schmidt, Falb u. a.) durchaus unvollständige Resultate liefern.
Wenn daher Perrey und Falb ihre Zusammenstellungen über die Häufigkeit der Erdbeben benutzen, um nachzuweisen, daß das Maximum des Eintritts der Erdbeben mit bestimmten Jahreszeiten [* 6] oder gewissen Konstellationen der Gestirne, namentlich des Mondes und der Sonne, [* 7] zusammenfalle, so ist eine solche Hypothese schon wegen der mangelhaften statistischen Begründung hinfällig. Ebenso entbehrt die Behauptung des Zusammenhanges der Erdbeben mit barometrischen Minima der Begründung durch Beobachtungen.
Fuchs (Tier)
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Fuchs.Dagegen bleibt der Wert solcher Zusammenstellungen um so weniger zweifelhaft, je mehr sie sich nicht nur auf das Datum des Eintritts beschränken, sondern eine möglichst vollständige Schilderung aller begleitenden Erscheinungen gehen. So publiziert Fuchs [* 8] alljährlich eine Übersicht nach den Tagesblättern, und in den meisten Ländern, so besonders in der Schweiz, [* 9] Belgien, [* 10] Österreich, [* 11] England, Italien, [* 12] Nordamerika, [* 13] Japan [* 14] und in einigen deutschen Ländern (Baden, [* 15] Hessen, [* 16] Sachsen), [* 17] haben sich besondere vom Staat oder von Privatgesellschaften niedergesetzte Kommissionen die Aufgabe gestellt, über jedes eintretende Erdbeben das genaueste Detail zu sammeln.
Die Beobachtung unterstützen sollen besondere Instrumente, die Seismometer (Bewegungsmesser), teils elektrische Registrierapparate, [* 18] bei welchen der Schluß des Stroms durch den Stoß veranlaßt wird, teils einfache Vorrichtungen, deren Erwerbung und Beobachtung jedem ermöglicht ist (vgl. Seismometer). Durch die Arbeiten der Neuzeit und einige wenige brauchbare Beschreibungen älterer Erdbeben ist ein gutes, aber immerhin noch sehr bescheidenes Material zu einer wissenschaftlichen Behandlung der Erdbeben allmählich gewonnen worden; es bleibt aber die Häufung brauchbarer Beobachtungen die nächste Hauptaufgabe in der Erdbebenfrage. - Untrügliche Anzeichen der Erdbeben gibt es nicht, und alles, was ältere Arbeiten über solche berichten, ist irrtümlich und bezieht sich auf zufälliges Zusammentreffen ursachlich fremdartiger Erscheinungen. Die neuerdings namentlich von Falb geübte Prophezeiung von Erdbeben auf bestimmte Daten beruht, wie namentlich Hörnes behauptet hat, auf einer unhaltbaren Hypothese.
Die Erdbeben sind Erschütterungen, welche von einem im Innern der Erde gelegenen Ort (Zentrum) ausgehen. Die sich fortpflanzende Bewegung wird in dem senkrecht über dem Ausgangsort gelegenen Teil die Erdoberfläche zuerst erreichen (Epizentrum) und hier einen von unten nach oben gerichteten Stoß (sukkussorische Bewegung) erzeugen. An den Orten, die auf der Erdoberfläche vom Epizentrum entfernt liegen, kommt die vom Zentrum ausgehende Erschütterung um so später und in um so schrägerer Richtung an, je größer die Entfernung vom Epizentrum ist.
Hier kann die Erschütterung nur noch zum Teil sukkussorisch sein, zum Teil wird sie in seitlicher Richtung verlaufen (undulatorische Bewegung). Hierzu kommen aber für alle diese Orte auch seitlich vom Epizentrum ausgehende undulatorische Schwingungen, welche um so mehr den Charakter der ganzen Erschütterung bestimmen werden, je weiter die betreffenden Orte vom Epizentrum entfernt liegen, während das Vorwiegen sukkussorischer Bewegung auf die Nähe des Epizentrums hinweist, welches selbst rein sukkussorisch erschüttert wird. In einzelnen Fällen und an einzelnen Objekten kann sich auch eine drehende (rotatorische) Bewegung erzeugen, dann nämlich, wenn die undulatorische auf Gegenstände stößt, welche aus mehreren untereinander nicht genau in der Schwerpunktsachse befestigten Teilen bestehen.
Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Erdbebenwelle ist eine verschiedene, von der Qualität und der Heftigkeit des Stoßes sowie von dem Gesteinsmaterial, in welchem sie sich abspielt, abhängige. Durch einen jähen Wechsel des Gesteins, etwa beim Auftreten fester Felsen, umgeben von lockern Sanden, können inselartige Ruhepunkte innerhalb eines erschütterten Gebiets entstehen. Experimentell hat Mallet die Fortpflanzungsgeschwindigkeiten bei Erschütterungen gefunden: für Sand zu 251,5 m, für gelockerten Granit zu 398 m, für festen Granit zu 507,5 m in der Sekunde, Zahlen, welche sich, wie ein Vergleich mit der unten gegebenen Tabelle zeigt, nicht allzuweit von den bei Erdbeben beobachteten Fortpflanzungsgeschwindigkeiten entfernen. - Liegt das Epizentrum im Meer, so entstehen Wasserbeben, welche von Schiffen, die sich über dieser Stelle oder doch in der Nähe derselben befinden, als sukkussorische Stöße, als Erzittern der Wasserfläche empfunden werden. Zu unterscheiden davon sind die Flutwellen, welche durch Übertragung der Erdbeben auf die Meere entstehen, und von denen namentlich die an das südamerikanische Erdbeben vom 13. Aug. 1868 sich anknüpfende durch Hochstetter gut studiert ist. Die folgende Tabelle stellt die Resultate hinsichtlich des Wegs, welchen die Welle durchlief, und der Geschwindigkeit der Fortpflanzung zusammen:
Von Arica bis | Entfernung Kilom. | Zeitdauer Stunden | Min. | Geschwindigkeit in der Stunde Kilom. |
---|---|---|---|---|
Valdivia | 2634 | 5 | - | 527 |
Newcastle | 13![]() |
16 | 2 | 592 |
Chathaminseln | 10![]() |
15 | 19 | 668 |
Insel Oparo | 7526 | 11 | 11 | 672 |
Honolulu | 10![]() |
12 | 37 | 820 |
Flutwellen sind ferner durch das Erdbeben von Iquique 1877 (Geinitz) erzeugt worden sowie durch das Erdbeben, welches auf die furchtbare Eruption des Krakatoa 1883 zurückführbar ist. Bei dem letztgenannten Erdbeben wurde auch erstmalig die Mitleidenschaft der Atmosphäre in einer die ganze Erde mehrmals umziehenden Luftwelle nachgewiesen (Forster, Lockyer). Von besonderer Wichtigkeit, namentlich auch bezüglich der Frage nach der letzten Ursache der Erdbeben, ist die Untersuchung, von welchem Ort innerhalb der Erbe die Erdbeben ausgehen.
Erdbeeräther - Erdbeer
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Seite 5.737.Verbindet man die Punkte der Erdoberfläche, welche gleichzeitig erschüttert werden, durch Linien (Homoseisten), so werden diese Kurven das Epizentrum konzentrisch umgeben und durch ihre Form einen Rückschluß auf die Form des Epizentrums selbst erlauben. Kreise [* 19] weisen auf einen Punkt oder doch Kreis [* 20] (zentrale Erdbeben), Ellipsen auf eine Ellipse [* 21] oder Linie (lineare Erdbeben) als Epizentrum hin. Das Epizentrum wird aber im allgemeinen der Form nach dem Zentrum entsprechen. Die Tiefe des Zentrums unter dem Epizentrum hat zuerst Mallet zu bestimmen gesucht, indem er die Richtung der zahlreichen Risse und Spalten, welche das neapolitanische Erdbeben vom ¶
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Dezember 1857 hinterließ, konstruktiv verband und den Durchschnittspunkt innerhalb der Erde berechnete. v. Seebach hat versucht, die Tiefe des Ausgangspunktes aus guten Zeitbestimmungen des Eintrittes der Erdbeben auf der Erdoberfläche abzuleiten, eine Methode, welche namentlich von v. Lasaulx ausgebaut und mehrfach angewandt, allerdings von mehreren in der Natur wohl nicht zutreffenden Voraussetzungen (punktuelles Zentrum, gleichförmige Fortpflanzungsgeschwindigkeit u. a. m.) ausgeht, aber in ihrer leichten Anwendbarkeit, namentlich auch auf weniger schwere Erdbeben, die keine oder doch nur wenige Risse erzeugen, große Vorteile besitzt. In der folgenden Tabelle sind die gewonnenen Tiefenzahlen zugleich mit den Fortpflanzungsgeschwindigkeiten für sieben gut untersuchte Erdbeben gegeben:
Erdbeben | Datum | Tiefe des Zentrums Kilom. | Fortpflanzungsgeschwindigkeit in der See Meter |
---|---|---|---|
Rheinisches Erdbeben | 29. Juli 1846 | 39 | 567.6 |
Neapolitanisches Erdbeben | 15. Dez. 1857 | 5-15 | 259.7 |
Erdbeben von Sillein | 15. Jan. 1858 | 26 | 206 |
Mitteldeutsches Erdbeben | 6. März 1872 | 14-21 | 742 |
Erdbeben v. Herzogenrath | 22. Okt. 1873 | 5-17 | 360.2 |
Erdbeben v. Herzogenrath | 24. Juni 1877 | 27 | 474.8 |
Westdeutsches Erdbeben | 26. Aug. 1878 | 9 | 302.2 |
Auffallend ist das Resultat (bei der geringen Anzahl der untersuchten Erdbeben freilich kein für alle Erdbeben zwingender Beweis), daß das Zentrum ziemlich flach unter der Erdoberfläche liegt.
Ischiadicus - Ischl
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Ischia.In der Frage nach den Ursachen der Erdbeben ist als größter Fortschritt, welchen die Neuzeit gebracht hat, anzusehen, daß man sich mehr und mehr gewöhnt hat, in den Erdbeben nur ein Symptom zu erblicken, welches verschiedene, ihrem Wesen nach weit auseinander liegende Ursachen haben kann. Die meisten der Geologen, welche sich neuerdings mit der Erdbebenfrage beschäftigt haben, unterscheiden drei Arten von Erdbeben: 1) Einsturzerdbeben, Folgen unterirdischer Auswaschungen. Starke Wirkungen an den betreffenden Orten, aber, dem gewöhnlich ganz flach liegenden Zentrum entsprechend, kein großes Erschütterungsgebiet sind der allgemeine Charakter dieser Erdbeben. Obgleich in einer sehr vulkanischen Gegend sich abspielend, werden auch die Erdbeben, welche Ischia [* 23] 1881 und 1883 betroffen haben, auf Unterwaschungen durch Thermen zurückgeführt (Palmieri, v. Lasaulx). Volger, Mohr u. a. erblicken im Einsturz von Hohlräumen die einzige Ursache aller Erdbeben 2) Den vulkanischen Erdbeben erkennt die neuere Schule nur eine geringe Bedeutung und einen durchaus lokalen Charakter zu, ausnahmslos geknüpft an erumpierende Vulkane [* 24] und ihre nächste Umgebung, während in frühern Zeiten von allen Geologen, neuerdings immer noch von einigen, auf den Vulkanismus alle oder doch die größte Anzahl der Erdbeben zurückgeführt wurden.
Man sah in den Erdbeben die »Reaktion des Erdinnern gegen die schon erkaltete Kruste« (v. Humboldt), und namentlich Falb hat neuerdings die Hypothese eines innern glutflüssigen Meers mit Gezeiten, durch die Konstellationen der Sonne und des Mondes mitunter zu Springfluten gesteigert, ausgebaut. Daß die Fundierung dieser Hypothese durch die Statistik der Erdbeben eine mangelhafte sei, wurde schon oben betont; auch ist bei wirklich gut untersuchten Erdbeben, wie wir sahen, der Ausgangspunkt überaus flach liegend gefunden worden, so daß man, in Verfolgung der Falbschen Hypothese, der Erdkruste eine sehr unwahrscheinliche geringe Stärke zuschreiben müßte, weil nur an der Grenze zwischen fester Kruste und flüssigem Kern der Anschlagspunkt der Flutwellen und damit der Herd der Erdbeben liegen könnte.
Gebirge (Gebirgsbildun
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Gebirgsbildung.3) Die weitaus meisten Erdbeben mit den größten Erschütterungsgebieten werden neuerdings als tektonische bezeichnet. Süß hat zuerst darauf aufmerksam gemacht, und zahlreiche Beobachtungen haben seine Sätze bestätigt, daß sich Erdbeben längs bestimmter Linien (Erdbebenlinien) zahlreicher abspielen, und daß diese Linien großen Kettengebirgen entweder parallel liegen (Longitudinal-Erdbeben), oder zu der Gebirgslängsachse rechtwinkelig verlaufen (Transversal-Erdbeben). In Übereinstimmung mit den neuern Ansichten über die Gebirgsbildung [* 25] (s. Gebirge) werden diese Erdbeben als Signale einer an die fortdauernde Gebirgsstauung geknüpften Zerreißung und Verschiebung der gespannten Teile der Erdkruste gedeutet und stehen in weitaus den meisten Fällen mit alten Dislokationslinien in Verbindung, so daß sich an tektonischen Erdbeben reiche Gegenden (Schüttergebiete) unterscheiden lassen, denen an Erdbeben arme Gebiete gegenüberstehen, in welchen sich keine Erdbeben oder doch nur kleine Einsturzerdbeben abspielen.
Vgl. Hoff, Chronik der Erdbeben und Vulkanausbrüche (Gotha [* 26] 1840);
O. Volger, Untersuchungen über das Phänomen der Erdbeben in der Schweiz (das. 1856-57);
Mallet, On earthquakes (Boston [* 27] 1858);
Derselbe, The great Neapolitan earthquake (Lond. 1862);
Erdbeben. Kluge, Die Erdbeben von 1850 bis 1857 (Stuttg. 1861);
Falb, Grundzüge einer Theorie der Erdbeben und Vulkanausbrüche (Graz [* 28] 1871);
v. Seebach, Das mitteldeutsche Erdbeben vom 6. März 1872 (Leipz. 1873);
Fuchs, Vulkane und Erdbeben (das. 1875);
Schmidt, Studien über Erdbeben (2. Aufl., das. 1879);
Hörnes, Erdbebenstudien (Wien [* 29] 1878);
Derselbe, Die Erdbebentheorie Falbs (das. 1881);
Toula, Über den gegenwärtigen Stand der Erdbebenfrage (das. 1881);
Heim, Die Erdbeben und deren Beobachtung (Zürich [* 30] 1880);
Roth, Über die Erdbeben (Berl. 1882);
v. Lasaulx, Artikel »Erdbeben« in Kenngotts »Handwörterbuch der Mineralogie, Geologie [* 31] und Paläontologie« (Bresl. 1882);
Fuchs' jährliche Berichte im »Neuen Jahrbuch für Mineralogie« (Stuttg.) 1866-72, von da ab in Tschermaks »Mitteilungen« (Wien).
Perreys Zusammenstellungen von Erdbeben erschienen Paris, [* 32] Dijon, [* 33] Lyon [* 34] 1841-74.