SIGRISWIL | eLexikon | Bern - Thun - Sigriswil
- ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
Sigriswil
(Kt. Bern, Amtsbez. Thun). 805 m. Gem. und Pfarrdorf, 240 m rechts über dem Spiegel des Thunersees und am unteren Ende der weitläufigen Sigriswilallmend, die sich in sanfter Abdachung an die schroffe Kette des Sigriswilergrates anlehnt. Postbureau, Telegraph, Telephon; Postwagen nach Gunten. Gemeinde: 497 Häuser, 3093 reform. Ew.; Dorf: 59 Häuser, 377 Ew. Die Gemeinde besteht aus einer ganzen Anzahl teilweise weit voneinander entfernter Ortschaften und erstreckt sich vom Ufer des Thunersees über die Höhen der Sigriswilallmend und der Blume bis weit hinüber ins Thal der Zulg. Am Seeufer liegen Merligen am Ausgang des Justisthales und Gunten auf dem Delta des Guntenbaches, beide mit fast südl. Vegetation und als Fremdenorte stark besucht. Am Gehänge zwischen Sigriswil und Gunten finden sich noch Weinberge von bedeutender Ausdehnung. Ungefähr auf gleicher Höhe wie Sigriswil liegen in ö. Richtung Endorf (778 m), Felden und Wiler (850 m) an einer Fahrstrasse, die um den hier mit der Spitzen Fluh und den Ralligstöcken steil abfallenden Sigriswilergrat herumbiegt und ohne grosse Steigung in das Justisthal führt, dessen Alpen meist Bewohnern von Sigriswil gehören.
Westl. der Guntenschlucht treffen wir Tschingel (900 m) und Aeschlen (755 m), ersteres über einer schroff zu diesem Tobel abbrechenden Felswand und letzteres an der Strasse nach Oberhofen auf einer Terrasse unmittelbar über dem See. Noch höher liegen Ringoldswil (993 m) an der W.- und Schwanden (1023 m) an der S.-Flanke der Blume auf der Wasserscheide zwischen dem Guntenbach und der Zulg. Zum Gebiet dieser letztern gehören Meiersmad (1080 m) und das noch entlegenere Reust (1000 m), ersteres in einem rauhen Hochthal und letzteres auf einem Bergrücken unmittelbar über der Schlucht der Zulg.
Diese zwei Ortschaften sind mit dem 2-3 Stunden entfernten Pfarrdorf Sigriswil nur durch mangelhafte Wege verbunden, haben aber mit dem Bau der Wührestrasse eine bedeutend bessere Kommunikation mit Thun und Steffisburg erhalten. Die Lage des Pfarrdorfes Sigriswil auf der äussersten, nach S. exponierten und steil zum See hinabfallenden Terrasse der Bergflanke ist überaus sonnig und mild. Prachtvolle Aussicht auf See, Niesen, Stockhornkette und Hochgebirge. Mit dem 1 km sw. gelegenen Gunten, wo sich die nächste Dampfschiffstation befindet, ist Sigriswil durch eine die Steigung in grossen Schlingen überwindende Fahrstrasse (½ Stunde) verbunden.
Geplant wird der Bau einer Drahtseilbahn Gunten-Sigriswil. Auch mit Oberhofen steht Sigriswil durch eine Fahrstrasse in Verbindung. Diese steigt vom Seeufer her sanft an und erreicht über Aeschlen das hochgelegene Tschingel, wo sie sich verzweigt. Während der eine Arm links nach dem Dorf Schwanden führt, biegt der andere tief in das Thal des Guntenbaches ein, um das hart am Rand dieser Schlucht auf seiner Terrasse tronende Pfarrdorf zu erreichen. Land- und Alpwirtschaft, Viehzucht.
Fremdenverkehr. Ins Dorf selbst ein grosser Gasthof und in der Umgebung ausserdem mehrere Fremdenpensionen. Der Betrieb eines ehemaligen Steinkohlenbergwerkes ist längst aufgegeben. Pfarrhaus und Kirche bilden eine malerische Gebäudegruppe. In der Kirche bemerkt man einen polychrom gehaltenen gotischen Taufstein aus dem 15. Jahrhundert und eine grosse, reich verzierte Zehn Gebotetafel aus dem 17. Jahrhundert. Das mit einer originellen Inschrift versehene Archivgebäude enthält viele alte Urkunden. Als Mittelpunkt der Gemeinde und Kirchort ist Sigriswil besonders am Sonntag Morgen sehr belebt. Die Bevölkerung der Gemeinde gehört in den am See gelegenen Dörfern mehr dem oberländischen und in den Bergortschaften mehr dem emmenthalischen Typus an. Die Steilheit des Bodens erschwert vielerorts die landwirtschaftliche Arbeit und nötigt die Bewohner häufig, ihre Lasten auf dem Rücken zu tragen.
In geschichtlicher Hinsicht bietet die Gemeinde Spuren hohen Altertums. Bekannt ist der reichhaltige Fund aus der Bronzezeit bei Ringoldswil, sowie die Sage von einer durch Bergsturz verschütteten Stadt Roll in der Nähe des heutigen Schlosses Ralligen. Die Kirche soll im 10. Jahrhundert als eine der 12 Tochterkirchen derjenigen von Einigen gegründet worden sein. Sie war dem h. Gallus geweiht und gehörte zum Dekanat Münsingen der Diözese Konstanz. Als Kollatur der Edlen von Bremgarten wird sie schon im 12. Jahrhundert erwähnt.
Sigriswilergrat - Sihl
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Seite 45.543.Später kam der Kirchensatz durch Erbschaft an die Brüder Heinrich von Thun, Bischof von Basel (1215-1238) und Burkhard von Thun, die ihn dann dem Kloster Interlaken vergabten. Bei der Reformation kam das Patronat an die Republik Bern. Grosse Pestepidemien 1565 und 1583, in welch letzterm Jahr hier im Zeitraum von fünf Monaten 350 Menschen starben, worunter 40 waffenfähige Männer. 1653 beteiligte sich die Gemeinde am Bauernaufstand. 1671 gingen Kirche und Pfarrhaus in Flammen auf. 1799-1806 lebte als Vikar in Sigriswil der vortreffliche bernische Dialektdichter Gottlieb Jakob Kuhn (1775-1850), der in einem seiner bekanntesten Lieder die Sage von der Spitzen Fluh besungen hat. Von den ¶
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übrigen Pfarrern von Sigriswil sei genannt der als Prediger, Historiker und politischer Satiriker hervorragende Karl Howald (1796-1869), der Verfasser einer bemerkenswerten mehrbändigen handschriftlichen Chronik von Sigriswil. Vergl. Kuhn, J. G. Versuch einer ökonomisch-topographischen Beschreibung der Gemeinde Sigriswil (in der Alpina. III). Winterthur 1808. - Kuhn, J. G. Wanderung auf die Höhen am Thunersee in der Gemeinde Sigriswil (in den Alpenrosen). Bern 1815.