peter-hug.ch

Sparkarten | eLexikon

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
  • ️Thu May 27 1875

Sparkarten,

s. Sparkassen, ^[= (Sparbanken, engl. Saving banks, spr. ssehwing bänks) sind Kreditanstalten, welche den Zweck ...] S. 104.

Sparkassen

(Sparbanken, engl. Saving banks, spr. ssehwing bänks) sind Kreditanstalten, welche den Zweck haben, weniger bemittelten Leuten die sichere Ansammlung und zinstragende Anlegung kleiner erübrigter Geldsummen zu ermöglichen und hierdurch den Spartrieb in weitern Kreisen des Volkes zu pflegen und zu fördern. Dadurch, daß diese Kassen ihren Inhabern grundsätzlich oder gesetzlich keinen Gewinn abwerfen sollen, unterscheiden sich dieselben von andern ähnlich eingerichteten Kreditanstalten.

Umgebung von Hamburg

Bild 8.38a: Umgebung von Hamburg
* 6 Hamburg.

Solche Kassen sind (und zwar vorzugsweise von Gemeinden als Gemeindeanstalten oder in der Art, daß die Gemeinde die Bürgschaft für die Kasse übernahm und die Verwaltung derselben unter die Aufsicht der Gemeindebehörden stellte, später auch von Privatgesellschaften und Fabrikanten) seit dem vorigen Jahrhundert in großer Zahl ins Leben gerufen worden. Die erste wurde 1765 zu Leipzig [* 5] als »Herzogliche Leihkasse« errichtet. Hierauf folgte 1778 eine von einer Privatgesellschaft in Hamburg [* 6] gegründete Anstalt, welcher zuerst der Name Sparkasse beigelegt wurde; ferner die in Oldenburg [* 7] 1786, Kiel [* 8] 1796 sowie in Bern [* 9] und Basel. [* 10] Die erste englische Sparkasse wurde 1798 in London [* 11] von einer Privatgesellschaft als Wohlthätigkeitsanstalt errichtet; in Frankreich folgte Paris [* 12] 1818, in Preußen [* 13] Berlin [* 14] in demselben Jahr, in Österreich [* 15] Wien [* 16] 1819, in Schweden [* 17] Stockholm [* 18] 1821, in Italien [* 19] Venetien und die Lombardei 1822 und 1823, von welcher Zeit ab die S. sich rasch in den europäischen Kulturländern verbreiteten.

Damit diese Anstalten ihren Zweck möglichst vollständig erfüllen, und um zu verhüten, daß dieselben nicht zu sehr von bemittelten Klassen benutzt werden, ist eine obere Grenze für die jeweilig erfolgende einzelne Einlage, dann auch eine solche für das Gesamtguthaben festgesetzt, welche nicht überschritten werden darf. Der geringste Betrag der Einlagen ist in Deutschland [* 20] meist auf 1 Mk. bemessen. Jeweilig nach Ablauf [* 21] eines Jahrs werden die inzwischen aufgewachsenen und nicht erhobenen Zinsen dem Kapital zugeschlagen.

Jeder Einleger erhält ein Sparkassenbuch, in welchem die Einlagen fortlaufend vermerkt und erfolgende Rückzahlungen abgeschrieben werden. Kleinere Summen werden sofort zurückgezahlt, für größere dagegen ist eine verschieden bemessene Kündigungsfrist angesetzt. Das Gesamtguthaben wird gegen Rückgabe des Sparkassenbuchs zurückgezahlt. Da S. viel dazu benutzt werden, um für bestimmte Zwecke Summen anzusparen, so hat man auch Vorsorge getroffen, daß Rückzahlungen nur zu bestimmten Zeiten erfolgen, so bei den Mietsparbüchern am ortsüblichen Mietzahlungstag.



Sparkassen

Bild 15.104: Sparkassen
* 23 Seite 15.104.

Kuntze (Plauen) [* 22] empfiehlt zu dem Zweck die Einführung von »gesperrten Sparkassenbüchern« mit festen Rückzahlungsfristen. Um die Benutzung der S. auch für solche zu erleichtern, welche nach andern Orten verziehen, wurde die Bildung von Kommunalverbänden derart befürwortet, daß jede Kasse die Einlagebücher andrer übernehmen und weiterführen soll, indem die Einlagen Abziehender an die Sparkasse des neuen Aufenthaltsortes überwiesen werden. Da nach den meisten Statuten

mehr

Auszahlungen ohne Prüfung der Berechtigung des Inhabers stattfinden, so ist zum Schutz gegen Verluste durch Diebstahl eine sorgfältige Aufbewahrung der Sparkassenbücher geboten. Als S. pflegt man auch solche Kassen zu bezeichnen, welche in Wirklichkeit nur Einzahlungs- oder Markenverkaufsstellen sind. Letztere dienen dem Zwecke, ganz kleine Summen anzusammeln, um dieselben, wenn sie eine gewisse Höhe erreicht haben, an andre Kreditanstalten oder sogen. Hauptsparkassen abzuführen, welche werbende Anlegung und Verwaltung besorgen.

Diese Verwaltung ist in verschiedenen Ländern gesetzlich geregelt, so in Frankreich 1822 und 1835; in Preußen durch ein Regulativ von 1838, welches dem Gedanken der Selbstverwaltung in weitem Maß Rechnung trägt, jedoch mit der Maßgabe, daß ebenso wie in Bayern, [* 24] Baden, [* 25] Sachsen [* 26] etc. die Statuten der öffentlichen, unter Staatsaufsicht zu stellenden S. der staatlichen Genehmigung bedürfen; in England seit 1817, wo man den Charakter der S. gesetzlich dadurch gewahrt hat, daß den Leitern derselben (trustees) der Bezug einer Entschädigung oder eines Gewinns untersagt wurde.

Die deutschen S. legen die ihnen anvertrauten Summen teils gegen Hypotheken auf Grundstücke und Gebäude an, die Gemeindesparkassen insbesondere gegen im Gemeindebezirk oder in dessen näherer Umgebung bestellte Hypotheken, teils kaufen sie sichere Wertpapiere, dann geben sie auch Darlehen gegen Wechsel und Faustpfand, endlich auch bis zu einer bestimmten Summe gegen Handschein und höhern Zins unter Gestellung eines Bürgen. Die englischen S. kaufen meist Staatspapiere an. Die französischen S. sind gesetzlich gehalten, die Einlagen bei der staatlichen Caisse des dépôts et consignations im Kontokorrentverhältnis zu hinterlegen; ihre Forderungen bilden daher, soweit sie nicht in Bezugsrechte auf ewige Renten umgewandelt werden, einen Teil der schwebenden Schuld des Staats.

Durch diese Zentralisierung des Sparkassenwesens ist zwar letzteres außerordentlich vereinfacht; die einzelnen S. tragen mehr den Charakter einfacher Zahlungs- und Rechnungsstellen. Dagegen können durch die enge Beziehung zu den schwebenden Schulden, den S., wie dies schon in Frankreich der Fall gewesen, Verlegenheiten erwachsen. Überhaupt bedürfen die S., sobald sie nur gut verwaltet werden, weniger einen Rückhalt durch wechselseitige Verbindung oder durch Gründung einer Art Zentralsparkasse, weil bei denselben nicht wie bei Banken in schlechten Zeiten die Rückforderungen anzuschwellen pflegen.

Die in einzelnen Ländern vorkommende Verbindung von S. mit Pfandhäusern ist nicht zweckmäßig, weil in guten Zeiten mehr Geld den S. zuströmt und die Pfandhäuser keine Gelegenheit haben, dasselbe unterzubringen, während in schlechten Zeiten der Geldbedarf der Pfandhäuser durch die S. nicht gedeckt werden kann. Ihre Verwaltungskosten decken die S. dadurch, daß sie einen niedrigern Zins geben, als sie erhalten. Überschüsse werden zunächst zur Bildung eines Reservefonds, dann für gemeinnützige Zwecke (Altersprämien für treue Dienstboten etc.) verwandt. Bei Gemeindesparkassen ist vielfach (so in Preußen, Baden) zu derartigen Verwendungen staatliche Genehmigung erforderlich.

Leland Stanford Junior

Bild 61.77: Leland Stanford Junior University - Le Mans [unkorrigiert]
* 27 Leland Stanford Junior University.

Schon 1798 tauchte in England der Gedanke auf, S. mit Schulen zu verbinden; derselbe wurde 1834 an der Stadtschule zu Le Mans [* 27] verwirklicht. Dann bestanden schon Anfang dieses Jahrhunderts eigentliche Schulsparkassen in Thüringen (Apolda) [* 28] und am Harz (Goslar). [* 29] Seit 1866 wirkte Professor F. Laurent (s. d.) zu Gent in [* 30] unermüdlicher Weise für Einführung solcher Schul- oder Jugendsparkassen. Den Erfolgen, welche er erzielte, ist es zu verdanken, daß diese Kassen in Belgien, [* 31] Frankreich, England u. Italien, wo ihnen durch das Gesetz vom 27. Mai 1875 große Vergünstigungen zugestanden wurden, dann in Österreich und in einigen Teilen von Deutschland (besonders im Königreich Sachsen, dann in Schleswig-Holstein) [* 32] große Verbreitung gefunden haben.

Bei diesen Kassen sammelt der Lehrer die Beiträge der Kinder, bis dieselben einen Betrag von der Höhe erreicht haben, daß die Einlage in eine öffentliche Sparkasse erfolgen kann. Nun kann, während die Ersparnisse der einzelnen Kinder hierfür noch nicht genügen, doch die Gesamtsumme zureichen und einstweilen verzinslich angelegt werden. Der auf diesem Weg erzielte Gewinn kann zur Deckung kleiner Verwaltungskosten, für Prämiierung von Schülern oder auch zur Verteilung nach Maßgabe der Einlagen verwandt werden.

Durch die Schulsparkassen soll der Trieb zum Sparen und zur Selbstbeherrschung schon in der frühen Jugend gerade in den Kreisen geweckt und genährt werden, für deren Lage diese Tugenden von der höchsten Bedeutung sind. Dagegen sind die Schulsparkassen besonders in deutschen Lehrerkreisen einem großen Widerstand begegnet. Man machte gegen dieselben geltend, daß gerade bei den untern Klassen den Kindern gar keine Möglichkeit zum Sparen geboten sei, und daß diese Anstalten die schlimmern Leidenschaften der Habsucht und des Neides bereits bei den Kindern entflammten und großzögen.

Nach einer Mitteilung des Vereins für Jugendsparkassen gab es in Deutschland 1881: 842 Kassen in 157 Städten und 548 Dörfern. Es waren an denselben beteiligt: 1250 Lehrer und 61,940 Schüler mit 640,000 Mk. Einlagen. Man zählte in

Frank­reich Kas­sen Bücher Einla­gen
1877 8033 176.040 2.98 Mill. Frank
1881 14.372 302.841 6.40 " "
1885 23.222 488.624 11.29 " "

.

Italien Lehrer Schüler Bücher Einla­gen
1876 522 11.935 7289 32.049 Lire
1880 3240 40.956 19.056 174.597 "
1885 3451 65.062 - 376.345 "

.

Ungarn Schu­len Lehrer Schüler Einla­gen
1880 141 222 7333 54.647 Guld.
1882 354 565 19.273 114.734 "
1886 581 926 28.256 113.264 "

Vgl.   Laurent, Conférence sur l'épargne (1866);

Wilhelmi, Die Schulsparkassen (Leipz. 1877);

A. de Malarce, Die Schulsparkasse (Berl. 1879);

Elwenspöck, Die Jugendsparkasse (Memel [* 33] 1879);

Senckel, Jugend- und Schulsparkassen (Frankf. a. O. 1882);

Derselbe, Zur Sparkassenreform (1884).

Bevölkerungsstatistisc

Bild 2.851a: Bevölkerungsstatistische Karten
* 34 Bevölkerung.

Um in weitern Kreisen der Bevölkerung [* 34] die Ansammlung von ganz kleinen Beträgen zu ermöglichen, werden in Deutschland seit 1880, damals angeregt durch Kaufmann Schwab in Darmstadt, [* 35] Pfennigsparkassen nach dem Vorbild der englischen Penny saving banks gegründet. Es sind dies einfache Sammelstellen für Beträge von 10 Pfennig und weniger, für welche, wenn eine Summe von 1 Mk. erreicht ist, ein Sparkassenbuch von der Hauptsparkasse ausgestellt wird. Die Ansammlung erfolgt unter Verwendung von Sparmarken und Sparkarten oder Sparbüchern. Die Marken, meist in gleicher Höhe, oft auch in verschiedenen Wertstufen, werden gewöhnlich durch Vermittelung von Ladengeschäften verkauft und auf den vorbezeichneten Stellen der Sparkarten aufgeklebt. Sobald letztere ausgefüllt sind, werden dieselben an bestimmten Stellen oder



Sparkassenversicherung

Bild 15.105: Sparkassenversicherung - Sparrenkopf
* 36 Seite 15.105.
mehr

auch nur bei der Hauptsparkasse gegen Quittung eingeliefert. Den Zwecken besonderer Kreise [* 37] dienen die Fabriksparkassen (s. d.); dagegen sind für die allgemeinste Verbreitung bestimmt die seit 1861 in mehreren Ländern eingeführten Postsparkassen (s. d.). Es wurden gezählt an S. (ohne Postsparkassen):

Einleger Einla­gen Mill. Mk. Auf ein Buch Mark
Groß­britannien und Ir­land (1885) - 927 -
Italien (1885) 1.189.167 764 642
Öster­reich (1886) 2.018.695 1792 887
Frank­reich (1885) 4.926.391 1770 359
Schweiz (1886) 745.335 411 495

Es war in

die Zahl der Einleger (Kon­ten) das Gutha­ben der Einleger Mark durch­schnitt­lich auf ein Buch Mark
Preußen 1874 2.061.199 987.237.180 478
" 1885 4.209.453 2.260.933.912 537
Bayern 1874 299.277 70.253.440 235
" 1885 464.545 130.859.355 282
Sach­sen 1874 686.733 232.203.831 338
" 1884 1.199.556 407.621.000 340
Baden 1874 141.781 83.297.384 588
" 1884 215.646 175.727.111 815
Hes­sen 1874 84.491 40.225.356 476
" 1884 160.745 90.588.725 564
Meinin­gen 1885 33.525 18.200.000 543

Ein Einleger (Sparkassenbuch) kam in

Bayern (1885) auf 11.6 Einw. = auf 100 Einw. 8.6 Sparer
Baden (1884) " 7.1 " = " 100 " 13.5 "
Preußen (1886) " 6.4 " = " 100 " 14.8 "
Hes­sen (1884) " 5.9 " = " 100 " 16.8 "
Sach­sen (1884) " 2.7 " = " 100 " 37.7 "

Hessen

Bild 8.467a: Hessen
* 38 Hessen.

Auf den Kopf der Bevölkerung entfiel ein Einlagebetrag: 1885 in Bayern von 24,7 Mk., in Preußen von 79,8 Mk., 1884 in Hessen [* 38] von 94,7 Mk., in Baden von 109,7 Mk., in Sachsen von 128,0 Mk. Während im Königreich Sachsen auf 84 qkm eine Sparkasse entfällt, gehören in Preußen 289, in Bayern 273, in England 493, in Österreich 914 und in Italien 951 qkm dazu.

Vgl.   Hermann, Über S. (Münch. 1835);

Vidal, Des caisses d'épargne (Par. 1844);

Konst. Schmidt und Brämer, Das Sparkassenwesen in Deutschland (Berl. 1864);

Lewins, History of banks for savings in Great Britain and Ireland (Lond. 1866);

»Verhandlungen des 14. volkswirtschaftlichen Kongresses in Wien 1873«; Engel, Ein Reformprinzip für S. (in der »Zeitschrift des Preußischen Statistischen Büreaus« 1868);

»Statistique internationale des caisses d'épargne« (bearbeitet von Bodio, Rom [* 39] 1876);

die Verhandlungen des Pariser Kongresses für Wohlfahrtseinrichtungen (1878);

»Beiträge zur Statistik der S. im preußischen Staat« (Berl. 1876);

Selle, Die preußischen S. (Lüdenscheid [* 40] 1879);

Spittel, Die deutschen S. (Gotha [* 41] 1880);

Kuntze, S. und Gemeindefinanzen (Berl. 1882);

Bahrt, Die Kontrolle und Hilfseinrichtungen bei S. (2. Aufl., Leipz. 1882);

Seedorff, Die Sparkassenbuchführung (Hannov. 1887);

Thiele, Die städtische Sparkasse zu Berlin in ihrer Einrichtung (Berl. 1887).

Seit 1876 erscheint in Wien als Organ für internationales Sparkassenwesen die von C. Menzel geleitete »Österreichisch-Ungarische Sparkassenzeitung«.