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Sparkassen | eLexikon | Volkswirtschaft - Geld und Kredit

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  • ️Thu May 27 1875

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Spargel - Sparkassen

Bild 15.103: Spargel - Sparkassen
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Sparkassen(Sparbanken, engl. Saving banks, spr. ssehwing bänks) sind Kreditanstalten, welche den Zweck / 1784
Sparkassen _2gemeinnützige Anstalten, die besonders der wenig bemittelten Bevölkerung Gelegenheit bieten / 1728

Seite 15.103

Sparkassen

3'512 Wörter, 25'134 Zeichen

Volkswirtschaft — Geld und Kredit

Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888

Sparkassen

(Sparbanken, engl. Saving banks, spr. ssehwing bänks) sind Kreditanstalten, welche den Zweck haben, weniger bemittelten Leuten die sichere Ansammlung und zinstragende Anlegung kleiner erübrigter Geldsummen zu ermöglichen und hierdurch den Spartrieb in weitern Kreisen des Volkes zu pflegen und zu fördern. Dadurch, daß diese Kassen ihren Inhabern grundsätzlich oder gesetzlich keinen Gewinn abwerfen sollen, unterscheiden sich dieselben von andern ähnlich eingerichteten Kreditanstalten.

Umgebung von Hamburg

Bild 8.38a: Umgebung von Hamburg
* 4 Hamburg.

Solche Kassen sind (und zwar vorzugsweise von Gemeinden als Gemeindeanstalten oder in der Art, daß die Gemeinde die Bürgschaft für die Kasse übernahm und die Verwaltung derselben unter die Aufsicht der Gemeindebehörden stellte, später auch von Privatgesellschaften und Fabrikanten) seit dem vorigen Jahrhundert in großer Zahl ins Leben gerufen worden. Die erste wurde 1765 zu Leipzig [* 3] als »Herzogliche Leihkasse« errichtet. Hierauf folgte 1778 eine von einer Privatgesellschaft in Hamburg [* 4] gegründete Anstalt, welcher zuerst der Name Sparkasse beigelegt wurde; ferner die in Oldenburg [* 5] 1786, Kiel [* 6] 1796 sowie in Bern [* 7] und Basel. [* 8] Die erste englische Sparkasse wurde 1798 in London [* 9] von einer Privatgesellschaft als Wohlthätigkeitsanstalt errichtet; in Frankreich folgte Paris [* 10] 1818, in Preußen [* 11] Berlin [* 12] in demselben Jahr, in Österreich [* 13] Wien [* 14] 1819, in Schweden [* 15] Stockholm [* 16] 1821, in Italien [* 17] Venetien und die Lombardei 1822 und 1823, von welcher Zeit ab die S. sich rasch in den europäischen Kulturländern verbreiteten.

Damit diese Anstalten ihren Zweck möglichst vollständig erfüllen, und um zu verhüten, daß dieselben nicht zu sehr von bemittelten Klassen benutzt werden, ist eine obere Grenze für die jeweilig erfolgende einzelne Einlage, dann auch eine solche für das Gesamtguthaben festgesetzt, welche nicht überschritten werden darf. Der geringste Betrag der Einlagen ist in Deutschland [* 18] meist auf 1 Mk. bemessen. Jeweilig nach Ablauf [* 19] eines Jahrs werden die inzwischen aufgewachsenen und nicht erhobenen Zinsen dem Kapital zugeschlagen.

Jeder Einleger erhält ein Sparkassenbuch, in welchem die Einlagen fortlaufend vermerkt und erfolgende Rückzahlungen abgeschrieben werden. Kleinere Summen werden sofort zurückgezahlt, für größere dagegen ist eine verschieden bemessene Kündigungsfrist angesetzt. Das Gesamtguthaben wird gegen Rückgabe des Sparkassenbuchs zurückgezahlt. Da S. viel dazu benutzt werden, um für bestimmte Zwecke Summen anzusparen, so hat man auch Vorsorge getroffen, daß Rückzahlungen nur zu bestimmten Zeiten erfolgen, so bei den Mietsparbüchern am ortsüblichen Mietzahlungstag.



Sparkassen

Bild 15.104: Sparkassen
* 21 Seite 15.104.

Kuntze (Plauen) [* 20] empfiehlt zu dem Zweck die Einführung von »gesperrten Sparkassenbüchern« mit festen Rückzahlungsfristen. Um die Benutzung der S. auch für solche zu erleichtern, welche nach andern Orten verziehen, wurde die Bildung von Kommunalverbänden derart befürwortet, daß jede Kasse die Einlagebücher andrer übernehmen und weiterführen soll, indem die Einlagen Abziehender an die Sparkasse des neuen Aufenthaltsortes überwiesen werden. Da nach den meisten Statuten

mehr

Auszahlungen ohne Prüfung der Berechtigung des Inhabers stattfinden, so ist zum Schutz gegen Verluste durch Diebstahl eine sorgfältige Aufbewahrung der Sparkassenbücher geboten. Als S. pflegt man auch solche Kassen zu bezeichnen, welche in Wirklichkeit nur Einzahlungs- oder Markenverkaufsstellen sind. Letztere dienen dem Zwecke, ganz kleine Summen anzusammeln, um dieselben, wenn sie eine gewisse Höhe erreicht haben, an andre Kreditanstalten oder sogen. Hauptsparkassen abzuführen, welche werbende Anlegung und Verwaltung besorgen.

Diese Verwaltung ist in verschiedenen Ländern gesetzlich geregelt, so in Frankreich 1822 und 1835; in Preußen durch ein Regulativ von 1838, welches dem Gedanken der Selbstverwaltung in weitem Maß Rechnung trägt, jedoch mit der Maßgabe, daß ebenso wie in Bayern, [* 22] Baden, [* 23] Sachsen [* 24] etc. die Statuten der öffentlichen, unter Staatsaufsicht zu stellenden S. der staatlichen Genehmigung bedürfen; in England seit 1817, wo man den Charakter der S. gesetzlich dadurch gewahrt hat, daß den Leitern derselben (trustees) der Bezug einer Entschädigung oder eines Gewinns untersagt wurde.

Die deutschen S. legen die ihnen anvertrauten Summen teils gegen Hypotheken auf Grundstücke und Gebäude an, die Gemeindesparkassen insbesondere gegen im Gemeindebezirk oder in dessen näherer Umgebung bestellte Hypotheken, teils kaufen sie sichere Wertpapiere, dann geben sie auch Darlehen gegen Wechsel und Faustpfand, endlich auch bis zu einer bestimmten Summe gegen Handschein und höhern Zins unter Gestellung eines Bürgen. Die englischen S. kaufen meist Staatspapiere an. Die französischen S. sind gesetzlich gehalten, die Einlagen bei der staatlichen Caisse des dépôts et consignations im Kontokorrentverhältnis zu hinterlegen; ihre Forderungen bilden daher, soweit sie nicht in Bezugsrechte auf ewige Renten umgewandelt werden, einen Teil der schwebenden Schuld des Staats.

Durch diese Zentralisierung des Sparkassenwesens ist zwar letzteres außerordentlich vereinfacht; die einzelnen S. tragen mehr den Charakter einfacher Zahlungs- und Rechnungsstellen. Dagegen können durch die enge Beziehung zu den schwebenden Schulden, den S., wie dies schon in Frankreich der Fall gewesen, Verlegenheiten erwachsen. Überhaupt bedürfen die S., sobald sie nur gut verwaltet werden, weniger einen Rückhalt durch wechselseitige Verbindung oder durch Gründung einer Art Zentralsparkasse, weil bei denselben nicht wie bei Banken in schlechten Zeiten die Rückforderungen anzuschwellen pflegen.

Die in einzelnen Ländern vorkommende Verbindung von S. mit Pfandhäusern ist nicht zweckmäßig, weil in guten Zeiten mehr Geld den S. zuströmt und die Pfandhäuser keine Gelegenheit haben, dasselbe unterzubringen, während in schlechten Zeiten der Geldbedarf der Pfandhäuser durch die S. nicht gedeckt werden kann. Ihre Verwaltungskosten decken die S. dadurch, daß sie einen niedrigern Zins geben, als sie erhalten. Überschüsse werden zunächst zur Bildung eines Reservefonds, dann für gemeinnützige Zwecke (Altersprämien für treue Dienstboten etc.) verwandt. Bei Gemeindesparkassen ist vielfach (so in Preußen, Baden) zu derartigen Verwendungen staatliche Genehmigung erforderlich.

Leland Stanford Junior

Bild 61.77: Leland Stanford Junior University - Le Mans [unkorrigiert]
* 25 Leland Stanford Junior University.

Schon 1798 tauchte in England der Gedanke auf, S. mit Schulen zu verbinden; derselbe wurde 1834 an der Stadtschule zu Le Mans [* 25] verwirklicht. Dann bestanden schon Anfang dieses Jahrhunderts eigentliche Schulsparkassen in Thüringen (Apolda) [* 26] und am Harz (Goslar). [* 27] Seit 1866 wirkte Professor F. Laurent (s. d.) zu Gent in [* 28] unermüdlicher Weise für Einführung solcher Schul- oder Jugendsparkassen. Den Erfolgen, welche er erzielte, ist es zu verdanken, daß diese Kassen in Belgien, [* 29] Frankreich, England u. Italien, wo ihnen durch das Gesetz vom 27. Mai 1875 große Vergünstigungen zugestanden wurden, dann in Österreich und in einigen Teilen von Deutschland (besonders im Königreich Sachsen, dann in Schleswig-Holstein) [* 30] große Verbreitung gefunden haben.

Bei diesen Kassen sammelt der Lehrer die Beiträge der Kinder, bis dieselben einen Betrag von der Höhe erreicht haben, daß die Einlage in eine öffentliche Sparkasse erfolgen kann. Nun kann, während die Ersparnisse der einzelnen Kinder hierfür noch nicht genügen, doch die Gesamtsumme zureichen und einstweilen verzinslich angelegt werden. Der auf diesem Weg erzielte Gewinn kann zur Deckung kleiner Verwaltungskosten, für Prämiierung von Schülern oder auch zur Verteilung nach Maßgabe der Einlagen verwandt werden.

Durch die Schulsparkassen soll der Trieb zum Sparen und zur Selbstbeherrschung schon in der frühen Jugend gerade in den Kreisen geweckt und genährt werden, für deren Lage diese Tugenden von der höchsten Bedeutung sind. Dagegen sind die Schulsparkassen besonders in deutschen Lehrerkreisen einem großen Widerstand begegnet. Man machte gegen dieselben geltend, daß gerade bei den untern Klassen den Kindern gar keine Möglichkeit zum Sparen geboten sei, und daß diese Anstalten die schlimmern Leidenschaften der Habsucht und des Neides bereits bei den Kindern entflammten und großzögen.

Nach einer Mitteilung des Vereins für Jugendsparkassen gab es in Deutschland 1881: 842 Kassen in 157 Städten und 548 Dörfern. Es waren an denselben beteiligt: 1250 Lehrer und 61,940 Schüler mit 640,000 Mk. Einlagen. Man zählte in

Frank­reich Kas­sen Bücher Einla­gen
1877 8033 176.040 2.98 Mill. Frank
1881 14.372 302.841 6.40 " "
1885 23.222 488.624 11.29 " "

.

Italien Lehrer Schüler Bücher Einla­gen
1876 522 11.935 7289 32.049 Lire
1880 3240 40.956 19.056 174.597 "
1885 3451 65.062 - 376.345 "

.

Ungarn Schu­len Lehrer Schüler Einla­gen
1880 141 222 7333 54.647 Guld.
1882 354 565 19.273 114.734 "
1886 581 926 28.256 113.264 "

Vgl.   Laurent, Conférence sur l'épargne (1866);

Wilhelmi, Die Schulsparkassen (Leipz. 1877);

A. de Malarce, Die Schulsparkasse (Berl. 1879);

Elwenspöck, Die Jugendsparkasse (Memel [* 31] 1879);

Senckel, Jugend- und Schulsparkassen (Frankf. a. O. 1882);

Derselbe, Zur Sparkassenreform (1884).

Bevölkerungsstatistisc

Bild 2.851a: Bevölkerungsstatistische Karten
* 32 Bevölkerung.

Um in weitern Kreisen der Bevölkerung [* 32] die Ansammlung von ganz kleinen Beträgen zu ermöglichen, werden in Deutschland seit 1880, damals angeregt durch Kaufmann Schwab in Darmstadt, [* 33] Pfennigsparkassen nach dem Vorbild der englischen Penny saving banks gegründet. Es sind dies einfache Sammelstellen für Beträge von 10 Pfennig und weniger, für welche, wenn eine Summe von 1 Mk. erreicht ist, ein Sparkassenbuch von der Hauptsparkasse ausgestellt wird. Die Ansammlung erfolgt unter Verwendung von Sparmarken und Sparkarten oder Sparbüchern. Die Marken, meist in gleicher Höhe, oft auch in verschiedenen Wertstufen, werden gewöhnlich durch Vermittelung von Ladengeschäften verkauft und auf den vorbezeichneten Stellen der Sparkarten aufgeklebt. Sobald letztere ausgefüllt sind, werden dieselben an bestimmten Stellen oder



Sparkassenversicherung

Bild 15.105: Sparkassenversicherung - Sparrenkopf
* 34 Seite 15.105.
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auch nur bei der Hauptsparkasse gegen Quittung eingeliefert. Den Zwecken besonderer Kreise [* 35] dienen die Fabriksparkassen (s. d.); dagegen sind für die allgemeinste Verbreitung bestimmt die seit 1861 in mehreren Ländern eingeführten Postsparkassen (s. d.). Es wurden gezählt an S. (ohne Postsparkassen):

Einleger Einla­gen Mill. Mk. Auf ein Buch Mark
Groß­britannien und Ir­land (1885) - 927 -
Italien (1885) 1.189.167 764 642
Öster­reich (1886) 2.018.695 1792 887
Frank­reich (1885) 4.926.391 1770 359
Schweiz (1886) 745.335 411 495

Es war in

die Zahl der Einleger (Kon­ten) das Gutha­ben der Einleger Mark durch­schnitt­lich auf ein Buch Mark
Preußen 1874 2.061.199 987.237.180 478
" 1885 4.209.453 2.260.933.912 537
Bayern 1874 299.277 70.253.440 235
" 1885 464.545 130.859.355 282
Sach­sen 1874 686.733 232.203.831 338
" 1884 1.199.556 407.621.000 340
Baden 1874 141.781 83.297.384 588
" 1884 215.646 175.727.111 815
Hes­sen 1874 84.491 40.225.356 476
" 1884 160.745 90.588.725 564
Meinin­gen 1885 33.525 18.200.000 543

Ein Einleger (Sparkassenbuch) kam in

Bayern (1885) auf 11.6 Einw. = auf 100 Einw. 8.6 Sparer
Baden (1884) " 7.1 " = " 100 " 13.5 "
Preußen (1886) " 6.4 " = " 100 " 14.8 "
Hes­sen (1884) " 5.9 " = " 100 " 16.8 "
Sach­sen (1884) " 2.7 " = " 100 " 37.7 "

Hessen

Bild 8.467a: Hessen
* 36 Hessen.

Auf den Kopf der Bevölkerung entfiel ein Einlagebetrag: 1885 in Bayern von 24,7 Mk., in Preußen von 79,8 Mk., 1884 in Hessen [* 36] von 94,7 Mk., in Baden von 109,7 Mk., in Sachsen von 128,0 Mk. Während im Königreich Sachsen auf 84 qkm eine Sparkasse entfällt, gehören in Preußen 289, in Bayern 273, in England 493, in Österreich 914 und in Italien 951 qkm dazu.

Vgl.   Hermann, Über S. (Münch. 1835);

Vidal, Des caisses d'épargne (Par. 1844);

Konst. Schmidt und Brämer, Das Sparkassenwesen in Deutschland (Berl. 1864);

Lewins, History of banks for savings in Great Britain and Ireland (Lond. 1866);

»Verhandlungen des 14. volkswirtschaftlichen Kongresses in Wien 1873«; Engel, Ein Reformprinzip für S. (in der »Zeitschrift des Preußischen Statistischen Büreaus« 1868);

»Statistique internationale des caisses d'épargne« (bearbeitet von Bodio, Rom [* 37] 1876);

die Verhandlungen des Pariser Kongresses für Wohlfahrtseinrichtungen (1878);

»Beiträge zur Statistik der S. im preußischen Staat« (Berl. 1876);

Selle, Die preußischen S. (Lüdenscheid [* 38] 1879);

Spittel, Die deutschen S. (Gotha [* 39] 1880);

Kuntze, S. und Gemeindefinanzen (Berl. 1882);

Bahrt, Die Kontrolle und Hilfseinrichtungen bei S. (2. Aufl., Leipz. 1882);

Seedorff, Die Sparkassenbuchführung (Hannov. 1887);

Thiele, Die städtische Sparkasse zu Berlin in ihrer Einrichtung (Berl. 1887).

Seit 1876 erscheint in Wien als Organ für internationales Sparkassenwesen die von C. Menzel geleitete »Österreichisch-Ungarische Sparkassenzeitung«.

Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910

Sparkassen,

gemeinnützige Anstalten, die besonders der wenig bemittelten Bevölkerung Gelegenheit bieten sollen, kleine Ersparnisse gegen Verzinsung sicher anzulegen. Die Gemeinnützigkeit, d. h. der Verzicht auf privatwirtschaftlichen Gewinn seitens der Anstalten, ist als wesentliches Merkmal der eigentlichen S. im Vergleich mit den bankartigen Unternehmungen zu betrachten, die, wie z. V. Vorschuß- und Kreditvereine, ebenfalls kleine Einlagen annehmen und verzinsen, aber dabei einen Erwerb bezwecken. Im übrigen kann eine Sparkasse ebensowohl durch eine gemeinnützige Privatgesellschaft wie durch öffentliche Körperschaften oder durch den Staat unterhalten werden.

Württemberg und Hohenz

Bild 16.772a: Württemberg und Hohenzollern
* 40 Württemberg.

Die älteste Sparkasse ist wohl die 1778 in Hamburg gegründete gewesen, der 1786 eine in Oldenburg folgte. Bald darauf wurden auch S. in Bern und in Basel errichtet. In England entstand die erste Sparkasse 1798 als Privatwohlthätigkeitsanstalt in London, und es folgten dann ähnliche Gründungen in Schottland. In Frankreich wurde die erste Sparkasse 1818 in Paris durch königl. Ordonnanz genehmigt. In Preußen trat die erste Sparkasse ebenfalls 1818 als städtische Anstalt in Berlin ins Leben. In Österreich datiert die erste Sparkasse (von einer gemeinnützigen Vereinigung gegründet) von 1819, in Württemberg [* 40] von 1818, in Sachsen von 1820 (Freiberg). [* 41]

Gewisse Normen finden sich bei vielen S. regelmäßig wieder; so die Bestimmung, daß die Einlagen einen bestimmten Mindestbetrag haben müssen (in Deutschland gewöhnlich 1 M.) und häufig auch, daß das Gesamtguthaben des einzelnen Sparers nicht über eine bestimmte Summe hinausgehen darf. Die Zinsen werden nach Ablauf des Jahres zum Kapital geschlagen. Kleine Beträge können in der Regel jederzeit sofort zurückgenommen werden, im übrigen aber sind angemessene Kündigungsfristen vorgeschrieben.

Die deutschen S. leihen hauptsächlich gegen Hypotheken auf städtische und ländliche Grundstücke aus; in zweiter Linie erwerben sie sichere Wertpapiere, außerdem gewähren sie auch Darlehen gegen Faustpfand, Wechsel u. s. w. In Frankreich und England werden die Sparkasseneinlagen hauptsächlich in Staatsfonds angelegt. Der Gewinn, den die S. durch den Unterschied zwischen der Verzinsung der eingelegten und der ausgeliehenen Gelder erzielen, dient nach Bestreitung der Verwaltungskosten zur Ansammlung eines Reservefonds und zur Förderung wohlthätiger und gemeinnütziger Zwecke, so zur Gewährung von Prämien über die Verzinsung hinaus an gewisse Kategorien von Sparern, namentlich an Dienstboten und Arbeiter. Die Rückzahlung des Guthabens erfolgt gegen Einreichung des Sparkassenbuches und zwar meist ohne daß die Sparkassenverwaltung verpflichtet, obschon berechtigt ist, die Legitimation desjenigen zu prüfen,welcher das Buch vorlegt.

Eine neue Form der S. bilden die Postsparkassen (s. d.). Um das Aufsparen auch der kleinsten Beträge zu erleichtern, sind in der neuesten Zeit in vielen Städten (in Deutschland zuerst) Pfennigsparkassen (s. d.) eingeführt worden. Man bedient sich dabei häufig der Sparmarken (s. d.) und Sparkarten. Die Schulsparkassen (s. d.) oder Jugendsparkassen können als eine besondere Art der Pfennigsparkassen betrachtet werden. Desgleichen dienen Fabriksparkassen (s. d.) der Popularisierung des Sparwesens.



Sparkassen

Bild 65.125: Sparkassen
* 42 Seite 65.125.

Im Deutschen Reiche ist das Sparkassenwesen Gegenstand der Landesgesetzgebung. Für die

Stuttgart

Bild 15.408a: Stuttgart
* 44 Stuttgart.
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Gemeindesparkassen Preußens [* 43] kommt zunächst das Reglement vom 12. Dez. 1838, die Errichtung von Gemeindesparkassen betreffend, in Betracht, wonach die Genehmigung der Errichtung und die Bestätigung des Statuts den Oberpräsidenten zusteht. Spätere Erlasse beziehen sich auf die Anlagen der Gelder und die Förderung der Kreissparkassen neben den Gemeindesparkassen. Für die Anlage der Sparkassengelder sind Hypotheken, inländische Staatspapiere und Pfandbriefe sowie weitere völlig sichere Anlagen, auch bloße Schuldscheine unter Bestellung von Bürgschaften zugelassen. 1895 waren 28,51 Proz. der Sparkapitalien in Hypotheken auf städtische, 25,77 Proz. in Hypotheken auf ländliche Grundstücke, 30,28 Proz. in Inhaberpapieren angelegt. Am bedeutendsten sind in Preußen die städtischen S.; außer ihnen aber giebt es zahlreiche Landgemeinde-, Kreis- und Amtskassen sowie auch Provinzial-, Vereins- und Privatsparkassen. In Württemberg besteht die 1818 gegründete Württembergische Sparkasse zu Stuttgart [* 44] mit zahlreichen Annahmestellen im Lande; ihre Einrichtung und Betrieb ist durch Satzungen und Ministerialverfügungen geregelt.

Außerdem giebt es noch Bezirkssparkassen, für welche die Amtskörperschaften die Bürgschaft übernommen haben; auch Privatsparkassen sind zugelassen. In Baden ist das Sparkassenwesen durch Gesetz vom 9. April 1880 geregelt. In Sachsen stehen die S. fast ausnahmslos in der Verwaltung und unter der Garantie der Gemeinden, wo sie ihren Sitz haben. In Oldenburg gestattet das Gesetz vom 15. April 1865 die Errichtung von Ersparungskassen durch Gemeinden. In Sachsen-Weimar sind die S. der staatlichen Oberaufsicht unterworfen. In Braunschweig [* 45] ist das Sparkassenwesen durch die Gesetze vom 10. Juli 1892 und 19. Febr. 1895 neu geordnet. Das Fürstentum Reuß [* 46] j. L. hat drei Landessparkassen, für welche das Statut vom 22. Dez. 1883 mit nachträglichen Änderungen maßgebend ist. Für Elsaß-Lothringen [* 47] sieht das Gesetz vom 14. Juli 1895 die Errichtung und Auflösung von S. durch kaiserl. Verordnung vor und regelt die staatliche Aufsicht. In den übrigen deutschen Staaten fehlen besondere gesetzliche Bestimmungen über S.

Die deutschen S. Ende 1894:

Staa­ten Zahl der Kas­sen Zahl der Sparbücher Ge­samtgutha­ben Mill. M. Auf 1 Sparbuch kom­men M. Einge­zahlte Sum­men Mill. M. Erho­bene Sum­men Mill M.
Preußen 1483 6.527.337 4000,7 613 1111,6 862,0
Bayern 323 638.887 216,3 339 49,1 21,9
Sach­sen 239 1.853.293 690,2 372 143,5 133,2
Württ­em­berg 56 386.916 167,2 433 37,7 28,6
Baden* 133 302.352 269,8 892 57,1 47,7
Hes­sen 43 193.575 141,4 730 31,8 24,7

* Für Baden beziehen sich die Zahlen auf das J. 1892.

Länder der Ungarischen

Bild 15.998a: Länder der Ungarischen Krone
* 48 Ungarn.

In Österreich ist nach dem Reglement vom 26. Sept. 1834 für die Errichtung und Statuten von S. staatliche Genehmigung erforderlich. Sie können mit Leihhäusern verbunden werden; ihre Verwaltung ist aber getrennt zu halten. Für die Anlage der Sparkapitalien kommt ferner ein Dekret vom 9. Febr. 1857 in Betracht. 1830 waren nur 6 Kassen, 1870 schon 192 Kassen vorhanden. Ende 1894 gab es 472 Kassen (380 Gemeinde-, 66 Vereins-, 26 Bezirkssparkassen), d. i. eine Sparkasse auf 635,62 qkm und 52 408 E. Die Einzahlungen betrugen 388,3, die Rückzahlungen 375,29, die Zinsen (kapitalisiert und ausbezahlt) 56,07 Mill. Fl. Die Zahl der Bücher betrug 2 786 448 mit 1530,71 Mill. Fl. Guthaben. Ungarn [* 48] hatte Ende 1892: 551 S. mit einem Guthaben von 510,68 Mill. Fl.

In Großbritannien [* 49] datiert der Aufschwung der privaten S. (Saving Banks) von dem ersten Gesetz 1817 (1819 auch auf Schottland ausgedehnt), hiernach wurde den Leitern, Vertrauensmännern (trustees), der Bezug von Gewinn oder Entschädigung verboten und für die Fonds der Sparbanken eine leichte und vorteilhafte Anlage bei der Staatsschuldenkommission gewährt. Die große Zunahme der Einlagen schuf jedoch mancherlei Schwierigkeiten. Die Neuregelung und Ergänzung erfolgte durch Gesetze vom 28. Juli 1863, 7. Sept. 1880 und die Savings Act von 1894 (54 und 55 Vict. Ch. 21). Letzteres Gesetz ergänzt namentlich die Kontrolle. Die privaten Sparbanken haben seit Einführung der Postsparkassen (s. d.) 1861 unter deren Konkurrenz sehr zu leiden. 1859 gab es bei ihnen 1½ Mill. Einleger und etwa 40 Mill. Pfd. St. Einlagen. Ende 1895 zählte man im Vereinigten [* 50] Königreich 1 516 229 Einlagen im Gesamtbetrage von 45,31 Mill. Pfd. St., während die staatliche Postsparkasse viermal soviel Sparer und das doppelte Einlagekapital aufweist.

In Frankreich beruht die Regelung der S. auf dem Gesetz vom 3. Juni 1835, welches später abgeändert und ergänzt wurde. Durch Gesetz vom 31. März 1837 wurde die Caisse des dépôts et consignations beauftragt, unter Verantwortlichkeit der Staatskasse die Gelder der S. zu empfangen und zu verwalten. Die Kapitalien werden vorzugsweise in Französischer Rente (s. d.) angelegt. Das neue Sparkassengesetz vom 20. Juli 1895 beschränkt die zulässige Höhe der Guthaben und jährlichen Einlagen auf 1500 Frs.

Der Zinssatz, welchen die Caisse des dépôts et consignations den S. gewährt, bestimmt sich nach der Rentabilität der Wertpapiere und des Kontokorrents mit dem Staatsschatze, welches die Summe von 100 Mill. Frs. nicht übersteigen darf. Die Veränderungen dieses Zinssatzes sollen in Viertelprozenten ausgedrückt werden. Der Zinssatz für die Einlagen darf im Minimum ¼, im Maximum ½ Proz. geringer sein als obiger Zinsfuß. Dieser Unterschied soll aber nicht mehr betragen, als zur Kostendeckung und Ansammlung des gesetzlichen Reservefonds (Art. 9) erforderlich ist. Bei der Caisse nationale muß der Abschlag mindestens ½ Proz. betragen und ausreichen, daß ihr Zinsfuß um ¾ Proz. geringer ist als der von der Caisse des dépôts den privaten S. gewährte Zinssatz. Die S. bedürfen der staatlichen Genehmigung und unterstehen behördlicher Aufsicht. (Statistisches s. Frankreich, Bank- und Geldwesen.)



Sparkassenversicherung

Bild 65.126: Sparkassenversicherung - Sparmarken
* 51 Seite 65.126.

In Belgien besteht eine staatlich garantierte Spar- und Pensionskasse, die Caisse générale d'épargne et de retraite (s. d.); außerdem noch einige städtische und private S., deren Einlagen zusammen Ende 1892 etwa 34 Mill. Frs. betrugen. In Italien (Gesetz vom 15. Juli 1888 mit Reglement vom 4. April 1889) unterliegen die S. ministerieller Genehmigung und staatlicher Aufsicht und erlangen die Rechte einer jurist. Person. Über die Anlagen müssen die Statuten genaue Bestimmungen enthalten. Ende 1895 zählte man 1 588 412 Bücher mit 1343,7 Mill. Lire Guthaben. Außer den gewöhnlichen S. und den Postsparkassen (s. d.) nehmen auch die genossenschaftlichen Kreditvereine Spareinlagen an.

mehr

Die älteste Sparkasse in der Schweiz [* 52] ist die 1787 gegründete Hypothekenkasse des Kantons Bern. Von den (1895) 557 Kassen sind 22 älter als 75, 82 älter als 50,152 älter als 25 und 301 jünger als 25 Jahre; von letztern sind 153 eigentliche S., 14 Fabrik- und 134 Schulsparkassen. Die Entwicklung der S.:

Jahre Bevölke­rung Kas­sen Einlagebücher Betrag der Einla­gen in Franken über­haupt auf 1 Einw.
1862 2.507.170 235 355.291 131.901.632 52,61
1872 2.669.147 303 542.162 288.836.412 108,21
1882 2.846.102 487 746.984 514.078.123 180,63
1895 3.023.382 557 1.196.540 893.961.494 295,68

Amerikanische Völker

Bild 1.457e: Amerikanische Völker
* 55 Amerika.

Dänemark [* 53] zählte (1892) 540 S. mit 886.291 Einlegern, deren Guthaben 515,9 Mill. Kronen [* 54] betrug. In Holland gab es neben der staatlichen Postsparkasse 1892: 246 S. mit 294 105 Einlegern und einem Einlagestand von 57,3 Mill. Fl. In Rußland wurden 1841: 50 S. staatlich eingerichtet und durch spätere Gesetze geregelt. Einlagestand 1895: 353,36 Mill. Rubel (s. Sparkassen, Bd. 17). In den Vereinigten Staaten von Amerika [* 55] ist die Gesetzgebung über S. in den einzelnen Staaten verschieden. Die erste Sparkasse soll 1816 in Philadelphia [* 56] gegründet sein. Ende 1895 gab es 1017 Kassen mit 4 875 519 Einlegern und 1810,6 Mill. Doll. Guthaben. Neuyork [* 57] allein stellt ein Drittel aller Sparer; dann folgen Massachusetts und Connecticut.

Über die S. in Australien [* 58] s. Sparkassen (Bd. 17).

Litteratur. Hermann, über S. (Münch. 1835);

Vidal, Les caisses d'épargne (Par. 1844);

Constantin Schmid, Das Sparkassenwesen (Tl. 1, Berl. 1863; Tl. 2, anonym, 1864);

Brämer, Das Sparkassenwesen in Deutschland (2 Bde., 1864);

Carl Röscher, Postsparkassen und Lokalsparkassen in Deutschland (Dresd. 1885);

Seedorff, Die Sparkassenbuchführung (Hannov. 1887);

Loening, Armenwesen (in Schönbergs «Handbuch der polit. Ökonomie», III, 3. Aufl., Tüb. 1891);

Artikel: «Sparkassen» von Lehr im «Handwörterbuch der Staatswissenschaften», Bd. 5 (Jena [* 59] 1893);

Senckel, Die Einrichtungen der deutschen Schul- und Jugendsparkassen (Frankf. a. O. 1892);

W. Röscher, System der Volkswirtschaft, Bd. 5: Armenpflege und Armenpolitik, Buch II, Kap. 1 (2. Aufl., Stuttg. 1894);

Seidel, Das deutsche Sparkassenwesen (Vd. 1, Berl. 1896);

Die Sparkasse. Freies Organ für die deutschen S. von Heyden in Essen [* 60] a. N. (seit 1886);

Österr.-ungar. Sparkassenzeitung (Wien, seit 1876).