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SprachvergleichungSprachwissenschaft, s. Sprache und Sprachwissenschaft. / 6
Sprachvergleichung _2s. Sprachwissenschaft. / 3

Seite 15.185

Sprachvergleichung

9 Wörter, 118 Zeichen

Spottiswoode - Sprache

Bild 15.177: Spottiswoode - Sprache (physiologisch)
* 2 Seite 15.177.
Titel
Elemente zu Sprache:

1) Liquidä oder Zitterlaute

[15.100] Spanische Sprache Die s. S. gehört zu den romanischen Sprachen

[15.178] Sprache und Sprachwissenschaft. Unter Sprache versteht man

[15.470] Syrische Sprache und Litteratur. Die syrische Sprache ist

[15.691] Tibetische Sprache und Litteratur. Die tibetische Sprache ist

[15.881] Tschechische Sprache (böhmische Sprache) ist ein Zweig des slawischen

[15.902] Tungusische Sprache Tungusisch im weitern Sinn heißen alle

[15.914] Türkische Sprache und Litteratur. Die türkische oder osmanische

[15.999] Ungarische Sprache Die Sprache der Magyaren gehört zu der

Sprache

Mundhöhle, Nasenhöhlen

Bild 11.879a: Mundhöhle, Nasenhöhlen und Kehlkopf
* 3 Mundhöhle.

[* 2] (Sprechen), vom physiologischen Standpunkt eine Kombination von Tönen und Geräuschen, welche durch entsprechende Verwendung der Ausatmungsluft, in gewissen Fällen auch beim Einatmen (Schnalzlaute der Hottentoten und andrer Völker) hervorgebracht werden. Die Vokale oder Selbstlauter sind Klänge, die an den Stimmbändern entstehen und sich mit den auf einem musikalischen Instrument hervorgebrachten Tönen vergleichen lassen; ihre besondere Klangfarbe erhalten sie wie die Töne auf einer Geige, einem Pianoforte etc. durch die neben dem Grundton erklingenden Ober- oder Nebentöne, welche ihrerseits durch die wechselnde Gestaltung des Ansatzrohrs und Resonanzraums, d. h. der Mundhöhle, [* 3] des Gaumens etc., bedingt werden.

Als die drei Grundvokale kann man a, i, u bezeichnen; doch gibt es zwischen denselben eine unendliche Menge von Nüancen, die durch kleine Verschiedenheiten der Mundstellung bedingt werden. Bei der Aussprache des u senkt sich der Kehlkopf, und die Lippen treten nach vorn, indem sie nur eine kleine rundliche Öffnung zwischen sich lassen [* 2] (Fig. 1). Von dem dumpfen u gelangt man zu dem heller klingenden a durch die Übergangsstufe des o, bei dessen Bildung sich die Lippenöffnung mäßig erweitert.

Bei der Hervorbringung des a liegt der Kehlkopf höher, die Zunge liegt platt auf dem Boden der Mundhöhle, so daß das Ansatzrohr einem vorn offenen Trichter gleicht [* 2] (Fig. 2). Den Übergang vom a zu i, dem hellsten Vokal, bildet das e, bei dem der hintere Teil der Zunge und zugleich der Gaumen sich etwas emporheben. Beim i wird der Kehlkopf sowohl als der hintere Teil der Zunge stark emporgehoben, so daß die Mundhöhle eine Flasche [* 4] mit sehr engem Hals darstellt [* 2] (Fig. 3). Die Diphthonge entstehen durch raschen Übergang der Organe aus einer Mundstellung in die entsprechende andre, die zur Hervorbringung des zweiten Teils des Diphthongen erforderlich ist. Die Konsonanten oder Mitlauter kann man auf verschiedene Weise einteilen. Ihrer physiologischen oder akustischen Beschaffenheit nach sind sie entweder tonlos oder tönend, d. h. sie werden entweder

[* 2] ^[Abb.: Fig. 1. Bildung des u.

Fig. 2. Bildung des a.



Sprache und Sprachwiss

Bild 15.178: Sprache und Sprachwissenschaft (Natur- und Kulturvölker)
* 5 Seite 15.178.

Fig. 3. Bildung des i.]

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wie die Vokale mit periodischen Schwingungen der Stimmbänder oder ohne solche Schwingungen hervorgebracht. Tonlose Laute sind z. B. k, t, p, h, f, tönende Laute z. B. r, l, n, m, d, b, g. Übrigens können die tönenden Konsonanten in vielen Fällen auch tonlos gebildet werden; auch kann sich dem in der Stimmritze gebildeten Ton ein in der Mundhöhle entstehendes Geräusch beimischen, wodurch solche Konsonanten den Charakter von Geräuschlauten annehmen. Der Artikulationsstelle nach teilt man die Konsonanten von alters her ein in Dentale oder Zahnlaute, bei deren Hervorbringung der vordere Teil der Zunge und die Zähne [* 6] in Betracht kommen, Labiale oder Lippenlaute, die vorn an den Lippen, und Gutturale oder Gaumenlaute, die hinten am Gaumen gebildet werden.

Thatsächlich gibt es jedoch viele Zwischenstufen;

so kann man nach Brücke [* 7] von den eigentlichen Dentalen die alveolaren, lingualen und dorsalen Dentalen unterscheiden, auch gibt es neben den rein labialen die labiodentalen Konsonanten und drei Arten von Gaumenlauten. Im Deutschen können als Dentale das t, d, s, sch, auch n, r, l angesehen werden;

labiale Konsonanten sind p, b, f, m, w;

guttural sind k, g, ch, j. Bis zu einem gewissen Grad kommt die Verschiedenheit der Artikulationsstellen auch für die Vokale in Betracht, indem z. B. bei u ungefähr die labiale, bei i ungefähr die dentale Artikulation stattfindet.

Nase - Nasenbluten

Bild 11.1015: Nase - Nasenbluten
* 8 Nase.

Drittens lassen sich die Konsonanten nach ihrer Artikulationsart einteilen, wobei am meisten der Mundraum, außerdem der Nasenraum und der Kehlkopf in Betracht kommen. Wird die Stimmritze so weit verengert, daß die ausgeatmete Luft an den Rändern der Stimmritze ein reibendes Geräusch erzeugt, so entsteht der Hauchlaut h; auch alle geflüsterten Laute werden auf diese Weise gebildet. Der Nasenraum erscheint an der Bildung der Nasalen oder Nasenlaute n, m und ng (z. B. in »Ding«) beteiligt, indem er durch Senkung des Gaumensegels geöffnet wird, so daß die Luft aus der Nase [* 8] strömen kann (ein Vorgang, durch den auch das sogen. Näseln bedingt wird).

Die Artikulationsart des Mundraums kann wechseln und so entstehen:

1) Liquidä oder Zitterlaute, die entweder durch Biegung der Zungenspitze gebildet werden (r-Laute) oder an den Seitenwänden der Zunge (l-Laute);

2) frikative oder Reibelaute, durch Verengerung des Mundkanals gebildet, indem die Ausatmungsluft an den Rändern der Enge ein reibendes Geräusch erzeugt, wie z. B. beim deutschen s, sch, f, ch, j, w; 3) Explosiv- oder Verschlußlaute, bei deren Erzeugung der Mundkanal an irgend einer Stelle plötzlich geschlossen und wieder geöffnet wird, z. B. an den Lippen bei b, p, hinter oder an den Zähnen bei d, t, am Gaumen bei g, k. Andre Sprachen kennen auch noch andre Artikulationsarten, wie überhaupt die Mannigfaltigkeit der menschlichen Sprachlaute eine fast unbegrenzte und durch die Schrift nicht entfernt ausdrückbare ist.

Beth Zur - Betonnung

Bild 52.903: Beth Zur - Betonnung
* 9 Betonung.

Ein sehr wichtiger Faktor bei der Lautbildung ist auch die Betonung, [* 9] auf der namentlich die Silben- und Wortbildung und daher auch die landläufige Unterscheidung zwischen Vokalen und Konsonanten vornehmlich beruht. Ihrer akustischen Beschaffenheit nach unterscheiden sich z. B. die Nasale n, m und die Zitterlaute r, l in keiner Weise von den Vokalen, da sie wie die letztern mit dem auf regelmäßigen Schwingungen der Stimmbänder beruhenden Stimmton hervorgebracht werden (daher auch Resonanten genannt); sie stimmen aber darin mit den übrigen Konsonanten überein, daß sie in der Regel nicht als Träger [* 10] des Silbenaccents fungieren. Doch gibt es auch hierin Ausnahmen; man vergleiche z. B. das silbenbildende l in dem deutschen Wort »Handel« (sprich: Handl) oder die r- und l-Vokale der slawischen Sprachen und des Sanskrit. Eine künstliche Nachbildung der menschlichen Sprachlaute liefert der Phonograph [* 11] Edisons, durch den die schon im 18. Jahrh. von Kempelen konstruierte Sprechmaschine weit überboten wurde. Vgl.   auch Lautlehre.

Titel
Elemente zu Sprache:

Übersicht der wichtigern Sprachstämme. Übersicht der wichtigern Sprachstämme.

Übersicht der wichtigern Sprachstämme. Übersicht der wichtigern Sprachstämme.

Sprachenkarte (doppelseitige Farbkarte) Sprachenkarte (doppelseitige Farbkarte)

1) Sprache und Vernunft sind nicht identisch

Sprachwissenschaft.

1) Die malaiische, welche von der Insel Formosa an der chinesischen Küste bis zur Insel Java im Süden und bis

2) Die melanesische, auf den Neuen Hebriden und den Fidschi- sowie den Salomoninseln

3) Die polynesische, auf Neuseeland (Maori), den Unionsinseln, Samoa

1) Die finnisch-ugrische in Osteuropa und Nordasien (nach Budenz)

2) Die samojedische, im Norden und Nordosten der vorigen

3) Die türkische, von der europäischen Türkei mit Unterbrechungen bis zur Lena

4) Die mongolische, nämlich die Sprachen der Mongolen

5) Die tungusische, nämlich die Sprachen der Tungusen und Mandschu.

1) Die östliche Gruppe umfaßt die Kaffernsprachen

2) Die mittlere Gruppe besteht aus:

3) Zur westlichen Gruppe gehören:

1) Die libyschen od. Berbersprachen in Nordafrika.

2) Die äthiopischen Sprachen, Galla, Somali, Bedscha

3) Das Altägyptische der ägyptischen Denkmäler und Papyrusrollen mit seiner ebenfalls schon ausgestorbenen Tochterspr

1) Nördliche Abteilung

2) Südliche Abteilung mit Arabisch

1) Indische Gruppe: Jetzt ausgestorben sind das Sanskrit

2) Iranische Gruppe: Zend oder Altbaktrisch

3) Armenisch, früher zu der iranischen Gruppe gerechnet.

4) Griechische Gruppe

5) Illyrische Gruppe

6) Italische Gruppe: Latein, Umbrisch

7) Keltische Gruppe: Kymrisch in Wales und der Bretagne

8) Slawisch-lettische Gruppe, dazu:

9) Germanische Gruppe, zerfallend in:

Verbreitung und Einteilung der Sprachen.

1) einsilbige Sprachen in Südostasien; 2) den malaio-polynesischen Sprachstamm; 3) die Drawidasprachen in Südindien;

2) den malaio-polynesischen Sprachstamm; 3) die Drawidasprachen in Südindien; 4) den uralaltaischen Sprachstamm;

[15.100] Spanische Sprache Die s. S. gehört zu den romanischen Sprachen

[15.177] Sprache (Sprechen)

[15.470] Syrische Sprache und Litteratur. Die syrische Sprache ist

[15.691] Tibetische Sprache und Litteratur. Die tibetische Sprache ist

[15.881] Tschechische Sprache (böhmische Sprache) ist ein Zweig des slawischen

[15.902] Tungusische Sprache Tungusisch im weitern Sinn heißen alle

[15.914] Türkische Sprache und Litteratur. Die türkische oder osmanische

[15.999] Ungarische Sprache Die Sprache der Magyaren gehört zu der

Sprache

[* 2] und Sprachwissenschaft. Unter Sprache versteht man, ohne beide Bedeutungen streng zu sondern, einesteils die Sprachthätigkeit oder das Sprachvermögen, d. h. nach W. v. Humboldts treffender Definition der Sprache »die ewig sich wiederholende Arbeit des menschlichen Geistes, den artikulierten Laut zum Ausdruck des Gedankens fähig zu machen«; andernteils wird damit etwas Konkretes, Individuelles bezeichnet, nämlich die Summe der Wörter, welche bei einem bestimmten Volk als Mittel zur Verständigung in Anwendung sind oder (bei toten Sprachen) gewesen sind.

Brasilien

Bild 3.333a: Brasilien
* 12 Brasilien.

Die einzelnen Sprachen sind das Produkt des Sprachvermögens oder mit andern Worten des Triebes nach Äußerung und Mitteilung, und die Sprache im allgemeinen ist eine nicht minder wichtige Seite in der Eigenart des Menschen als Recht und Sitte, Religion und Kunst und zwar eine solche, welche sich schon auf den frühsten Stufen der geistigen Entwickelung, beim Kind und unzivilisierten Menschen, geltend macht. Gerade bei den rohesten Naturvölkern ist die Sprachthätigkeit besonders lebendig und das Leben der Sprache, die man bei ihnen gewissermaßen in ihrem natürlichen Zustand studieren kann, ein ungemein rasches. So herrscht im Innern von Brasilien [* 12] eine so große Sprachverschiedenheit, daß bisweilen an einem Fluß hin, dessen Länge 300-500 km nicht übersteigt, 7-8 völlig verschiedene Sprachen gesprochen werden.

Genaue Kenner des Landes erklären dies daraus, daß es ein Hauptzeitvertreib der Indianer ist, während sie an ihrem Feuer sitzen, neue Wörter zu ersinnen, über die, wenn sie treffend sind, der ganze Haufe in Gelächter ausbricht und sie dann beibehält. Bei südafrikanischen Negerstämmen, unter denen der englische Missionär Moffat lebte, wurden die Kinder manchmal von ihren Eltern so sehr sich selbst überlassen, daß sie genötigt waren, sich eine besondere Sprache zu ersinnen, wodurch im Lauf einer Generation die Sprache des ganzen Stammes eine andre Gestalt annahm.

Missionäre in Zentralamerika [* 13] hatten von der Sprache des Volkes, dem sie das Christentum predigten, ein sorgfältiges Lexikon angelegt; als sie nach zehn Jahren zu dem nämlichen Stamm zurückkehrten, fanden sie, daß dasselbe veraltet und unbrauchbar geworden war. Die kleinen melanesischen Inseln des Stillen Ozeans haben jede eine besondere Sprache, wenn dieselben auch zu dem gleichen Sprachstamm [* 14] gehören. Selbst auf den friesischen Inseln der Nordsee hat die Isoliertheit der insularen Lage die Folge gehabt, daß auf allen diesen Inseln verschiedene Dialekte herrschen, worin sogar ein so gewöhnlicher Begriff wie »Vater« durch besondere Wörter ausgedrückt wird. Dieselbe sprachliche Isoliertheit wie bei Inselvölkern findet sich auch bei Bergvölkern. So fand der russische General Baron v. Uslar bei der ethnographischen und linguistischen Durchforschung des nördlichen Kaukasus dort mindestens zehn total verschiedene Sprachen, und die auf etwa 800,000 Köpfe geschätzten Basken der Pyrenäen sprechen acht Dialekte, die so stark voneinander abweichen wie das Französische vom Englischen.



Sprache und Sprachwiss

Bild 15.179: Sprache und Sprachwissenschaft (Ursprung der Sprache)
* 15 Seite 15.179.

Bei Kulturvölkern erscheint die Veränderung der


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Sprache ungemein verlangsamt. Ganz neue Wörter werden meist nur von Kindern erfunden, deren Neuerungsversuche in der Regel keine bleibende Wirkung hinterlassen. So berichtet Charles Darwin von einem englischen Kinde, das im Alter von einem Jahr alles Eßbare mit der Silbe »umm« bezeichnete; Taine beobachtete ein französisches Kind, das etwa im gleichen Alter einen Hund »na-na«, ein Pferd [* 16] »da-da« nannte; und der Schreiber dieser Zeilen kannte ein deutsches Kind, das umherflatternde Tauben [* 17] als »Wattel-Wattel« bezeichnete.

Aber wenige Jahre später waren diese Wörter vergessen. Dem gebildeten Deutschen, Engländer, Franzosen etc. sind daher noch jetzt Bücher, die in den zwei oder drei letzten Jahrhunderten geschrieben wurden, fast ohne Mühe verständlich. Das Englische [* 18] hat sich über alle Weltteile verbreitet, ist aber dabei vollkommen stabil geblieben. Namentlich bildet die Schrift und in der Neuzeit auch der Buchdruck, dann die ungeheure Vermehrung und Verbesserung der Verkehrsmittel die wirksamste Schranke gegen die sprachliche Neuerungssucht.

Dennoch wäre es ein vollkommener Irrtum, irgend eine moderne Sprache für vollkommen abgeschlossen zu halten. Vor allem ist auch in der Sprache unaufhörlich ein Gesetz der Trägheit wirksam, das sich besonders in der Vereinfachung oder gänzlichen Beseitigung schwer sprechbarer oder unbetonter Laute und Lautverbindungen geltend macht. Durch diese stufenweise fortschreitende Abschleifung und Verwitterung der Laute ist z. B. im Englischen überall das ch und das vor einem n stehende k abgestoßen worden, so daß knight, das deutsche »Knecht«, wie neit gesprochen wird; im Deutschen ist das tonlose e in Schlußsilben in völligem Rückzug begriffen, wodurch z. B. erst in neuester Zeit »des Königes, dem Könige« in »Königs, König«, »befestiget« in »befestigt« verwandelt wurde u. dgl. Anderseits führt der Nachahmungs- und Analogietrieb zur Erfindung und Ausbildung neuer Wörter, Formen und Bedeutungen, die entweder aus fremden Sprachen entlehnt werden, wie z. B. unsre aus dem Französischen herübergenommenen zahlreichen Verba auf -ieren, oder aus den Mundarten in die Schriftsprache eindringen, oder an ältere einheimische Wörter und Formen angelehnt werden, wie z. B. die deutsche Form der Vergangenheit auf -te, welche zusehends die alten ablautenden Verba verdrängt, wofür unser »backte« für das noch im vorigen Jahrhundert übliche »buk« als Beispiel dienen kann. Überhaupt hat die Sprachforschung dargethan, daß der Grad, bis zu dem sich Laute, Wörter, Wort- und Satzformen verändern können, an und für sich ein völlig unbegrenzter ist und oft die scheinbar unähnlichsten Sprachen durch eine Reihe von Mittelgliedern hindurch auf eine und dieselbe Grundsprache zurückgeführt werden können.

Denkt man sich die Entwickelung sämtlicher geschichtlich nachweisbarer Grundsprachen in einer vorgeschichtlichen Periode bis an ihren Ausgangspunkt fortgesetzt, so liegt es nahe, die Frage aufzuwerfen, ob nicht dieser Ausgangspunkt der gleiche, alle Grundsprachen in letzter Linie aus der nämlichen Ursprache entsprungen seien. Diese Frage, die man früher, teilweise aus religiösen Vorurteilen, voreilig zu bejahen pflegte, muß auf dem heutigen Stande der Wissenschaft entschieden verneint werden.

Europa. Fluß- und Gebi

Bild 5.919a: Europa. Fluß- und Gebirgssysteme
* 19 Europa.

Standen auch eine Reihe wichtiger Sprachen einander früher viel näher als jetzt, so weichen doch die Grundsprachen, auf die sie zurückgehen, sowohl hinsichtlich der Wurzeln als des grammatischen Baues so entschieden voneinander ab, daß alle Versuche, sie (z. B. die indogermanische und semitische Grundsprache) auf eine gemeinsame Ursprache zurückzuführen, vollständig scheitern mußten. Man muß im Gegenteil annehmen, daß eine Reihe ursprünglicher Sprachtypen jetzt entweder völlig oder nur mit Hinterlassung vereinzelter Überreste, wie das rätselhafte Baskisch der Pyrenäen und die Sprachen des nördlichen Kaukasus, vom Erdboden verschwunden sind; denn je mehr die Kultur zunimmt, desto mehr nimmt die Sprachverschiedenheit ab und ist daher in Europa [* 19] trotz seiner dichten Bevölkerung [* 20] weit geringer als in allen übrigen Erdteilen. Auch die bestehenden Sprachen werden von der heutigen Sprachforschung auf eine beträchtliche Anzahl selbständiger Ursprachen zurückgeführt.

Mit dieser Erkenntnis hat sich die Frage nach dem Ursprung der Sprache, die schon Platon und Aristoteles, Epikur und die Stoiker beschäftigt und die griechischen und römischen Grammatiker in zwei Lager [* 21] gespalten hat, später mit unbegründetem Hinweis auf die Bibel, [* 22] welche die Erfindung der Sprache dem ersten Menschen beilegt, im Sinn eines übernatürlichen Ursprungs beantwortet wurde, in eine Frage nach der Entstehung der einzelnen thatsächlich nachgewiesenen Grundsprachen verwandelt.

Wie man sich dieselbe zu denken habe, läßt sich freilich historisch nicht feststellen; auch gehen die Ansichten darüber sehr auseinander, indem die einen, wie W. v. Humboldt, M. Müller, Steinthal etc., annehmen, daß sich unwillkürlich bestimmte Laute an bestimmte Begriffe oder Anschauungen anschlossen (Nativismus), die andern dagegen, wie Whitney, L. Geiger, Bleek, Marty, Madvig u. a., von der jetzigen Unabhängigkeit des Lauts vom Gedanken und des Gedankens vom Laut ausgehend, einen solchen Zusammenhang der Laute mit dem Gedanken abweisen (Empirismus).

Doch ist neuerdings eine Vermittelung zwischen den beiden sich entgegenstehenden Ansichten angebahnt und namentlich die früher versuchte Zurückführung der Sprache auf ein eigentümliches, später verlornes Vermögen der ursprünglichen Menschheit durchweg aufgegeben worden. Überhaupt ist es bei allen Mutmaßungen über den Sprachenursprung nötig, sich durchaus auf den thatsächlichen Boden zu stellen, welchen das Leben der Sprache während der durch die Geschichte beleuchteten Strecke ihrer Entwickelung und besonders bei unzivilisierten Völkern darbietet, und es sind dabei namentlich folgende Sätze festzuhalten, die sich also ebenso auf das Wesen wie auf den Ursprung der Sprache beziehen:

1) Sprache und Vernunft sind nicht identisch, so vielfach sie sich gegenseitig beeinflussen, und zwar ist das Sprechen eine weitaus beschränktere Fähigkeit als das Denken, da selbst die gebildetsten Sprachen, die das Sprachvermögen erzeugt hat, bei weitem nicht alle Gedanken auszudrücken vermögen. Es gibt Gedanken und Empfindungen, welche ein Ton oder eine Gebärde viel bezeichnender ausdrückt als ein Wort, und namentlich beim Kind und bei einem Menschen von lebhaftem Naturell ist die Gebärdensprache höchst entwickelt.

Die Taubstummen, denen gewiß niemand die Vernunft absprechen wird, haben eine höchst künstliche und ihnen gleichwohl völlig geläufige Zeichensprache. Viele Lehrsätze der Mathematik, welche sich in Worten nur mit Mühe oder gar nicht ausdrücken lassen, können durch ein paar einfache Zeichen oder eine Zeichnung leicht demonstriert werden. Musik und Malerei stehen der Poesie als selbständige Künste zur Seite. Auch sind die Gesetze der Denklehre oder Logik von den Gesetzen der Sprachlehre oder Grammatik verschieden, wie z. B. der deutsche Satz: »die

Fortsetzung Sprache: → Seite 15.180 || Kugel ist viereckig" grammatisch ganz richtig, aber logisch verkehrt ist. Hiernach hat