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Stickerei | eLexikon | Technologie, Gewerbe und Industrie - Textilindustrie

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Steyermark - Stickerei

Bild 15.316: Steyermark - Stickerei
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Stickereieine Kunst, durch welche verzierende Darstellungen auf schmiegsamen, Falten werfenden Stoffen, / 868
Stickerei _2das Verfahren, gewebte Stoffe, zuweilen auch Leder, Papier u. s. w., durch auf- oder eingenähte / 1594

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Stickerei

2'462 Wörter, 17'855 Zeichen

Technologie, Gewerbe und Industrie — Textilindustrie

Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888

Stickerei,



Stickertressen - Stick

Bild 15.317: Stickertressen - Stickmaschine
* 5 Seite 15.317.

eine Kunst, durch welche verzierende Darstellungen auf schmiegsamen, Falten werfenden Stoffen, also auf Geweben, Gewändern, Leder etc., mit der Nadel hergestellt werden. Von den Chinesen von alters her gepflegt, war die S. auch den alten Indern und Ägyptern bekannt. Diese gingen in ihren verzierenden Zeichnungen noch nicht über geometrische Figuren hinaus, wogegen die Assyrer zuerst Tier- und Menschengestalten auf ihren glatt anschließenden Kleidern und Vorhängen zur Darstellung brachten. Von ihnen lernten die Griechen und von diesen die Römer, [* 3] welche die S. phrygische Arbeit nannten. Im Mittelalter wurde sie in den Klöstern im Dienste [* 4] des Kultus für geistliche Gewänder und Altarbekleidung (Paramente) gepflegt. Ihre Arbeiten wurden vom 11. Jahrh. an von arabischen Kunstanstalten

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übertroffen. Seltene Beispiele, wie ein deutscher Kaiserkrönungsmantel, zeugen noch heute von der Höhe der damaligen S. Mit der geistigen Bildung kam auch die Kunst des Stickens in weltliche Hände. Erst in England, später aber in Burgund erreichte sie im 14. Jahrh. die höchste Ausbildung und ist seitdem langsam bis auf unsre Zeit ganz in Verfall geraten, wo auch sie an der allgemeinen Hebung [* 6] des Kunstgewerbes ihren Anteil erhielt und jetzt eine verständnisvolle Pflege, zum Teil durch größere Ateliers (Bessert-Nettelbeck in Berlin), [* 7] findet.

Baumwolle (Kultur; che

Bild 2.520: Baumwolle (Kultur; chemische Beschaffenheit etc.)
* 9 Baumwolle.

Die S. verziert nicht nur, sondern sie bedeckt oft den ihr zu Grunde gelegten Stoff ganz; man könnte danach Weiß- und Buntstickerei unterscheiden, wenngleich auch bei der letztern zuweilen der Grund frei stehen bleibt. Die Buntstickerei kann entweder auf einen dichten Grund, auf Leinwand, Tuch, Seide, [* 8] Leder, oder auf einen eigens dazu gefertigten, siebartig durchlöcherten Stoff, Kanevas, aus Hanf, Leinen, Baumwolle, [* 9] auch Seide aufgesetzt sein. Auf Kanevas werden hauptsächlich der gewöhnliche Kreuzstich und seine Abarten (Gobelinstich, Webstich) ausgeführt sowie der sehr feine Petitpoint-Stich, welcher sehr zarte, mosaikartige Bildnerei ermöglicht.

Weniger mühsam als der letztere, aber besser als der Kreuzstich zur figürlichen Darstellung geeignet ist der Plattstich, mit dem die mittelalterlichen Arbeiten fast durchgängig auf dichtem Grund gefertigt sind. Während der Petitpoint-Stich nur mit Seidenfäden hergestellt wird, verwendet man für die andern Sticharten gewöhnlich gefärbte Wolle, wenn auch bei ihnen Seide, Goldfäden und sogar zeitweise mit eingenähte Perlen nicht ausgeschlossen sind. Andre Arten der S. sind: der Kettenstich, bei welchem jeder Stich doppelt gemacht wird, indem der Faden [* 10] von unten nach oben und durch dasselbe Loch wieder zurückgeht, so eine Schleife bildend, durch welche er, nachdem er durch ein neues Loch wieder nach oben gekommen, gezogen wird;

Ausdehnung (der festen

Bild 2.109: Ausdehnung (der festen und flüssigen Körper)
* 11 Ausdehnung.

der Steppstich, bei welchem auf der untern Seite des Stoffes ein langer Stich gemacht wird, auf der obern Seite um die Hälfte der Ausdehnung [* 11] desselben wieder zurückgegriffen wird, so daß auf der untern Seite jeder Stich doppelt so lang ist wie oben;

in umgekehrter Anwendung entsteht der Stielstich.

Noch andre Arten des Stichs (Flechtenstich, Doppelstich, Gitterstich, maurischer, spanischer Stich) sind bei Lipperheide, Muster altitalienischer Leinenstickerei (Berl. 1881-85, 2 Bde.), beschrieben. Die Art der im Mittelalter hochberühmten Goldstickerei, die so wunderbare Wirkung hervorbrachte, wie man sie noch an den in Wien [* 12] aufbewahrten sogen. burgundischen Gewändern aus dem 15. Jahrh. sieht, ist technisch sehr von der unsrigen verschieden. Während jetzt die Goldfäden wie andre Fäden behandelt werden, legte man sie früher parallel nebeneinander und nähte sie mit Überfangstichen fest.

Auf den so erst gebildeten Grund wurde nun mit Plattstich die eigentliche S. gesetzt, durch welche das Gold [* 13] hindurchschimmerte (Reliefstickerei). Die heutige Gold- und Silber-Kannetillestickerei nähert sich schon der Perlenstickerei. Dieses reihenweise Aufnähen billiger Glasperlen hat dadurch, daß es den Grundstoff schwer und unbiegsam macht, viel zum Verfall der Kunst beigetragen. Für den künstlerischen Wert ist allemal die Vorzeichnung des Musters wichtig, die jetzt selten die Erfindung des Verfertigers einer S. ist.

Amerikanische Völker

Bild 1.457e: Amerikanische Völker
* 14 Amerika.

Die Herstellung der Muster ist dagegen zum besondern Industriezweig der Dessinateure oder Musterzeichner geworden. Eine eigne Art der S. ist noch das Tamburieren, das nicht mit der Nähnadel, sondern mit dem Häkelhaken geschieht, wie auf den Handrücken feiner Glaceehandschuhe. Ferner werden jetzt feine Lederwaren, namentlich in Amerika, [* 14] sehr zart durch auf der Nähmaschine [* 15] hergestellten Steppstich verziert. Die Weißstickerei, abgesehen von der Namenstickerei, dem Zeichnen der Wäsche, beschränkt sich auf Verzierung der Wäsche und des Tischzeugs in Leinwand oder Baumwolle (deshalb auch Leinenstickerei genannt).

In der sogen. französischen Weißstickerei herrscht mehr der Plattstich, in der englischen der durchbrochene Arbeit liefernde Bindlochstich vor; doch kommen bei beiden noch der Languettenstich und verschiedene Phantasiestiche zur Anwendung. Die venezianische Weißstickerei, bei der stellenweise der Grund nach der Arbeit entfernt wird, so daß die durchbrochenen Stellen durch feine Fadenverschlingungen gefüllt werden, streift schon nahe an die Spitzennäherei.

Die Weißstickerei ist im westlichen Europa [* 16] mehr Sache der Industrie; in Deutschland [* 17] wird sie im sächsischen Vogtland, namentlich in Plauen, [* 18] und den angrenzenden Gegenden des Erzgebirges und des bayrischen Oberfranken und zwar in ausgedehntester Weise mit Stickmaschinen (s. d.) betrieben.

Vgl.   die bei den Artikeln Handarbeiten und Spitzen angeführte Litteratur, insbesondere die Musterbücher von H. Sibmacher (dazu noch: Kreuzstichmuster, 36 Tafeln der Ausgabe von 1604, Berl. 1885), und Drahan, Stickmuster (Wien 1873);

»Original-Stickmuster der Renaissance« (2. Aufl., das. 1880);

Lessing, Muster altdeutscher Leinenstickerei (3 Sammlungen, Berl.);

Teschendorff, Kreuzstichmuster für Leinenstickerei (das. 1878-83, 2 Hefte);

Wendler, Stickmuster nach Motiven aus dem 16. Jahrhundert in Farben gesetzt (das. 1881);

H. Schulze, Mustersammlung alter Leinenstickerei (Leipz. 1887);

Fröhlich: Neue farbige Kreuzstichmuster (Berl. 1888), Neue Borden (das. 1888), Allerlei Gedanken in Vorlagen für das Besticken und Bemalen unsrer Geräte (das. 1888).

Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910



Stickelkamper Fehnkana

Bild 65.351: Stickelkamper Fehnkanal - Stickerei
* 19 Seite 65.351.

Stickerei,

das Verfahren, gewebte Stoffe, zuweilen auch Leder, Papier u. s. w., durch auf- oder eingenähte Muster zu verzieren. Die einzelnen Fadenlagen werden Stiche genannt und führen je nach Gestalt und Herstellungsweise die verschiedensten Namen. Die wichtigsten derselben sind: der Plattstich, der Kreuzstich und der Ketten- oder Tambourierstich. Neben diesen dienen der aus dem Plattstich hervorgegangene Stielstich, Steppstich, Leiterstich, der zickzackförmige Hexenstich, der Gobelin- oder Perlstich, der Flechtenstich, Damaststich u. a., sowie der vom Kettenstich abgeleitete Feston- oder Languettenstich, Korallen-, Knötchen-, Wickelstich u. s. w., der nur zu gröbern S. verwendete Post- oder Minutenstich, der seinen Namen von der Schnelligkeit hat, mit der ein Blatt [* 20] ausgeführt werden kann, meist zur Detailausbildung der darzustellenden Muster.

Auf dichten Stoffen, Tuch, Baumwollzeug u. s. w. bleibt die ganze Grundfläche frei, und es entsteht nur das vorgezeichnete Muster durch entsprechendes Nebeneinanderlegen der mit der Nadel eingezogenen Fäden, die sehr verschiedener Art, wie Baumwollzwirn, Seide, Chenille, Gold- und Silbergespinst, sein können (Plattstichstickerei). Die Gold- und Silberstickerei wird hierbei oft durch mitaufgenähte Flittern oder echte Perlen ausgeputzt. Die gewöhnliche Perlenstickerei (s. d.) wird durch Aufnähen von Glas- oder Metallperlen oder Schmelz (kurzen Stückchen dünner farbiger Glasröhrchen) gebildet.

Gewebe (Zeuge: glatte

Bild 7.281: Gewebe (Zeuge: glatte G.)
* 21 Gewebe.

Bei der Wollstickerei oder Tapisserie wird ein loses Grundgewebe (Kanevas oder Stramin) meist ganz mit den ein gerades oder schief liegendes Fadenkreuz bildenden Stichen von verschiedenfarbigen Woll-, zum Teil auch Seidenfäden ausgefüllt, also auf diese Weise Grund und Muster gebildet (Kreuzstichstickerei). Die dritte Methode, die besonders zur Wiedergabe von Konturzeichnungen geeignet ist, beruht auf der Bildung kleiner Maschen, die kettenartig so ineinander gehängt sind, daß sie auch ohne das stützende Gewebe [* 21] ihren Zusammenhang behalten (Tambourierstichstickerei). Findet eine gegenseitige Bindung der Schleifen nicht statt, so bilden sich auf der Vorderseite emporstehende Schleifen oder Noppen (Moosstich). Der Festonstich entsteht aus dem Kettenstich, wenn der die Schleife bildende Faden nicht durch denselben Stichpunkt, der ihn auf die vordere Stoffseite führt, auf die Rückseite zurückkehrt.

Die S. bedient sich zur Herstellung ihrer Erzeugnisse höchst einfacher Werkzeuge. [* 22] Um die erforderliche Genauigkeit und Sicherheit in der Gestaltung der Musterfiguren oder in der Lage des Stichlochs zu erreichen, wird der zu verzierende Stoff meist in einen Rahmen, den Stickrahmen, so aufgespannt, daß die Stofffläche völlig eben ist und daß Einschlag- und Kettenfäden sich unter rechten Winkeln kreuzen. Bei der Handstickerei besteht der Rahmen aus vier Holzstäben, die zu einem Rechteck von veränderlicher Seitenlange vereinigt sind und an denen der Stoff durch Fäden angeheftet wird, oder auch aus einem Ring, über dem ein zweiter, etwas weiterer Ring den Stoff ausspannt. Dieser Rahmen ruht entweder im Schoß der Stickerin oder, in einem Kugelgelenk beweglich, auf einem feststehenden Fußgestell. Kleinere Muster werden von geübten Stickerinnen auch ohne Rahmen derart ausgeführt, daß die Arbeiterin den Stoff über den Zeigefinger der linken Hand [* 23] ausspannt und mittels der drei nächsten Finger festhält.

Ohr des Menschen

Bild 12.348a: Ohr des Menschen
* 24 Ohr des Menschen.

Zum Einschlingen des Fadens, der der bessern Musterfüllung wegen nur schwach gedreht sein darf, dient die Sticknadel, die entweder mit einem Öhr oder mit einem Haken versehen ist. Im erstern Fall ist dieselbe zur Erzeugung aller Sticharten verwendbar; im letztern eignet sie sich nur für die Erzeugung des Kettenstichs. Die Öhrnadeln bestehen, ähnlich denen für die Näherei, aus einem schlank kegelförmigen Schaft, der an dem einen Ende in eine mehr oder weniger scharfe Spitze ausläuft, während das andere Ende ein langgestrecktes Ohr [* 24] zum Einziehen des auf eine gewisse Länge abgeschnittenen Fadens enthält.

Die längliche Gestalt des Öhrs ermöglicht auch das leichte Einführen von lockerm Garn, dessen Durchmesser größer als der der Nadel ist. Die Öhrnadel wird stets vollständig durch den Stoff hindurchgeführt und das noch freie Fadenstück nachgezogen. Die einseitige Zuspitzung der Nadel macht bei der Rahmenstickerei vor jedem neuen Einstich eine Wendung derselben erforderlich. Zur Vermeidung dieses Umstandes schlug bereits 1755 Weisenthal in London [* 25] eine an beiden Enden zugespitzte, in der Mitte mit einem Öhr versehene Nadel vor.

In der Handstickerei hat diese Nadel wenig Anwendung gefunden (in Frankreich, namentlich zu Nancy, [* 26] wird sie noch gegenwärtig benutzt); dagegen bildet sie heute das unentbehrliche Werkzeug der meisten Plattstichstickmaschinen. (S. Stickmaschine.) Nur wenige dieser Maschinen benutzen einseitig zugespitzte Nadeln, [* 27] deren Öhr sich, wie bei den Nähmaschinennadeln, in unmittelbarer Nähe der Spitze befindet und die wie jene nur teilweise durch den Stoff hindurchgeführt werden. (S. Nähmaschine.) Die Hakennadel findet sowohl in der Handstickerei als in der Maschinenstickerei Anwendung.

Der cylindrische Schaft ist nur einseitig zugespitzt; das andere Ende ist zum Zweck bequemer Handhabung in einem Heft befestigt. Das nahe an der Spitze eingebohrte Öhr ist nach einer Seite derart aufgeschlitzt, daß dadurch ein Haken entsteht, dessen Spitze von der Nadelspitze abgewendet ist. Die Nadel wird, mit der Spitze voran, nur teilweise durch den Stoff hindurchgeführt, worauf der Faden bei der Handstickerei von der linken Hand der Arbeiterin unterhalb des Stoffes so um den Schaft herumgelegt wird, daß beim Heben des letztern der Faden in das aufgeschlitzte Öhr gleitet und von dem aufsteigenden Haken in Form einer Schleife über die Oberseite des Stoffes emporgezogen wird. Nach Versetzung der Nadel oder des Stoffes um die Länge eines Stiches durchdringt die erstere den Stoff von neuem, wobei die Schleife über dem Nadelschaft hängt, und holt eine neue Schleife auf die Oberfläche des Stoffes empor, die somit durch die erste Schleife hindurchgezogen und deren Zurückschlüpfen durch das erste Stichloch verhindert wird.



Stickereifachschulen -

Bild 65.352: Stickereifachschulen - Stickmaschine
* 28 Seite 65.352.

Bei jeder Weißstickerei muß die Zeichnung mit Baumwollgarn derart vorgezogen werden, daß mehr Faden über als unter dem Zeug und dadurch die S. erhaben liegt. Die leichteste Art der Weißstickerei ist das Languettieren oder Festonnieren. Der Festonstich bildet einen festen Rand und wird daher meist zu Bogeneinfassungen verwendet, bei denen nach beendeter Arbeit der Stoff außen dicht an der S. abgeschnitten wird. Die breiten Festons werden mit Vorder- oder auch mit Kettenstichen gefüllt, um

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erhaben zu liegen (Schattenlöcher). Das Restloch oder Schnürloch, zu dessen Herstellung man sich eines besondern Werkzeugs, des Nestloch- oder Schnürlochstechers, bedient, gehört zur sog. englischen S., die ganz durchbrochen oder licht ist und bei der die Stiche so dicht aneinander liegen, daß sie das Aussehen eines feinen Schnürchens erhalten (Cordonnierstich). Im Gegensatz zu letzterer steht die französische S., bei der Blumen und Blätter hoch und dicht gearbeitet werden.

Die Kunst des Stickens, insbesondere die Goldstickerei, soll von den Phrygiern erfunden worden sein; doch findet man sie bei allen Kulturvölkern schon seit den frühesten Zeiten in Gebrauch. Zu Homers Zeiten standen die Frauen Sidons in dem Rufe, geschickte Stickerinnen zu sein. Bei den Griechen galt Pallas Athene [* 29] als die Erfinderin dieser Kunst; doch steht fest, daß dieselbe durch die Perser nach Griechenland [* 30] gelangte. Durch Attalus Ⅲ., König von Pergamon, [* 31] gest. 133 v. Chr., wurden die Römer mit der Goldstickerei bekannt; erst unter den byzant.

Regens - Regensburg

Bild 13.657: Regens - Regensburg
* 32 Regensburg.

Kaisern war die Silberstickerei üblich. Berühmt waren gegen Ende des 10. Jahrh. die englischen, von Benediktinermönchen gefertigten S. (Opus anglicanum). Von den deutschen Klöstern gewann St. Gallen, St. Emmeran in Regensburg, [* 32] diejenige am Rhein und an der Donau bald hohen Ruhm. Doch blieb bis ins 12. Jahrh. der Einfluß der Byzantiner und Sarazenen bemerkbar. Im Mittelalter diente die Stickkunst vorzugsweise der Kirche, indem sie die Paramente auf das reichste ausstattete.

Die Nonnenklöster beherbergten die besten Werkstätten, bis gegen Ende des 13. Jahrh. die S. ein bürgerliches Gewerbe wurde. Die höchste Blüte [* 33] erlangte sie in Burgund unter Herzog Philipp dem Guten. In weiterer Ausbildung wendete sie sich der Reliefstickerei zu, indem sie Watte unterlegte und ihre [* 28] Figuren bildnerisch zu formen suchte. Das 16. Jahrh. kam von der [* 28] Figurenstickerei ab und wendete neben der Applikationsstickerei, welche es mit feinem Farbensinne pflegte, die Perlen- und Schnurstickerei mit Vorliebe an. Es waren nun vorzugsweise weltliche Zwecke, Gewänder, später Möbelstoffe, die mit S. geziert wurden.

Ornamente I (Altertum)

Bild 12.450a: Ornamente I (Altertum)
* 34 Ornamente.

Die letztern kamen im 18. Jahrh. in großartigster Weise zur Verwendung, so daß ganze Zimmereinrichtungen in Stickkunst ausgeführt wurden, ebenso wie man sie zur Dekoration der Kirchen verwendete. Die Leinenstickerei, früher vielfach für kirchliche Zwecke verwendet, wurde nun vorzugsweise eine Hauskunst, indem teils in Kreuzstich, teils in Plattstich, teils farbig (blau, rot, schwarz), teils weiß auf weiß (mit Leinen, Seide, Bändern, Borten oder Schnüren) zierliche Ornamente [* 34] geschaffen wurden. Zu Anfang unsers Jahrhunderts hatte die Stickkunst einen tiefen Stand erreicht.

Dank der kunstgewerblichen Bewegung seit den sechziger Jahren sind aber alle alten Techniken wieder aufgenommen worden und werden in umfassender Weise sowohl für kirchliche als profane Zwecke geübt. Die S. in Musselin (Weißstickerei) wird in der Schweiz [* 35] und in Sachsen [* 36] in großer Ausdehnung fabrikmäßig betrieben, wobei man sich teils der Handarbeit, teils der Stickmaschine (s. d.) bedient. Die Maschinenstickerei tritt überall da mit Vorteil an die Stelle der Handstickerei, wo es sich um die Massenproduktion gleichartiger Erzeugnisse handelt und wo demnach die künstlerischen Forderungen mehr zurückstehen.

Vgl.   Peter Quentel, Musterbuch für Ornamente und Stickmuster (1527‒29; neue Ausg., Lpz. 1882);

Joh. Sibmacher, Neues Stick- und Spitzenmusterbuch (1604; neue Ausg. in 60 photolithogr. Blättern, Berl. 1881);

Bock, [* 37] Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters (3 Bde., Bonn [* 38] 1856‒71);

Lay und Fischbach, Südslaw.

Ornamente (mit 20 Chromolithographien, Esseg und Hanau [* 39] 1880);

Muster altdeutscher Leinenstickerei (hg. von Jul. Lessing u. a., 4 Hefte, zum Teil in 9. Aufl., Berl. 1888‒91);

Fischbach und Puslky, Ornamente der Hausindustrie Ungarns (Budapest [* 40] 1879);

Stassoff, L’ornement national russe (Petersb. 1872);

Lipperheide, Muster altital.

Leinenstickerei (1. u. 2. Sammlung und Neue Folge, 2 Bde., Berl. 1882‒92);

Emilie Bach, Muster stilvoller Handarbeiten (2 Tle., Wien 1881);

Kick, Preisgekrönte Stickereiarbeiten (Stuttg. 1890 fg.);

Hermine Steffahny, Stickereimuster (Lpz. 1892 fg.);

L. de Farcy, La broderie du Ⅺe siècle jusqu’à nos jours (mit 180 Tafeln, Par. 1892);

Delabar, Allgemeiner Bericht über die Pariser Weltausstellung von 1867: die Weißstickerei in der Schweiz; die Weißstickerei in Württemberg [* 41] (St. Gallen 1869);

Göldy, Bericht an den hohen Bundesrat der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Stickereiindustrie auf der internationalen Ausstellung in Philadelphia [* 42] 1876 (Winterth. 1877);

Jahresberichte der Handels- und Gewerbekammer zu Planen im Königreich Sachsen.