Stickerei | eLexikon | Technologie, Gewerbe und Industrie - Textilindustrie
- ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
Stickerei,
das Verfahren, gewebte Stoffe, zuweilen auch Leder, Papier u. s. w., durch auf- oder eingenähte Muster zu verzieren. Die einzelnen Fadenlagen werden Stiche genannt und führen je nach Gestalt und Herstellungsweise die verschiedensten Namen. Die wichtigsten derselben sind: der Plattstich, der Kreuzstich und der Ketten- oder Tambourierstich. Neben diesen dienen der aus dem Plattstich hervorgegangene Stielstich, Steppstich, Leiterstich, der zickzackförmige Hexenstich, der Gobelin- oder Perlstich, der Flechtenstich, Damaststich u. a., sowie der vom Kettenstich abgeleitete Feston- oder Languettenstich, Korallen-, Knötchen-, Wickelstich u. s. w., der nur zu gröbern S. verwendete Post- oder Minutenstich, der seinen Namen von der Schnelligkeit hat, mit der ein Blatt [* 3] ausgeführt werden kann, meist zur Detailausbildung der darzustellenden Muster.
Seiches - Seide
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Seide.Auf dichten Stoffen, Tuch, Baumwollzeug u. s. w. bleibt die ganze Grundfläche frei, und es entsteht nur das vorgezeichnete Muster durch entsprechendes Nebeneinanderlegen der mit der Nadel eingezogenen Fäden, die sehr verschiedener Art, wie Baumwollzwirn, Seide, [* 4] Chenille, Gold- und Silbergespinst, sein können (Plattstichstickerei). Die Gold- und Silberstickerei wird hierbei oft durch mitaufgenähte Flittern oder echte Perlen ausgeputzt. Die gewöhnliche Perlenstickerei (s. d.) wird durch Aufnähen von Glas- oder Metallperlen oder Schmelz (kurzen Stückchen dünner farbiger Glasröhrchen) gebildet.
Bei der Wollstickerei oder Tapisserie wird ein loses Grundgewebe (Kanevas oder Stramin) meist ganz mit den ein gerades oder schief liegendes Fadenkreuz bildenden Stichen von verschiedenfarbigen Woll-, zum Teil auch Seidenfäden ausgefüllt, also auf diese Weise Grund und Muster gebildet (Kreuzstichstickerei). Die dritte Methode, die besonders zur Wiedergabe von Konturzeichnungen geeignet ist, beruht auf der Bildung kleiner Maschen, die kettenartig so ineinander gehängt sind, daß sie auch ohne das stützende Gewebe [* 5] ihren Zusammenhang behalten (Tambourierstichstickerei). Findet eine gegenseitige Bindung der Schleifen nicht statt, so bilden sich auf der Vorderseite emporstehende Schleifen oder Noppen (Moosstich). Der Festonstich entsteht aus dem Kettenstich, wenn der die Schleife bildende Faden [* 6] nicht durch denselben Stichpunkt, der ihn auf die vordere Stoffseite führt, auf die Rückseite zurückkehrt.
Vorstellung (psycholog
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Werkzeuge.Die S. bedient sich zur Herstellung ihrer Erzeugnisse höchst einfacher Werkzeuge. [* 7] Um die erforderliche Genauigkeit und Sicherheit in der Gestaltung der Musterfiguren oder in der Lage des Stichlochs zu erreichen, wird der zu verzierende Stoff meist in einen Rahmen, den Stickrahmen, so aufgespannt, daß die Stofffläche völlig eben ist und daß Einschlag- und Kettenfäden sich unter rechten Winkeln kreuzen. Bei der Handstickerei besteht der Rahmen aus vier Holzstäben, die zu einem Rechteck von veränderlicher Seitenlange vereinigt sind und an denen der Stoff durch Fäden angeheftet wird, oder auch aus einem Ring, über dem ein zweiter, etwas weiterer Ring den Stoff ausspannt. Dieser Rahmen ruht entweder im Schoß der Stickerin oder, in einem Kugelgelenk beweglich, auf einem feststehenden Fußgestell. Kleinere Muster werden von geübten Stickerinnen auch ohne Rahmen derart ausgeführt, daß die Arbeiterin den Stoff über den Zeigefinger der linken Hand [* 8] ausspannt und mittels der drei nächsten Finger festhält.
Ohr des Menschen
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Ohr des Menschen.Zum Einschlingen des Fadens, der der bessern Musterfüllung wegen nur schwach gedreht sein darf, dient die Sticknadel, die entweder mit einem Öhr oder mit einem Haken versehen ist. Im erstern Fall ist dieselbe zur Erzeugung aller Sticharten verwendbar; im letztern eignet sie sich nur für die Erzeugung des Kettenstichs. Die Öhrnadeln bestehen, ähnlich denen für die Näherei, aus einem schlank kegelförmigen Schaft, der an dem einen Ende in eine mehr oder weniger scharfe Spitze ausläuft, während das andere Ende ein langgestrecktes Ohr [* 9] zum Einziehen des auf eine gewisse Länge abgeschnittenen Fadens enthält.
Die längliche Gestalt des Öhrs ermöglicht auch das leichte Einführen von lockerm Garn, dessen Durchmesser größer als der der Nadel ist. Die Öhrnadel wird stets vollständig durch den Stoff hindurchgeführt und das noch freie Fadenstück nachgezogen. Die einseitige Zuspitzung der Nadel macht bei der Rahmenstickerei vor jedem neuen Einstich eine Wendung derselben erforderlich. Zur Vermeidung dieses Umstandes schlug bereits 1755 Weisenthal in London [* 10] eine an beiden Enden zugespitzte, in der Mitte mit einem Öhr versehene Nadel vor.
In der Handstickerei hat diese Nadel wenig Anwendung gefunden (in Frankreich, namentlich zu Nancy, [* 11] wird sie noch gegenwärtig benutzt); dagegen bildet sie heute das unentbehrliche Werkzeug der meisten Plattstichstickmaschinen. (S. Stickmaschine.) [* 12] Nur wenige dieser Maschinen benutzen einseitig zugespitzte Nadeln, [* 13] deren Öhr sich, wie bei den Nähmaschinennadeln, in unmittelbarer Nähe der Spitze befindet und die wie jene nur teilweise durch den Stoff hindurchgeführt werden. (S. Nähmaschine.) [* 14] Die Hakennadel findet sowohl in der Handstickerei als in der Maschinenstickerei Anwendung.
Der cylindrische Schaft ist nur einseitig zugespitzt; das andere Ende ist zum Zweck bequemer Handhabung in einem Heft befestigt. Das nahe an der Spitze eingebohrte Öhr ist nach einer Seite derart aufgeschlitzt, daß dadurch ein Haken entsteht, dessen Spitze von der Nadelspitze abgewendet ist. Die Nadel wird, mit der Spitze voran, nur teilweise durch den Stoff hindurchgeführt, worauf der Faden bei der Handstickerei von der linken Hand der Arbeiterin unterhalb des Stoffes so um den Schaft herumgelegt wird, daß beim Heben des letztern der Faden in das aufgeschlitzte Öhr gleitet und von dem aufsteigenden Haken in Form einer Schleife über die Oberseite des Stoffes emporgezogen wird. Nach Versetzung der Nadel oder des Stoffes um die Länge eines Stiches durchdringt die erstere den Stoff von neuem, wobei die Schleife über dem Nadelschaft hängt, und holt eine neue Schleife auf die Oberfläche des Stoffes empor, die somit durch die erste Schleife hindurchgezogen und deren Zurückschlüpfen durch das erste Stichloch verhindert wird.
Stickereifachschulen -
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Seite 65.352.Bei jeder Weißstickerei muß die Zeichnung mit Baumwollgarn derart vorgezogen werden, daß mehr Faden über als unter dem Zeug und dadurch die S. erhaben liegt. Die leichteste Art der Weißstickerei ist das Languettieren oder Festonnieren. Der Festonstich bildet einen festen Rand und wird daher meist zu Bogeneinfassungen verwendet, bei denen nach beendeter Arbeit der Stoff außen dicht an der S. abgeschnitten wird. Die breiten Festons werden mit Vorder- oder auch mit Kettenstichen gefüllt, um ¶
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erhaben zu liegen (Schattenlöcher). Das Restloch oder Schnürloch, zu dessen Herstellung man sich eines besondern Werkzeugs, des Nestloch- oder Schnürlochstechers, bedient, gehört zur sog. englischen S., die ganz durchbrochen oder licht ist und bei der die Stiche so dicht aneinander liegen, daß sie das Aussehen eines feinen Schnürchens erhalten (Cordonnierstich). Im Gegensatz zu letzterer steht die französische S., bei der Blumen und Blätter hoch und dicht gearbeitet werden.
Romanzement - Römer
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Römer.Die Kunst des Stickens, insbesondere die Goldstickerei, soll von den Phrygiern erfunden worden sein; doch findet man sie bei allen Kulturvölkern schon seit den frühesten Zeiten in Gebrauch. Zu Homers Zeiten standen die Frauen Sidons in dem Rufe, geschickte Stickerinnen zu sein. Bei den Griechen galt Pallas Athene [* 16] als die Erfinderin dieser Kunst; doch steht fest, daß dieselbe durch die Perser nach Griechenland [* 17] gelangte. Durch Attalus Ⅲ., König von Pergamon, [* 18] gest. 133 v. Chr., wurden die Römer [* 19] mit der Goldstickerei bekannt; erst unter den byzant.
Kaisern war die Silberstickerei üblich. Berühmt waren gegen Ende des 10. Jahrh. die englischen, von Benediktinermönchen gefertigten S. (Opus anglicanum). Von den deutschen Klöstern gewann St. Gallen, St. Emmeran in Regensburg, [* 20] diejenige am Rhein und an der Donau bald hohen Ruhm. Doch blieb bis ins 12. Jahrh. der Einfluß der Byzantiner und Sarazenen bemerkbar. Im Mittelalter diente die Stickkunst vorzugsweise der Kirche, indem sie die Paramente auf das reichste ausstattete.
Die Nonnenklöster beherbergten die besten Werkstätten, bis gegen Ende des 13. Jahrh. die S. ein bürgerliches Gewerbe wurde. Die höchste Blüte [* 21] erlangte sie in Burgund unter Herzog Philipp dem Guten. In weiterer Ausbildung wendete sie sich der Reliefstickerei zu, indem sie Watte unterlegte und ihre [* 15] Figuren bildnerisch zu formen suchte. Das 16. Jahrh. kam von der [* 15] Figurenstickerei ab und wendete neben der Applikationsstickerei, welche es mit feinem Farbensinne pflegte, die Perlen- und Schnurstickerei mit Vorliebe an. Es waren nun vorzugsweise weltliche Zwecke, Gewänder, später Möbelstoffe, die mit S. geziert wurden.
Ornamente I (Altertum)
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Ornamente.Die letztern kamen im 18. Jahrh. in großartigster Weise zur Verwendung, so daß ganze Zimmereinrichtungen in Stickkunst ausgeführt wurden, ebenso wie man sie zur Dekoration der Kirchen verwendete. Die Leinenstickerei, früher vielfach für kirchliche Zwecke verwendet, wurde nun vorzugsweise eine Hauskunst, indem teils in Kreuzstich, teils in Plattstich, teils farbig (blau, rot, schwarz), teils weiß auf weiß (mit Leinen, Seide, Bändern, Borten oder Schnüren) zierliche Ornamente [* 22] geschaffen wurden. Zu Anfang unsers Jahrhunderts hatte die Stickkunst einen tiefen Stand erreicht.
Dank der kunstgewerblichen Bewegung seit den sechziger Jahren sind aber alle alten Techniken wieder aufgenommen worden und werden in umfassender Weise sowohl für kirchliche als profane Zwecke geübt. Die S. in Musselin (Weißstickerei) wird in der Schweiz [* 23] und in Sachsen [* 24] in großer Ausdehnung [* 25] fabrikmäßig betrieben, wobei man sich teils der Handarbeit, teils der Stickmaschine (s. d.) bedient. Die Maschinenstickerei tritt überall da mit Vorteil an die Stelle der Handstickerei, wo es sich um die Massenproduktion gleichartiger Erzeugnisse handelt und wo demnach die künstlerischen Forderungen mehr zurückstehen.
Vgl. Peter Quentel, Musterbuch für Ornamente und Stickmuster (1527‒29; neue Ausg., Lpz. 1882);
Joh. Sibmacher, Neues Stick- und Spitzenmusterbuch (1604; neue Ausg. in 60 photolithogr. Blättern, Berl. 1881);
Bock, [* 26] Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters (3 Bde., Bonn [* 27] 1856‒71);
Lay und Fischbach, Südslaw.
Ornamente (mit 20 Chromolithographien, Esseg und Hanau [* 28] 1880);
Muster altdeutscher Leinenstickerei (hg. von Jul. Lessing u. a., 4 Hefte, zum Teil in 9. Aufl., Berl. 1888‒91);
Fischbach und Puslky, Ornamente der Hausindustrie Ungarns (Budapest [* 29] 1879);
Stassoff, L’ornement national russe (Petersb. 1872);
Lipperheide, Muster altital.
Leinenstickerei (1. u. 2. Sammlung und Neue Folge, 2 Bde., Berl. 1882‒92);
Emilie Bach, Muster stilvoller Handarbeiten (2 Tle., Wien [* 30] 1881);
Kick, Preisgekrönte Stickereiarbeiten (Stuttg. 1890 fg.);
Hermine Steffahny, Stickereimuster (Lpz. 1892 fg.);
L. de Farcy, La broderie du Ⅺe siècle jusqu’à nos jours (mit 180 Tafeln, Par. 1892);
Delabar, Allgemeiner Bericht über die Pariser Weltausstellung von 1867: die Weißstickerei in der Schweiz; die Weißstickerei in Württemberg [* 31] (St. Gallen 1869);
Göldy, Bericht an den hohen Bundesrat der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Stickereiindustrie auf der internationalen Ausstellung in Philadelphia [* 32] 1876 (Winterth. 1877);
Jahresberichte der Handels- und Gewerbekammer zu Planen im Königreich Sachsen.