Taschenuhren | eLexikon
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Uhren
sind eine besondre Klasse von Maschinen, auf deren Vervollkommnung die größten Gelehrten und mechanischen Künstler mehrerer Jahrhunderte ihre Kräfte verwendet haben, während ihre Verwohlfeilerung und dadurch mögliche Verbreitung bis in die untersten Volksschichten das Werk der neueren fabrikmäßigen Industrie ist.
Uhren
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Seite 21.595.Die alten Uhren waren bei aller Kostspieligkeit sehr mangelhafte Zeitweiser und dienten mehr als Luxusstücke für Reiche. Sie wurden von einzelnen Uhrmachern einzeln hergestellt, während die heutigen Uhrmacher nur Reparateure und Händler mit Fabrikartikeln sind. Nur die Großuhrmacherei macht hiervon eine Ausnahme. Im großen Format für Kloster, Kirchen und Stadthäuser traten die Uhren überhaupt zuerst auf. Unter den am ersten aufgestellten werden die des Straßburger Münsters (1352) und die in Augsburg (1364) genannt. Ums Jahr 1500 erfand Peter Hele in Nürnberg die Taschenuhren, anfänglich sehr schwerfällige Maschinen, die 9-1200 Mk. kosteten. Turm- und Stubenuhren blieben lange Zeit sehr unvollkommene Werke, da sie des besten Gangreglers, des Pendels, entbehrten, der sich erst um 1657 hinzufand. Bis dahin hatten sie oberhalb einen Schwingbalken oder ein Schwungrad, ähnlich ¶
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den Taschenuhren. Mit Hilfe des Pendels wurde es bald möglich, richtig gehende Gewichtuhren herzustellen, die selbst den Ansprüchen der Astronomen genügen konnten. Weit schwieriger war die Aufgabe, auch die tragbaren Federuhren so weit zu vervollkommnen, daß sie im Gange annähernd so richtig würden, wie die Pendeluhren. Dies konnte hauptsächlich nur erreicht werden durch verbesserte Hemmung (Echappements), der Vorrichtung, welche die Uhr im Gange anhält und wieder ausläßt. Das übrige Räderwerk bleibt sich im wesentlichen immer gleich. Es sind denn auch eine große Anzahl Hemmungen erdacht worden, meist schon im vorigen Jahrhundert.
Auch die jetzt gebräuchlichen Cylinder- und Ankeruhren sind nichts Neues, und indem die heutige Fabrikation sie einführte, hatte sie hauptsächlich nur für wohlfeile Herstellung zu sorgen. Hilfsmaschinen zur leichten und exakten Herstellung der einzelnen Teile haben dazu wesentlich beigetragen und es sind deren immer mehr und bis in die jüngste Zeit erfunden worden. Die alten Spindeluhren sind jetzt so gut wie abgethan, obschon sie bereits verbessert waren durch den sinnreichen Zugregulator, die Schnecke, welche den älteren Werken noch abging.
Die Cylinder- und Ankerhemmung sind um so viel besser, als der Spindelgang, daß sie die Schnecke so ziemlich entbehrlich machen, obschon zugegeben werden muß, daß sie durch Hinzufügung derselben noch verbessert werden würden. Das Weglassen dieses Stückes ist aber geboten, wenn es sich um flach gebaute Uhren handelt, und andre als solche will jetzt Niemand mehr tragen. Die Ankeruhren sind den Cylinderuhren vorzuziehen, aber nur, wenn sie gut sind, in welchem Falle sie dann auch teuer sein müssen. Wohlfeile Ankeruhren zu kaufen ist äußerst unzweckmäßig. -
Daß die Wanduhren sich bis in die geringsten Wohnungen und fernsten Erdwinkel verbreiten konnten, ist den betriebsamen Bewohnern des Schwarzwaldes zu danken. Die Versendung sehr wohlfeiler hölzerner U. von dort begann etwa um 1700. Anfangs wurden selbst die Räderwerke von Holz gemacht, statt dessen jetzt schon lange Messing dient. Überhaupt ist das anstellige Volk des Schwarzwaldes (badischen und würtembergischen Anteils) in seinem Fache stets rüstig fortgeschritten und bringt auf den öffentlichen Ausstellungen immer ein reiches Sortiment von Wand-, Stand-, Gewicht- und Federuhren zur Anschauung, vermehrt noch durch allerlei Spieluhren und Musikwerke. Die Uhrmacherei ist dort noch größtenteils reine Hausindustrie, von Familien in den kleinen Städten und Dörfern betrieben. Meister, Gesellen, selbst Frauen arbeiten jede in ihrem speziellen Fache. Der eine schnitzt Gehäuse, der andre macht Räder, ein dritter Zifferblätter, wieder ein andrer setzt die Werke zusammen etc.
Die Städtchen Triburg und Furtwangen bilden jetzt die Mittelpunkte der Industrie und des Handels mit
U. Alljährlich gehen an 200000 Stück U. aller Art vom Schwarzwald in alle Teile der Welt hinaus, teils auf dem Wege des
Großhandels, teils, wie von jeher, durch die bekannten hausierenden Uhrenmänner. Die schwarzwälder Waren
sind kaum einer
Konkurrenz ausgesetzt, da sie erstaunlich wohlfeil sind. Man kauft schon für 3 Mk.
eine kleine brauchbare Wanduhr, für 18-21 Mk. eine vortreffliche, acht Tage gehende Standuhr. Die
Verpflanzung der Uhrenindustrie nach dem sächsischen Erzgebirge zum Besten der armen Bevölkerung ist nur insoweit gelungen,
daß zu Karlsfeld eine Fabrik besteht, welche jährlich für 15-18000 Mk. Geschäfte
macht. Es werden dort außer Wanduhren und Regulateuren auch Turm-, Stations- und Hofuhren, Zugfederuhren, Metronome und
Fournituren gefertigt. -
In den bürgerlichen Kreisen haben sich an Stelle der gewöhnlichen Gewichtuhren zunehmend Standuhren und neuerdings die sog. Regulateure eingebürgert, was lediglich Geschmackssache ist, da sie nicht mehr leisten wie jene und öfter reparaturbedürftig sind. -
Gegenstände der höhern Uhrmacherkunst und nicht der Fabrikation sind die Pendeluhren, welche auf Sternwarten gebraucht werden und das Möglichste in Richtigkeit des Ganges leisten müssen. Auch die Normaluhren der Uhrmacher können schon dazu gerechnet werden. Bei solchen Werken findet sich außer andern subtilen Einrichtungen auch immer eine Kompensation, welche den Einfluß aufhebt, den die Pendelstange dadurch auf den Gang ausüben würde, daß sie in warmer Temperatur sich verlängert, in kalter sich verkürzt. Diese Kompensationen beruhen auf der ungleichmäßigen Ausdehnung verschiedner Metalle und bestehen entweder aus einer Kombination von Stahl- und Zinkstäbchen (Rostpendel) oder die Stange hat eine Röhre mit Quecksilber, das bei zunehmender Temperatur steigt, und damit den Schwerpunkt des Pendels um eben so viel hebt, als er durch die Verlängerung der Stange gesenkt wird. -
Die größte Menge der U. und den Hauptgegenstand des Handels bilden die Taschenuhren. An der Produktion dieses wichtigen Artikels beteiligen sich hauptsächlich Deutschland, die Schweiz, Frankreich, England und Amerika, jedes in seiner besondern Art. Die englischen und amerikanischen U. sind sehr solid und äußerst genau im Gange, aber im Verhältnis teuer und wenig im Handel des Kontinents anzutreffen; die französischen sind viel leichter gebaut und wollen hauptsächlich durch Geschmack und Zierlichkeit bestechen, während die Schweizer, sonst den Franzosen ebenbürtig, doch mehr die Rücksicht auf Wohlfeilheit vorherrschen lassen, die ihnen den großen Markt sichert, und sich bemühen, für jedes Land den besondern Geschmack der Abnehmer zu treffen.
Uhren
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Seite 21.596.Die Sitze der schweizer Fabrikation sind in den Kantonen Neuenburg und Genf. Die Städte Genf, La-Chaux-de-Fonds, Locle, St. Imier kann man fast nicht nennen, ohne an U. zu denken. In Genf erkennt man sogleich an der durchgängigen Verglasung vieler Häuser in den obersten Stockwerken, daß dort in dem vollen Lichte Uhrmacherarbeiten betrieben werden. Der erste schweizer Uhrmacher, ein junger erfinderischer Mann, Richard, wurde es aus sich selbst, nachdem ihm um 1679 als damals viel bewunderter Neuigkeit eine Nürnberger U. zu Gesicht gekommen war. ¶
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Seine Werkstatt wurde die Mutter aller übrigen. Geschlossene Fabriken mit Prinzipal und Lohnarbeitern gibt es in der Schweiz außer der großartigen von Patek in Genf wohl keine weiter; alle Teile und Teilchen werden von selbständigen Arbeitern in ihren Behausungen, unter Mitwirkung der Familienglieder, hergestellt und eine Hand macht jahraus jahrein das nämliche Teilstück. Der Unternehmer, der etwa als Fabrikant gelten kann, beschäftigt in der Regel keine Arbeiter im Hause, sondern kauft die Teile zusammen, um sie zum Ganzen vereinigen zu lasssen ^[richtig: lassen]. Obwohl aus den verschiedensten Händen bezogen, passen doch alle Teile bis auf leichte Abgleichungsarbeiten genau, da sie alle nach einer Norm gearbeitet sind. Wohl die subtilsten Arbeiten für die U. sind das Schleifen und Bohren der hirsekorngroßen Rubine für die Zapfenlöcher, und die Spiralen für die Unruhe.
Man unterscheidet in der schweizer Fabrikation nicht weniger als 54 einzelne Arbeitszweige, die alle zusammengewirkt haben
müssen, ehe eine U. zum Versenden fertig ist. Wegen der geteilten Arbeit wandern daher die unfertigen
Werke beständig in Pappschachteln zwischen den einzelnen Werkstätten hin und her. Die große Ausdehnung und Wichtigkeit
der schweizer Uhrenindustrie läßt sich daran bemessen, daß daselbst schon im Jahre 1856 nicht weniger als 1100
000 Stück
U. fertig wurden und die Zahl der darin Beschäftigten sich auf etwa 40000 belief.
Die französische Fabrikation ist weit weniger umfangreich; der Hauptfabrikort für Taschenuhren ist dort Besançon, während
sich Paris hauptsächlich auf die Herstellung von Pendeluhren verlegt. In England hat die Uhrmacherei ihre Sitze in London,
Birmingham und Chester. Als ein Ableger der schweizer Industrie ist die Fabrikation zu Glashütte bei
Dresden zu betrachten. Es werden daselbst nur höhere Qualitäten, namentlich Ankeruhren, gefertigt, die meist ins Ausland
gehen, weil die deutschen Uhrmacher lieber mit schweizer und französischer Ware handeln. Die Uhrenindustrie in Glashütte
hat sich in den letzten Jahren sehr gehoben, auch ist daselbst eine Uhrmacherschule errichtet worden.
Der Wert der daselbst fabrizierten U. beläuft sich auf jährlich circa 350000 Mk. -
Auch werden in Glashütte feine und kunstvolle Maschinen, welche mit der Uhrenfabrikation in naher Beziehung stehen, für den Handel gefertigt. -
England hat seinen Schwerpunkt in der Fabrikation von Chronometern oder Seeuhren, da es nicht allein den großen Bedarf seiner eignen Marine zu decken hat, sondern auch die übrigen seefahrenden Nationen und die Sternwarten andrer Länder ihre Chronometer gern von dort beziehen. In Deutschland, namentlich Hamburg und Altona, werden aber auch gute derartige U. gebaut. Die Chronometer, sehr große Sekundenuhren, sind keine gewöhnlichen Zeitweiser, sondern dienen zur Bestimmung der geographischen Länge des Orts in See, wo ein Schiff sich eben befindet, und bedürfen hierzu eines weit genauern Ganges, als ihn das tägliche Leben benötigt. Sie werden daher in besondern Kunstwerkstätten angefertigt und vor der Hinausgabe monatelang täglich geprüft, bald in kalte, bald in heiße Räume gebracht, der Gang fortwährend mit einer genauen astronomischen U. verglichen und das Ergebnis notiert.
Der Käufer einer solchen U. erhält zugleich ein Attest mit, welches das Verhalten derselben angibt, d. h. wie viel sie etwa vor- oder nachgeht, denn dieses thut ihrer Brauchbarkeit keinen Eintrag, wenn das Wieviel bekannt ist. Die U., mit größter Aufmerksamkeit an Bord gebracht, erhält ihren Platz in der Nähe der Schiffsmitte in einem Verschlag, wo sie in einem gepolsterten Kästchen liegt, das wie ein Kompaß in Doppelringen aufgehangen ist. Dies gilt von der eigentlichen Schiffsuhr, während von den Offizieren gewöhnlich außerdem noch kleinere Taschenchronometer geführt werden.
Von der Schiffsuhr wird weiter nichts verlangt, als daß sie unter allen Umständen und Klimaten ihren Gang nicht ändert; dann kann sie in folgender Art gebraucht werden. Die U. ist beim Auslaufen nach der Zeit einer Hauptstation, also für England nach Londoner Zeit gestellt. Wird sie immer im Gange erhalten, so ersieht man an ihr zu jeder Zeit, unter Berücksichtigung der ihr eigentümlichen Abweichung, welche Zeit es eben in London ist. Findet sich bei einer Mittagsaufnahme auf See, daß die Londoner Zeit z. B. gerade um eine Stunde hinter der örtlichen zurück ist, so ist man um 1/24 des betreffenden Breitenkreises westlich von London entfernt, und ist die Breite bekannt oder ermittelt, was natürlich notwendig ist, so kennt man auch den Ort des Schiffs. Diese U. sind jetzt so vervollkommt, daß man unter Zuhilfenahme von astronomischen Beobachtungen und Tabellen den Schiffsort aufs Genaueste zu bestimmen vermag.
Der Bau der Chronometer zeigt verschiedne Abweichungen von den gewöhnlichen U. Sie haben zwei Federhäuser, die nach einander alle 24 Stunden aufgezogen werden, eine besondere Hemmung, die speziell sog. Chronometerhemmung, und eine Kompensation, die in die Unruhe selbst verlegt ist. Diese trägt nämlich keinen geschlossenen Ring, sondern an einem einfachen Querbalken nur zwei Bogenstücke aus zweierlei Metall und mit Schwungkügelchen beschwert. Indem sich diese Stücke je nach den Temperatureinflüssen mehr krümmen oder strecken, erhalten sie den gleichmäßigen Fortgang des Werks. Eine außereuropäische Uhrmacherei gab es früherhin nicht, während jetzt in Nordamerika in großartigen Etablissements vortreffliche Taschenuhren fabriziert werden. Dagegen ist Asien ein sicherer Kunde für Europa und auch ein guter, zumal dort allgemein, in China und anderwärts, noch die Sitte herrscht, die Taschenuhren stets paarweise zu tragen. -
In neurer Zeit hat man der Konstruktion große Aufmerksamkeit geschenkt und eine Anzahl von wichtigen Erfindungen gemacht. Dahin ist in erster Linie die pneumatische U. zu rechnen, mittels deren es möglich wird durch eine Normaluhr die verschiednen in einer Stadt auf Plätzen, Häusern, in Kontoren und Wohnungen verteilten U. zu stellen. Auch die Elektrizität wird als Motor benutzt und werden von Hipp gute elektrische U. geliefert. ¶
Fortsetzung Uhren:
→ Seite 21.597 || Interessant ist auch die Harder'sche Jahresuhr mit Rotationspendel. Um das lästige