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Thurgau | eLexikon | Geographie - Schweiz - Kantone

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Thür - Thurgau

Bild 15.680: Thür - Thurgau
Seite 15.680.
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ThurgauKanton der nördlichen Schweiz, durch den Bodensee und Rhein von Baden, Württemberg und Bayern / 833
THURGAUfranzösisch Thurgovie. Kanton der schweizerischen Eidgenossenschaft; in der offiziellen Reihenfolge / 23532
THURGAU _2(Kanton). Die Weinbaustatistik vom Jahre 1908 hat folgende Zahlen ergeben: Weinbaustatistik / 361
Thurgauin der histor. Rangordnung der 17., dem Flächeninhalt nach der 12., der Einwohnerzahl nach / 1192

Seite 15.680

Thurgau

31 Seiten, 25'926 Wörter, 186'311 Zeichen

Geographie — Schweiz — Kantone

Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888

Thurgau,

Kanton [* 2] der nördlichen Schweiz, [* 3] durch den Bodensee und Rhein von Baden, [* 4] Württemberg [* 5] und Bayern [* 6] getrennt, umfaßt 988 qkm (17,9 QM.). In dem zum Thalsystem der Murg gehörenden Hinter-Thurgau steigt das Land fast zu voralpinen Höhen an, so am Hörnli (1135 m), jedoch ohne dessen Gipfel zu erreichen. Auch der größere Teil des an den Kanton St. Gallen grenzenden Gebiets steigt erheblich an, während die tiefsten Punkte an der Thur und am Rhein liegen. Zwischen Thurthal und Bodensee zieht ein breites Plateau (Seerücken) hin, zu dem als einer der markantesten Punkte der Ottenberg (671 m) gehört.

Bevölkerungsstatistisc

Bild 2.851a: Bevölkerungsstatistische Karten
* 7 Bevölkerung.

Der Kanton zählt (1888) 105,091 Einw. deutscher Abstammung. Unter der Bevölkerung [* 7] sind beide Konfessionen [* 8] sehr gemischt, doch ist der Protestantismus vorherrschend. Die Katholiken (im ganzen 30,337) gehören der Diözese Basel [* 9] an; Klöster bestehen keine mehr. Der Kanton baut zwar nicht ausreichend Getreide, [* 10] nimmt aber in andern Feldgewächsen und besonders in Obst und Wein (auf 1812 Hektar) eine hervorragende Stelle ein. Auch die Rinder- u. Schweinezucht ist bedeutend (1886 gab es 47,317 Rinder, [* 11] 10,418 Schweine). [* 12]

Viele Gesellschaftskäsereien sind vorhanden. In Ermatingen und Gottlieben werden jährlich ca. 150,000 Gangfische gefangen. Hauptindustrie ist gegenwärtig die Baumwollspinnerei an der Thur und Murg; Islikon im Thurthal besitzt eine ausgedehnte Färberei und Druckerei, Amriswyl eine Strumpffabrik. Außerdem sind Gerbereien, Papiermühlen, Spielkartenfabriken, Spiritus- und Leimfabriken, Ziegeleien etc. im Betrieb. Großhandelsplätze hat der Thurgau nicht, aber einen bedeutenden Obstmarkt in Frauenfeld, große Viehmärkte in Dießenhofen, Bischofzell, Amriswyl und Weinfelden.

Romanshorn ist als Bodenseehafen wichtig. Die Nordostbahn überschreitet in Amriswyl den Seerücken, geht ins Thurthal hinüber nach Weinfelden-Frauenfeld-Winterthur und kreuzt die Seethallinien in Romanshorn. Den Hinter-Thurgau kreuzt die Linie Winterthur-St. Gallen. In Frauenfeld und Weinfelden arbeiten die zwei thurgauischen Zettelbanken: die Thurgauische Hypothekenbank (1851 gegründet) und die Thurgauische Kantonalbank (seit 1870). Das Schulwesen gehört zu den regenerierten; in Kreuzlingen besteht das kantonale Lehrerseminar, in Frauenfeld eine Kantonsschule.

Der Thurgau hat auch eine Rettungs- und eine Zwangsarbeits-, aber keine Blinden- und Taubstummenanstalt. Die öffentlichen Bibliotheken enthalten 60,000 Bände, wovon über 30,000 auf die Kantonsbibliothek in Frauenfeld entfallen. Nach der Verfassung vom 28. Febr. 1869 gehört der Thurgau zu den rein demokratischen Kantonen. Sie gibt dem Volk das obligatorische Referendum, dem auch die Beschlüsse der Legislative unterstellt werden können. Die oberste Landesexekutive wird direkt vom Volk gewählt und kann, wie die Legislative, abberufen werden, nämlich wenn 5000 Votanten sich für eine Abstimmung ausgesprochen haben.



Thurii - Thüringen

Bild 15.681: Thurii - Thüringen
* 14 Seite 15.681.

Die Legislative übt der Große Rat, der auf je drei Jahre durch das Volk gewählt wird. Die oberste vollziehende Behörde ist der Regierungsrat, mit fünf Mitgliedern und ebenfalls dreijähriger Amtsdauer. Die oberste Gerichtsinstanz heißt Obergericht, dessen sieben Mitglieder ebenfalls auf drei Jahre durch den Großen Rat gewählt werden. Der Kanton ist in acht Bezirke eingeteilt; jeder derselben hat seinen Bezirksstatthalter, dem ein Bezirksrat zur Seite steht, und ein Bezirksgericht, jede Gemeinde ihren Gemeinderat, dessen Vorsitz der Ammann führt; für größere Kreise [* 13] besteht ein Friedensrichter. Die Staatsrechnung für 1886 weist an Einnahmen 1,224,476 Frank auf, darunter Ertrag des Staatsguts 449,516, Abgaben 625,207 Fr.; die Ausgaben belaufen sich auf 1,207,793 Fr., wovon 281,784 Fr. auf das Erziehungswesen fallen. Zu Ende des Jahrs 1886 berechnete sich das unmittelbare Staatsgut auf 5,624,823 Fr.,

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die Summe des Spezialfonds auf 6,444,022, also das Gesamtvermögen auf 12,068,845 Fr. Hauptstadt ist Frauenfeld.

Geschichte. Thurgau war der Name einer alten alemannischen Grafschaft, welche ursprünglich außer dem Kanton Thurgau auch die heutigen Kantone Zürich, Uri, Schwyz, Zug, Appenzell [* 15] sowie Stücke von St. Gallen, Aargau und Luzern [* 16] umfaßte, aber durch die Lostrennung des westlichen Teils als eines besondern Zürichgaues, durch die Immunitätsprivilegien des Klosters St. Gallen etc. zusammenschmolz. Nach dem Aussterben der Grafen von Kyburg, welche die Landgrafschaft Thurgau besessen, kam dieselbe an Rudolf von Habsburg (1264). 1415 wurde infolge der Ächtung Herzog Friedrichs die hohe Gerichtsbarkeit über den an Konstanz [* 17] verliehen, 1460 entrissen die Eidgenossen das Land Österreich [* 18] gänzlich und machten daraus eine gemeine Vogtei der sieben alten Orte (ohne Bern). [* 19] Unter dem Schutze Zürichs wandte sich der größte Teil des Landes der Reformation zu. Der Umsturz der alten Eidgenossenschaft (1798) befreite den aus seiner Unterthanenschaft, und die Mediationsakte erhob ihn 1803 zum selbständigen Kanton mit einer Repräsentativverfassung, die 1814 durch Zensus, lange Amtsdauern, künstliche Wahlart etc. ein aristokratisches Gepräge erhielt.

Nach der Julirevolution machte Thurgau unter der Führung des Pfarrers Bornhauser den Anfang mit der Demokratisierung der schweizerischen Kantone durch seine neue, 26. April 1831 angenommene Verfassung. Seitdem gehörte der Thurgau beständig zu den liberalen Kantonen, nahm teil an den Badener Konferenzbeschlüssen, hob 1848 seine Klöster auf bis auf eins und erklärte sich für Annahme der neuen Bundesverfassung wie auch für die Revisionen derselben 1872 und 1874. Nachdem schon 1837 und 1849 das Grundgesetz revidiert worden war, begann 1868 eine neue Revisionsbewegung, welche Einführung des Referendums und der Initiative, der direkten Volkswahl der Regierung etc. anstrebte und in der Verfassung vom 28. Febr. 1869 ihren Abschluß fand.

Vgl.   Puppikofer ^[richtig: Pupikofer (= Johann Adam Pupikofer, 1797-1882)], Geschichte des Thurgaus (2. Aufl., Frauenfeld 1884);

Häberlin, Geschichte des Kantons Thurgau, 1798-1869 (das. 1872-76, 2 Bde.);

»Thurgauische Beiträge zur vaterländischen Geschichte« (das. 1861 ff.).

Im Geographisches Lexikon der SCHWEIZ, 1902

Titel
Elemente zu THURGAU:

[15.680] Thurgau Kanton der nördlichen Schweiz

vergrössern: Wappen von Kanton Thurgau.
Wappen von Kanton Thurgau.

Thurgau,

französisch Thurgovie. Kanton der schweizerischen Eidgenossenschaft; in der offiziellen Reihenfolge der Kantone der siebenzehnte. Eintritt in den Bund 1803.

1. Lage; Ausdehnung; Grenzen; Grösse.

Der Thurgau liegt in der nordöstl. Ecke der Schweiz, südl. von Bodensee (mit Untersee) und Rhein, sowie zu beiden Seiten der Thur, die ihn von O. nach W. mitten durchströmt und ihm den Namen gegeben hat. Er bildet - wenn von der im äusserten O. liegenden, nur etwa 1,5 km2 grossen Gemeinde Horn abgesehen wird - ein einziges zusammenhängendes Stück. Genannte Gemeinde wird durch das st. gallische Dorf Steinach von dem Bezirk (Arbon) und Kanton, zu dem sie gehört, getrennt und ist 1,5 km von dessen Grenze entfernt. Der Kanton hat die Gestalt eines Dreiecks, dessen Grundlinie vom Rhein unterhalb Diessenhofen im NW. bis Arbon-Horn am Bodensee im OSO. reicht und dessen Spitze das Hörnli im S. bildet. Er erstreckt sich von 8° 40' 15" bis 9° 26' 20" OL. von Greenwich oder 60 km weit in der Richtung W.-O. (die Exklave Horn inbegriffen bis 9° 28' 30" oder 63 km weit).



Thurgau

Bild 46.100: Thurgau
* 20 Seite 46.100.

Der nördlichste Punkt liegt am Rhein gegenüber dem badischen Dorfe Büsingen unter 47° 41' 45" NBr., der südlichste am Hörnli in 47° 22' 38", was einer Breite von 35 km entspricht. Die längste gerade Linie (Paradies-Horn) misst 66 km. Im O. und N. wird der Thurgau von Arbon und Horn bis nach Eschenz bei Stein auf eine Strecke von 55 km Länge vom Boden- und Untersee, sowie von Stein bis unterhalb Paradies auf eine Strecke von 16 km vom Rhein bespült. An fremden Gebietsstücken liegen innerhalb dieser natürlichen Kantonsgrenze die badische Stadt Konstanz am Ausfluss des Rheins aus dem Obersee, das nur etwa 0,7 km2 umfassende

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vergrössern: Thurgau: Frauenfeld von Osten.
Thurgau: Frauenfeld von Osten.

Schaffhauser Dörflein Burg mit reform. Kirche gegenüber Stein und endlich die winzige, bloss 11-12 ha messende st. gallische Enklave Raach im Egnach bei Hegi. Weitere Naturgrenzen besitzt der Kanton sozusagen keine. Die politischen Grenzen sind: im N. das Grossherzogtum Baden und der Kanton Schaffhausen (dieser nur auf zwei ganz kleinen Strecken, bei Burg und wieder bei Dörflingen);

im O. die Königreiche Württemberg und Baiern;

im S. der Kanton St. Gallen von Horn bis zum Hörnli auf einer vielfach gebrochenen, etwa 97 km langen Strecke mit starken Einbiegungen bei Amriswil und Wil;

im W. der Kanton Zürich vom Hörnli bis Paradies (72 km; Einbuchtung bei Stammheim).

Das Gesamtareal des Kantons beträgt 1011,6 km2, wovon aber 155,54 km2 auf Seen mit über 10 ha Wasserfläche entfallen (der Anteil des Thurgaus am Bodensee mit Untersee beträgt 154,78 km2). Somit verbleiben an festem Boden 856,06 km2, wovon 9,7 km2 auf unproduktiven Boden entfallen. Der Thurgau zählt 113.221 Ew. oder 112 Ew. auf 1 km2 der Gesamtfläche (131 Ew. auf 1 km2 der festen Oberfläche). Sowohl der Fläche als der Einwohnerzahl nach nimmt er den 12. Rang unter den Schweizerkantonen ein.

2. Orographie.

Der Thurgau gehört ausschliesslich dem schweizerischen Mittelland an, das hier bloss im Gebiet des Hörnli Voralpencharakter zeigt, sonst aber nicht als eigentliches Bergland bezeichnet werden kann. Die Höhenlage schwankt zwischen 400 m (Seeufer und Unterlauf der Thur) und 1000 m (Allenwinden am Hörnli). Abgesehen vom Gebiet des Hörnli besitzt er keine eigentlichen Berge. Niedrige und sanft geformte Hügel und Höhenzüge wechseln ab mit ebenen Flächen und lang gestreckten Thalschaften, die wohl teilweise bis 2,5 km breit sein können, aber wenig tief eingeschnitten sind und die gleichen Namen wie die betr. Gewässer tragen.

a) Nördl. Abschnitt. Der Bezirk Arbon ist, mit Ausnahme seines südl. Teils bei Freidorf-Roggwil, eben. Dann folgt das von Hessenreuti bis Romanshorn ziehende liebliche Aachthal. Nördl. davon beginnt bei Dozwil-Romanshorn ein leichter, beidseitig sanft geböschter Höhenzug, der, immer ansteigend und steiler werdend, sich dem ganzen See und Rhein entlang bis an die zürcherische Grenze bei Stammheim hinabzieht. Es ist dies der «Seerücken», der die Seegegend vom Thurthal trennt.

Seinen höchsten Punkt erreicht er bei Salen-Reutenen (723 m) zwischen Berlingen und Müllheim. Als südl. Ausläufer des Seerückens können der von Berg bis Märstetten sich erstreckende anmutige Ottenberg (684 m) und die von Debrunnen-Herdern an das rechte Thurufer begleitende Neunforner Höhe bezeichnet werden. Vom Seerücken getrennt wird der Ottenberg durch das kleine Kemmenthal, die Neunforner Höhe dagegen durch das fast flache Seebachthal mit den Hüttwilerseen. Als isoliert sich erhebende Hügel in diesem nördl. Kantonsteil sind endlich noch zu nennen der Rodelberg zwischen Etzwilen und Diessenhofen, sowie der waldige Kohlfirst zwischen Schlatt und Schaffhausen.

b) Mittlere Hügelregion. Die Hügelrücken südl. vom Aachthal sind der Räuchlisberg und der Lettenberg, letzterer zwischen Erlen-Sulgen und Heidelberg bei Hohentannen. Hier wird er von der Thur durchbrochen, setzt sich aber auf deren jenseitigem Ufer über den ganzen mittleren Kantonsteil links der Thur fort. Schliesslich verzweigt er sich in den langgestreckten Wellenberg zwischen Amlikon und Frauenfeld, sowie den mit diesem parallel laufenden Immenberg (710 m) mit dem stolzen Schloss Sonnenberg.

Diese beiden Hügelzüge schliessen das kleine, wiesenreiche Thunbachthal ein, während am Fuss der steilen S.-Seite des Immenbergs sich das Lauchethal hinzieht. Als wichtigste Höhen in dieser mittlern Hügelreihe des Kantons sind ferner noch zu nennen: der Gabrisstock, der Nollen (der sog. thurgauische Rigi; 737 m) zwischen Bürglen und Wil, die Braunauerhöhe, der Bausel zwischen Frauenfeld und Gachnang mit schöner Rundschau bei Gerlikon, dann zwischen Frauenfeld und Aadorf der Hügel «Burg» mit ebenfalls lohnender Aussicht und endlich der ziemlich isolierte Tuttwilerberg zwischen Wängi und Eschlikon.

c) Die dritte oder südl. Gruppe bildet das Hörnli mit seinen Ketten und Ausläufern links und rechts des obern Murgthales. Dieser sog. Hinterthurgau bildet den gebirgigsten Abschnitt des Kantons mit einem förmlichen Gewirr von Kämmen und Kuppen, Thälchen und Tobeln, sowie vereinzelt stehenden Stöcken. Die Gegend hat schon subalpinen Charakter und zeigt saftig-grüne, von waldigen Höhen umschlossene Wiesengründe, über welche eine Menge von Einzel- und Dorfsiedelungen hingestreut sind.

Die ruhige, vom Kohlenrauch der Maschine wie vom städtischen Verkehrslärm freie Lage hat Fischingen mit seinem alten Kloster und seinen idyllischen Matten und Waldungen zu einer besuchten Station für Erholungsbedürftige gemacht. Die Spitze des Hörnli gehört dem Kanton Zürich an; der Markstein, «Dreiländerstein» genannt, zwischen Thurgau, Zürich und St. Gallen steht unmittelbar am Anstieg zum höchsten Gipfel auf dessen N.-Abhang. Andere besuchte Punkte sind: Ottenegg und Iddaberg bei Fischingen, der Hackenberg bei Dussnang und der Haselberg (825 m) bei Bichelsee.

3. Hydrographie.

In hydrographischer Beziehung kommt die grösste Bedeutung dem Bodensee (Ober- und Untersee) mit dem ihm entströmenden Rhein zu, die der Landschaft einen hohen Reiz verleihen, billige und bequeme Verkehrsstrassen bilden, der Fischerei eine schöne Ausbeute sichern und auf das Klima als regulierende Faktoren einwirken. Der ganze Kanton gehört entweder direkt oder durch Vermittlung der Thur zum Einzugsgebiet des Rheins. Direkte, aber nur kurze Zuflüsse des Bodensees und Rheins aus dem Thurgau sind: die Goldach bei Horn, die Aach oder Salmsach bei Romanshorn, der Geisslibach bei Diessenhofen und die Schwarzach bei Paradies.



Die Ortschaften Ermatingen, Berlingen, Steckborn, Mammern und Eschenz stehen auf Deltas, die von den Bächen am N.-Abhang des Seerückens in den See hinausgebaut worden sind. Kleinere Seen im Innern des Landes: der Nussbaumersee, die Hüttwilerseen und der Bichelsee. Zwischen Niederbüren und Bischofszell tritt die aus dem Toggenburg kommende Thur als ziemlich breiter Fluss auf thurgauischen Boden über, um hier nw. Bischofszell am Fuss des das Städtchen tragenden Felsens von rechts die annähernd gleichstarke aber den Thurgau nur 6 km weit durchfliessende Sitter zu erhalten und dann den ganzen Kanton von O. nach W. in dem meist breiten Thurthal bis Neunforn zu durchschneiden. Die Vereinigung mit dem Rhein erfolgt im Kanton Zürich. Ausser der Sitter erhält sie noch: von rechts den durch Weinfelden fliessenden und bei Amlikon mündenden Giessen, den Kemmenbach, der bei Müllheim mit dem Mühlbach mündet, den Pfinbach und


Kanton Thurgau

Bild 46.100a: Kanton Thurgau
* 21 Seite 46.100a, [zu den Karten].

Kanton Thurgau

Lief. 248.

GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ

Verlag von Gebrüder Attinger, Neuenburg.


^[Karte: 6° 40’ O; 47° 35’ N; 1:300000]

Einwohner per Km2.

░ 1-24

▐ 75-99

▓ 100-149

░ 150-299

▒ 300-399

▓ 400-499

▐ mehr als 500


Mce. Borel & Cie. Neuchâtel.

V. Attinger sc.



Thurgau

Bild 46.101: Thurgau
* 22 Seite 46.101.

KANTON THURGAU

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den Seebach (Abfluss der Hüttwilerseen) bei Ochsenfurt; von links die vom Hörnli kommende und 2,5 km n. Frauenfeld mündende Murg mit der Lauche, dem Thunbach und der kleinen Lützelmurg.

vergrössern: Thurgau: Das Murgthal von Nordwesten.
Thurgau: Das Murgthal von Nordwesten.

Für Einrichtung elektrischer Kraftanlagen scheinen die thurgauischen Gewässer nicht besonders geeignet zu sein. Sie haben zu wenig Stosskraft und zu wenig Gefälle. In trockenen Sommern führen etliche Bäche und Flüsse überhaupt nur spärlich Wasser. Man beabsichtigte, Elektrizitätswerke an der Thur und der Murg anzulegen, musste aber infolge ungünstiger Gutachten davon wieder absehen. Die thurgauischen Gemeinden beziehen demnach die Elektrizität meist von auswärts.

Frauenfeld hat einen Kraftlieferungsvertrag mit der Gesellschaft «Motor» in Baden (Beznau-Werk) abgeschlossen, welche bis ins Hasli-Müllheim Leitungen erstellt. Dann hat sich eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Arbon für ein Elektrizitätswerk «Bodensee-Thurthal» gebildet, welche von Arbon abwärts Leitungen erstellt und von einem grossen auswärtigen Stromlieferanten Kraft bezieht. Ein paar Gemeinden besitzen schwächere kleine Elektrizitätswerke für ihren lokalen Bedarf an Licht und Kraft; so Steckborn, Emmishofen, Kreuzlingen, Romanshorn und Egnach.

Die thurgauischen Flusswasser werden dagegen vielfach durch Kanäle zu kleinern und grössern gewerblichen und industriellen Anlagen geleitet, wo sie als Triebkraft und in anderer Weise dienstbar gemacht sind. Trink- und Brauchwasser ist in guter Qualität vorhanden, ebenso Wasser für Feuerlöschzwecke. Die meisten Gemeinden besitzen Reservoirs, Hauswasserversorgung und Hydranten. Kreuzlingen, Romanshorn und Münsterlingen haben Seewasserversorgungen, die unfiltriertes Bodenseewasser liefern. Weil aus einer Tiefe von 30-40 m gefasst, soll dieses chemisch und bakteriologisch ebenso rein sein, wie filtriertes See- und Quellwasser. Zur Zeit ist eine auf der Grundlage des Siegfried-Atlas in 1:25000 beruhende Quellenkarte des Thurgaues im Entstehen begriffen, die sowohl rein wissenschaftliche Zwecke verfolgen als auch in praktischer Hinsicht für künftigen vermehrten Quellwasserbedarf der Gemeinden vorsorgen soll.

vergrössern: Thurgau: Am Hohlenstein bei Sitterdorf.
Thurgau: Am Hohlenstein bei Sitterdorf.

4. Allgemeiner Landschaftscharakter.

Abgesehen vom See und Rhein und deren Ufern kann von eigentlichen Naturschönheiten und Naturwundern im Thurgau nicht gesprochen werden. Dafür trägt er in hohem Grade den Stempel der Lieblichkeit, des Wohlgeordneten, der Fruchtbarkeit, des äusserst fleissig bebauten und geschäftlich klug bewirtschafteten Bodens. Leider ist der Weinstock nicht mehr wie ehedem (bis in die 70er Jahre des 19. Jahrhunderts) eine Quelle des Wohlstandes. Wer zur Sommerszeit von einem der vielen Aussichtspunkte den Blick über die üppigen Wiesen und Felder, wo Weiler an Weiler und Dorf an Dorf sich reiht, über den Obstbaumwald, die Rebenhänge, die bewaldeten Kuppen schweifen lässt, oder wer das Gelände im Frühjahr, wo die Bäume mit einem wahren Meer schneeweisser Birnen- und rötlichweisser Apfelblüten überschüttet sind, durchwandert, oder endlich im Herbst die Fülle zitronengelber und rotwangiger Früchte und die Trauben aus dem Laub herauswinken sieht, der muss sich gestehen, dass ihm ein gesegnetes Fleckchen Erde zu schauen vergönnt ist. So anziehend und fruchtbar indes die meisten Thäler und Höhen sind, bilden doch die Ufer des Untersees, mit denen einzelne Striche am Obersee (vorab Kreuzlingen) wetteifern, den Glanzpunkt des Kantons.

Nicht umsonst haben seit alten Zeiten Schloss an Schloss sich gereiht an diesen Ufern mit ihrem herrlichen Baumwuchs, ihren üppigen Gärten, fruchtbaren Weinreben, stillen Wäldern und Schluchten, mit dem Ausblick auf den See und die teils sehr nahe liegenden, teils im Dunst verschwimmenden jenseitigen Ufer. Kurorte: Ermatingen, Mannenbach, Glarisegg-Steckborn, Mammern. Vergegenwärtigt man sich alle diese Anmut und dieses Gedeihen, so erkennt man, dass das thurgauische Volkslied «O Thurgau, du Heimat, wie bist du so schön!» nicht ohne Grund entstanden ist.

[Dep.-Sekr. F. Ribi.]

5. Geologie.

Das ganze Gebiet des Kantons weist hauptsächlich zweierlei Bildungen auf: Tertiäre, vertreten durch die nichtdislozierten Schichten der obern Süsswassermolasse, und quartäre, zu welchen einerseits die einige Kantonsteile geradezu charakterisierenden diluvialen und andrerseits die alluvialen Ablagerungen gehören.

Die Molasse deutet auf eine Deltabildung hin. In diesem Hörnli-Delta, das zur Breite die Entfernung Uetliberg-Untersee, zur Länge die Strecke Hörnli-Höhenzüge bis Rafz hat, kommen folgende Sedimente in Betracht: a) die Mergel, welche hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und Farbe eine grosse Mannigfaltigkeit aufweisen. Sie sind grösstenteils sehr kalkreich (Ausbeute bei Eschikofen) und enthalten oft nicht nur kohlige Trümmer von Pflanzen, sondern auch Reste von Land- und Süsswasserkonchylien (bituminöse Mergel). - b) Der Sandstein. Als Farbe herrscht Grau vor; der Struktur nach ist er fein- bis grobkörnig. Das Bindemittel, der kohlensaure Kalk, tritt in verschiedenen Quantitäten auf; nicht selten finden sich Stellen, wo es konzentriert ist (Knauermolasse). Der geringen Festigkeit wegen wird der Sandstein selten als Baustein verwendet. Bei Kehlhof-Berg befindet sich ein Steinbruch, der als Spezialität Ofenplatten liefert. - c) Der Süsswasserkalk wurde trotz der geringen Mächtigkeit der Lager früher als sog. Wetterkalk an manchen Orten namentlich im hintern Thurgau, ausgebeutet. - d) Die Nagelfluh kommt vornehmlich im hinteren und westl. Teil des Kantons zur Geltung. Auffallend ist die Abnahme der Geröllgrösse in nordwestl. Richtung, sowie eine Verminderung in der

Fortsetzung Thurgau: → Seite 46.102 || Zahl der Nagelfluhbänke, an deren Stelle Sandsteine und Mergel treten. Die Linie Bischofszell-Sulge

Im Geographisches Lexikon der SCHWEIZ, 1902

vergrössern: Kanton Thurgau: Aadorf von Südwesten.
Kanton Thurgau: Aadorf von Südwesten.

* Thurgau

(Kanton). Die Weinbaustatistik vom Jahre 1908 hat folgende Zahlen ergeben:

Weinbaustatistik vom Jahre 1908.

Bezirke Ober­fläche der Wein­berge in ha Menge in hl Roter Weis­ser Gemischter Wert (mittlerer Preis) per hl in Franken Roter Weis­ser Gemischter
Arbon 4.38 78.2 2.0 - 80,- 60,- -
Bischofszell 13.6 389.5 - - 67.17 - -
Dies­senhofen 50.0 481.0 1873.0 159.1 39,- 25,- 24,-
Frauenfeld 288.64 2151.8 5481.3 827.5 49.61 29.7 40.5
Kreuzlin­gen 72.28 1010.8 2055.0 239.8 40,- 28,- 32,-
Münchwi­len 43.38 135.0 26.0 52.0 53,- 35,- 42,-
Steckborn 255.14 1965.4 7850.5 278.5 44,- 27,- 31,-
Weinfelden 155.3 6355.0 1317.0 473.0 44,- 28,- 46,-
Total Kanton 882.72 12.566.7 18.604.8 2029.9 52.2 33.52 36.38

Errata. Band VI, Seite 111 lies: In andern Kantonen mögen die fixen Besoldungen für die verschiedenen Schulstufen höhere sein;

dagegen verbessert sich die ökonomische Stellung der thurgauischen Lehrer durch eine Reihe von Zulagen und Zutaten zum Grundgehalt und durch Bewilligung zu ziemlich weitgehender Nebenbeschäftigung.

Bibliographie: J. A. Pupikofer hat auch einige weniger umfangreiche Arbeiten veröffentlicht über: Wängi, Bischofszell bis im Jahre 1798, Bussnang, thurg. Kriegsgeschichte usw. - Beiträge zur vaterländ. Geschichte, veröffentlicht vom thurg. histor. Verein, 49 Hefte. - Dr. Meyer, Joh. Thurg. Urkundenbuch von 1000-1254.

Folgende Werke sind jüngeren Datums: Sulzberger, Geschichte der Reformation im Thurgau, 1872. - Graf Eberhard von Zeppelin, Herkunft der Familie Salomos III, Bischofs von Konstanz und Abts von Sankt Gallen, 890-920. 1890. - Vom gleichen Verfasser stammen die zwei folgenden Arbeiten: Ueber das Dominikanerkloster in Konstanz, 1875 und Urkunden und Rezepten aus dem gräfl. Douglas’ schen Schloss Langenstein im Hegau. - Dürrer, Rob. Die Familie Mötteli von Rappenstein, 1891. - Hofmann, Geschichte der Fabrikgesetzgebung bis zum Jahr 1817. - Meyer, Joh. Königin Hortense und Prinz Ludwig Napoleon, 2. Auflage. - J. Christinger, Dekan in Hüttlingen: Festspiel zur Feier der Schlacht bei Schwaderloh;

Das Leben von Thomas Bornhauser;



Thurnen - Treichialpen

Bild 47.1214: Thurnen - Treichialpen
* 23 Seite 47.1214.

Nekrolog des Seminardirektors Rebsamen. - Wälli, a. Pfr. Geschichte von Herdern. - Die Kantonsarchive besitzen die Urbarien, Grundzinsbücher, Protokolle der frühern Klöster von St. Pelagien, in Bischofszell, Feldbach, Ittingen,

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Fischingen, Mariazell am Kalchrain und Sankt Katharinenthal; man findet dort auch den Teil der bischöflichen Archive von Konstanz, die sich auf die auf Schweizerboden gelegene Gebiete beziehen.

Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910

Thurgau,

in der histor. Rangordnung der 17., dem Flächeninhalt nach der 12., der Einwohnerzahl nach der 11. Kanton der Schweiz, bildet den nordöstlichsten Teil des Landes, grenzt im N. an das Großherzogtum Baden, den Unter- und Bodensee, im S. an St. Gallen und im W. an Zürich [* 24] und hat eine Fläche von 1004,7 qkm.

Thal

Bild 65.740: Thal
* 25 Thal.

Oberflächengestaltung und Bewässerung. Der Thurgau ist ein freundliches Hügelland. Von den Ufern des Boden- und Untersees steigt das Land allmählich zu den Sandsteinhöhen und Plateaus des Seerückens (717 m) und des Ottenbergs (671 m) auf, an deren Südfuß sich das breite ebene Thal [* 25] des Thur anlegt. Jenseit desselben werden die Hügelzüge etwas höher und die Nagelfluhkuppen des obern Murgthals, welche im äußersten Süden des Kantons gegen das Hörnli (1135 m) ansteigen, zeigen den Charakter der Voralpen. Die nördl. Hälfte gehört zum unmittelbaren Gebiete des Rheins; die südliche wird von der Thur und ihren Zuflüssen Sitter und Murg bewässert. Unmittelbar zum Bodensee fließen Goldach, Steinach u. s. w. Vom Boden- und Untersee gehören bedeutende Strecken zum Kanton. Im Innern finden sich nur einige kleine Seen.

Bevölkerung. Der Kanton hatte 1860 eine Wohnbevölkerung von 90 080, 1870: 93 202, 1880: 99 231, 1888: 104 678 (51 626 männl., 53 052 weibl.) E., d. i. 104 E. auf 1 qkm und eine Zunahme 1880-88 von 3,35 Proz., darunter 74 219 Evangelische, 30 210 Katholiken, 57 Israeliten und 192 andere;

ferner 18070 bewohnte Häuser mit 22 760 Haushaltungen in 212 Gemeinden. Im Kanton geboren sind 80 465, in der übrigen Eidgenossenschaft 15 602, im Auslande 8611;

Deutsche Altertümer -

Bild 54.996: Deutsche Altertümer - Deutsche Buchdrucker-Berufsgenossenschaft
* 26 Deutsche.

Bürger ihrer Wohngemeinde sind 43 221, einer andern Gemeinde des Kantons 32 403, eines andern Kantons 19 014, Ausländer 10 040. Der Muttersprache nach sind 104 078 Deutsche, [* 26] 195 Franzosen, 271 Italiener, 61 Romanen und 73 andere.

Von je 1000 erwerbsthätigen Personen entfielen auf Gewerbe 457, Landwirtschaft 407, Handel 55, Verkehr 39, Wissenschaft, Kunst, Verwaltung 35. Die Zahl der Geburten (einschließlich der Totgeburten) betrug 1894: 2840, der Eheschließungen 707, der Sterbefälle 2304. Der Kanton zerfällt in 8 Bezirke:

Bezirke Ein­woh­ner Evange­lische Katho­liken Israe­li­ten Andere
Arbon 15.383 11.375 3982 6 20
Bischofszell 13.696 10.479 3170 1 46
Dies­senhofen 3766 2752 972 28 14
Frauenfeld 14.910 11.063 3808 5 34
Kreuzlin­gen 15.409 11.548 3803 16 42
Münchwi­len 15.157 7013 8142 - 2
Steckborn 11.436 7514 3917 - 5
Weinfelden 14.921 12.475 2416 1 29


Thurificati - Thüringe

Bild 65.813: Thurificati - Thüringen
* 28 Seite 65.813.

Landwirtschaft. Von der Fläche sind 847,1 qkm, d. i. 84,31 Proz., produktives Land, 201,1 Waldungen, 627,9 Acker-, Garten-, Wiesen- und Weideland und 18,1 Weinberge. Von dem unproduktiven Lande sind 131 qkm Seen, 9,3 Städte, Dörfer und Gebäude, 8,2 Flüsse [* 27] und Bäche, 3,8 Schienen- und Straßenwege, 5,3 Felsen, Schutthalden u. s. w. Das Klima ist mild; der Boden ergiebig und wohl angebaut; das ganze Land bildet einen einzigen großen Obstgarten. Angebaut werden Weizen, Roggen,

mehr

Hafer [* 29] und in neuerer Zeit auch Futterkräuter, Haupterwerbszweige sind Acker-, Obst- und Weinbau und Viehzucht. [* 30] Die besten Weine wachsen bei Arbon am Bodensee, bei der ehemaligen Kartause Ittingen, am Sonnenberg und am Ottenberg. Nach der Viehzählung von 1896 hat der Kanton 3876 Pferde, [* 31] 56 792 Stück Rindvieh, 17 306 Schweine, 430 Schafe, [* 32] 8301 Ziegen, 13 374 Bienenstöcke. Am Untersee ist auch die Fischerei [* 33] (Blaufelchen, Gangfische) von Bedeutung.

Industrie und Gewerbe ernährten 45,7 Proz. der Bevölkerung; die Industrie erstreckt sich auf Stickerei (1895: 2005 Arbeiter), Weißweberei (1140), Schuhwarenfabrikation (910), Buntweberei (642), Seidenweberei (614), Maschinenbau (507), Baumwollspinnerei (418), Cement-, Ziegel- und Thonwarenfabrikation [* 34] (410), Strickerei (320), Werkzeugfabrikation (318) u. s. w.

Der lebhafte Handel wird unterstützt durch die Thurgauische Hypothekenbank in Frauenfeld und die Kantonalbank in Weinfelden, ferner durch ein reich entwickeltes Netz guter Landstraßen, den Dampferverkehr auf dem Bodensee und Rhein und mehrere Eisenbahnlinien, die den Hauptverkehr zwischen Deutschland [* 35] und der Schweiz vermitteln. Hauptort ist Frauenfeld, von andern Ortschaften sind zu erwähnen Romanshorn, Arbon, Bischofzell, Steckborn und Diessenhofen.

Verfassung und Verwaltung. Die Verfassung (zuletzt 1869 revidiert) ist demokratisch mit obligatorischem Gesetz- und Finanzreferendum, Initiative und Abberufungsrecht. Der Große Rat (je 1 Mitglied auf 250 Stimmberechtigte) ist beratende und gesetzgebende, der Regierungsrat (5 Mitglieder) vollziehende Behörde. Beide Räte werden vom Volke direkt gewählt. In den schweiz. Nationalrat sendet der Kanton 5, in den Ständerat 2 Mitglieder. In administrativer Beziehung zerfällt der Kanton in 8 Bezirke (s. oben).

An der Spitze jedes Bezirks steht ein Bezirksstatthalter und ein Bezirksrat. Jeder Bezirk besitzt ein eigenes Gericht. Oberste Instanz ist das Obergericht mit 7 Mitgliedern. Über Kriminalfälle urteilen die Geschworenen. Hauptstadt ist Frauenfeld (s. d.). Die Staatsausgaben betrugen 1895: 1,696, die Einnahmen 1,586, die Schulden 2,873, das Vermögen 13,003 Mill. Frs. Das Kirchenwesen steht unter je einer Synode und einem Kirchenrat für Reformierte und Katholiken, welch letztere unter dem Bistum Basel stehen.

Für den Unterricht sorgen (1894) 187 Primärschulen mit 17 366 Schulkindern, 11 Kleinkinderschulen, 26 Sekundärschulen mit 1101 Schülern und Schülerinnen, 1 Mittelschule (Kautonsschule in Frauenfeld), 1 Lehrerbildungsanstalt (in Kreuzlingen), 6 gewerbliche und industrielle Schulen und 42 freiwillige und 143 obligatorische Fortbildungsschulen. Von 100 Rekruten hatten 1894: 33 die beste Note in mehr als zwei Fächern, 6 die schlechteste in mehr als einem Fache;

der Kanton steht in dieser Beziehung an fünfter Stelle. In militär. Beziehung gehört der Kanton zum Stammbezirk der 7. Division und des 3. Armeekorps.

Löwe (Tier)

Bild 10.936: Löwe (Tier)
* 36 Löwen.

Das Wappen hat zwei goldene springende Löwen [* 36] im von Silber und Grün schräg geteilten Felde.

Geschichte. Unter dem Namen Thurgau wurde im Mittelalter die ganze nordöstl. Schweiz, östlich vom Aargau und nördlich von Rhätien begriffen; schon im 9. Jahrh. aber wurde davon das Land westlich von dem Höhenzuge zwischen Töß und Glatt bis zur Reuß [* 37] als Zürichgau abgetrennt. Die Landgrafschaft Thurgau kam an die Herzöge von Zähringen; dann (1098) an das Haus Kyburg. Seit 1264 besaß als dessen Erbe das Haus Habsburg den größten Teil des jetzigen Thurgau 1417 wurde Landgericht und Blutbann im T. vom Kaiser dem Hause Österreich genommen und der Stadt Konstanz verpfändet; 1460 rissen die Eidgenossen in den Kriegen mit Österreich das Land völlig an sich und ließen es durch Landvögte als «Gemeine Herrschaft» verwalten, aber erst 1499 kam das Landgericht an die Eidgenossen. Im 16. Jahrh. kam die Reformation in einer ganzen Anzahl Gemeinden zum Durchbruch.

Nach Auflösung der alten Eidgenossenschaft 1798 wurde aus den thurgauischen Vogteien ein Kanton der Helvetischen Republik gebildet; bei der Einführung der Mediationsverfassung 1803 trat in die Rechte eines selbständigen Kantons ein und gab sich eine repräsentativ-demokratische Verfassung mit beschränkter Stimmberechtigung und Wählbarkeit. Im April 1831 wurde eine neue, in demokratischem Sinne weiter entwickelte Verfassung vom Volke angenommen, jedoch die repräsentativ-demokratische Staatsform beibehalten und auch durch die Revisionen von 1837 und 1848 nicht wesentlich geändert.

Tiefer eingreifende Veränderungen brachte die demokratische Bewegung von 1868, die zur Verfassung vom 28. Febr. 1869 führte und durch die Annahme des Referendums und die Initiative eine rein demokratische Staatsform an die Stelle der repräsentativen setzte (s. oben). Im Sonderbundskriege 1847 stand in der Reihe der bundestreuen Kantone, hob 1848 seine Klöster auf bis auf eins und erklärte sich bei den Abstimmungen von 1872 und 1874 über Revision der Bundesverfassung für dieselbe.

Vgl.   Häberlin-Schaltegger, Geschichte des Kantons Thurgau von 1798 bis 1849 (Frauenf. 1872);

Häberlin, Der Kanton in seiner Gesamtentwicklung von 1849 bis 1869 (ebd. 1876);

Pupikofer, Geschichte des Thurgau (2. Aufl., 2 Bde., ebd. 1886-89);

Rahn, Die mittelalterlichen Architektur- und Kunstdenkmäler des Kanton Thurgau (Zür. 1895-97).