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Tschuktschen | eLexikon | Geographie - Asien - Ethnographisches

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Tschudisches Meer - Ts

Bild 15.891: Tschudisches Meer - Tschuktschen
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Tschuktschen(auch Tschautschen), ein zu den Arktikern oder Hyperboreern gehöriges Volk im nordöstlichsten / 509
Tschuktschen _2Völkerschaft im äußersten Nordosten Sibiriens, im russ. Küstengebiet und im Gebiet Jakutsk, / 251

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Tschuktschen

760 Wörter, 5'294 Zeichen

Geographie — Asien — Ethnographisches

Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888

Tschuktschen

Asiatische Völker

Bild 1.911c: Asiatische Völker
* 2 Völker.

(auch Tschautschen), ein zu den Arktikern oder Hyperboreern gehöriges Volk im nordöstlichsten Sibirien (s. Tafel »Asiatische Völker«, [* 2] Fig. 1). Nach ihrer Lebensweise unterscheidet man nomadisierende oder Renntiertschuktschen und seßhafte oder Jagd und Fischerei [* 3] treibende Tschuktschen. Die erstern ziehen zwischen der Beringsstraße, Indigirka und der Penschinabai herum, ihre Zahl ist unbekannt. Die andern wohnen in festen oder verrückbaren Zelten am Ufer des Eismeers von Kap Schelug bis zum Ostkap und weiter von hier an den Ufern des Beringsmeers bis zum Anadyrbusen.

Spottiswoode - Sprache

Bild 15.177: Spottiswoode - Sprache (physiologisch)
* 5 Sprache.

Die sogen. Tschuktschenhalbinsel ist ein ödes Land mit sterilen Bergen [* 4] und Thälern, auf denen nur Renntiermoos gedeiht. Die Seßhaftigkeit ist nicht wörtlich zu nehmen; wenn an einem Orte die Lebensmittel mangeln, so wird auch im Winter ein andrer Aufenthalt gewählt. Man schätzt die Zahl der seßhaften Tschuktschen auf 2000-2500 Köpfe, die beider Abteilungen auf 4-5000. Unzweifelhaft sind die Tschuktschen hervorgegangen aus der Mischung mehrerer früher kriegerischer und wilder, von fremden Eroberern von S. nach N. gejagter Rassen, die daselbst eine gemeinsame Sprache [* 5] annahmen, und denen die Lebensbedingungen am Polarmeer einen unvertilgbaren Stempel aufdrückten.

Der gewöhnliche Typus ist: Mittellänge, steifes, großes, schwarzes Haar, [* 6] fein gebildete Nase, [* 7] horizontal liegende, keineswegs kleine Augen, schwarze Augenbrauen, lange Augenwimpern, hervorstehende Backenknochen und helle, wenig braune Haut, [* 8] die bei jungen Weibern nahezu ebenso weiß und rot ist wie bei den Europäern. Trotz der größten Unsauberkeit am Körper und in ihren Behausungen erfreuen sie sich doch guter Gesundheitsverhältnisse. Ihre Kleidung besteht aus einem Päsk aus Renntier- oder Seehundsfell, der auf dem bloßen Körper getragen wird, und über den man bei Regen oder Schnee [* 9] noch einen Rock von Gedärmen oder Baumwollenzeug zieht.

Unter dem Päsk, der bis an die Kniee reicht, werden zwei Paar Hosen [* 10] aus demselben Stoff getragen, das innere mit den Haaren nach innen, das äußere mit den Haaren nach außen. Die Füße stecken in Strümpfen aus Seehundshaut oder in Mokassins mit Sohlen aus Walroß- oder Bärenfell; der Kopf ist mit einer Haube geschützt, über welche bei strenger Kälte noch eine andre gezogen wird. Ihre Nahrung bilden Fisch, Fleisch und Gemüse, soweit sie deren habhaft werden können.



Tschuma - Tsuga

Bild 15.892: Tschuma - Tsuga
* 13 Seite 15.892.

Außer Fischfang und Renntierzucht treiben sie Jagd auf Walrosse und Robbenarten. Die Walroßzähne sind ein Haupthandelsartikel im Verkehr mit den Amerikanern, von welchen sie Tabak, [* 11] Branntwein, Pulver, Blei, [* 12] Flinten etc. erhalten. Zu den Russen haben sie äußerst geringe Beziehungen; einen Jasak (s. d.) entrichten nur die Tschuktschen, welche nach Nishne-Kolymsk zum Jahrmarkt fahren. Von irgend einer gesellschaftlichen Ordnung gibt es keine Spur; anerkannte Häuptlinge oder dem Ähnliches kennen sie nicht. Sie sind Heiden und haben nicht die geringste Vorstellung von einem höhern Wesen. Die religiösen Begriffe, die sich an vorhandene Schnitzereien (Menschenbilder) knüpfen, sind äußerst unbestimmt und scheinen weniger ein im Volk fortlebendes Bewußtsein als eine Erinnerung von

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ehemals. Die wenig entwickelte Sprache der Tschuktschen zeigt mit keiner andern bekannten Sprache als mit den Sprachen der benachbarten Korjaken und Kamtschadalen Verwandtschaft. Den Zahlwörtern liegt das Vigesimal- (Zwanziger-) System zu Grunde.

Vgl.   die Schilderungen von Nordquist in Nordenskjölds Reisewerk und in Krause (»Die Tlinkitindianer«, Jena [* 14] 1885);

Radloff, Über die Sprache der Tschuktschen (in den »Mémoires« der Petersburger Akademie, 1860).

Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910

Tschuktschen,

Völkerschaft im äußersten Nordosten Sibiriens, im russ. Küstengebiet und im Gebiet Jakutsk, gehört zu der nordischen Gruppe der mongolenähnlichen Völker oder zu den Hyperboreern. Den Tschuktschen nahe verwandt in Sprache und Sitten sind die Korjaken (s. d.). Die Zahl beider wird auf 100.000 Seelen geschätzt. Die Tschuktschen werden in Tschuktschen des Innern und in Tschuktschen der Küste geschieden; beide sind Renntierzüchter, doch wiegt bei diesen die Fischerei vor. Die Tschuktschen sind ein kräftiges Volk, der Religion nach Schamanisten und Fetischisten; sie sind namentlich geschickt in Schnitzereien aus Walroßbein. Mit den Russen, den Amerikanern und den eingeborenen Stämmen stehen sie in Handelsverkehr, doch richtet der Branntwein viel Verheerungen unter ihnen an.

Flüsse

Bild 56.938: Flüsse
* 15 Flüsse.

Das von den Tschuktschen bewohnte Land, das Tschuktschenland (s. Karte: Sibirien I. Übersichtskarte), zwischen dem Nördlichen Eismeer und dem Großen Ocean, in den Gebieten der Flüsse [* 15] Kolyma und Anadyr, um die St. Lorenz-Bai und am Nordostrande der Halbinsel Kamtschatka, ist das rauheste und unfreundlichste von ganz Sibirien. Die Flora ist arktisch, im Anschluß an Kamtschatka und Alaska. Der Wald bleibt weit südlich vom Polarkreis zurück und selbst an der Küste sind südlich bis zum 60.° nördl. Br. nur Flechten- und Moostundren mit mehr als 220 Arten von Blütenpflanzen. Schilderungen von Land und Leuten lieferten Nordenskiöld (in «Die Umsegelung Asiens und Europas auf der Vega», 2 Bde., Lpz. 1881-82) sowie A. Krause (in «Tlinkit-Indianer», Jena 1885). -

Vgl.   Radloff, Über die Sprache der Tschuktschen und ihr Verhältnis zum Korjakischen (Petersb. 1861);

Fr. Müller, Grundriß der Sprachwissenschaft (Bd. 2, Abteil. 1, Wien [* 16] 1877).