Tunis | eLexikon | Geographie - Afrika - Nordafrika
- ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
- ️Thu May 12 1881
Tunis
Algerien, Marokko und
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* 2
Tunis.[* 2] oder Tunesien, von den Arabern Ifrikija genannt, ehemals ein Vasallenstaat der osman. Pforte in Nordafrika, seit 1881 unter franz. Protektorat, wird im W. und SW. von Algerien, im N. und O. vom Mittelmeer, im S. und SO. von Tripolis begrenzt und hat ein Areal von 99600 qkm, wovon 47 Proz. fruchtbares Land, 10 Proz. Hochlandsteppen und 43 Proz. Wüste sind. (S. Karte: Algerien und Tunesien). In physik. und ethnogr. Beziehung gleicht es im allgemeinen dem übrigen westl. Nordafrika.
Der 651 km lange Küstensaum ist ziemlich einförmig, im Osten vorherrschend flach, sandig und unfruchtbar, im Norden [* 3] meist durch hohe, aus dem Meere steil aufsteigende Felsenmassen gebildet, hier wie dort mit zahlreichen Buchten und Vorgebirgen versehen, unter denen der Golf von Tunis, von Hammamet und von Gabes, das Kap Blanco oder Ras el-Abiad, der nördlichste Punkt Afrikas, und das Kap Bon oder Ras Addar die bemerkenswertesten sind. Der nördl. Teil des Landes hat mit Ausnahme des nördlich vom Medscherda liegenden Berglandes der Khrumir vorwiegend plateauartigen Charakter, der durch einige in nordöstl.
Atlas - Atmometer
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* 4
Atlas.Richtung ziehende bis 2000 m hohe Ausläufer des Atlas [* 4] unterbrochen wird. Der südl. Teil gehört zur Steppe Biledulgerid (s. d.) und wird zum Teil von einer unter dem Meeresspiegel liegenden Depression [* 5] eingenommen, in deren Schott el-Dscherid viele neuere Forscher den Lacus Tritonis der Alten erkennen wollen. Die Bäche und Flüßchen verlieren sich meist im Sande oder erreichen nach kurzem Laufe das Meer. Kein einziger Fluß ist schiffbar. Der bedeutendste ist der Medscherda (Bagradas der Alten), der im Norden der Hauptstadt mündet und durch seine ausgedehnten Schlammabsätze in der Regenzeit das Land fruchtbar macht.
Mineralquellen von höherer Temperatur giebt es bei der Hauptstadt, zu Gurbos, Tozer und Ghassa. Bei dem überaus günstigen Klima, [* 6] welches ein Minimum von +11° C. und ein Maximum von +36° C. aufweist, und dem meist vortrefflichen Boden ist die Vegetation kräftig und reichlich und im allgemeinen der von Algerien (s. d.) ähnlich. Besonders fruchtbar ist die nördlich von dem Medscherda gelegene Landschaft Frigeah und das Dscherid mit seinen 2 Mill. Dattelstämmen.
Tunis (Staat)
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* 10
Seite 65.1054.
Sehr einträglich sind auch die großen Korkeichenwälder nördlich von Medscherda, wo noch dichter
Wald das
Gebirge bedeckt;
südlich von Medscherda nimmt der
Wald an
Ausdehnung
[* 7] sehr ab und verschwindet ganz; ungefähr 250000 ha sind mit
Wald und Gestrüpp bedeckt.
Die Bevölkerung wird zu 1
500
000 angegeben; sie ist vorwiegend arabisch, sonst aber in ihren Elementen
sehr gemischt, da auf die ältesten Einwohner, die
Gätuler und Numidier, Phönizier,
Römer,
[* 8]
Vandalen, Griechen und aus
Spanien
[* 9] vertriebene Mauren folgten. Man rechnet 45000
Juden, 350
000 Katholiken, 400 griech. Katholiken und 250
Protestanten,
die übrigen sind Mohammedaner. Die Zahl der
Franzosen betrug (1896) 16207, sowie 10144 Militärpersonen. Die Hälfte des
Reichs ist unter
¶
mehr
stetig zunehmender Kultur der mediterranen Produkte, 300000 ha Landes sind schon im Besitz von Franzosen. Rindvieh ist in großer
Menge vorhanden. Auch zieht man Schafe
[* 11] mit trefflicher Wolle, andere mit Fettschwänzen, ausgezeichnete Pferde
[* 12] sowie Dromedare.
An Mineralien
[* 13] finden sich Seesalz, Salpeter, Blei- und Eisenerze und Quecksilber. Sehr ergiebig sind die
goldreichen Bleiminen von Dschebba im Korragebirge, 178 km westlich von der Stadt Tunis, und die im Dschebel-Resas, d. h. Bleiberg, 18 km
von Tunis und die Eisenminen bei Tabarka. 1892 bedeckten Weizen und Gerste
[* 14] fast 1 Mill. ha, das ist ein Sechstel der
bebauten Fläche, Weingärten (1894) 7788 ha, die 178
863 hl lieferten.
Birmit - Biserta [unko
![Bild 67.186: Birmit - Biserta [unkorrigiert] Bild 67.186: Birmit - Biserta [unkorrigiert]](http://peter-hug.ch/meyers/thumb/67/67_0186.jpeg)
* 17
Biserta.Fischerei [* 15] treiben namentlich Italiener, man fängt hauptsächlich Anchovis, Sardinen, Tintenfische und Schwämme. [* 16] Bedeutend und reichlich lohnend ist Ölkultur. Die Industrie ist nicht unbeträchtlich, besonders in der Nähe der Küste; desgleichen der Handel, der sich besonders in den Städten Tunis-Goletta, Biserta, [* 17] Sfaks und Susa konzentriert. Ausgeführt werden namentlich Weizen (1896: für 9,7 Mill. Frs.), Gerste (3,0 Mill.), Olivenöl (4 Mill.), Vieh (3,2 Mill.), tierische Produkte (1,2 Mill.), Fische [* 18] (1,5 Mill.), Halfa (1,5 Mill., meist nach England), Weine (1,6 Mill.), Schwämme (1 Mill.) und Gerberlohe (1,4 Mill. Frs.).
Eingeführt werden Baumwollwaren (4,4 Mill. Frs.), Weizen fehlt: ^[(] 1,9 Mill.), Mehl [* 19] (6,9 Mill.), Zucker [* 20] (2,4 Mill.), Bauholz (1,1 Mill.), Seidenwaren (1,1 Mill.) und Metallwaren (2,7 Mill. Frs.). Im ganzen betrug der Export 1895: 41,2, 1896: 34,5 Mill. Frs., der Import 44,1 und 46,4 Mill. Frs. In beiden geht Frankreich voran (58,6 und 55 Proz.). In die 16 Häfen liefen 8389 Schiffe [* 21] mit 1,81 Mill. Registertons ein, darunter 2145 Dampfer mit 1,67 Mill. Registertons. Das Bahnnetz s. Französische Eisenbahnen. Telegraphen [* 22] bestehen 4890 km Drähte; die Post hat 221 Bureaus. Die Flagge von s. auf Tafel: Flaggen [* 23] der Seestaaten, beim Artikel Flaggen.
Paris
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Paris.Die Regentschaft wird von einem Bei geführt, der seit dem Vertrag von Kasr el-Saïd vom 12. Mai 1881 unter franz. Protektorat steht; der Vertrag ist durch die Konvention vom 8. Juni 1883 ergänzt worden. Regierender Bei ist Sidi Ali, geb. 1817, erwählt 28. Okt. 1882. Thatsächlich regiert der franz. Ministerresident unter Aufsicht des Ministeriums in Paris. [* 24] Von der tunes. Armee ist nur die dem Bei bewilligte Ehrengarde (ein Bataillon, eine Schwadron und eine Batterie) übriggeblieben. Von franz. Truppen befinden sich in der Regentschaft 2 Infanterie-, 2 Kavallerieregimenter, 4 Batterien, 2 Bataillone leichter afrik. Infanterie und je 1 Kompagnie Genie- und Traintruppen. Ein franz. Kreuzer und ein Torpedoboot liegen vor der Hauptstadt.
Die alte Geschichte von Tunis fällt mit derjenigen Karthagos (s. d.) zusammen. Auf die Karthager folgten Römer, die der Provinz den Namen Afrika [* 25] gaben. Zur Zeit der Völkerwanderung eroberten es 429 die Vandalen, diese wurden 533 von den Byzantinern unter Belisar besiegt, und endlich unterwarfen sich die Araber unter dem Chalifen Othman das ganze Land und erhoben Kairuan 675 zu ihrer Hauptstadt. Als sich das Chalifenreich in Einzelstaaten auflöste, gehörte Tunis nacheinander zu den Reichen der Aghlabiden, der Fâtimiden, der Almohaden und der Meriniden.
Ludwig der Heilige von Frankreich unternahm 1270 einen Kreuzzug nach Tunis, der jedoch mißlang, da der König am Fieber starb. Glücklicher war eine Expedition Kaiser Karls Ⅴ. gegen Cheir-eddin (s. d.) 1535, die durch die Eroberung der Hauptstadt, die Befreiung von 20000 Christensklaven und die Rückgabe der Stadt an den rechtmäßigen Herrscher gekrönt wurde. Tunis wurde 1575 der Oberherrschaft der türk. Sultane unterworfen und von Beis regiert, bis sich Hammuda (1782‒1814) von der Herrschaft der Osmanen befreite.
Thrombus - Thugut
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* 26
Thron.Seit der Besitznahme Algeriens durch die Franzosen 1830 erhielt Tunis größere polit. Wichtigkeit. Anfangs unterstützte Tunis Abd el-Kader (s. d.) gegen Frankreich. Allein seitdem die osman. Pforte ihre Oberherrschaft wirksamer geltend zu machen versuchte, schloß sich der Bei Sidi Achmed enger an Frankreich an und suchte mit Hilfe seines Ministers, des ital. Chevalier Ruffo, Land und Hofstaat zu europäisieren. Doch verstand er sich 1854 im Orientkrieg (s. d.) gegen Rußland zu bedeutender Hilfsleistung an die Pforte. 1858 gelangte der Reformator Sidi Mohammed auf den Thron, [* 26] der dem Lande eine Verfassung gab.
Seine Neuerungen fanden nur bei Christen und Juden gute Aufnahme, während die Araber, Mauren und Kabylen des Gebirges sich dagegen erklärten und sich empörten, als der Bei die Kopfsteuer um das Doppelte erhöhte. Am 23. Sept. 1859 starb Sidi Mohammed. Sein Nachfolger war Mohammed es-Sadok. Dieser sah sich genötigt, die Verfassung aufzuheben und die Kopfsteuer herabzusetzen. Durch Ferman vom 25. Okt. 1871 genehmigte der Sultan die Autonomie von Tunis und bewilligte der Familie des Bei die erbliche Regierung nach dem Erstgeburtsrecht, erließ ihm auch den Tribut ganz.
Im März 1881 benutzte Frankreich einige seitens der tunes. Khrumir (s. d.) begangene Grenzverletzungen zu einer militär. Expedition gegen Tunis, die zur Eroberung des ganzen Landes führte. Ein etwa 30000 Mann starkes Expeditionskorps unter General Forgemol de Bostquenard überschritt ohne Kriegserklärung trotz der Proteste des Beis und der Pforte 24. bis 26. April die Grenze und schloß die Khrumir in dem Dschebel Chaada (10 km östlich von Tabarka) mit Hilfe der Flotte ein. Am 25. Mai suchten sie, noch 10000 Mann stark, die franz. Linien zu durchbrechen, wurden aber abgewiesen und lösten sich nunmehr auf.
Inzwischen war 1. Mai vor Biserta ein franz. Geschwader erschienen und hatte eine Brigade unter General Bréard gelandet. Dieser rückte 8. Mai gegen Tunis vor, erschien am 12. vor dem Bardo, der Residenz des Bei, und bewirkte die Unterzeichnung des Vertrags von Kasr el-Saïd, durch den der Bei den Franzosen alle Regierungsgewalt übertrug und auf das Recht verzichtete, mit Vertretern fremder Mächte Verträge abzuschließen, wogegen seiner Familie die Nachfolge in der Herrschaft garantiert ward. Durch Dekrete vom 22. April 1882 wurde das Verfahren bei Ausführung des Vertrags geregelt und alle Dienstzweige in Tunesien den franz. Ministerialdepartements unterstellt. Am 28. Okt. 1882 starb Mohammed es-Sadok; ihm folgte sein 1817 geborener Bruder Sidi Ali.
Tunis (Stadt) - Tunker
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* 27
Seite 65.1055.Zur Sicherung des Vertrags blieben zwei franz. Brigaden in Tunis. Da erhob sich der ganze Süden von Tunesien, entflammt durch die Nachrichten über Bu Amenas Erfolge in Algerien (s. d., Geschichte). Am 28. Juni wurden die Europäer in Sfaks überfallen, worauf ein franz. Geschwader von 14 Schiffen vor Sfaks erschien und 16. Juli die Stadt mit Sturm nahm. Ein Teil des Geschwaders bemächtigte sich 24. Juli der Stadt Gabes. General Logerot sendete ¶
mehr
im August zwei Kolonnen nach Süden vor, deren eine sich nach Hammam el-Lif zurückziehen und auch diesen Platz 7. Okt. räumen mußte. Auch die zweite Kolonne, die 26. Aug. nach dem Melianathal aufgebrochen war, geriet in eine üble Lage, doch gelang es, ihr noch rechtzeitig Hilfe zu bringen. Der Rest der tunes. Armee wurde von den Arabern bei Testur 25. Sept. geschlagen und 28. nach Medsches getrieben; mit Hilfe franz. Truppen gelang es indessen, den Feind zurückzudrängen und 6. Okt. bei Testur zu schlagen.
Endlich gelang es den Franzosen, die Aufständischen im Uled-Ayargebirge einzuschließen, worauf deren Unterwerfung Ende Dezember erfolgte. Inzwischen hatten im Melianathal 25. und 26. Sept. und vor dem Krarubapaß 11. Okt. ernste Gefechte stattgefunden, und 11. Sept. war auch Susa von den Franzosen besetzt worden. Am 28. Okt. bemächtige sich General Saussier, der über 45000 Mann verfügte, der Stadt Kairuan, des religiösen Mittelpunktes der Beduinenstämme. Damit war der Aufstand gebrochen; mobile Kolonnen durchzogen das Land und unterwarfen die Bevölkerung.
Brunnen (artesische Br
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* 28
Brunnen.Nachdem Ende 1886 wenigstens an der Küste die Grenze zwischen Tunis und Tripolis genau bestimmt worden war, begann die civilisatorische Arbeit der Franzosen in Tunis, die seitdem große Erfolge gezeitigt hat. Seit 1885 hat der Major Landas im Auftrage des franz. Kriegsministeriums die Bohrung artesischer Brunnen [* 28] und die Schaffung von Oasen im südlichen in Angriff genommen und im Gebiete von Gabes damit bereits gute Ergebnisse erzielt. Große Anpflanzungen von Datteln, Oliven und Wäldern lohnen reichlich.
Durch den Bau zahlreicher Eisenbahnen und Häfen, durch Errichtung von Agrikulturschulen wird das Land von Jahr zu Jahr gehoben. In Biserta (s. d.) wurde ein großer Kriegshafen angelegt, durch den Frankreich eine beherrschende Stellung zwischen der östl. und der westl. Hälfte des Mittelmeers [* 29] gewonnen hat. Nachdem 1897 durch Abkommen auch der letzte Handelsvertrag zwischen Tunis und fremden Staaten aufgehoben wurde, ist auch die Handelsgesetzgebung ganz in Händen der Franzosen.
Litteratur. Rousseau, Anales tunesiennes (Par. 1864);
Hesse-Wartegg, Tunis, Land und Leute (Wien [* 30] 1882);
Guérin, Voyage archéolgique dans la régence de Tunisie (2 Bde., Par. 1881);
Tissot, Exploration scientifique de la Tunisie, Bd. 1 (ebd. 1884);
Clarin de la Rive, Histoire génerale de la Tunisie (2. Aufl., ebd. 1895);
P. H. X., La politique française en Tunisie. Le [* 31] protectorat et ses origines 1854-91 (ebd. 1891);
Correspondance des beys de Tunisie et des consuls de France avec la cour 1577-1830, hg. von E. Plantet, Bd. 1 u. 2 (ebd. 1893-95);
Rivière, La Tunisie (ebd. 1887);
Kallemand, La Tunisie (1892);
Cagnat und Saladin, Voyage en Tunisie (Par. 1894);
Riban, La Tunisie agricole (Tunis 1894);
Saurin, Manuel de l'Emigrant en Tunisie (Par. 1894);
Fitzner, Die Regentschaft Tunis (Berl. 1895);
Toutain, Les cités romaines de la Tunesie (in der «Bibliothèque des écoles françaises d'Athènes et de Rome» LXXII, 1896);
Bertholon, Les populations et les races en Tunisie (Par. 1896);
Vuillier, La Tunisie illustrée par l'anteur (Tours [* 32] 1896);
La Tunisie (4 Bde., Par. 1896);
L'étude scientifique de la Tunisie (in der «Revue Générale des sciences pures et appliquées», Nr. 22 u. 23, ebd. 1896);
Perriers Carte de la Tunisie, im Maßstabe von 1:200000, wurde 1884-86 vom franz. Kriegsministerium herausgegeben; eine topogr.
Karte in 1:50000 ist in Arbeit.
Tunis,
Korinth (Stadt)
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* 33
Kanal.
[* 2] Hauptstadt der Regentschaft Tunis, liegt 45 km vom Meere, im Hintergrunde des Kleinen Meers, El-Bahira, das mit dem
Golf von Tunis durch einen Kanal
[* 33] nach Goletta in Verbindung steht, hat etwa 170000 E., darunter 50000 Europäer
und 40000 Israeliten. (S. den Situationsplan auf der folgenden Seite.) Im Innern zeigt die Stadt ein Labyrinth von engen,
unsaubern Gassen, fünf große und viele kleine Moscheen, darunter die 1223 erbaute schöne Moschee des Ölbaums, Dschama
el-Situn, mit den Gräbern der Landesherrscher.
Zahlreich sind auch die Bazars, in denen reges Handelsleben herrscht. Der Palast des Bei, die Kasbah, ist im maur. Stil erbaut. Der Sitz der Regierung ist im Bardo, einer von Türmen flankierten, starken Burg, 4 km nordwestlich von der Stadt, welche auch die polytechnische Schule, mit meist franz. Lehrern, und das Staatsgefängnis enthält. Tunis ist eins der Centren morgenländ. Gelehrsamkeit. In der Oberstadt wohnen vorzugsweise Türken. Die Quartiere der Europäer und Juden liegen in der Unterstadt oder in den aus Villen bestehenden Vorstädten.
Ein neues franz. Viertel entsteht am neuen Hafen. Dieser, amtlich Tunis-Goletta genannt, ist seit 1893 in Gebrauch. Der Seekanal ist 1750 m lang, 100 m breit, daran schließt sich der innere Kanal von 8900 m Länge und 30 m Sohlenbreite. Die Wassertiefe beträgt 6,5 m, soll aber durch Baggerarbeiten noch vergrößert werden. Das Hafenbecken von Tunis ist ebenso tief, 400 m lang und 300 m breit. Die Einfahrt in den Kanal wird bei Goletta durch zwei etwas gekrümmte Molen geschützt, deren Köpfe Leuchtfeuer tragen.
Seiches - Seide

* 34
Seide.Goletta hat ebenfalls ein kleines, aber flaches Hafenbecken sowie ein Trockendock, das 43 m lang, 6 m breit und 3,5 m tief ist. Die Schiffe liegen im Hafen mit Ankern und mit Tauen am Lande; für Postdampfer sind drei Landungsbrücken fertig. Ein Kohlenhafen soll noch erbaut werden. Es giebt bedeutende Fabriken von Seiden- und Wollstoffen, Seidenshawls, Stickereien, gold- und silberdurchwirkter Seide, [* 34] seidenen Mänteln, Matten, Juwelierarbeiten. Die Stadt ist Sitz eines deutschen Generalkonsuls und Ausgangspunkt mehrerer Bahnlinien und steht mit Europa [* 35] und den Häfen Algeriens in regelmäßiger Dampferverbindung. Der Handel, früher durch Bona und Goletta (s. d.) geschädigt, hebt sich jetzt rasch. Es liefen ein in Tunis-Goletta 1896: 1489 Schiffe mit 579 279 Registertons. Wichtige Zeitungen sind: «Tunis Journal», «L'Afrique française» und der offizielle «El-Râid-el-Tunisis». - Tunis ist das Tunes der Alten und soll fast gleichzeitig mit Karthago [* 36] (s. d.) gegründet sein, dessen Ruinen 15 km nordöstlich von Tunis bei dem Landschlosse des Bei, El-Marsa, liegen. Südlich von Tunis trifft man auf die Dörfer Saghuan und Dschugar mit großartigen Resten einer nach Karthago führenden Wasserleitung, [* 37] welche 178 km weit das treffliche Wasser für die öffentlichen Brunnen herleitet.