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Unsterblichkeit | eLexikon | Theologie - Allgemeine Dogmatik - Lehre von den letzten Dingen

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Unsterblichkeit(U. der Seele), die Fortdauer der Persönlichkeit nach dem Tode des Leibes, auf der Stufe der / 611
Unsterblichkeit _2die Fortdauer der menschlichen Persönlichkeit nach dem Tode. Der Glaube an eine persönliche / 989

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Unsterblichkeit

2 Seiten, 1'600 Wörter, 11'572 Zeichen

Theologie — Allgemeine Dogmatik — Lehre von den letzten Dingen

Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888

Unsterblichkeit

(Unsterblichkeit der Seele), die Fortdauer der Persönlichkeit nach dem Tode des Leibes, auf der Stufe der Naturreligion fast überall in Gestalt des Geister und Gespensterglaubens, in den Religionen des Altertums entweder in der Form der Seelenwanderung (Indien), oder in derjenigen eines Schattenlebens im Hades (Griechen) oder im Scheol (Hebräer) u. dgl. auftretend, dagegen im spätern Judentum, im Christentum und Islam fast unablösbar verbunden mit der Vorstellung der Auferstehung (s. d.). In schulmäßiger Form wurde der Begriff der Unsterblichkeit zuerst entwickelt und begründet von Platon, Cicero und andern Philosophen des Altertums. Im Anschluß an ihre Methode hat die spätere Metaphysik die Unsterblichkeit auf verschiedene Art zu beweisen gesucht.

Der ontologische (metaphysische) Beweis leitet sie ab von dem Begriff der Immaterialität, Einfachheit und Unteilbarkeit der Seele, der teleologische dagegen aus der Bestimmung des Menschen, sich von den äußerlichen, räumlich zeitlichen Bedingungen seines Geisteslebens immer unabhängiger zu machen und sämtliche Anlagen zur Entwickelung zu bringen, eine Aufgabe, zu deren Lösung die Verhältnisse dieser Erde unzulänglich befunden werden. Der theologische Beweis stützt sich auf die Weisheit, Gerechtigkeit und Güte Gottes, die es mit sich bringen, daß den Absichten, mit welchen er persönliche Geschöpfe ins Dasein gerufen, auch ihre Realisierung verbürgt sein müsse, was auf dieser Erde keineswegs der Fall. Der moralische Beweis kommt auf das in diesem Leben niemals befriedigte, aber mit unverjährbaren Rechten ausgestattete Bedürfnis nach einer Ausgleichung von innerm Wert und äußerm Befinden zurück.

Der analogische Beweis ist aus den Erscheinungen der irdischen Natur entnommen, indem sich hier aus dem Tod immer wieder neues Leben entwickele. Der kosmische Beweis nimmt seine Gründe aus dem Vorhandensein unendlich vieler Welten, welche miteinander in Verbindung stehen und zahllose Übungsplätze für die fortgehende Entwickelung der Weltwesen darbieten. Der historische Beweis rekurriert auf die Allgemeinheit des Glaubens an Unsterblichkeit, sucht zugleich nach Thatsachen der Erfahrung für die Gewißheit der Unsterblichkeit (Auferstehung Christi) und beruft sich zumeist auf die Aussprüche der Offenbarung.

Zuletzt gehen alle diese Beweise auf das echt menschliche Bewußtsein zurück, als sittliche Persönlichkeit der materiellen Natur überlegen zu sein, in einer Welt der Freiheit höhern Gesetzen des Daseins zu folgen als die materielle Natur. Der diesen Anspruch als eine Täuschung der Eigenliebe bekämpfende Materialismus ist daher in alter und neuer Zeit der erfolgreichste Gegner auch jeglichen Glaubens an Unsterblichkeit gewesen. Aber auch vom idealistischen Standpunkt aus ist derselbe bekämpft worden.

Lehrbegriff - Lehrerin

Bild 61.37: Lehrbegriff - Lehrerinnen [unkorrigiert]
* 3 Lehre.

Als ein Lieblingskind der Aufklärungszeit und des Rationalismus fand er besonders innerhalb der Schule Hegels Beanstandung, indem die pantheistische Richtung derselben die Fortdauer des Individuums aufheben zu müssen und nur für eine Rückkehr des individuellen Geistes in das Allgemeine Platz zu haben schien. Ausdrücklich wurde diese Meinung ausgesprochen von RichterLehre [* 3] von den letzten Dingen«, Berl. 1833). Dagegen suchte Göschel in den Schriften: »Von den Beweisen für die Unsterblichkeit der menschlichen Seele im Lichte der spekulativen Philosophie« (Berl. 1835) und »Die siebenfältige Osterfrage« (das. 1836) die Hegelsche Philosophie gegen diesen Vorwurf zu verteidigen. Eine tiefere Begründung fand die Idee der Unsterblichkeit bei den Anhängern des sogen. spekulativen Theismus, insonderheit bei Weiße (»Die philosophische Geheimlehre von der Unsterblichkeit des Individuums«, Dresd. 1834) und I. H. ^[Immanuel Hermann] Fichte [* 4] (»Die Idee der Persönlichkeit und der individuellen Fortdauer«, Elberf. 1834; 2. Aufl., Leipz. 1855; »Die Seelenfortdauer und die Weltstellung des Menschen«, das. 1867). Vom naturwissenschaftlichen Standpunkt aus besprach die Sache Fechner in seinem »Büchlein vom Leben nach dem Tod« (Leipz. 1836, 2. Aufl. 1866) und im 3. Teil seines »Zendavesta« (das. 1851).

Vgl.   ferner Ritter, Unsterblichkeit (2. Aufl., Leipz. 1866);

Arnold, Die Unsterblichkeit der Seele, betrachtet nach den vorzüglichsten Ansichten des Altertums (Landsh. 1870);

Teichmüller, Über die Unsterblichkeit der Seele (Leipz. 1874);

Spieß, Entwickelungsgeschichte [* 5] der Vorstellungen vom Zustand nach dem Tod (Jena [* 6] 1877);

Henne-Am Rhyn, Das Jenseits (Leipz. 1880).

Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910

Unsterblichkeit,

die Fortdauer der menschlichen Persönlichkeit nach dem Tode. Der Glaube an eine persönliche Fortdauer beruht auf dem Triebe des Menschengeistes, sein im Selbstbewußtsein als unter allem Wechsel beharrend erlebtes Dasein auch die mit dem Tode eintretende Veränderung überdauern zu sehen; insbesondere nachdem er es als ein von allem unbewußtem oder nur animalischem Leben verschiedenes und eigentümlich wertvolles erkannt und genossen hat; daher ihm seine Vernichtung als unnatürlich und widersinnig erscheint.

Scharwache - Schattens

Bild 14.408: Scharwache - Schattenspiel
* 7 Schatten.

Die älteste Form dieses Glaubens ist die Manenverehrung oder die Vorstellung, daß der Tote auf geheimnisvolle Weise seine bisherige Thätigkeit fortsetze. (S. Manen.) Ein fortgeschrittenerer Standpunkt ist es, wenn, wie dies ebenfalls bei vielen Naturvölkern der Fall ist, der Zustand und das Thun des Toten als von seinem bisherigen verschieden vorgestellt wird. Dieser Stufe gehört die Auffassung der abgeschiedenen «Seelen» als Schatten [* 7] (grch. eidola),

als «Geister», «Gespenster» oder «Dämonen» an. Auch auf dieser Stufe sind die Seelen keineswegs rein geistig gedacht; es kommt ihnen eine schattenhafte, gespenstige Leiblichkeit, gleichsam eine körperlose Leiblichkeit zu.

Wesentlich derselben Entwicklungsstufe gehört die Annahme an, daß die Seelen der Toten ihren bisherigen Körper verlassen und wieder in ihn zurückkehren, oder auch in andere Körper fahren können. Der sog. Totemismus (s. Totem) der Indianer beruht auf der Anschauung, daß die Seelen der Vorfahren in Tierkörper gefahren sind. Verwandt ist die Lehre von der Seelenwanderung (s. d.), die bei den Indiern zu einer philos. Theorie über einen wiederholten Reinigungsprozeß der sündigen Seele ausgebildet ist.

Dem gegenüber gründet sich die bei den Griechen und den alten Hebräern verbreitete Vorstellung von einem Schattenreiche (Hades, hebr. Scheol) auf eine Erweiterung der Vorstellung vom Grabe als dem Aufenthaltsort der Toten, das ihnen zugeschriebene schattenhafte Dasein, das als körperlos, bewußtlos, fühllos dargestellt wird, auf eine sinnliche Veranschaulichung ihres Nichtdaseins. Ein Wiedererwachen zu wirklichem Leben betrachtete das spätere Judentum als bedingt durch eine Wiedererweckung des gestorbenen Leibes (s. Auferstehung), während die griech. Philosophie seit Plato die Idee der im Sinne einer leiblosen Seelenfortdauer ausbildete.

Hinter diese Vorstellung trat auch die aus dem Judentum ins Christentum übergegangene kirchliche Auferstehungslehre, namentlich unter dem Einflusse der Aufklärungsphilosophie des 18. Jahrh., wieder zurück. In Verbindung hiermit stand die Verdrängung der Vergeltungslehre durch die Idee einer künftigen Vervollkommnung des Menschengeistes oder einer höhern Ausbildung der geistigen Anlagen in einem zukünftigen und jenseitigen Zustande, zu dem der gegenwärtige den Vorbereitungszustand oder die Prüfungszeit bilde. In diesem Sinne ist der Unsterblichkeitsglaube in der Neuzeit sowohl bei Dichtern (Gellert, Klopstock, Novalis, Byron) als bei Philosophen (Kant und Fichte) aufgefaßt. Da diese Vorstellung auf der Voraussetzung beruht, daß das geistige Sein entweder ein vom materiellen verschiedenes, oder im Gegensatz zu diesem als bloßer Erscheinung, das allein wahre Sein sei, so trat ihr schon im 18. Jahrh. im franz. Materialismus die Leugnung des Unsterblichkeitsglaubens in jeder Gestalt gegenüber.

Der neuere deutsche Materialismus meint sogar den naturwissenschaftlichen Beweis dafür antreten zu können, daß das geistige Leben des Menschen nichts anderes sei als eine Funktion seiner körperlichen Organe, mit deren Zerstörung natürlich auch die «Seele» und ihre Thätigkeit verschwinden müsse. Dem gegenüber wurde von einzelnen Naturforschern und Philosophen wieder die Platonische Vorstellung einer eigenen «Seelensubstanz» geltend gemacht, die mit dem Leibe nur in vorübergehende Verbindung getreten sei. In anderer Weise suchten Leibniz und Herbart durch ihre Monadenlehre für die der Seele Raum zu schaffen.



Unstrut - Unterbrechun

Bild 66.100: Unstrut - Unterbrechung
* 8 Seite 66.100.

Die konsequente Aufhebung der dualistischen Anschauung in der Hegelschen Philosophie führte zwar wieder zu der Lehre, daß der Geist die innerste Substanz alles Daseins sei, schien aber die Fortdauer des Individuums aufzuheben und eine Rückkehr des individuellen Geistes in das Allgemeine zu fordern. Ausdrücklich wurde diese Meinung als diejenige

mehr

Hegels vertreten in Richters «Lehre von den letzten Dingen», Bd. 1 (Bresl. 1833). Göschel dagegen, in den Schriften «Von den Beweisen für die der menschlichen Seele im Lichte der spekulativen Philosophie» (Berl. 1335) und «Die siebenfältige Osterfrage» (ebd. 1836),

suchte die Hegelsche Philosophie gegen diesen Vorwurf zu verteidigen. Auch C. H. Weiße («Die philos. Geheimlehre von der des menschlichen Individuums», Dresd. 1831) und J. H. Fichte («Die Idee der Persönlichkeit und der individuellen Fortdauer», Elberf. 1834: 2. Aufl., Lpz. 1856) versuchten eine philos. Begründung der Unsterblichkeitslehre, und Fechner unternahm einen ähnlichen Nachweis auf Grund einer poetisch-phantasievollen Naturanschauung in seinem «Büchlein vom Leben nach dem Tode» (3. Aufl., Hamb. 1887) und im dritten Teile seines «Zendavesta, oder über die Dinge des Himmels und des Jenseits» (Lpz. 1851). Auf dem heutigen Stande der Forschung wird sich kaum verkennen lassen, daß ein philos. Beweis ebensowenig für als gegen die geführt werden kann und daß auch die materialistische Bestreitung der keine wissenschaftlich zwingende ist.

Vgl.   Flügge, Geschichte des Glaubens an Auferstehung u. s. w. (3 Bde., Lpz. 1794-99);

Mitteilungen aus den merkwürdigsten Schriften der verflossenen Jahrhunderte über den Zustand der Seele nach dem Tode, hg. von Hub.

Beckers (2 Hefte, Augsb. 1835-36); Jürg. Bona Meyer, Die Idee der Seelenwanderung (Hamb. 1861): Schelling, Clara, oder Zusammenhang der Natur mit der Geisterwelt (2. Aufl., Stuttg. 1865): Alberti, Über die der Seele als persönliche Fortdauer des Menschen nach dem Tode (2. Ausg., Stett. 1865);

H. Ritter, Unsterblichkeit (2. Aufl., Lpz. 1866): J. H. Fichte, Die Seelenfortdauer und die Weltstellung des Menschen (ebd. 1867);

Arnold, Die der Seele, betrachtet nach den vorzüglichsten Ansichten des klassischen Altertums (Landsh. 1870): Teichmüller, Über die der Seele (ebd. 1874);

Spieß, Entwicklungsgeschichte der Vorstellungen vom Zustande nach dem Tode (Jena 1877): Schmick, Ist der Tod ein Ende oder nicht? (7. Aufl., Lpz. 1891): ders., Die nachirdische Fortdauer der Persönlichkeit (ebd. 1891);

ders., Die der Seele naturwissenschaftlich und philosophisch begründet (4. Aufl., ebd. 1892);

H. Sommer, Der christl. Unsterblichkeitsglaube (2. Aufl., Braunschw. 1891): E. Petavel-Olliff, Le [* 9] problème de l'immortalité (2 Bde., Par. 1891 fg.; englisch von Freer in 1 Band, [* 10] Lond. 1892): O. Riemann, Was wissen wir über die Existenz und der Seele (4. Aufl., Magdeb. 1892);

G. Runze, und Auferstehung, Tl. 1: Die Psychologie des Unsterblichkeitsglaubens und der Unsterblichkeitsleugnung (Berl. 1893);

Kaufmann, Die Jenseitshoffnungen der Griechen und Römer [* 11] nach den Sepulcralinschriften (Freib. i. Br. 1897).