peter-hug.ch

Ural | eLexikon | Geographie - Russisches Reich - Gebirge

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
  • ️Sun Mar 03 1878

Ural

Deltamuskel - Deluc

Bild 4.655: Deltamuskel - Deluc
* 4 Delta.

(Jaik), Grenzfluß zwischen Europa [* 2] und Asien, [* 3] entspringt unter 54° 30' nördl. Br. und nimmt in seinem von N. nach S. gerichteten Lauf zwischen den beiden östlichen Ketten des Uralgebirges von O. her die unbedeutenden Nebenflüsse Gambei, Sarum-Saklü, Swunduk, von W. her den Ak-Dschar, Kutebai, Allas-Nessai und Kutan-Taß auf. Am südlichen Ende der Hauptmasse des Uralgebirges sich nach W. wendend, empfängt er in seiner Kniebeugung den Orr, weiterhin den Ilek und die Utwa von S. her und auf europäischem Boden von N. her die Sakmara. In seinem untern, wieder von N. nach S. gerichteten Lauf hat er keinen bedeutendern Zufluß. Er mündet, ein sumpfiges Delta [* 4] bildend, in mehreren Armen in das Kaspische Meer und hat im ganzen eine Länge von etwa 1500 km. Sein Stromgebiet wird auf 249,500 qkm (4531 QM.) berechnet.

An der Mündung liegt neben unermeßlichen Schilfwaldungen die Stadt Gurjew (s. d.). In der Steppe auf dem rechten Ufer des Urals bis an das Kaspische Meer wohnen die Uralischen Kosaken, deren Gebiet gegenwärtig unter der Oberverwaltung des Landes der Kirgiskosaken steht und unter dem Namen Uralsk eins der fünf Gebiete jenes bis zum Irtisch und zum Aralsee reichenden Landes ist; das linke Ufer bewohnen die Kirgisen. Nach Dämpfung des Pugatschewschen Aufstandes, der auch am Jaik wild tobte, befahl Katharina II., um die beim Namen Jaik auftauchenden Erinnerungen zu bannen, den Fluß künftig »Ural« zu nennen.

Ural

Polen u. Westrußland

Bild 13.172a: Polen u. Westrußland
* 5 Rußland.

(die Montes Riphaei der Alten), das längste Meridiangebirge der Alten Welt, dessen südlichster niedriger Ausläufer, der Mugodschar, zwischen der Salzsteppe an der Emba und der Kirgisensteppe, fast bis zum Aralsee (48° nördl. Br.) reicht, während der nördlichste jenseit der Waigatschstraße über die Waigatschinsel durch Nowaja Semlja fortsetzt und unter 76½° nördl. Br. endet (s. Karte »Rußland«). [* 5] So sind die beiden Endpunkte um mehr als 28 Breitengrade, also um 3168 km, voneinander entfernt.

Die Breite [* 6] des Gebirges beträgt meist nicht über 75 km und übersteigt kaum 190 (so im äußersten Süden); auch seine Kammhöhe beträgt kaum 600 m und erreicht nur im SW. und N. 1200 m, eine Höhe, die nur einzelne Gipfel überragen. Vorzüglich in der Mitte schwillt es so allmählich an, daß man auf der großen Straße von Perm nach Jekaterinenburg kaum den Übergang über ein Gebirge merkt, das Europa und Asien scheidet. Während nördlich von Jekaterinenburg die höchsten Punkte der Ostseite angehören, liegen sie südlich im äußersten Westen.

Der östliche Abfall des Gebirges ist etwas schroffer als der westliche, welcher sich terrassenförmig gegen die Kama und Wolga abstuft. Man kann den Ural in den arktischen der nördlichen Inseln, den nördlichen samojedischen oder wogulischen, den mittlern oder werchoturischen und den südlichen oder baschkirischen Ural einteilen. Im arktischen Ural erheben sich auf Nowaja Semlja einzelne Gipfel (mit Gletschern) über 1200 m. Der nördliche Ural, welcher vom Karischen Meer bis zum 61.° nördl. Br. oder bis zu den Quellen der Petschora reicht, ist wald- und erzloses Gebirge.

Vom Karischen Golf südlich bis zum 63.° reicht der sogen. wogulische Ural, ein Gebirge mit schroffen, felsenreichen Höhenzügen und trümmerbedeckten Gipfeln, von denen der Paijar 1413 m, südlicher der Koibp 1041 m, Pure-Mongit 1100 m, Galsory 990 m, Ischerim 983 m hoch sind, aber ohne die Gletscher des arktischen; drei Pässe über ihn ermöglichen den Verkehr zwischen Archangel und Sibirien. Dagegen zeigt der sogen. samojedische Ural (Pae-Choiberge), der nordwestlich zur Waigatschstraße zieht, gerundete Formen, mit Moos- und Flechtenbedeckung seiner Höhen, von denen die bedeutendsten Idshed-Karlem (1390 m, Choste-Nier (1510 m) und Töll-Pos (1687 m) sind.

Schneckenfenster - Sch

Bild 64.556: Schneckenfenster - Schneeammer [unkorrigiert]
* 7 Schnee.

Nordöstlich zweigen sich vom nördlichen Ural die zur Obmündung verlaufenden niedrigern Berge von Obdorsk ab. Die höchsten Gipfel dieses kahlen und unwirtlichen Gebirges tragen ewigen Schnee. [* 7] An der Petschoraquelle zweigt sich vom Ural unter dem Namen Timangebirge ein niedriger Höhenzug ab, welcher bis Kanin-Nos zieht. Der mittlere oder werchoturische Ural, der sich von 61° nördl. Br. bis an die Quellen der Ufa (55°) fortsetzt, bildet ein breites waldig-sumpfiges Tafelland von mäßiger Erhebung (im Mittel 650 m), das von einzelnen Felsbergen überragt wird, und ist der einförmigste Teil des Gebirges; nur im NO. zeigt sich eine alpinere Natur. Hier erheben sich als die höchsten Gipfel: der Kontschakow-Kamen (1462 m), Suchegorski-Kamen (1195 m), Pawdinski-Kamen (938 m), Katschkanar (887 m) und Deneschkin-Kamen (1532 m). Über den mittlern Ural



Ural (Gebirge)

Bild 15.1040: Ural (Gebirge)
* 8 Seite 15.1040.
mehr

führen die leichtesten Übergänge, deren niedrigstem (380 m) die oben erwähnte sibirische Straße und neuerdings die Eisenbahn von Perm nach Jekaterinenburg folgt. Südlich von der Ufaquelle folgt der dreigeteilte südliche Ural, im O. mit dem niedrigen, aus Granit und Gneis zusammengesetzten Ilmengebirge bei Mijask, in der Mitte mit dem Uraltau im engern Sinn (auch Urengai genannt), der mit der Irendikkette im S. endet, in seinen höchsten Höhen (Jurma, Taganai, Urenga) 1200 m wenig überschreitet und nur im Iremel 1536 m Höhe erreicht. Der Ural gibt zahlreichen Flüssen ihren Ursprung; dazu finden sich an der Ost- und Westseite zahlreiche kleine und größere Landseen, am dichtesten am Ilmengebirge und zur Seite des mittlern Urals. Dort, wo mittlerer und südlicher Ural zusammenstoßen, drängen sich vor allem die Quellen zahlreicher Flüsse [* 9] zusammen, die dem Tobol, Ural und der Kama zuströmen. Nur im äußersten Süden versiegen im Sommer die Bäche und kleinen Flüsse meist ganz.

Giovinazzo - Gips

Bild 58.13: Giovinazzo - Gips
* 10 Gips.

Der Ural besteht seiner geognostischen Zusammensetzung nach aus einer Achse kristallinischer Schiefergesteine, aus Gneis, Glimmerschiefer, im mittlern Teil vornehmlich aus Chlorit- und Talkschiefern, auch kristallinischen Kalken, im N. mit Kalk und Kalkschiefer. Zu ihnen gesellen sich an den Seiten silurisches und devonisches Übergangsgebirge, am westlichen Fuß Kohlenkalkstein, auf beiden Seiten Kohlengebirge. Um die ganze Südwestseite schlingt sich die permische Formation mit ihrem Rotliegenden, mit Süßwasserkalk, mächtigem Gips, [* 10] Kupfersandstein und echtem Zechstein.

Dem Jura gehört nur der nördliche Fuß an. Von massigen Gesteinen treten auf Granit, Syenit, Diorit, Serpentin, Augit-, zum Teil Uralitporphyre und Mandelsteine, die bis Nowaja Semlja reichen. Jüngere Eruptivgesteine fehlen gänzlich. Wohl kommen Erze auf Gängen vor, so die Golderze von Beresow, ebenda Bleiglanzgänge mit dem Rotbleierz; wichtiger sind aber die sekundären Lagerstätten im Übergangsgebirge, im Kupfersandstein und besonders im Schuttland.

Dem silurischen Gebirge gehören die reichen Magneteisensteinberge an, ebenso die wichtigen Kupferlagerstätten. So liegen bei Nishne-Tagilsk die Kupfergruben, welche die mächtigen Malachitstöcke liefern, ebenso der mächtige Magneteisensteinberg Wisokaya Gora; andre sind der Blagodat bei Kuschwinsk und der Katschkanor ^[richtig: Katschkanar], westlich von Werchoturie. Aus der Zerstörung goldführender Quarzgänge, insbesondere im Talkschiefer, und von platinführenden Serpentinen stammen die gold- und platinführenden Seifengebirge, aus denen diese Metalle ausgewaschen werden.

Gold (Gewinnung aus ge

Bild 7.477: Gold (Gewinnung aus geschwefelten Erzen)
* 11 Gold.

Das Gold [* 11] ist stets von Magnet-, das Platin von Chromeisenstein aus dem zerstörten Muttergestein begleitet. Die Fläche, auf welcher Goldseifen vorkommen, berechnet man auf 40,500 qkm (735 QM.). Während die goldreichen Seifenwerke auf der asiatischen Seite liegen, finden sich die Platinseifen mehr auf der europäischen. 1884 wurden auf einer Fläche von 4591 qkm mit 42,690 Arbeitern aus goldhaltigem Sand 7960 kg Rohgold und im Laboratorium [* 12] zu Jekaterinenburg 7093 kg Gold, 900 kg Platina und 560 kg Silber gewonnen; außerdem wurden 1167 kg Quarzgold und in zwölf Bergwerken 1339 kg Platina ausgegraben. An Kupfer, [* 13] welches vorzugsweise gediegen, als Rotkupfererz und Malachit (z. B. bei Nishne-Tagilsk), und in kalkigen Kiesen (bei Bogoslowsk) etc. vorkommt, liefert der Ural in acht Bergwerken mit 5309 Arbeitern 3600 Ton. Silber und Blei [* 14] sind von geringerer Wichtigkeit, von um so größerer die Eisenerze, vorzüglich der bis in den südlichen Ural verbreitete Magneteisenstein.

Hütten - Hüttenberg [u

Bild 59.458: Hütten - Hüttenberg [unkorrigiert]
* 15 Hütten.

Von dem Gesamtertrag aller Eisenhütten in ganz Rußland kommen auf das Gouvernement Perm allein 8/13 und auf die Demidowschen und Jakowlewschen Hütten [* 15] ¼. 1884 wurden in 59 Hüttenwerken 343,000 T. Roheisen, und in 7 Bessemerwerken 31,000 T. Stahl produziert; in der Eisenindustrie waren 133,493 Arbeiter thätig. Der größte Teil des Eisens kommt auf der Messe zu Nishnij Nowgorod in den Handel. An Manganerzen wurden 14,463 Doppelzentner gewonnen. Seit einigen Jahren wird am Westabhang auch Bergbau [* 16] auf Steinkohlen betrieben (ca. 21,000 T.).

Außerdem liefert der Ural mannigfache schöne Gesteine [* 17] und interessante Mineralien, welche zum Teil auch am Ural für architektonische Zwecke und als Schmucksteine geschliffen werden, z. B. Porphyr, Jaspis, Kieselmangan, Achat, [* 18] Bergkristall, Malachit u. a. Vor allem reich ist das kleine Ilmengebirge bei Mijask an Mineralien (Eläolith, Amazonenstein, großblätteriger sibirischer Glimmer, Pyrochlor, Äschynit, Titanit, [* 19] Zirkon, [* 20] prachtvolle Topase, Korund [* 21] u. a.), ferner die Gegend von Slatoust im südlichen und die von Mursinsk im mittlern Ural (mit mächtigen Topas-, Beryll- und Rauchtopaskristallen). In den Seifen von Bissersk hat man vor Jahrzehnten auch kleine Diamanten gefunden.

Während im arktischen Ural die Kälte, im äußersten Süden die Trockenheit den Baumwuchs verhindern und im nördlichen Ural nur in den Thälern die sibirische Lärche vorkommt, sind doch zwei Drittel des Urals mit dichtem Urwald, wo die Hüttenwerke ihn nicht aufgezehrt haben, bedeckt. Im N. unterbricht nur die Birke den Ernst der vorherrschenden Nadelwälder, während im südlichen Ural, dem lieblichsten Teil des Gebirges, alle Berghöhen mit gemischtem Laubwald (Kiefern, Linden, Birken, auch Eichen) bedeckt sind.

Norddeutscher Lloyd -

Bild 62.415: Norddeutscher Lloyd - Nordenberg [unkorrigiert]
* 22 Norden.

Hier weidet der Baschkire seine Herden in den wasserreichen Thalgründen, während im höchsten Norden [* 22] der Samojede mit seinen Renntierherden umherzieht. Der Wald ist reich an jagdbaren Tieren, darunter auch Pelztieren (Eichhörnchen, Füchse, Wölfe), an Wald- und Schneehühnern, Schnepfen und Wachteln, aber auch an Bären, die den vielen Beeren (Himbeeren, Vaccinien) nachgehen. Pflanzen- und Tierwelt schließen sich, den tiefen Süden ausgenommen, zu beiden Seiten des Gebirges ganz an die europäischen an. In der Mitte und im SO. liegen zahlreiche wohlhabende Städte mit vorherrschend russischer Bevölkerung, [* 23] die sich hier in der Nähe der aufblühenden zahlreichen Berg- und Hüttenwerke (Sawody) angesiedelt hat.

Jekaterinenburg im mittlern, Mijask und Slatoust, das uralische Birmingham, [* 24] im südlichen Ural sind die Mittelpunkte großartiger Thätigkeit. Die erste Eisenbahn über den ist 3. März 1878 von Perm nach Jekaterinenburg eröffnet worden.

Vgl.   Hofmann und Helmersen, Geognostische Untersuchung des Süduralgebirges (Berl. 1831);

Humboldt, Fragments de géologie et de climatologie asiatique (deutsch, das. 1832);

Rose, Mineralogisch-geognostische Reise nach dem Ural (das. 1837-42, 2 Bde.);

Murchison, Geology of Russia in Europe and the Ural mountains (Lond. 1846; deutsch von Leonhard, Stuttg. 1847-48);

Schrenk, Orographisch-geognostische Übersicht des Uralgebirges im hohen Norden (Dorp. 1849);

Kowalki u. E. Hofmann, Der nördliche Ural (Petersb. 1853, 2 Bde.);

Ludwig, Überblick der geologischen Beobachtungen im U. (Leipz. 1862);

Derselbe, Geognostische Studien (Darmst. 1862);

Hochstetter, über den Ural (Berl. 1873);

Hiekisch, Das System des Urals (Dorp. 1882).