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Volksbibliotheken | eLexikon | Litteratur - Allgemeines

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz

Volksbibliotheken,

eine Gattung von Büchersammlungen, die wie die wissenschaftliche Bibliothek (s. d.) der gelehrten Forschung, so den Interessen aller Berufs- und Bildungsschichten der Bevölkerung [* 2] dient. Ihr Zweck ist 1) allgemeine Bildung zu verbreiten, und zwar a. wissenschaftliche. Zu diesem Behuf führt sie solche Werke der wissenschaftlichen Litteratur, die nach Form und Inhalt auch für den Nichtfachmann geeignet sind, aus allen Gebieten mit Bevorzugung der Geschichte (Biographie), der Erdkunde, [* 3] insbesondere Heimatkunde (Reisen), der Socialwissenschaft und Naturkunde, b. Litterarische und künstlerische Bildung: dieser dienen einerseits die besten Werke der schönen Litteratur mit Bevorzugung des künstlerisch wertvollen Romans, andererseits Reproduktionen von Werken der bildenden Kunst. c. Ethische: dies thut sie schon durch ihre bloße Existenz, indem sie schlechte Lektüre verdrängt und dem Wirtshausleben entgegenarbeitet.

2) Soll sie edle Unterhaltung bieten, soll aber zu diesem Zweck dem künstlerisch minderwertigen Roman keine Zugeständnisse machen.

3) Soll sie die jeweils am Orte bestehenden Berufszweige fördern, indem sie entsprechende Fachlitteratur führt. Aus allen genannten Gebieten hält sie Zeitschriften.

4) Soll sie über die Tagesereignisse auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens unterrichten und hält deshalb allgemeine Zeitschriften und Zeitungen in religiös und politisch unparteiischer Auswahl. Sie wird benutzt 1) durch Ausleihen; die Bedingungen sollen liberal sein, die Benutzung womöglich frei und ohne Pfand oder Bürgschaft.

Geschichtskarten von D

Bild 4.772a: Geschichtskarten von Deutschland V
* 4 Deutschland.

2) Durch Lesen in Lesezimmern (Volkslesehallen), die mit Nachschlagewerken und den neuen Nummern der Zeitschriften und Zeitungen ausgestattet und womöglich bis zum späten Abend geöffnet sind. Bibliotheken mit diesem Programm sind in Deutschland [* 4] schon vor 60 Jahren von Karl Preusker gefordert worden, aber nur in England und den Vereinigten Staaten [* 5] als Public Libraries zu fast ständigen, meist kommunalen Einrichtungen geworden, reich ausgestattet, viel durch Schenkungen bedacht und von allen Volkskreisen stark benutzt. In Deutschland hatte sich bis vor kurzem nur die untere Stufe, die Volksbibliothek entwickelt, meist karg ausgestattet und ohne Lesesaal. Die in den letzten Jahren erfolgte Gründung freier öffentlicher Lesehallen in zahlreichen Städten, teils von Vereinen, teils von den Kommunen aus, sowie die Erfolge Reyers in Österreich [* 6] und das Vorbild von Ottendorfers nach amerik. Muster eingerichteter Freier Volksbibliothek in Zwittau (Mähren) [* 7] scheinen einen völligen Umschwung einzuleiten.



Volksbildungsvereine -

Bild 66.391: Volksbildungsvereine - Volksbücher
* 8 Seite 66.391.
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Eine Statistik für Deutschland giebt es nicht. In Großbritannien [* 9] und Irland giebt es (1897) 330 Public Libraries, davon im eigentlichen England 265; die jährlich ausgeliehenen Bände werden auf 27 Mill., die Gesamtbesuchsziffer auf 60 Mill. geschätzt. In den Vereinigten Staaten zählte man 1896 allein 627 Free Public Libraries mit mehr als 3000 Bänden; der Bestand war 9 Mill. Bände; ausgeliehen waren im letzten Berichtsjahr27 Mill. Bände.

Die folgende Tabelle namhafter populärer Bibliotheken giebt die Zahlen in Tausenden:

Städte Jahr Einw. Jährl. Etat M Entlieh. Bde. Lese-­Saal Bücher Ge­samtbenu­tzung
Birmingham 1896 478 270 1026 191 7‒8000
Li­verpool 1896 518 270 632 239 2331
Manchester 1895/96 508 400 978 420 ca. 6000
Boston 1896 494 1000 1005 keine Statistik
Chicago 1895/96 1750 600 1174 364 2543
Berlin 1896/97 1677 ca. 30 543 - -
Lesehalle 1896 5,3 - 16 48
Graz 1896 112 ca. 10 175 - -
Wien 1896 1342 27 870 - -

Vgl.   Reyer, Entwicklung und Organisation der Volksbibliotheken (Lpz. 1893);

ders., Handbuch des Volksbildungswesens (Stuttg. 1896);

Nörrenberg, Die Volksbibliotheken, ihre Aufgabe und ihre Reform (Kiel [* 10] 1896);

Greenwood, Library Year Book (Lond. 1897);

Roß, Öffentliche Bücher- und Lesehallen (Hamb. 1897).