Volksschule | eLexikon | Pädagogik - Schulen
- ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
- ️Mon Mar 11 1872
Bewährtes Wissen in aktueller Form
Main
Volksschule (geschicht

2 Artikel | Textanfang / Anzahl Wörter |
---|---|
Volksschule | Stadt- oder Landschule, welche, soweit dies auf der Stufe der bildungsfähigen Kindheit (vom / 1969 |
Volksschule _2 | Eine ausführlichere Besprechung des gegenwärtigen Standes der Volksschulfrage und des Volksschulwe / 687 |
Volksschule
2 Seiten, 2'656 Wörter, 20'065 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Titel
Elemente zu Volksschule:1) mit Ehren zu nennen. Noch mächtiger war die gegen Ende des Jahrhunderts von Pestalozzi
Volksschule,
Stadt- oder Landschule, welche, soweit dies auf der Stufe der bildungsfähigen Kindheit (vom vollendeten 6. bis zum vollendeten 14. Jahr) geschehen kann, diejenigen Kenntnisse und Fertigkeiten lehrt und zu derjenigen Bildung erziehend mitwirkt, deren ein jeder Mensch auch in den niedern Lebensständen als Glied [* 3] eines gebildeten Volkes bedarf. Schon in dieser Begriffsbestimmung liegt angedeutet, daß die Volksschule weder in den aristokratischen Staaten des Altertums, wo die bürgerlichen Rechte nur einer bevorzugten Minderheit gewährt, der Mehrheit der Unfreien aber versagt waren, noch auch im Feudalstaat des Mittelalters gedeihen, sondern ihren wahren Lebensboden nur in dem neuern Staate, der rechtlich verfaßten Volksgemeinde, finden konnte.
Deutschland. Fluß- und

* 4
Deutschlands.Demgemäß gehören die Anfänge der Volksschule den Jahrhunderten des Überganges (16. und besonders 17.) vom Mittelalter zur Neuzeit an, und erst in unsrer Zeit begannen selbst die gebildeten Staaten nach dem Vorgang Deutschlands [* 4] das Volksschulwesen durchgreifend gesetzlich zuordnen. Vor der Reformationszeit war der Gedanke an eine allgemeine Volksschule nur von wenigen erleuchteten Geistern geahnt worden; so dachte Karl d. Gr. an einen allgemeinen Volksunterricht durch die Priester, und ähnliche Pläne faßten hier und da wohldenkende höhere und niedere Geistliche oder städtische Obrigkeiten des Mittelalters, ohne aber ein rechtes Entgegenkommen für diese Ideen zu finden.
Kraft [unkorrigiert]
![Bild 60.671: Kraft [unkorrigiert] Bild 60.671: Kraft [unkorrigiert]](http://peter-hug.ch/meyers/thumb/60/60_0671.jpeg)
* 5
Kraft.Erst die Reformation brachte das Bedürfnis einer allgemeinen Volksbildung, die indes im Lesen der Heiligen Schrift fast ausschließlich ihr Ziel fand, allgemeiner zum Durchbruch. Dadurch wurden mittelbar die Reformatoren, Luther an der Spitze, die Begründer der deutschen als deren Lehrer durchweg die Küster oder niedern Kirchendiener wirkten. Der unmittelbare Einfluß der Reformatoren kam mehr den gelehrten, sogen. lateinischen Schulen zu gute. Die Stürme des Dreißigjährigen Kriegs unterdrückten fast überall die schwachen Ansätze der Volksschule, erweckten aber zugleich mit neuer Kraft [* 5] das allgemeine Bedürfnis besserer Volksbildung, welche W. Ratich und besonders J. A. ^[Johann Amos] Comenius (s. d.) als das wichtigste Anliegen der Zeit verkündeten.
Schon während der letzten Kriegsjahre gab Herzog Ernst der Fromme von Gotha [* 6] (s. Ernst 13) das noch heute beachtenswerte Vorbild einer trefflichen Schuleinrichtung, dem nach und nach die übrigen deutschen Fürsten, besonders im protestantischen Norden, [* 7] folgten. Zu dieser Zeit wurden in verschiedenen deutschen Ländern die ersten staatlichen Verordnungen über die allgemeine Schulpflicht erlassen. Seit Beginn des 18. Jahrh. übernahm Preußen [* 8] auch auf diesem Gebiet die Führung, wozu namentlich der Einfluß des Spener-Franckeschen Pietismus mitwirkte.
Oesterreich ob der Enn

* 9
Österreich.Friedrich Wilhelm I. erließ 1736 Principia regulativa für das Landschulwesen, die den Grundsatz der allgemeinen Schulpflicht gesetzlich feststellten, Friedrich H. 1763 das Generallandschulreglement. Beide Fürsten begünstigten auch die freilich noch sehr dürftigen Anfänge des Seminarwesens, welches seitdem sich parallel mit der Volksschule fortentwickelt hat. Von ihrem Beispiel oder auch vom Geiste der Zeit angeregt, der Aufklärung des Verstandes über alles galt, folgten nach und nach die übrigen deutschen Fürsten, namentlich in Österreich, [* 9] Bayern, [* 10] Baden [* 11] und in Württemberg, [* 12] wo die Volksschule schon früher verhältnismäßig hoch entwickelt war. In betreff der anregenden Einflüsse, welche auch das Volksschulwesen von der philanthropischen Bewegung seit 1770 erfuhr, darf auf den Artikel »Pädagogik« erwiesen werden. Vor allen andern ist in dieser Beziehung der Domherr v. Rochow (s. d. 1) mit Ehren zu nennen.
Noch mächtiger war die gegen Ende des Jahrhunderts von Pestalozzi (s. d.) ausgehende Anregung, welche seit den Unglückstagen von Jena [* 13] und Tilsit [* 14] zu einer wirksamen Umgestaltung der in Preußen und demnächst im übrigen Deutschland [* 15] führte, die leider durch die Verwickelungen der folgenden Jahrzehnte ins Stocken geriet. Unter den preußischen Pestalozzianern war längere Zeit Harnisch (s. d.) der einflußreichste, gab aber die Leitung in dem Maß an den liberalen Pestalozzianer Diesterweg (s. d. 2) ab, wie er sich der kirchlichen Reaktion zuneigte.
Hanc veniam etc. - Han

* 16
Hand.Das Jahr 1848 erweckte große Hoffnungen für die in den Verdacht des Liberalismus gekommene und daher seit länger zurückgesetzte Volksschule; um so empfindlicher war der Rückschlag der Reaktion, unter deren Einfluß der Minister v. Raumer im Oktober 1854 die sogen. drei Regulative, für Seminar-, Präparanden- und Volksschulwesen, verfaßt vom Geheimrat Stiehl, erließ. Diese offenbar einseitigen, aber von sachkundiger Hand [* 16] zeugenden Vorschriften waren in den folgenden Jahren Gegenstand heftiger Kritik, werden aber jetzt, nachdem sie durch die allgemein als vortrefflich anerkannten Bestimmungen des Ministers Falk (Oktober 1872, entworfen vom Geheimrat Schneider) abgelöst sind, ruhiger und sachlicher beurteilt.
Seit 1872 ist sehr viel für die äußere und innere Hebung [* 17] der in Preußen geschehen, aber auch die Größe des Bedürfnisses erst recht zu Tage getreten, dem nach verschiedenen Richtungen hin noch lange nicht genügt ist. Das im Artikel 26 der Verfassung von 1850 verheißene und lang ersehnte Unterrichtsgesetz, für welches schon 1817 von Süvern und später unter den Ministern v. Ladenberg (1848-50) und v. Mühler (1862-72) Vorlagen ausgearbeitet waren, ist unter dem Minister Falk (1872-79) abermals im Entwurf fertig gestellt, aber, wie man annimmt, wegen finanzieller und politischer Bedenken von der Staatsregierung dem Landtag nicht vorgelegt worden.
Oldenburg und die Deut

* 18
Oldenburg.Statt dessen hat man durch eine Reihe von Einzelgesetzen, unter denen als wichtigstes das Schulaufsichtsgesetz vom 11. März 1872 voransteht, klarere Stellung der Volksschule zu den Behörden des Staats und der Kirche wie bessere Ausstattung der Volksschule selbst und ihrer Lehrer angestrebt: nicht ohne anerkennenswerten Erfolg, aber doch auch nicht mit der durchgreifenden Wirkung, daß dadurch das Bedürfnis eines Volksschulgesetzes als erledigt angesehen werden könnte. Die meisten kleinern deutschen Staaten, deren einfachere Verhältnisse das Vorgehen erleichterten, sind in neuester Zeit in dieser Hinsicht über Preußen hinausgeschritten, so: Oldenburg [* 18] (1855), Sachsen-Gotha (1863), Baden (1868-1874), Hamburg [* 19] (1870), Württemberg (1835-73), Königreich Sachsen [* 20] (1873), Hessen, [* 21] Sachsen-Weimar und Koburg [* 22] (1874), Meiningen [* 23] (1875). Die meisten dieser Gesetze dehnen die Schulpflicht auch auf den Besuch der Fortbildungsschulen bis zum 16. oder 17. Lebensjahr aus, die in Bayern und Württemberg schon früher mit teilweisem Besuchszwang bestanden.
Volksschule (gegenwärt

* 26
Seite 16.271.In Österreich-Ungarn, [* 24] wo die Verhältnisse in den verschiedenen Kronländern sehr voneinander abweichen, ist nach Aufhebung des Konkordats von 1855 im J. 1867 das Volksschulwesen gesetzlich neu geregelt und seitdem Gegenstand sorgfältiger Pflege, aber auch erbitterter Parteikämpfe gewesen. Die grundlegenden Gesetze sind in Ungarn [* 25] das von 1868, in Österreich das Reichsgesetz vom 14. Mai 1869 mit der Novelle vom 23. Mai 1883. Neue Gesetze über das Volksschulwesen sind überhaupt fast von allen ¶
mehr
europäischen Staaten in den beiden letzten Jahrzehnten erlassen worden, so in Großbritannien [* 27] (England 1870, 1875 u. 1876, Schottland 1872, Irland 1877), Frankreich (21. März 1882), Italien [* 28] (1877), Niederlande [* 29] (1878), Belgien [* 30] (1879 u. 1884). In den meisten dieser Gesetze ist der Grundsatz der allgemeinen Schulpflicht, wenn auch in verschiedener Begrenzung, angenommen.
In allen Staaten Europas ist gesetzlich anerkannt, daß die Volksschule, zunächst Anstalt der bürgerlichen Gemeinde oder besonderer Schulverbände, der Aufsicht und Leitung des Staats untersteht, welcher auch durch seine Seminare für die Heranbildung der Lehrer sorgt und den unbemittelten Schulverbänden durch Zuschüsse aus Staatsmitteln zu Hilfe kommt. Die konfessionelle Erziehung unter leitender Mitwirkung der betreffenden Kirchen ist dabei in Deutschland, Österreich-Ungarn und Skandinavien vom Staat verbürgt, auch wo in sogen. paritätischen Schulen, welche indes bisher eine verschwindende Minderheit bilden, die Kinder verschiedener Bekenntnisse als gleichberechtigt vereinigt sind. In andern Staaten, wie Großbritannien, Frankreich, Niederlande etc., wird dagegen die religiöse Bildung grundsätzlich der Familie und der Kirche überlassen.
Die Gemeinden üben ihre Rechte in Schulangelegenheiten durch ein gewähltes Kollegium (Schulvorstand, Schuldeputation etc.) aus; der Staat führt seine Aufsicht durch Orts- und Kreisschulinspektoren und in höherer Instanz durch besondere Aufsichtsbehörden, in welchen neben den rechtskundigen auch schulkundige Räte Sitz und Stimme haben (Schulabteilung der Provinzialregierungen, Oberschulkollegium, selten noch die staatskirchlichen Konsistorien).
Schweden und Norwegen

* 31
Schweden.Die Inspektoren waren früher in Deutschland fast ausschließlich Geistliche, nämlich die Ortspfarrer und Superintendenten (Dekane etc.) oder Erzpriester. Seit dem Gesetz vom 11. März 1872, welches die Aufsicht über das Schulwesen ausschließlich für Sache des Staats erklärt, hat man in Preußen begonnen, weltliche Inspektoren, besonders auch ständige Kreisschulinspektoren, zu bestellen. Die Zahl der letztern beläuft sich gegenwärtig in ganz Preußen auf etwa 240 gegen 700 geistliche Kreisschulinspektoren. Im Königreich Sachsen, in Österreich, Schweden [* 31] und mehreren kleinern deutschen Staaten ist das Institut der weltlichen Schulaufsicht in der Kreisinstanz, in Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden, auch in den Vereinigten Staaten [* 32] von Nordamerika [* 33] ist die weltliche Schulaufsicht überhaupt unter Ausschluß jeder geistlichen Mitwirkung streng durchgeführt.
Doch gibt es in allen diesen Ländern neben der öffentlichen, staatlichen Volksschule noch ein mehr oder weniger umfangreiches privates, namentlich kirchliches Volksschulwesen. Ein vergleichendes Urteil über die Leistungen der Volksschule bei den verschiedenen Völkern ist im Augenblick schwer, wenn nicht unmöglich zu fällen. Noch bis 1870 und vielleicht bis 1880 konnte man unbedenklich sagen, daß Deutschland mit dem germanischen Norden, der protestantischen Schweiz, [* 34] den Niederlanden in dieser Hinsicht den ersten Rang behauptete.
Auch ist anzunehmen, daß der Vorsprung von Menschenaltern, den Deutschland auf diesem Gebiet vor den übrigen Nachbarn voraus hatte, von diesen nicht sprungweise eingeholt werden kann. Es stehen ferner sowohl im romanischen Süden und Südwesten Europas als im slawischen Osten dem Wirken der Volksschule noch so überwiegende Hindernisse entgegen, daß in diesen Ländern ein rascher und durchgreifender Fortschritt der Volksbildung nicht zu erwarten ist. Dagegen wird in England und Schottland wie in Frankreich mit solchem Nachdruck und mit so reichem Aufwand von Mitteln an der Hebung der Volksschule gearbeitet, daß dort schon innerhalb der lebenden Generation eine wesentliche Verschiebung des allgemeinen Bildungsstandes nicht ausbleiben kann.
Schon jetzt darf die Zahl der Analphabeten in diesen Staaten, die bei der Aushebung zum Heer oder bei der Eheschließung sich herausstellt, als bezeichnend für den gegenwärtigen Stand der Volksschule nicht mehr angesehen werden. Als Unterrichtsfächer der Volksschule gelten außer der Religionslehre, die wiederum in biblische Geschichte, Bibellesen, Katechismus, Kirchengeschichte und Kunde geistlicher Lieder sich gliedert, allgemein: Muttersprache (Schreiben, Lesen, Grundlagen der Sprachlehre), Rechnen und Elemente der Raumlehre, Naturkunde (Naturgeschichte und Naturlehre), Geographie, Geschichte (mit besonderer Rücksicht auf Vaterland und Heimat), Singen, Zeichnen;
für die Knaben Turnen, für die Mädchen weibliche Handarbeiten.
Auch für die Mädchen sucht man immer allgemeiner das Turnen einzuführen; doch beschränkt das Mädchenturnen bisher sich fast ganz auf städtische Schulen, in denen es nicht einmal allgemein durchgeführt ist. Handarbeit auch für Knaben ist in Finnland, Frankreich und Ungarn allgemein, in Österreich, Schweden, Italien und England vielfach eingeführt. Auch in Deutschland wird dafür eifrig gestrebt; aber die Schulverwaltungen haben bisher diesen Unterrichtszweig als solchen abgelehnt und die Förderung dieses unter Umständen gewiß sehr heilsamen Bildungsmittels den dafür zusammengetretenen Vereinen überlassen, die jedoch in mehreren Staaten (Königreich Sachsen, neuerdings auch Preußen) Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln beziehen.
Spottiswoode - Sprache

* 35
Sprache.Eine zweite Sprache [* 35] wird, abgesehen von Grenzgebieten und mehrsprachigen Staaten (Schweiz, Belgien, Ungarn etc.), nur in wenigen städtischen Volksschulen gelehrt, wie z. B. in Hamburg das Englische. [* 36] In einigen Ländern sind mit den Schulen besondere Schulsparkassen oder Sammelstellen für öffentliche Sparkassen verbunden, namentlich in Frankreich, Belgien, England. In Deutschland ist auch diese Einrichtung als amtliche Schulsache nicht anerkannt und demgemäß nicht sehr verbreitet.
Die Trennung der Geschlechter in der Volksschule ist in den Ländern romanischer Zunge meist streng durchgeführt. In Deutschland, Skandinavien, England ist der gemeinsame Unterricht der Knaben und Mädchen auf dem Land überwiegend. Man verfährt nach dem Grundsatz (Preußen, allgemeine Verfügung vom 15. Okt. 1872): »Für mehrklassige Schulen ist rücksichtlich der obern Klassen Trennung der Geschlechter wünschenswert. Wo nur zwei Lehrer angestellt sind, ist eine Einrichtung mit zwei oder drei aufsteigenden Klassen derjenigen zweier, nach den Geschlechtern getrennter Klassen vorzuziehen.« Die städtische, mehrklassige Volksschule geht vielfach über in die Form der Mittelschule (preußische Bezeichnung), Bürgerschule (Österreich) oder Sekundärschule (Schweiz), École moyenne (Belgien) oder École primaire supérieure (Frankreich), in der meist neben der Muttersprache noch eine fremde Sprache gelehrt und in der Mathematik, dem Realunterricht (Chemie neben Physik, erweitertes Geschichtspensum) und dem Zeichnen über das Ziel der einfachen Volksschule hinausgegangen wird.
Vgl. Schneider und v. Bremen, [* 37] Das Volksschulwesen des preußischen Staats (Berl. 1886-87, 3 Bde.);
Keller, Geschichte des preußischen Volksschulwesens (das. 1873);
Heppe, Geschichte des deutschen Volksschulwesens (Gotha 1858-60, 5 Bde.);
Sander, Lexikon der Pädagogik (2. Aufl., Bresl. 1889);
Volkssouveränität - Vo

* 38
Seite 16.272.Buisson, ¶
mehr
Dictionnaire de pédagogie, etc. (Par. 1878-87, 4 Bde.);
Hauffe, Volksschulwesen u. Lehrerbildung in Österreich (Gotha 1887);
Schröder, Das Volksschulwesen in Frankreich (Köln [* 39] 1884-87, 2 Bde.);
Jolly, Die französische Volksschule unter der dritten Republik (Tübing. 1884);
Lauer, Entwickelung des niederländischen (seit 1857) und des belgischen (seit 1842) Volksschulwesens (beide Berl. 1885);
»Pädagogischer Jahresbericht« (Leipz., seit 1847; jetzt hrsg. von Richter).
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Titel
Elemente zu Volksschule:[16.270] Volksschule Stadt- oder Landschule
Volksschule.
Eine ausführlichere Besprechung des gegenwärtigen Standes der Volksschulfrage und des Volksschulwesens, namentlich in Preußen, erscheint wegen des im März 1891 erfolgten Wechsels im preußischen Kultusministerium und seiner für den Augenblick noch unübersehbaren Folgen gegenwärtig nicht rätlich. Wir beschränken uns daher im nachfolgenden auf die Mitteilung des im Artikel »Höhere Lehranstalten« (S. 424) angekündigten, daselbst ausgelassenen ersten Teils der Vorschläge des Staatsministeriums vom 27. Juli 1889 zur Ausführung der dort mitgeteilten Kabinettsorder vom 1. Mai 1889, welche Kaiser Wilhelm II. als König von Preußen 30. Aug. d. J. genehmigte.
I. Niederes Schulwesen.
A. a) In den Unterricht der Lehrerseminare wird eine besondere unterweisung der Zöglinge in den elementaren Grundsätzen der Volkswirtschaft eingeführt.
b) Dieser Unterricht wird in der Weise erteilt, daß die Seminaristen befähigt werden, in ihrer spätern Amtsthätigkeit ihre Schüler, soweit dies durch die Schule möglich ist, vor dem Einflusse sozialdemokratischer Irrlehren und Entstellungen zu bewahren und über das zu belehren, was wahr, was wirklich und was in der Welt möglich ist.
Karte zur Geschichte P

* 40
Preußens.c) Diesem Unterricht wird ein Leitfaden zu Grunde gelegt, welcher in, der Form wie dem Inhalt nach, mustergültigen Aufsätzen eine allgemeine Belehrung über die Grundsätze erteilt, von deren Beachtung das Volkswohl abhängt, und sodann eine Reihe geschichtlicher Lebensbilder anschließt, aus welchen hervorgeht, wie Preußens [* 40] Herrscher bemüht gewesen sind, in fortschreitender Entwickelung die Lebensbedingungen der Arbeiter zu heben, und wie die monarchische Staatsform die Familie, die Freiheit, das Recht und den Wohlstand des Einzelnen am besten zu schützen vermag.
d) In dieses Heft werden auch diejenigen Aufsätze, Schilderungen, Erzählungen sozialpolitischen Inhalts aufgenommen, welche in den Schulen selbst zur Behandlung kommen sollen.
B. a) Damit auch die jetzt schon im Amte stehenden Lehrer die erforderliche Anweisung erhalten, wird eine Sammlung von guten Werken belehrenden und geschichtlichen Inhalts ausgewählt und jede Kreislehrerbibliothek mit einer solchen Sammlung ausgestattet.
b) Außerdem werden die Schulaufsichtsbeamten angewiesen, bei Revisionen und bei Abhaltung von Lehrerkonferenzen dem Gegenstand ihre besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Volkszählungen - Volvo

* 41
Seite 18.982.c) Die Provinzialschulkollegien werden angewiesen, bei den Prüfungen der Seminar-Aspiranten, der Lehramtsbewerber und der Lehrer besonders darauf zu achten, ob dieselben ausreichende Kenntnis der vaterländischen Geschichte, namentlich auch nach der Seite der Kulturentwickelung, ¶
mehr
besitzen, und Bewerbern, welchen diese fehlt, die nachgesuchte Lehrbefähigung, bez. die Aufnahme ins Seminar zu versagen.
C. a) In den Schulen werden die hier in Betracht kommenden Belehrungen im Religionsunterricht und im Geschichtsunterricht gegeben.
b) um denselben einen Anhalt [* 42] zu gewähren, werden in die Lesebücher der verschiedenen Arten von Schulen die dem Verständnis ihrer Schüler entsprechenden Lesestücke aus dem Leitfaden für den Seminarunterricht aufgenommen.
c) unter diesen Lesestücken müssen sich neben den vaterländisch-geschichtlichen auch solche finden, welche in leicht faßlichen und leicht merksamen Sätzen die Hauptlehren und die Hauptthatsachen aus der Entwickelung des Staates und der Gesellschaft enthalten.
d) Sowohl für den Religionsunterricht wie für den Geschichtsunterricht sämtlicher Arten von niedern Schulen sind Verordnungen im Sinne der Allerhöchsten Order vom 1. Mai 1889 zu erlassen.
e) Die Verordnung bezüglich des Religionsunterrichts wird zunächst für die evangelischen Schulen erlassen, sie betrifft vorzüglich die Lehrweise. Auch soll erwogen werden, ob die christliche Haustafel, welche dem kleinen Katechismus beigefügt ist, in den Seminaren und in allen Schulen zur eingehenden Behandlung kommen kann. - Wegen Erlasses einer entsprechenden Verordnung für den katholischen Religionsunterricht wird das Geeignete von der Unterrichtsverwaltung veranlaßt werden.
f) Die Verordnung wegen des Geschichtsunterrichts schreibt für alle Schulen gleichmäßig vor:
1) die vaterländische Geschichte ist bis zum Regierungsantritt Seiner Majestät weiter Anführen;
2) der Unterricht ist sowohl alls der Mittel- als auch auf der Oberstufe zu geben;
3) in demselben sind auf der Oberstufe die Verdienste der preußischen Herrscher um das Volkswohl besonders hervorzuheben;
4) wo die besondern Verhältnisse einer Schule Kürzungen nötig machen, dürfen dieselben nicht auf Kosten der Geschichte der neuesten Zeit geschehen, sondern es ist dann ein späterer Ausgangspunkt für die Geschichtserzählung zu wählen.
g) In Ausführung dieser grundlegenden Bestimmungen werden besondere Lehrpläne erlassen für den vaterländischen Geschichtsunterricht der höhern Mädchenschule, der Mittelschule, der mehrklassigen Volksschule, der Volksschule mit einem oder zwei Lehrern.
Bis jetzt erschien von den hiernach zu erwartenden Lehr- und Lesebüchern ein starkes Heft: »Ergänzungen zum Seminarlesebuch; I. Vaterländisches« (Berl. 1890), das mit Ostern 1891 in den Unterrichtsgebrauch der preußischen Lehrerseminare eingeführt ward.