Walachei | eLexikon | Geschichte - Türkei - Rumänien
- ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
- ️Wed Sep 06 1595
Walachei,
das südlichere der zum Staat Rumänien [* 2] vereinigten Donaufürstentümer, wird begrenzt im O. und S. durch die Donau gegen die Dobrudscha und Bulgarien, im NW. durch die Karpathen gegen Siebenbürgen, im N. teils durch die Karpathen, teils durch den Fluß Milkow gegen die Moldau und umfaßt 76,080 qkm (1381 QM.). Das Land bildet eine äußerst fruchtbare Ebene, welche sich von den Transsylvanischen Alpen allmählich zur Donau senkt, und wird von zahlreichen Flüssen und Bergströmen bewässert, welche sich in die Donau ergießen.
Flüsse
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Flüsse.Die bedeutendern Flüsse [* 3] sind: der Shiul (bei Krajowa), die Aluta, der Ardschisch mit Dimbowitza, die Jalomitza mit der Prahowa. Das Klima [* 4] ist großem Wechsel ausgesetzt. Die Zahl der Einwohner beträgt 3,269,000, darunter ca. 250,000 Juden. Die Walachei ist reich an Steinsalz- und Kohlenlagern sowie an Petroleumquellen; ferner kommen allerlei Mineralien [* 5] und Metalle vor, welche jedoch nicht ausgebeutet werden. Die bedeutendsten Mineralquellen sind: Kalimanesti und Olanesti (Kreis [* 6] Waltscha) und die besuchten Kurorte Putschoasa und Balta Alba.
Ackerbau und Viehzucht [* 7] bilden die Hauptnahrungsquelle des Landes;
Kronos - Kronstadt (in
![Bild 60.759: Kronos - Kronstadt (in Ungarn) [unkorrigiert] Bild 60.759: Kronos - Kronstadt (in Ungarn) [unkorrigiert]](http://peter-hug.ch/meyers/thumb/60/60_0759.jpeg)
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Kronstadt.die Ausfuhr von Getreide [* 8] und Rohprodukten ist bedeutend, dagegen werden fast sämtliche Industrieerzeugnisse eingeführt. Die zahlreichen Forsten liefern Brenn- und Nutzholz; stark betrieben wird der Weinbau (besonders geschätzt die Weine von Odobesti und Dragaschani). Dem Verkehr dient außer der Donau die Eisenbahn von Verciorova über Pitesti nach Bukarest, [* 9] von letzterer gehen bei Bukarest Linien nach Giurgewo (Rustschuk) und Kalarasch und von Chitila (Bukarest) nach Braila, bei Plojesti eine andre nach Kronstadt [* 10] ab. Die Walachei wird durch die Aluta in die Große (östliche) und Kleine Walachei geteilt und zerfällt in 17 Kreise: [* 11] Ardschisch, Braila, Buzau, Dimbowitza, Dolschi, Gorschi, Jalomitza, Mehedintzi, Mutschel, Ilfov, Olt, Prahowa, Romanatzi, Rimnik, Waltscha, Teleorman und Wlaska. Hauptstadt ist Bukarest. Weiteres s. Rumänien mit Karte.
[Geschichte.]
Die älteste Geschichte der Walachei als Teil Daciens, s. Rumänien. Nachdem die Rumänen der untern Donau den Strom der Völkerwanderung und den Einfall der Slawen, Mongolen, Ungarn [* 12] und Tataren ausgehalten, bildeten sie in dem Gebiet der Walachei im Anfang des 13. Jahrh. drei Fürstentümer: des Basarab westlich, des Seneslaus östlich vom Alutafluß, des Linoiu zwischen beiden im Hochthal des Lotru. Kaum wurden aber diese zerbröckelten Teile von Litean (1272) unter einem Zepter vereinigt, so griffen die nach der Oberherrschaft über das neubegründete Fürstentum lüsternen Ungarn dasselbe an. Der Kampf wurde siegreich geführt von Litean selbst und seinen Nachfolgern Tugomir Basarab (1290), Alexander Basarab (1320) und Ladislaus Basarab (1360), welche drei Könige der Ungarn (Ladislaus IV., Karl Robert, Ludwig) aufs Haupt schlugen und das Severiner Banat bleibend für die Walachei eroberten.
Europa. Fluß- und Gebi
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Europa.Diese Siege begründeten in der Walachei die Dynastie der Basarab, die mit kurzen Unterbrechungen bis zu ihrem Erlöschen (1658) währte. Die erste Berührung mit den gegen Europa [* 13] anstürmenden Türken hatte die Walachei schon 1367; die zweite (1385), als Dan und Mircea, Söhne des frommen Kirchenstifters Radu Negru (1372), nach dem Tod ihres Vaters miteinander um die Fürstenkrone rangen. Mircea behielt die Oberhand und regierte von 1386 bis 1418. Er ist der eigentliche Organisator des Fürstentums und gab der Walachei ihre größte Ausdehnung, [* 14] denn sie umfaßte, außer ihrem eignen Gebiet, in Siebenbürgen die Herzogtümer Amlasch und Fogarasch, südlich der Donau einen Teil von Bulgarien mit Silistria und der Dobrudscha, östlich die Donaumündungen mit Kilia bis zum Schwarzen Meer.
Nach der Schlacht bei Kossowo (1389) nahm Mircea dem siegreich vordringenden Sultan Murad die Gebiete jenseit der Donau ab, siegte 1394 bei Rovine im Alutathal über Bajesids Heer und erstürmte mit Siegmund von Ungarn 1395 die an der Donau gelegene Festung [* 15] Nikopolis. Als Siegmund, in dessen Heer Friedrich von Hohenzollern [* 16] sich befand, gegen Mirceas Rat bei Großnikopoli (1396) sich in eine Schlacht gegen die Übermacht Bajesids einließ und eine schwere Niederlage erlitt, grollte der König von Ungarn dem Fürsten.
Walachei (Geschichte)
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Seite 16.339.Dieser hatte sich jedoch gegen ihn schon 1390 durch den Allianzvertrag von Lublin mit Polen gesichert. Nun schloß er auch 1411 einen Vertrag mit den Türken ab, in welchem die Unabhängigkeit der Walachei unter einheimischen Fürsten gesichert, die Niederlassung von Türken in der Walachei verboten und den Türken für gewährte Ruhe und Sicherheit ein jährlicher Tribut entrichtet ward. Nach Mirceas Tode dauerte 40 Jahre die Fehde seiner Söhne und Enkel, welche oft Türkenhilfe gegeneinander anriefen. Unter Wlad Tzepesch (1455) und dessen Nachfolger Radu dem Schönen (1462) drangen die Türken wiederholt in die ein, um sich den Weg nach Ungarn und Westeuropa zu ebnen. Bedrängt durch Türken, ¶
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Ungarn und Moldauer, wurde Tzepesch gezwungen, ebenso wie früher die Gebiete der südlichen und der untern Donau von der Walachei aufgegeben worden waren, nun auch den Distrikt Putna am Milkow der Moldau abzutreten. Tzepesch erneuerte 1460 unter erschwerten Bedingungen den Vertrag von 1411 mit den Türken. Unter Radu Calugeru (1496) fällt der erste Versuch des Patriarchats zu Konstantinopel [* 18] (Patriarch Nifon), die Kirche der Walachei sich unterthänig zu machen. Diese Bemühungen wurden fortgesetzt unter dem frommen Neagoe (1512), der die schöne (vom König Karl 1886 restaurierte) Kirche von Curtea de Argesch erbaute. Nach dem Tod seines Nachfolgers Radu von Afumatzi, der während seiner kurzen Regierung (1521-29) in 20 großen und kleinen Schlachten [* 19] über Türken und Ungarn siegte, brach die Widerstandskraft der Walachei zusammen. In den folgenden 64 Jahren (1529-93) mischten sich die Türken zum erstenmal direkt in die innern Angelegenheiten der Walachei und setzten die Fürsten nach Gutdünken ab und ein.
Von 1593 bis 1714 sind fünf Fürsten: Michael der Tapfere (1593-1601), Matthias Basarab (1633 bis 1654), der letzte Basarab, Konstantin Scherban (1654-58), Scherban Kantakuzenos (1679-88) und Konstantin Brankowan (1688-1714) bemerkenswert. Michaels Anstrengungen, die Unabhängigkeit seines Vaterlandes nach allen Seiten zu wahren, machen ihn zum gefeiertsten Nationalhelden. Vom November 1594 bis Februar 1595 säuberte er die Walachei von Türken und Tataren, brachte 6. Sept. 1595 bei Calugareni dem weit überlegenen Heer Mohammeds III. eine schwere Niederlage bei und drang jenseit der Donau weit ins türkische Gebiet ein.
Hermann von Sachsenhei
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Hermannstadt.Siegmund und Andreas Báthori von Siebenbürgen, Jeremias Movila von der Moldau und der kaiserliche Feldherr Basta waren ihm, ob seiner Heldenthaten und der mit Kaiser Rudolf II. angeknüpften Beziehungen (Vertrag vom 9. Juni 1598; Besuch in Prag [* 20] vom 25. Dez. 1600), sehr feindlich gesinnt. Michael siegte 28. Okt. 1599 über Andreas Báthori auf dem Schellenberg bei Hermannstadt [* 21] und Anfang 1600 über Jeremias von der Moldau in drei Schlachten, ließ sich 1. Juli 1600 zu Karlsburg als Fürst der Walachei, der Moldau und Siebenbürgens ausrufen, verlor 16. Sept. d. J. gegen Basta die Schlacht bei Mirislau und errang mit Basta über Siegmund Báthori 3. Aug. 1601 den Sieg von Goroslau, ward aber 19. Aug. auf Bastas Befehl im Lager [* 22] von Thorda meuchlings ermordet.
Wien
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Wien.Der letzte bedeutende Fürst der Walachei war Matthias Basarab. Tapfer verteidigte er das Land gegen innere Prätendenten, gegen Basilius Lupu der Moldau und gegen Türken. Er besserte die Verwaltung, verfaßte ein bürgerliches und ein peinliches Gesetzbuch, gründete Schulen, Kirchen und Klöster, druckte rumänische Kirchenbücher, nahm den Athosklöstern viele den inländischen Klöstern entrissene Ländereien ab, unterhielt die Armee auf dem Kriegsfuß und schloß mit dem deutschen Kaiser, dem König von Polen und dem Fürsten von Siebenbürgen geheime Verabredungen zur Bekämpfung der Türken ab. Scherban Kantakuzenos war im Türkenlager bei der Belagerung von Wien [* 23] durch Kara Mustafa. Er ließ 1688 die von zwei Laien, den Brüdern Greceanu, ins Rumänische übersetzte Bibel [* 24] drucken. Konstantin Brankowan büßte samt seinen vier Söhnen und seinem treuen Ratgeber Vacarescu mit dem Leben seine Beziehungen zum Wiener Hof [* 25] und zum Zaren Peter d. Gr.
Mit seinem Nachfolger Stephan Kantakuzenos (1714-16) verlor die Walachei den letzten Schimmer der Unabhängigkeit, denn die Pforte ernannte von nun an zum Fürsten der Walachei den Meistbietenden aus den griechischen, nach dem »Fener"-Quartier zu Stambul benannten Fanariotenfamilien. Die Periode von 1716 bis 1856 war für die Walachei wie für das Schwesterfürstentum der Moldau eine verhängnisvolle Zeit. Die Herrschaft der Fanarioten zeichnete sich durch Ränke, Habsucht und Vaterlandslosigkeit aus und war von materiell und sittlich verheerender Einwirkung.
Grenzen der Hörbarkeit
![Bild 58.307: Grenzen der Hörbarkeit - Grenzfälschung [unkorrigiert] Bild 58.307: Grenzen der Hörbarkeit - Grenzfälschung [unkorrigiert]](http://peter-hug.ch/meyers/thumb/58/58_0307.jpeg)
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Grenzen.Sie merzte in 100 Jahren beinahe den ganzen inländischen Adel aus und ersetzte ihn durch bestechliche Emporkömmlinge aus Griechen, Armeniern und sonstigen Intriganten aus Stambul. In diese Zeit fallen 6 russisch-türkische Kriege und 6 russische Besitzergreifungen der Moldau und Walachei (1768-74 u. 1781-92 unter Katharina II.; 1805-12 unter Alexander I.; 1824-34, 1848-50, 1853-54 unter Nikolaus I.). Diese Besitzergreifungen sollten die russische Einverleibung der Fürstentümer vorbereiten. Im J. 1834 zweifelte der russische Gouverneur, General Kisselew, nicht, daß Rußlands Grenzen [* 26] in kürzester Zeit bis an die Donau reichen würden.
Der Fanarioten Ende bewirkten ihre Treulosigkeit gegen die Pforte und das Übermaß der Unterdrückung in den beiden Fürstentümern. Die griechische Hetärie von 1821 und der Aufstand des beherzten Tudor Vladimirescu gaben hierzu den Anlaß. Tudors Erhebung in der Kleinen Walachei galt Türken und Griechen und war von nationalen Motiven geleitet. Deswegen zog ihn auch Ypsilanti in seine Garne und ließ den mutigen, aber harmlosen Mann und seine Schar in Tergoviste 27. Mai 1821 meuchlings niedermetzeln.
Die Pforte beschloß nun, bloß Inländer mit der Hospodarenwürde zu beschenken. Der erste einheimische Fürst der Walachei war Gregor Ghika. Im J. 1822 von der Pforte ernannt, mußte er der russischen Invasion von 1828 weichen. Der Vertrag von Kainardschi (1774) hatte den Grund zum russischen Protektorat in den Donaufürstentümern gelegt. Jeder spätere russisch-türkische Vertrag (1779 zu Konstantinopel, 1792 zu Jassy, 1812 zu Bukarest, 1826 zu Akjerman, 1829 zu Adrianopel, 1834 zu Petersburg) [* 27] dehnte die Machtbefugnisse Rußlands immer mehr aus, während er die Rechte der Pforte einschränkte und diejenigen der Fürstentümer vernichtete. Im J. 1832 wurde das »Règlement Organique« als ein Verwaltungskodex durch den Machtspruch Rußlands oktroyiert, das nun auch die Hospodaren ernannte: Alexander Ghika (1834-1842) und Georg Bibesco (1842-48). Diese waren nichts andres als russische Statthalter, die selbst für innere Verwaltungsangelegenheiten ihre Befehle von St. Petersburg erhielten.
Gang (Geologie)
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Gang.Trotzdem entwickelte sich unter dem ruhigern Gang [* 28] der allgemeinen europäischen Verhältnisse der nationale Geist. Es entstand unter dem Einfluß der wiedererstandenen rumänischen Schulen eine litterarische und politische Bewegung, welche einerseits die Pflege der nationalen Sprache, [* 29] Geschichte und Litteratur zum Ziel hatte, anderseits einen glühenden Haß gegen die Fremdherrschaft entwickelte. Die jüngere, in Westeuropa erzogene, aus dem Volk emporgewachsene Generation trat immer schärfer gegen die gräzisierten und russifizierten Bojaren auf: die Russen ließen aber kurz vor dem Jahr 1848 die Nationalschulen zu Jassy und Bukarest schließen. Als die französische Februarrevolution des Jahrs 1848 ganz Europa in Gärung versetzte, ging auch den Rumänen am Dimbowitzastrand die Geduld aus. Am 23. Juni zeichnete Fürst Bibesco unter dem Druck einer mächtigen Volksbewegung die neue Verfassung, dankte aber am 25. ab und verließ Bukarest, wo eine provisorische Regierung eingesetzt ¶
Walachen - Walckenaer
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wurde. Diese publizierte die neue Verfassung, welche das Programm der neuen Ära enthielt: konstitutionelle Regierung, Ministerverantwortlichkeit, Preßfreiheit, Rechts- und Steuergleichheit, allgemeiner unentgeltlicher Schulunterricht, Aufhebung der Adelstitel, der Todes- und der Prügelstrafe, der Robotpflichtigkeit der Bauern und der Sklaverei der Zigeuner, Ankauf von Grund und Boden durch die Bauern. Politisch gipfelte die Bewegung in der Verbrennung des verhaßten »Reglement Organique« vor dem russischen Konsulatsgebäude zu Bukarest. Am 25. Sept. 1848 wurde durch Russen und Türken die alte Ordnung der Dinge hergestellt.
Der Vertrag von Balta Liman vom 1. Mai 1849 verschlimmerte die Lage der Fürsten der Moldau und Walachei, denn sie wurden darin als »hohe Beamte« betrachtet, welche unter der Aufsicht und dem Befehl eines russischen und eines türkischen Kommissars standen. Der unter diesem Regime ernannte Fürst der Walachei war Barbu Stirbey. Kaum waren Russen und Türken 1850 aus den Fürstentümern gezogen, als 1853 schon die Russen wieder einrückten, um dieselben als Faustpfand für in Konstantinopel verlangte Genugthuung zu besetzen. Da brach der Krimkrieg los, der zum Pariser Vertrag vom 30. März 1856 führte, dessen Folgen die gänzliche Aufhebung des russischen Protektorats (1856) und die Vereinigung der Fürstentümer Moldau und Walachei zum Staat Rumänien (1861) waren. Weiteres s. Rumänien (Geschichte).