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Wittenberg | eLexikon | Geographie - Deutschland - Provinz Sachsen

  • ️Peter Hug, Sollrütistr. 24, CH-3098 Schliern b. Köniz
  • ️Wed Oct 31 1517

Wittenberg,

[* 1] Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Merseburg, [* 3] an der Elbe, Knotenpunkt der Linien Halle-Berlin, Falkenberg-Roßlau und Wittenberg-Torgau der Preußischen Staatsbahn, 72 m ü. M., bis 1873 Festung, [* 4] hat 3 Vorstädte, 2 evang. Kirchen (die Stadtkirche mit dem berühmten Lukas Cranachschen Gemälde: Abendmahl, Taufe und Beichte, und die 1490-99 von Friedrich dem Weisen erbaute, jetzt renovierte Schloß- oder Universitätskirche, an welcher Luther 31. Okt. 1517 seine 95 Sätze anschlug, die seit 1858 auf Metallthüren in Bronze [* 5] eingegraben sind, mit zwei Bronzewerken Peter Vischers, den Grabstätten Luthers, Melanchthons, Friedrichs des Weisen und Johanns des Beständigen) und eine kath. Kirche.

Von andern Gebäuden sind bemerkenswert: das Rathaus mit Cranachs bildlicher Darstellung der Zehn Gebote und andern Merkwürdigkeiten;

Zelle (Tier- Und Pflan

Bild 16.856: Zelle (Tier- Und Pflanzenzelle)
* 6 Zelle.

das frühere Augustinerkloster mit der in ihrem alten Zustand erhaltenen Zelle [* 6] Luthers;

das sogen. Lutherhaus mit der 1883 eingeweihten Lutherhalle (mit einer Sammlung wertvoller Erinnerungszeichen an Luther und andre Reformatoren);

die durch Gedenktafeln bezeichneten frühern Wohnhäuser [* 7] Melanchthons und Lukas Cranachs, letzteres jetzt Apotheke.

Auf dem Markt vor dem Rathaus steht das bronzene Standbild Luthers (von Schadow, seit 1822) und ihm gegenüber das Melanchthons (von Drake, seit 1866). Die ehemaligen Festungswerke sind jetzt abgetragen und zu schönen Anlagen umgewandelt. Vor dem Elsterthor ist die Stelle, auf welcher Luther 10. Dez. 1520 die päpstliche Bulle verbrannte, durch eine umgitterte Eiche bezeichnet. Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1885) mit der Garnison (ein Infanterieregiment Nr. 20 und eine Abteilung Festungsartillerie Nr. 3) auf 13,865, meist Evangelische.

Die Industrie beschränkt sich auf Tuch-, Malz-, Sprit- und Steingutfabrikation, Ziegelbrennerei, Bierbrauerei, [* 8] Gemüsebau und Blumenzucht, besonders sehr bedeutende Anzucht von Maiblumenkeimen. Wittenberg hat einen Hafen; den Verkehr in der Stadt vermittelt eine Pferdebahn. Die Stadt ist Sitz eines Amtsgerichts und hat ein Predigerseminar, ein Gymnasium, eine Hebammenlehranstalt, ein Krankenhaus [* 9] etc. -

Wittenberg, zuerst 1180 erwähnt, wurde unter Albrecht I. Residenz der Herzöge von Sachsen [* 10] und blieb es für die Linie Sachsen-Wittenberg 1423 kam es mit Kursachsen an das Haus Wettin und erhielt 1441 eigne Gerichtsbarkeit. Die 1502 von Kaiser Maximilian I. errichtete Universität zählte bald gegen 600 Studierende und ward seit Luthers Auftreten für



Wittenberge - Wittich

Bild 16.703: Wittenberge - Wittich
* 12 Seite 16.703.

[* 1] ^[Abb.: Wappen [* 11] von Wittenberg.]

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lange Zeit der Hauptsitz der deutschen Aufklärung, nicht minder dann, als sich hier gegenüber dem orthodoxen Jena [* 13] unter Melanchthons Einfluß jene mildere Auffassung behauptete, welche in der Abendmahlslehre schon in der Wittenberger Konkordienformel vom Mai 1536 zu Tage getreten war. In der Wittenberger Kapitulation (18. Mai 1547) trat Kurfürst Johann Friedrich sein Land nebst der Kurwürde an Herzog Moritz ab; 22. Mai ergab sich auf des entthronten Fürsten Rat die Stadt dem Kaiser, welcher sie schonend behandelte. Im Siebenjährigen Krieg wurde Wittenberg von den Preußen [* 14] besetzt, vom 10.-14. Okt. 1760 aber durch die Österreicher und die Reichsarmee bombardiert, zum Teil eingeäschert und zur Kapitulation gezwungen. 1806 besetzten die Franzosen Wittenberg Napoleon I. ließ die noch vorhandenen Werke in Verteidigungszustand setzen und betraute 1813 den Marschall Victor mit dem Oberbefehl.

Torgel - Tornados

Bild 15.763: Torgel - Tornados
* 15 Torgau.

Nach der Schlacht bei Dennewitz wurde Wittenberg vom Bülowschen Korps eingeschlossen; die eigentliche Belagerung begann aber erst nach der Eroberung von Torgau [* 15] 28. Dez., worauf die Erstürmung 13. Jan. 1814 erfolgte. Der General Tauenzien, der diese Belagerung geleitet hatte, erhielt den Ehrennamen Tauenzien von Wittenberg. Die Universität wurde 12. April 1815 mit der zu Halle [* 16] vereinigt und dorthin verlegt. 1873 ist auch die Festung eingegangen.

Vgl.   Meyner, Geschichte der Stadt Wittenberg (Dess. 1845);

K. Schmidt, Wittenberg unter Kurfürst Friedrich dem Weisen (Erlang. 1877);

Schild, [* 17] Die Sehenswürdigkeiten Wittenbergs (Wittenb. 1883).