Die Musiktheorie Hermanns von Altshausen
- ️Benz Wolfram
Diese schematische Einteilung in Tetrachorde schwerte Hermann die weitere Interpretation in Richtung auf unsere heutige Auffassung von Konsonanzen und Tonarten. Seine großen Mitdenker in der Musiktheorie, Odo und Guido, hatten diese Tetrachordlehre aufgegeben und sich auf die Tonqualitäten und Konsonanzen innerhalb der Oktaven und darüberhinaus beschäftigt.
Bei seiner Notenschrift fällt auf, daß er bei den Intervallen nicht über die große Sext hinausgeht. Der Unterschied zwischen tiefstem und höchstem Ton einer Melodie (Ambitus) darf dazu die Oktave nur um einen Ton überschreiten.
Hermann bleibt auch in der Gewichtung des Grundtones bei der frühen mittelalterlichen Auffassung, die diesen ohne Bedeutung läßt. Er gebraucht den Begriff auch nicht. Immer stärker aber begann sich in der Praxis damals der Bezug zum Grundton durchzusetzen, die bei Guido auch Aufnahme in seine Theorie fand, bei Hermann aber unberücksichtigt blieb.
Bei der Bestimmung der Tonart brauchte er seinen Tetrachorden lediglich zu beiden Seiten einen Ganzton anzufügen, um das damals "moderne" Hexachord zu erhalten, eine Reihe von sechs Tonstufen, die in der Mitte der beiden Ganztonstufen den Halbton eingeschlossen haben. Wiederum ist ihm dabei Guido zeitlich voraus. Es ist anzunehmen, daß beide bei der Hexachordlehre aus derselben Quelle schöpften. Wie dieser hatten allerdings die Töne im Hexachord untereinander relativen Bezug unabhängig von der Höhe des Ausgangstones, was theoretisch schwer in seinem schematischen Tonsystem zu erklären ist. Schließlich folgte er in seiner Tonartenzuordnung den anderen mittelalterlichen Theoretikern. Die bekannten 8 Kirchentonarten sind hier aufgeführt mit den heute gebrauchten Bezeichnungen und Hermanns persönlicher Charakterisierung:
Die 8 Kirchentonarten