Die Synagoge in Freiburg im Breisgau (Baden-Württemberg)
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft
(Frühere und bestehende) Synagogen
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Baden-Württemberg
Freiburg im Breisgau
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge bis 1938/40
Übersicht:
Es bestehen weitere Seiten mit Texten zur jüdischen Geschichte in Freiburg aus jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts:
In Freiburg bestand eine jüdische Gemeinde zunächst im
Mittelalter. Erstmals werden 1281 (möglicherweise bereits 1230) Juden in der
Stadt genannt. Die Judenverfolgung in der Pestzeit am 1349 (Verbrennung
der Juden am 30. Januar 1349) vernichtete die Gemeinde. Einige Jahre später
zogen wieder einige Juden in der Stadt zu, bis sie zunächst 1401, dann wiederum
1424 ausgewiesen wurden.
Erst
Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde um
1925 mit 1.399 Personen erreicht.
In den wenigen Jahrzehnten ihres Bestehens
haben die Mitglieder der jüdischen Gemeinde Freiburgs zahlreiche, zum Teil
bedeutende wirtschaftliche Unternehmen gegründet. Dazu gehörten an
Produktionsbetrieben u.a. eine Nährmittelfabrik, eine Möbelfabrik, eine
Kartonagenfabrik, eine Zigarrenfabrik, eine Pharmazeutische Fabrik und mehrere
Brennereien. An Handelsbetrieben sind u.a. zu nennen Textilgeschäfte,
Eisenwarenhandlungen, Leder- und Lederwarenhandlungen, Schuhgeschäfte, Häute-,
Darm- und Metzgereibedarfsartikelhandlungen, Mehl-, Getreide- und
Futtermittelgeschäfte, Tabakwarengroßhandlungen, Möbelgeschäfte sowie
Maschinenhandlungen. Auch ein Bankhaus und ein großes Warenhaus gehörten jüdischen
Familien. Vor 1933 praktizierte etwa ein Dutzend jüdischer Ärzte in der Stadt,
gleichfalls Zahnärzte und Rechtsanwälte. An der Universität lehrten 1933
sechs ordentliche und sieben außerordentliche Professoren sowie acht
Privatdozenten, die der jüdischen Gemeinde angehörten.
Auf Grund der Judenverfolgungen und -ermordungen in der
NS-Zeit kamen von den 1933 in Freiburg wohnhaften 1.138 jüdischen Personen
mindestens 314 ums Leben.
Zu den bekannten jüdischen Persönlichkeiten der Stadt gehörten:
der Mediziner Ernst Bloch (1847-1920, Prof. der Ohrenheilkunde), der
Kunsthistoriker Walter Friedländer (1873-1966, 1914-33 an der Universität),
der Chemiker und Nobelpreisträger Georg von Hevesy (1885-1966, 1926-1934 an der
Universität), der Philosoph Edmund Husserl (1859-1938), der Jurist Hermann
Kantorowicz (1877-1940), der Mediziner Max Landau (1886-1915), der
Rechtshistoriker Otto Lenel (1849-1935), der Rechtshistoriker Fritz Pringsheim
(1882-1967), der Staatsrechtler Heinrich Rosin (1855-1927), der Althistoriker
Bernhard von Simson (1840-1915, 1874-1905 an der Universität). Der
erste Präsident des Staates Israel, Dr. Chaim Weizmann (1874-1952) hatte 1899
an der Universität Freiburg promoviert.
Zur Seite über die Gemeinde nach 1945 (interner
Link)
Seit etwa 1360 lebten wieder Juden in der Stadt, teilweise
in den alten Häusern in der Wasserstraße. 1385 wird eine Synagoge an der südwestlichen
Ecke Weberstraße/Raustraße genannt; damals wurden 60 jüdische Einwohner in
Freiburg gezählt, unter ihnen ein Judenschulmeister. Es ist unklar, in welchem
Verhältnis zur mittelalterlichen Ansiedlung die noch zu Beginn des 18.
Jahrhundert (1708) sogenannte "Judengasse" (für den zwischen Bertholdstraße
und Franziskanerplatz liegenden Teil der heutigen Universitätsstraße) steht.
Standorte der mittelalterlichen Synagogen: 1281 bis 1349 Synagoge in der
Wasserstraße 4; 1360 bis 1424 Synagoge in der
Weberstraße/Raustraße
19./20. Jahrhundert.
Der Betsaal / die Synagoge der Hauptgemeinde
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
Zur Geschichte der Synagogen
Mittelalter Vermutlich hatte die
mittelalterliche jüdische Gemeinde bereits um 1300 eine Synagoge, wofür jedoch
keine Beweise vorliegen. Erst im Jahr der Judenverfolgung während der Pestzeit
1349 wird eine Synagoge genannt, die ihren Platz in der Wasserstraße hatte.
Auch die Mitglieder der Gemeinde wohnten bis dahin zum Teil in dieser Straße
oder in der benachbarten Weberstraße. Insgesamt lassen sich in diesem Bereich
zehn jüdische Wohnhäuser nachweisen. Die Ermordung fast aller Juden am 30.
Januar 1349 vernichtete die Gemeinde.
Gleichzeitig mit der Einrichtung eines Betsaales wurde eine Synagogenbaukasse eingerichtet, in der Gemeindeeinnahmen und freiwillige Spenden für den Bau einer künftigen Synagoge gesammelt wurden. Hierfür hatte man wenige Jahre später ein Grundstück am Werthmannplatz (Werderstraße, heute Europaplatz) gefunden. Im Blick auf den Geländekauf und die Baubedingungen gab es noch einige Schwierigkeiten. Das Bürgermeisteramt wollte im Zusammenhang mit der geplanten neuen Straßenanlage des Werderrings und der damit notwendig gewordenen Abtragung des Remparts die israelitische Gemeinde verpflichten, alle dann notwendig werden Veränderungen bei der Anlage von Böschungen, Treppen usw. alleine zu tragen und das durch die Neuanlage der Straßen gegebenenfalls frei werdende Gelände zu einem vom Gemeinderat zu bestimmenden Preis zu übernehmen. Auf die zweite Bedingung konnte die Gemeinde auf Grund ihrer damals sehr schwierigen Finanzlage nicht eingehen und bat die Stadt darum, gegebenenfalls frei werdendes Gelände unentgeltlich zu erhalten.
Mit finanzieller Unterstützung der israelitischen Gemeinde Mannheim wurde auf 25.000 Gulden veranschlagte Synagoge von Juli 1869 an gebaut. Für den Entwurf und die Ausführung war Gewerbeschulhauptlehrer Prof. Georg Jakob Schneider verantwortlich, der 1859-61 auch das "Colombischlösschen" in Freiburg erbaut hatte.
Baubeginn und Dank an die jüdische Gemeinde Mannheim (1869)
"Die festliche Weihe des neuen israelitischen Gotteshauses
auf dem Rempart wurde gestern abend programmmäßig begangen. Der schöne Bau,
gleich der kleinen Gemeinde kühn aufstrebend in maurisch-byzantinischem Stil,
ist ein lebendiges Beispiel, wie Gott mächtig ist im Kleinen. Durch die Ungunst
der Zeit mannigfach verzögert, hat der Tempel dadurch nichts verloren:
Baumeister (Herr Prof. Schneider) und Maler (Herr Fritz) haben für eine
erkenntliche Gegenwart und eine dankbare Nachwelt gearbeitet. Die Farbenpracht
von Wand und Decke ist gemildert durch die Reflexe dunkelgemalter Fenster; beide
zusammen geben ein schönes Ensemble und wirken sehr wohlgefällig auf Augen und
Sinne. Die Festpredigt von Herrn Rabbiner Reiß war würdig gehalten und der schöne
sonore Brusttenor des Vorsängers Herrn Sommer füllte die sehr akustischen Räume
des kleinen Gotteshauses entsprechend aus. Die von der Concordia brav
executierten beiden Choräle fanden großen Beifall. Das aus den Mitgliedern
der Gemeinde und einer Anzahl Ehrengäste, darunter die Vorstände der Behörden
von Staat und Gemeinde, der protestantischen Geistlichkeit usw., bestehende
Auditorium folgte dem erhebenden Gottesdienste mit hingebender Andacht. Des
Vorstandes der Gemeinde, welcher dem Bau des Gotteshauses eine emsige Tätigkeit
in schwierigen Verhältnissen gewidmet, ist schließlich noch ehrende Erwähnung
getan; sein Werk ist der beste Preis einer unablässigen Arbeit!" Die städtische
Beurbarungskommission hatte der jüdischen Gemeinde ein Darlehen von 20.000
Gulden bewilligt, das nach einem Tilgungsplan binnen 20 Jahren abgezahlt sein
musste. Auch über Freiburg hinaus gab es am Bau der Freiburger Synagoge reges
Interesse. So wurde über die Einweihung auch in Zeitungen außerhalb der
Freiburger Region wie auch in der überregionalen jüdischen Presse (u.a. in der Zeitschrift "Der Israelit") berichtet:
Einweihung der Synagoge
(1870)
Am 23. September 1870 fand die feierliche
Einweihung durch den Breisacher Rabbiner Reiß statt, zu der die israelitische Gemeinde auch den Gemeinderat
eingeladen hatte. Die Freiburger Zeitung berichtete zwei Tage später über die
Einweihung:
Über die neue Freiburger
Synagogenordnung (1894)
Anmerkung: die Artikel ist sehr kritisch geschrieben und in der
konservativ-orthododen Zeitschrift "Der Inraelit"
erschienen.
Besuch des badischen Großherzogpaares in der Synagoge
(1909)
In den folgenden Jahrzehnten wurde an
besonderen Ereignisse u.a. 1909 vom Besuch des badischen Großherzogpaares in
der Synagoge berichtet.
Beim
Auf Grund der steigenden Zahl jüdischer Einwohner war die
Synagoge bereits um die Jahrhundertwende zu klein geworden. Der Ausbruch des
Ersten Weltkrieges verhinderte eine schon 1912 geplante Vergrößerung. Erst 1925/26
konnte das Gebäude umgebaut und vergrößert werden. Durch eine großzügige
Finanzierungshilfe der städtischen Sparkasse gefördert, wurde das neben dem
neuen Stadttheater und dem Kollegiengebäude liegende Synagogengebäude auch äußerlich
aufgewertet.
Wie in vielen anderen größeren Städten gab es auch in Freiburg neben der
liberal geprägten jüdischen Gemeinde eine orthodox-jüdische Gemeinschaft. In
Freiburg kam es nicht zu einer Trennung der Gemeinde; die Orthodoxen waren nach
wie vor Mitglieder der Gesamtgemeinde. Sie hatten jedoch einen eigenen Betsaal,
der sich im Gemeindehaus neben der Synagoge
befand. Ein orthodoxes
Minjan wurde gegründet (1925)

Der Betraum der orthodoxen Gruppe wurde beim Novemberpogrom
1938 nicht zerstört, sodass in ihm noch bis zur Deportation der badischen Juden im
Oktober 1940 Gottesdienste
abgehalten werden konnten.
Standorte der Synagoge des 19./20. Jahrhunderts: 1864 bis 1867
Betsaal im Hinterhaus Schusterstraße 27; 1870 bis 1938 Synagoge in der
Werderstraße 4; 1925 bis 1940 Orthodoxer Betsaal in einem Anbau an die Synagoge
Werderstraße 4.
Historische Fotos:
Ansichten der Alten Synagoge 1870-1938 | ||
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Ansichtskarten mit der Freiburger Synagoge | ||
Die Zerstörung der Synagoge in der Pogromnacht 1938 |
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Die zerstörte Synagoge; am
10. November 1938 vom Kollegiengebäude der Universität
aufgenommen. Zur Entstehungsgeschichte und zum Fotografen Wolf Middendorff siehe den Beitrag von Markus Wolter in der "Badischen Zeitung" vom 24. Februar 2018: "Am Synagogenstein. Ein Foto, ein Jurastudent und die Pogromnacht gegen die Juden" (Artikel auch als pdf-Datei eingestellt) |
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Weiteres Foto der
zerstörten Synagoge. Dazu Artikel von Markus Wolter in der "Badischen
Zeitung" vom 9. November 2018: "Ein
wertvoller historischer Fund. Pogromnacht: Vor kurzem tauchte in einem
Nachlass ein bislang unbekanntes Bild der zerstörten Synagoge vom 10.
November 1938 auf..." (Artikel auch als pdf-Datei eingestellt) |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Fotos um 1985: (Fotos: Hahn) |
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Blick auf den Standort der
ehemaligen Synagoge mit der Gedenktafel |
Die Gedenktafel von 1962 am Kollegiengebäude II der Universität |
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Fotos 2004: (Fotos: Hahn) |
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Der "Platz der Alten
Synagoge"; links das Wegzeichen "1027 nach Gurs" (Deportationsziel 1940) |
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Gedenktafeln am Platz der Alten Synagoge | ||
Dezember 2020 -
Modell der Synagoge beim Synagogenbrunnen (siehe Presseinfo der Stadt Freiburg unten) (Fotos: Ruben Frankenstein) |
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Die aus Bronze von dem Künstler und Steinmetz Tobias Eder gefertigte Skulptur der Synagoge, wie sie vor der Zerstörung im November 1938 ausgesehen hat. | ||
Mai
2008:
Zur Neugestaltung des Synagogenplatzes in Freiburg |
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Artikel
in der "Badischen Zeitung" vom 24. April 2008 (Link
zum Artikel): |
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Juni/Oktober 2010: Die Pläne für den Umbau des Rotteckrings werden konkret | ||
Artikel von Uwe Mauch in der "Badischen Zeitung" vom 16. Juni
2010 (Artikel):
"Ein Blick in die Zukunft Die Stadtverwaltung hat die Pläne für den Umbau des Rotteckrings konkretisiert Es geht um nichts weniger als um ein Jahrhundertprojekt. Die Rathausspitze sieht in der Umgestaltung des Rotteck rings den wichtigsten Impulsgeber für die Innenstadt seit Einführung der Fußgängerzone vor rund 40 Jahren. Nach jahrelangem Ringen am Ring legt das federführende Garten- und Tiefbauamt nun konkrete Pläne vor, um ins Bebauungsplanverfahren einzusteigen und die Bürger zu befragen. Am 6. Juli soll der Gemeinderat das Konzept beschließen...." " |
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Weiterer Artikel von Uwe Mauch in der "Badischen Zeitung" vom
16. Juni 2010 (Artikel):
"Klimatisch im grünen Bereich Gutachten: Neuer Rotteckring heizt Freiburg nicht auf Die geplante Umgestaltung des Platzes der Alten Synagoge wird die Stadt nicht aufheizen. Ein Gutachten im Auftrag der Stadtverwaltung kommt zu dem Schluss, dass es keine klimatische Verschlechterung im Vergleich zur derzeitigen Situation geben werde. Mit ein Grund dafür ist, dass mehr Bäume als heute für Schatten sorgen sollen...." |
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Weiterer Artikel von Uwe Mauch in der "Badischen Zeitung" vom 25. Juni 2010 (Artikel): "Unvollständiges Gutachten - Doch Klimawandel durch neuen Platz der Alten Synagoge" (eingestellt als pdf-Datei). | ||
Weiterer Artikel von Uwe Mauch in der "Badischen Zeitung" vom 28. Juli 2010 (Artikel): "Entscheidung im Gemeinderat. Der Platz der Alten Synagoge wird grüner als geplant. Mit großer Mehrheit und kleineren Korrekturen hat der Freiburger Gemeinderat die Planung für den Umbau des Platzes der Alten Synagoge am Rotteckring beschlossen. Er soll grüner ausfallen als ursprünglich geplant" (Artikel eingestellt als pdf-Datei) | ||
Weiterer Artikel von Uwe Mauch in der "Badischen Zeitung" vom 7. Oktober 2010 (Artikel): "Mehr Bäume und Sitze. Die Stadtverwaltung stellt heute Abend die geänderten Pläne für den Rotteckring vor." (Artikel eingestellt als pdf-Datei) | ||
Dezember 2011: Das meteorologische Gutachten liegt vor | ||
Artikel von Jelka Louisa Beule in der "Badischen Zeitung" vom 13. Dezember 2011: "Ein ziemlich heißes Pflaster - Das Meteorologische Institut der Universität erstellt ein Klimagutachten für den neuen Platz der alten Synagoge". Link zu diesem Artikel. | ||
Zu weiteren Berichten, die seit Ende 2011 zahlreich erschienen sind, bitte über Suchmaschinen recherchieren beziehung über die "Badische Zeitung" www.badische-zeitung.de Suchbegriffe "Platz der Alten Synagoge" eingeben. |
Zur Gestaltung des Platzes der Alten Synagoge in 2016/17
- Links zu einigen Berichten und Beiträgen. Vgl. die Dokumentation im Wikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Alte_Synagoge_(Freiburg_im_Breisgau) |
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Im November 2017 eingestellt: Brief von Beate Klarsfeld und Serge Klarsfeld an den Oberbürgermeister der Stadt Freiburg, Herrn Dr. Dieter Salomon und an die Damen und Herren Gemeinderäte der Stadt Freiburg: Link zum Brief | |
Dazu Presse-Mitteilung vom 8. November 2017: Stellungnahme der Nachkommen der Mitglieder der damaligen verschwundenen israelitischen Gemeinde Freiburg nach der Einstellung von zwei Hinweistafeln am Ort der Alten zerstörten Synagoge in Freiburg (erstellt von François Blum, Sprecher der Nachkommen der Mitglieder der damaligen Israelitischen Gemeinde Freiburg Lyon-France): Link zur Pressemitteilung | |
Dazu Antwort von Oberbürgermeister Dr. Dieter Salomon auf den Brief von Beate Klarsfeld und Serge Klarsfeld vom 24. November 2017: Link zum Brief | |
Dazu eingestellt: Offenes Schreiben der Mitglieder der damaligen israelitischen Gemeinde Freiburg i.B. vom 16. Dezember 2017 (Sprecher: François Blum) an die Bürger und Stadträte der Stadt Freiburg: Link zum Schreiben | |
Oktober/November 2016: Einzelne Berichte / Artikel zur Diskussion um den Fund der Mauerreste der alten Synagoge | |
In Freiburg wurden beim Umbau des Platzes
der alten Synagoge Grundmauern der alten Synagoge gefunden. Nach den
Plänen der Stadt soll am Synagogenstandort ein Wasserbecken in den Umrissen der alten Synagoge
errichtet werden.
Trotz der Funde hielt die Stadt an diesen Plänen fest. Die jüdischen
Gemeinden Freiburgs sprachen sich einstimmig gegen die Pläne der Stadt
aus und für den Erhalt der Mauern. Aus der ganzen Welt kamen Botschaften,
auch von Holocaustüberlebenden und deren Nachkommen, die die Bedeutung
der Funde für sie hervorgehoben haben. Oberbürgermeister Dr. Salomon und
die Mehrheit des Gemeinderates der Stadt ignorierten die Gegenstimmen und
Einwände. Der Gemeinderat entschied am 15. November 2016, dass der
Synagogenbrunnen wie ursprünglich konzipiert gebaut wird und die
Bauarbeiten fortgeführt werden. Die Fundamentsteine sollen zum Schutz des
Denkmals zum größten Teil im Boden erhalten bleiben. Mit den
Fundamentsteinen, die für den Bau des Synagogenbrunnens entnommen wurden,
wird in enger Abstimmung mit den jüdischen Gemeinden in Freiburg
möglicherweise ein ergänzendes Mahnmal/Kunstwerk erstellt. Informationen auf der städtischen Projektwebsite: www.freiburg.de/rotteckring; auf der Unterseite "Erinnerung und Gedenken an den Vernichtungswahn" findet sich ein Teil der Dokumentation der Funde sowie ein Chronologie der Entscheidungsfindung für den Synagogenbrunnen. |
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Sendung im Radio Dreyeckland vom 28. Oktober 2016: "JPG zum Konflikt um Funde am Platz der alten Synagoge. Brunnen als Mahnmal um zu vergessen oder doch lieber Störendes erhalten um zu erinnern?..." | |
Sendung im Radio Dreyeckland vom 28. Oktober 2016: "Stimmen der Kundgebung zum Erhalt der Synagogenmauern. Sichtbarer Erhalt, Synagogenneubau - oder weiter als wäre nichts gewesen..." | |
Sendung im Radio Dreyeckland vom 28. Oktober 2016: "Argumente der Stadt auf dem Prüfstand. Schon die Voruntersuchungen am Platz der Alten Synagoge waren ungenügend..." | |
Sendung im Radio Dreyeckland vom 2. November 2016: "Gegen den Willen der israelitischen Gemeinde und ohne auf die Anhörung im Gemeinderat zu warten. Stadt Freiburg hat begonnen, Reste der Alten Synagoge abzureißen..." | |
Sendung im Radio Dreyeckland vom 2. November 2016: "Unabhängige Listen und Jusos fordern Baustopp am Platz der Alten Synagoge..." | |
Sendung im Radio Dreyeckland vom 8. November 2016: "Hauptausschuss des Gemeinderats zum Platz der Alten Synagoge 'Angenehmes Erinnern' an Reichspogromnacht und Shoa?..." | |
Sendung im Radio Dreyeckland vom 11. November 2016: "Protest gegen Vorgehen der Stadt am Platz der Synagoge. 'Es liegt eine Schande auf dem Gemeinderat' - Alle Zeichen der Synagoge wiederaufbauen und sichtbar machen..." | |
Sendung im Radio Dreyeckland vom 11. November 2016: "Und es geht doch: Beispiel Synagoge Darmstadt..." | |
Artikel in der "Badischen
Zeitung" vom 14. Oktober 2016: Was wird aus den Mauerresten am Platz der Alten Synagoge? (veröffentlicht am Fr, 14. Oktober 2016 09:22 Uhr auf badische-zeitung.de) |
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Artikel in RegioTrends vom 8. Oktober 2016 mit einer Presseinfo: Freiburg Lebenswert e.V. vom 7. Oktober 2016. | |
Beitrag im "Deutschlandfunk" vom
28. Dezember 2016: "Freiburger Synagogen-Streit. Neuer Zoff um alten
Mauerrreste..." Link zum Artikel |
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Videos von freiburg.tv - eingestellt bei YouTube | |
November 2017: Neue Erläuterungstafeln werden angebracht |
Artikel in "baden.fm" vom 6. November 2017:
"Neue Erläuterungstafeln für den Platz der Alten Synagoge in Freiburg.
Viele Besucher hatten den eigentliche Erklärtext innerhalb der neuen Wasserfläche leicht übersehen. Der im Sommer frisch fertiggestellte Platz der Alten Synagoge in Freiburg erhält jetzt zwei zusätzliche Erklärungstafeln. Mit diesem provisorischen Schritt möchte die Stadtverwaltung Touristen und Einheimischen die historische Bedeutung des Platzes verdeutlichen. Tafeln rufen auch zu respektvollem Umgang auf. Zwei Stelen neben dem Brunnen weisen ab sofort auf die Geschichte der zerstörten Synagoge hin. Deren Grundriss soll auch der heutige Brunnen wiederspiegeln. Im Wasser ist dort bereits eine historische Gedenkplatte eingelassen, vielen war diese aber zu unscheinbar. Auf den neuen Tafeln ist nun folgender Text zu lesen: Alte Synagoge. Hier stand die 1869/70 erbaute Synagoge der israelitischen Gemeinde Freiburg. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die Synagoge von der Freiburger SS in Brand gesetzt. Die SA riegelte die Brandstelle ab. Die herbeigeholte Feuerwehr verhinderte ein Übergreifen des Feuers auf die Umgebung, durfte die brennende Synagoge selbst aber nicht löschen. Die Zerstörung der Synagoge markiert den Übergang von der Entrechtung und Diskriminierung der jüdischen Mitmenschen zur Verfolgung und zum Holocaust. Mit der Nachbildung des Grundrisses der Alten Synagoge in Form eines Wasserspiegels wird an ihrem Standort an die in der Zeit des Nationalsozialismus (1933-1945) verfolgten, deportierten und ermordeten Mitbürgerinnen und Mitbürger erinnert, die dem NS-Regime von Terror und Gewalt zum Opfer fielen. Ihr Schicksal verpflichtet uns, gegen Antisemitismus und Rassismus sowie für Frieden und Freiheit einzustehen und diese Werte entschlossen zu verteidigen. Der Wasserspiegel ist ein Ort des Erinnerns. Wir bitten um ein respektvolles und der Würde des Ortes angemessenes Verhalten. Für weitere Informationen verweist die Stadt Freiburg auf eine neue Internetseite zum Platz der Alten Synagoge. Gleichzeitig läuft noch ein Dialogverfahren mit der jüdischen Gemeinde über die entdeckten Fundamentreste der eigentlichen Synagoge. Zukunft der Synagogen-Mauerreste noch ungewiss. Bei den Baggerarbeiten waren Arbeiter letztes Jahr auf die Steine gestoßen und hatten sie im Auftrag der Stadt entfernt. Was nun mit ihnen passieren soll, darüber sind sich beide Seiten bisher noch nicht einig." Link zum Artikel |
August 2019: Neue Hinweistafeln am Synagogenstandort |
Artikel in "baden.fm" vom 5. August 2019:
"Neue Tafeln sollen Freiburg-Besucher vom Baden im Synagogenbrunnen
abhalten. Vor allem auf das Baden und Planschen sollten Besucher unbedingt
verzichten Mit neuen Hinweisschildern möchte die Stadt Freiburg ab sofort noch deutlicher auf die Geschichte des Gedenkbrunnens am Platz der Alten Synagoge aufmerksam machen. Mitarbeiter des Garten- und Tiefbauamtes haben dafür am Montag (05.08.2019) acht zusätzliche Tafeln mit kleinen Piktogrammen rund um den Brunnen angebracht. Die Symbole dort sollen Besuchern noch einmal verdeutlichen, dass es sich um kein Planschbecken zum Baden handelt und auch Hunde im Wasser unerwünscht sind. Nach eigener Aussage möchte die Stadtverwaltung mit den Verhaltenshinweisen für ein respekt- und würdevolles Verhalten an dem Ort sorgen. Erste Maßnahme, weitere sind bereits beschlossen. Zum Hintergrund: Im Jahr 1948 hatten sich die Stadtverwaltung und die Jüdische Gemeinde darauf geeinigt, dass die Stadt das Grundstück der zerstörten Synagoge behalten darf, solange dort keine Entweihung oder Entwürdigung des geweihten Ortes stattfinden würde. Zuvor hatte das Naziregime der Jüdischen Gemeinde das Areal im Jahr 1939 unrechtmäßig entzogen und auch die damalige Synagoge samt Gemeindehaus niedergebrannt. Um den neuen Brunnen war schon kurz nach seiner Fertigstellung im Rahmen der Rotteckring-Umgestaltung ein Streit ausgebrochen. Vorgesehen war die Wasserfläche in Grundrissform der zerstörten Synagoge als Ort der Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus. Gerade an heißen Tagen nutzen ihn aber immer wieder Menschen in Freiburg zur Abkühlung - trotz aufgestellter Infotafeln und baulicher Umgestaltung. Anfang Mai 2019 hat der Freiburger Gemeinderat deshalb eine Reihe weiterer Maßnahmen beschlossen, mit denen die Geschichte des Ortes noch klarer werden soll. Die neuen Piktrogrammtafeln waren dabei der erste Schritt." Link zum Artikel |
Bis 2. Juli 2016: Ausstellung zur jüdischen Warenhauskette Knopf im Sparkassen-Finanzzentrum in Freiburg |
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Die Ausstellung ist bis 2. Juli im Sparkassen-Finanzzentrum in Freiburg, Kaiser-Joseph-Straße 190, zu sehen: Montag und Donnerstag von 9 bis 18 Uhr, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 9 bis 16 Uhr. |
Oktober 2019:
Weitere Verlegung von
"Stolpersteinen" in Freiburg Anmerkung: nach dieser Verlegung gibt es in Freiburg 443 "Stolpersteine". Weitere Informationen siehe https://stolpersteine-in-freiburg.de/ |
Artikel von Andreas Meckel in der "Badischen
Zeitung" vom 29. Oktober 2019: "Gedenken. Damit das Unrecht sichtbar
bleibt: In Freiburg werden 23 neue Stolpersteine verlegt 2002 kam das Stolpersteinprojekt nach Freiburg. Seither wurden 420 Gedenksteine verlegt jetzt kommen 23 weitere hinzu. Aus Australien, England und den USA reisen Nachkommen der Opfer an. Nein, sein Vater habe geschwiegen und ihm nicht gesagt, was mit ihnen passiert sei, den Großeltern und Urgroßeltern und der ganzen weitverzweigten Familie Veit einst fest verwurzelt und hochangesehen in Freiburg, bevor sie in den Strudel des nationalsozialistischen Terrors gerissen wurden. Der dies erzählt, ist der heute 47-jährige Martin Gregory, der in England lebt und dort für ein deutsches Unternehmen arbeitet.... Von Baden aus in das französische KZ in Gurs. Sein Urgroßvater Julius Veit hatte sich trotz seines fortgeschrittenen Alters 1914 als Kriegsfreiwilliger gemeldet und wurde als Sanitätsfeldwebel hoch dekoriert. Im bürgerlichen Beruf zunächst Branntweinfabrikant schwenkte er nach dem Krieg um und wurde Immobilienmakler. Seine Firma gehörte bis 1933 zu den renommiertesten in Süddeutschland. Am 22. Oktober 1940 wurde er zusammen mit seiner Frau Katharina und der Tochter Antonie verhaftet und mit weiteren 6 500 Menschen jüdischer Religion aus Baden und der Pfalz nach Frankreich in das KZ Gurs deportiert... " Zum Lesen des Artikel über Link: Damit das Unrecht sichtbar bleibt: In Freiburg werden 23 neue Stolpersteine verlegt (veröffentlicht am Di, 29. Oktober 2019 um 13:31 Uhr auf badische-zeitung.de) |
November 2019: Gedenkveranstaltungen zur Erinnerung an den Novemberpogrom 1938 |
Artikel in der "Badischen Zeitung" vom 6.
November 2019: "Gedenkfeier. Am Samstag jährt sich die Reichspogromnacht Freiburg. Vor 81 Jahren zerstörten die Nationalsozialisten auch in Freiburg die Synagoge. Aus diesem Anlass laden die Stadt und viele Organisationen zur Gedenkfeier auf den Platz der Alten Synagoge. Am kommenden Samstag, 9. November 2019, jährt sich die Zerstörung der Freiburger Synagoge in der Reichspogromnacht. Mit den staatlich befohlenen Brandstiftungen in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, bei denen auch die Freiburger Synagoge in Flammen aufging, erreichte die systematische Verfolgung der jüdischen Bevölkerung durch die NS-Diktatur einen ersten Höhepunkt. Die Stadt Freiburg und die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) erinnern an diesem Samstag, 9. November, um 18.30 Uhr zusammen mit weiteren Organisationen bei einer Gedenkfeier an die Zerstörung. Aufgrund des Sabbats findet die Veranstaltung auf dem Platz der Alten Synagoge eine Stunde später statt als in den vergangenen Jahren. Pfarrer Michael Philippi von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen moderiert das Programm. Am Abend des 9. November, ab 20.15 Uhr, lädt die Israelitische Gemeinde Freiburger Bürgerinnen und Bürger in die Neue Synagoge, Engelstraße 1, zum Gedenkkonzert mit dem Komponisten und Pianisten Itay Dyori ein. Er spielt ein Sonderprogramm zum Jahrestag der Reichspogromnacht mit klassischen Werken, eigenen Kompositionen sowie Vertonungen von Graphic Novels. Der Eintritt ist frei. Das vollständige Programm zur Gedenkfeier und weiterführende Veranstaltungen finden sich auf einer eingestellten pdf-Datei (von der GCJZ-Website)." Link zum Artikel |
Januar 2020: Freiburg (Baden) benennt Straße nach jüdischem Widerstandskämpfer, der Innsbruck vor der Zerstörung rettete |
Artikel von Joachim Röderer in der
"Badischen Zeitung" vom 27. Januar 2020: "Ehrung. Freiburg benennt Straße
nach dem jüdischem Widerstandskämpfer Fred Mayer Freiburg. Er war der Mann, der Innsbruck 1945 vor der Zerstörung rettete: Nach dem jüdischen Widerstandskämpfer Fred Mayer soll jetzt eine Straße in seiner Geburtsstadt Freiburg benannt werden. Überfällige Ehrung: Oberbürgermeister Martin Horn hat am Sonntag beim grünen Neujahrsempfang angekündigt, dass nach dem jüdischen Widerstandskämpfer Fred Mayer in Freiburg eine Straße oder ein Platz benannt werden soll. Horn machte seine Ankündigung in Gegenwart von Georg Willi, dem Bürgermeister der Partnerstadt Innsbruck. Aus gutem Grund: Der gebürtige Freiburger Fred Mayer gilt als der Retter von Innsbruck, weil er Anfang Mai 1945 als Kriegsgefangener die Zerstörung der Stadt verhinderte. Mayer hatte den Tiroler Gauleiter Hofer zur Kapitulation überreden können, indem dieser Innsbruck zur offenen und unverteidigten Stadt erklärte. Während des Krieges stand Mayer in Diensten des US-amerikanischen Geheimdienstes OSS und wurde bei der Operation Greenup eingesetzt. Er war knapp zwei Wochen vor seiner Heldentat aufgeflogen, wurde verhaftet und von der Gestapo gefoltert. Die Operation Greenup war Vorlage für den 2012 entstandenen Hollywoodfilm 'Inglorious Basterds'. Mehr Infos: Im Dokumentarfilm 'Inglorious Basterds die wahre Geschichte' von ZDF-History, der im Internet verfügbar ist, berichten Fred Mayer und seine damaligen Mitstreiter über den lebensgefährlichen Spionageeinsatz kurz vor Kriegsende in Tirol. Fred Mayer kam 1921 in Freiburg zur Welt und ist in einer jüdischen Familie aufgewachsen. Die Eltern betrieben eine Eisenwarenhandlung in der Herrenstraße, der Sohn war Schüler des Rotteck-Gymnasiums. Die Familie flüchtete 1938 vor den Nazis in die Vereinigten Staaten sozusagen in letzter Minute. Mayer blieb auch nach dem Weltkrieg in den USA, arbeitete für den US-Auslandssender 'Voice of America'. Im April 2016 starb er im Alter von 94 Jahren in Charleston, West-Virginia. Welche Straße oder welcher Platz für Fred Mayer ausgewählt wird, ist noch nicht entschieden. Ein konkreter Suchlauf laufe aber bereits, sagte OB-Sprecherin Petra Zinthäfner am Montag auf Nachfrage. Das gilt auch für die Straße, die nach der israelischen Partnerstadt Tel Aviv benannt werden soll." Link zum Artikel |
Oktober 2020: Erinnerungen an die jüdische Familie Rosenberger, insbesondere Nathan Rosenberger in Freiburg |
Artikel von Norbert Klein in der "Lahrer
Zeitung" vom 29. Oktober 2020: "Nathan Rosenberger, seine Frau und
Tochter überlebten das KZ Lahr/Nonnenweier - Die Verschleppung aller badischer Juden jährte sich am 22. Oktober zum 80. Mal. Aus dem Amtsbezirk Lahr wurden damals 134 jüdische Einwohner ins südfranzösische Internierungslager Gurs deportiert. In dieser Serie werden NS-Opfer vorgestellt, die aus verschiedenen Gründen nicht nach Gurs kamen. Sie war ein Opfer der katastrophalen Lagerbedingungen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Gemeinde Nonnenweier noch fast rein landwirtschaftlich geprägt. Die Bauern bewirtschafteten ihre Felder mit Tabak- und Zichorienpflanzen für die Lahrer Fabriken. Die Männer der jüdischen Gemeinde hingegen waren Händler und Viehverkäufer. Heinrich Rosenberger war als Schuhmacher einer der wenigen, die ein Handwerk in Nonnenweier ausüben durften. Mit Jette (geboren 1869), Jeanette (1870), Lazarus (1872) und Nathan (1874) hatte er vier Kinder, eine weitere Tochter war 1868 bei der Geburt gestorben. Die jüdischen Familien lebten äußerst sparsam, weil sie ihren Kindern ein besseres Leben bereiten wollten. So verheiratete sich Jeanette nach Breisach, und die beiden Söhne zogen nach Freiburg, wo Nathan einen Schuhgroßhandel aufbaute. Lediglich Jette blieb in Nonnenweier und wohnte nach dem Tod ihrer Eltern in einem kleinen Häuschen in der Schmidtenstraße 114 (heute Hausnummer 14). Als am 22. Oktober 1940 alle badischen Juden abgeholt wurden, um nach Gurs deportiert zu werden, waren auch Jette in Nonnenweier, Jeanette in Breisach und Lazarus in Freiburg betroffen. Jeanette (71) starb ein Jahr nach der Ankunft in Gurs; sie war ein Opfer der katastrophalen Lagerbedingungen. Jette und Lazarus hatten das Glück, wegen ihres hohen Alters durch die Hilfe von Rettungsorganisationen in südfranzösischen Altersheimen unterzukommen, wo man sie vergaß, als alle anderen badischen Opfer 1942 nach Auschwitz deportiert wurden. Sie waren abgemagert bis auf die Knochen und durch zahlreiche Krankheiten geschwächt. Der Geschäftsmann Nathan Rosenberger war in der jüdischen Gemeinde in Freiburg ein angesehenes Mitglied, sodass er zum Vorsitzenden der großen Religionsgemeinschaft auserkoren wurde. Da die Nationalsozialisten für die Abwicklung der Hausverkäufe einen Ansprechpartner benötigten, wurde er als Gemeindevorsteher 1940 nicht nach Gurs deportiert. Als Bevollmächtigter der NS-Stadtverwaltung unterstützte er die wenigen Mitglieder der jüdischen Gemeinde, die aufgrund ihrer privilegierten Mischehe mit christlichen Ehepartnern ebenfalls nicht nach Gurs deportiert worden waren. Als äußeres Erkennungszeichen mussten auch die Freiburger Juden ab 1941 einen gelben Davidstern an ihren Kleidern tragen. 1942 wurde jedoch auch die verbliebene jüdische Gemeinde aufgelöst und Nathan mit seiner Frau Martha und seiner Tochter Rita (damals 17 Jahre alt) am 21. August 1942 in ihrer Wohnung verhaftet und ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Die drei überlebten das Lager, bis es auch als letztes Konzentrationslager am 8. Mai 1945 von den Russen befreit wurde. Sie kehrten wieder nach Freiburg zurück, abgemagert bis auf die Knochen und durch zahlreiche Krankheiten geschwächt. Dort wurde Nathan vom Oberrat der Israeliten in Baden wieder zum Vorsteher der wiedergegründeten jüdischen Gemeinde in Freiburg ernannt und kümmerte sich nun um die Wiedereingliederung der zurückkehrenden Überlebenden. Vor ihrem früheren Haus wurden Stolpersteine verlegt. Seine Schwester Jette hatte erfahren, dass Nathan überlebt hatte. So kam sie im Oktober 1946 zu ihm nach Freiburg. In einem Brief an den Nonnenweirer Bürgermeister Leppert gelang es Nathan, dass Jette 1947 wieder in ihr altes Häuschen in der Schmidtenstraße zurückkehren durfte, wo sie bis zu ihrem Tod am 24. Mai 1950 von der Kriegerwitwe Elise Roß und ihren Töchtern Margarete (sieben Jahre) und Ursula (vier Jahre) liebevoll gepflegt wurde. Auch Lazarus hatte in Südfrankreich überlebt, zog es aber vor, im jüdischen Altersheim Margora in Lengnau (Kanton Aargau) in der Schweiz seinen Lebensabend zu verbringen, wo er am 14. März 1963 im Alter von 90 Jahren starb. Sein jüngerer Bruder Nathan lebte mit seiner Familie in der Freiburger Hildastraße 49, in der Nähe des alten Wiehrebahnhofs, wo er als 78-Jähriger am 23. Mai 1953 starb. Für ihn, seine Frau und seine Tochter Rita wurden am 10. September 2015 vor ihrem früheren Haus in der Hildastraße Stolpersteine verlegt." Link zum Artikel |
Dezember 2020: Modell der Synagoge am Synagogenbrunnen |
Pressemitteilung der Stadt Freiburg (PresseInfo
Stadt Freiburg vom 14. Dezember 2020): "Ort der Erinnerung in Freiburg:
Bronzenes Modell der Alten Synagoge ergänzt den Brunnen - Mehrere
Verbesserungen rufen zu respektvollem und angemessenem Verhalten an dem Ort
auf Seit wenigen Tagen ergänzt ein bronzenes Modell den Brunnen am Platz der Alten Synagoge. Es stellt die Synagoge vor der Zerstörung in der Reichspogromnacht Jahr 1938 dar. Auf dem Sockel des Modells ist die Inschrift 'Denn mein Haus wird ein Haus des Gebets für alle Völker genannt werden, Jesaja 56,7' auf Deutsch, Hebräisch, Englisch und Französisch zu lesen. Das Zitat stand in ähnlicher Form an dem Eingang der alten Synagoge. Der Künstler und Steinmetz Tobias Eder hat das Modell gefertigt. Eine Jury hat den Vorschlag des Künstlers ausgewählt. Stimmberechtigt waren der Erste Bürgermeister Ulrich von Kirchbach, Roland Jerusalem, Leiter des Stadtplanungsamts sowie je ein Mitglied der Israelitischen Gemeinde und der Egalitären Jüdischen Chawurah Gescher Gemeinde. Der Synagogenbrunnen ist ein Ort des Erinnerns an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus. Der Platz der alten Synagoge, an dem der Brunnen liegt, ist aber auch ein stark frequentierter, attraktiver urbaner Platz. Weil immer wieder Menschen den Brunnen zum Baden benutzen, wurden nach der Eröffnung des Platzes im November 2017 zwei Informationsstelen aufgestellt, die über die frühere Synagoge informieren und um angemessenes Verhalten bitten. Weil diese Maßnahme nicht ausreichte, wurden in einem umfassenden Abstimmungsprozess mit den Jüdischen Gemeinden ergänzende bauliche und organisatorische Maßnahmen entwickelt, die der Gemeinderat im Mai 2019 beschlossen hat. Auch das Modell ist Teil dieser Maßnahmen. Seit Anfang November umrahmt zudem ein Bronzenes Band den Synagogenbrunnen. Es soll den Brunnen als Ort der Erinnerung deutlicher wahrnehmbar machen sowie ein respektvolles und angemessenes Verhalten am Synagogenbrunnen herbeiführen. Auch das Synagogenmodell unterstreicht den Charakter des Brunnens als Ort des Gedenkens. Zuvor wurden bereits Piktogramme mit Verhaltenshinweisen am Brunnen installiert. Hier wird etwa angemahnt, keinen Müll in den Brunnen zu werfen oder den Brunnen nicht zu betreten. Des Weiteren soll im ersten Halbjahr 2021 eine digitale Infostele errichtet werden." Link zum Artikel |
Links:
![]() | Website der Stadt Freiburg |
![]() | Wikipedia-Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Alte_Synagoge_(Freiburg_im_Breisgau) |
![]() | Kurze Informationsseite zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Freiburg bei jgm-net.de: hier anklicken weitere Info-Seite: hier anklicken |
![]() | Seite einer Freiburger Schule zur jüdischen Geschichte der Stadt: hier anklicken |
![]() | Postkarte vor 1938: Universität und Synagoge beim Verein www.alt-freiburg.de: hier anklicken |
![]() | Dokumentation: "Überleben durch Emigration. Was geschah mit den Schülern der Freiburger Jüdischen Schule 1936-40": hier anklicken |
![]() | Bericht über die Lehrer der jüdischen Schule (insbesondere Alfred Kaufmann) in Freiburg bis 1939: hier anklicken innerhalb der Beitrages der Geschich ts-AG der Lessingschule Freiburg "Überleben durch Emigration" |
![]() | Website https://stolpersteine-in-freiburg.de/ |
![]() | Zur Seite über den jüdischen Friedhof in Freiburg (interner Link) |
![]() | Kritische Präsentation zur Geschichte der Synagoge und des Synagogenplatzes: "A beautiful Synagogue with a flourishing jewish community in 1869, until it is finally demollished in 2016 - Une magnifique Synagogue aved une communauté juive florissante en 1860 jusqu'á destruction définitive en 2016" - erhalten von Francois Blum (Sprecher der Nachkommen der damaligen israelitischen Gemeinde Freiburgs) am 23.4.2018 (eingestellt als pdf-Datei). |
Quellen:
Literatur:
![]() | Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden. 1968. S. 86-74. |
![]() | Germania Judaica II,1 S. 253-257; III,1 S. 395ff. |
![]() | Adolf Lewin: Juden in Freiburg i.Br. Trier 1890. |
![]() | Berent Schwineköper/Franz Laubenberger: Geschichte und Schicksal der Freiburger Juden. Aus Anlass des 100jährigen Bestehens der israelitischen Gemeinde in Freiburg. Freiburger Stadthefte 6 (1963). |
![]() | Gabriele Blod: Die Entstehung der israelitischen Gemeinde Freiburg 1849-1941. In: Stadt und Geschichte. Neue Reihe des Stadtarchives Freiburg 12. 1988. |
![]() | Ernst Otto Bräunche: Die "Reichskristallnacht" in Freiburg, in: Schau-ins-Land 103 (1984). |
![]() | Lotte Paepcke: Ein kleiner Händler, der mein Vater war. Heilbronn 1972. |
![]() | dies.: "Ich wurde vergessen". Bericht einer Jüdin, die das Dritte Reich überlebte. 1979. |
![]() | Else R. (Elsbeth Rachel) Behrend-Rosenfeld: Ich stand nicht allein. Erlebnisse einer Jüdin in Deutschland 1933-1944. 1979 (Erstauflage Zürich 1945). |
![]() | Das Schicksal der Freiburger Juden am Beispiel des Kaufmanns May Mayer und die Ereignisse des 9./10. November 1938. Mit Beiträgen von R. Böhme und H. Haumann. 1989. |
![]() | Franz-Josef Ziwes (Hg.): Badische Synagogen. 1997 S. 42-43. |
![]() | David Mauer Geburtsort Freiburg. Erinnerungen eines deutsch-jüdischen Engländers. 2001. |
![]() | Andrea Brucher-Lembach: ...wie Hunde auf ein Stück Brot. Die
Arisierung und der Versuch der Wiedergutmachung in Freiburg. Hg. vom
Arbeitskreis Regionalgeschichte Freiburg e.V. (Reihe Alltag und Provinz Bd.
12) 2004. Donzelli-Kluckert
Verlag Bremgarten. ISBN 3-933284-12-0 320 S. 19.80 . Pressetext Link zum Herausgeber: Arbeitskreis Regionalgeschichte Freiburg e.V. |
![]() | Reiner Haehling von Lanzenauer: Gertrud Luckner - Helferin der Bedrängten. In: Reinhold Schneider Blätter. Mitteilungen der Reinhold-Schneider-Gesellschaft. Heft 17. Mai 2005 S. 35-57. |
![]() | Kathrin Clausing: Leben auf Abruf. Zur Geschichte der Freiburger Juden im Nationalsozialismus. Veröffentlichungen aus dem Archiv der Stadt Freiburg im Breisgau. Hg. von Ulrich P. Ecker, Christiane Pfanz-Sponagel und Hans-Peter Widmann. Freiburg 2005. |
![]() | ![]() |
![]() | ![]() Zum Betsaal (1864) und zur Synagoge (1870) in Freiburg: S. 75-89. |
![]() | Andreas Hoppe/Dorothee Hoppe: Geowissenschaftler und ihr
Judentum im deutschen Sprachraum des 19. und 20. Jahrhunderts. In:
Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften Band 169 Heft 1
(2018) S. 73-95. Download der Publikation möglich über
https://www.schweizerbart.de/papers/zdgg/detail/169/89118/Geowissenschaftler
In den Geowissenschaften haben im deutschen Sprachraum Menschen jüdischen Glaubens und jüdischer Herkunft eine bedeutende Rolle gespielt. Allerdings sind sie nicht selten ausgegrenzt und verfolgt worden, darunter auch jene, die einen jüdischen Vorfahren hatten oder mit einem jüdischen Partner verbunden waren. Ausgehend von den Beständen des Geologen-Archivs in Freiburg soll hier in einer ersten und sicher nicht vollständigen namentlichen Liste sowie anhand ausgewählter Einzelschicksale an sie erinnert werden. Erinnert wird dabei an Franz Kirchheimer Peter Misch August Moos Beata Moos Max Pfannenstiel Frederick Zeuner Franz Kirchheimer Peter Misch August Moos Beata Moos Max Pfannenstiel Frederick Zeuner. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Freiburg Baden. Jews are first mentioned in
1230 but probably traded there in the 12th century. In 1326 they numbered eight
families, engaged in moneylending and controlling the grain trade. Most were
burned alive over a well-poisoning libel during the Black Death persecutions of
1348-49. Those spared - 12 wealthy Jews, pregnant women, and children - were
expelled, with the children baptized and the Jewish property expropriated. Jews
were present again in the second half of the century under a letter of
protection but conditions worsened as a "Jew Law" published in 1394
introduced new disabilities. The Jews were again expelled in 1401 and for a
final time in 1424.
During the Thirty Years War (1618-48), Jewish army
suppliers set up offices in Freiburg and with the liberalization that followed
annexation to Baden in 1805 Jews gradually began settling again.
After emancipation in 1862 there was a large-scale influx of Jews to the city
from the surrounding countryside. The Jewish population grew from 333 in 1871 to
1,013 in 1900 and 1,320 in 1910 (total 83,324). Jews became active in banking
and industry and became part of the city's economic and intellectual elite. A
magnificent synagogue was dedicated in 1870, a Reform service accompanied by an
organ. In 1873, a cemetery was opened and in
1874 a Jewish orphanage. Freiburg became the seat of the district rabbinate in
1885. Its first chief rabbi, Adolf Lewin (1843-1910), was also the first
historian of the Jews of Baden. In 1895 a separate Orthodox congregation was
formed and in the early 20th century traditional forces began to gain ascendancy
over the Liberals. Jews were first admitted to Freiburg University toward the
end of the 18th century and despite unrelenting antisemitism ultimately grew to
comprise 10 % of the student body, the majority in the medical faculty. The
Zionist leader and first president of Israel, Chaim Weizmann, obtained his
doctorate in chemistry there in 1899. After Worldwar I, Jews continued to play a
leading economic role in the city, ensconced in its upper class as professionals
and businessmen and running ten factories, a bank, and the big Knopf department
store with its branches throughout south Germany. The community itself operated
extensive social and cultural services with an active Zionist movement. In 1933,
there were 1,138 Jews in the city. Anti-Jewish measures were immediately
instituted and at the university all 21 Jewish professors and lecturers were
dismissed in 1933-35. These included Hans Adolf Krebs, who moved to England and
won the Nobel Prize for Medicine in 1953. In the same period the number of
Jewish students was reduced from 183 to 54. Most Jewish businesses were
liquidated by November 1938. The community responded by providing financial
support, organizing job placement and vocational retraining services, and, to
aid emigration, offering courses in English and Hebrew. On 28 October 1938, Jews
of Polish origin were expelled to the Polish border. On Kristallnacht
(9-10 November 1938), the synagogue was blown up by SS and SA stormtroopers and
100 Jewish men were sent to the Dachau concentration camp for prolonged
detention, two perishing there. During the Nazi era, 657 Jews managed to
emigrate, including about 200 to the United States, 100 to Palestine, 100 to
France, 70 to Switzerland, and 70 to England; about 30 of the emigrants were
subsequently arrested under the German occupation and deported to their deaths.
Another 350 were deported from Freiburg to the Gurs concentration camp on 22
October 1940, of these, 273 perished. Of the 41 Jews remaining in Freiburg,
about 20 were sent to the Theresienstadt ghetto on 23 August 1942. During the
war a Catholic organization headed by Gertrud Luckner worked to save Jewish
lives. She was recognized by Yad Vashem as one of the Righteous among the
Nations. A new Jewish community was formed in Freiburg after the war by former
residents and East European refugees. In 1977 it numbered 381.
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