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Faltbootbasteln: Elektroantriebe

  • ️Jürgen Engert
Die Größenordnungen
Das kleine Boot muss natürlich den Antrieb tragen können. Mit einem halben PS (entspricht etwa 368 Watt) ist ein Faltboot schon ganz gut bestückt. Ein üblicher 400-Watt-Elektro- Bootsmotor wiegt etwa 10 Kilogramm. Dazu käme noch der Akku. Eine normale Autobatterie wiegt etwa 20 Kilogramm. Motoren dieser Baugröße ziehen bei voller Leistung eine Stromstärke von etwa 30 Ampere aus der Batterie und erzeugen einen Schub von etwa 10 Kilopond. Damit kommt ein Zweier vielleicht auf 6 - 7 km/h. (Man kann das nach einer Faustformel überschlagen: Wasserlinie mal Motorleistung durch Verdrängung und daraus die Wurzel ziehen. Also 5,5m mal 0,5PS durch 0,2t ergibt 13,75 und daraus die Wurzel macht 3,7 Knoten oder 6,8 km/h)  Mit einer nagelneuen vollgeladenen Autobatterie von 75 Amperestunden könnte man rein rechnerisch 2,5 Stunden volle Pulle fahren und käme in dieser Zeit ungefähr 15 bis 17 Kilometer weit. Dann wäre der Akku leer und man hätte satte 30 Kilo nutzlosen Ballast heimwärts zu paddeln. Fährt man langsamer, kommt man vielleicht etwas weiter. Es werden aber kaum mehr als 30 km bis der Propeller stehen bleibt.

Zum Vergleich.
Zwei normal gesunde Erwachsene können ein gemütliches Faltboot-Wandertempo von 3 bis 4 km/h ganz gut über den Tag halten. Eine Tagesleistung von 20-30 km schafft man demnach auch ohne Zusatzantrieb und ohne sich dabei fix und fertig zu machen. Wo man mit einem Elektroantrieb hinkommt, kann man also auch gut hinpaddeln. 

Die "Konkurrenz".
Ein 2,5-PS-Verbrennungsmotor von etwa 11 kg Gewicht (z.B. der Tümmler) kann ein Zweier-Faltboot leicht auf etwa 15 km/h bringen. (das Doppelte des E-Antriebs) Bei einem mittleren Spritverbrauch von einem Liter pro Stunde käme man mit einem kleinen 5-Liter-Kanister also auf  75 km Reichweite. (Das 4 bis 5-fache) Das mitzuschleppende Gewicht verringert sich naturgemäß so wie sich das Benzin verbraucht. Ist der Sprit alle, hat man nur das Gewicht des Motors plus des leeren Kanisters also zusammen vielleicht schlappe 15 kg Ballast an Bord. (halb so viel wie beim E-Antrieb)

Und die Umwelt? 
Natürlich darf man den ökologischen Aspekt nicht außer Acht lassen. Elektroantriebe sind auf den ersten Blick sauber. Aber auch der Strom zum Laden des Akkus muss ja irgendwo her kommen. Klar aus der Steckdose. In Deutschland wird dazu immer noch massenhaft Braunkohle verbrannt und Uran gespalten. Was passiert eigentlich, wenn ein Boot kentert und die Batteriesäure in den See läuft? 

Und was noch?
Ein organisatorisches Problem  dürfte das Wiederaufladen des Akkus werden. In der freien Wildbahn sind Steckdosen in Wassernähe selten und der Strom auf Campingplätzen kostet gewöhnlich eine überhöhte Pauschalgebühr. Kleine Solarzellen brauchen ewig um den Akku wieder zu füllen und ausreichend große vervielfachen das mitzuschleppende Gewicht. (Professionelle Tierfilmer nehmen üblicherweise ein benzinbetriebenes Stromaggregat mit in die Wildnis.)

Fazit.
Wer braucht einen solchen Elektroantrieb wirklich? Vielleicht ein einarmiger Angler, oder ein einsamer Naturfilmer? Sinnvoll wäre er nur mit stromversorgtem Basislager. Zur beträchtlichen Vergrößerung des Aktionsradius oder gar zum FB-Wandern ist er absolut ungeeignet. Da bringt schon ein Treibersegel mehr Nutzen. Wer schnell und weit fahren will, kommt (leider) immer noch nicht um den Verbrennungsmotor herum. 

Na und !?
Das alles soll Bastelwillige nicht von eigenen Experimenten auf diesem Gebiet abhalten. Unsere grob gerundeten Zahlen können im Einzelfall durchaus deutlich übertroffen werden. Mit entsprechendem (finanziellen) Aufwand kann man sicher leistungsstärkere Systeme bauen, die mit weniger Gewicht mehr Geschwindigkeit und Reichweite erzielen. Interessant dürfte es werden, wenn eines Tages die Brennstoffzelle zur Normalität geworden ist, aber soweit sind wir noch nicht. 

Und überhaupt - der Weg ist das Ziel !

J+J