Faltbootbasteln: Faltboot unter Segeln
- ️J. Engert
Warum
Segel?
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Während
man über
Motoren am Faltboot
durchaus geteilter Meinung sein kann, gibt es bei den Segeln wohl keinen
Zweifel. Es handelt sich um einen reinen Naturantrieb. Damit steht die
Segelei kaum im Widerspruch zum Ethos des Faltbootfahrens. Segel verursachen
keine Gewässerverschmutzung und kaum Lärm. Wer einmal mit großer
Mühe zickzack immer quer über den See kreuzend ein weit entferntes
Ziel genau gegen die Windrichtung erreichte, erlebt mindestens die gleiche
Genugtuung wie der Paddler, der zum selben Ziel mit reiner Muskelenergie
am Ufer entlanggekeult ist.
Als wir vor über dreißig Jahren mit der Faltbootsegelei begannen, gab es noch viele Gleichgesinnte. Auf dem Krakower See haben wir uns mit den Faltbootseglern "Red Monster", "Roadrunner" und "Geipel" wahre Regattaschlachten geliefert. Auch deren Segel waren teilweise selbstgemacht. In jedem Faltbootfreund steckt sowieso ein kleiner (oder größerer) Bastler. Wer zwei linke Hände hat, tut sich kaum den Aufbau eines RZ 85 an. Heute feiert das gute alte Faltboot eine kleine Wiedergeburt und es sollte uns freuen wenn wir mit dieser Seite ein paar Anregungen geben können, was alles machbar ist (und auch tatsächlich gemacht wurde.) |
Geschichte ![]() ![]() ![]() |
Segel für's Faltboot sind beileibe keine Scherzartikel. Schon in den ersten Jahrzehnten dieses Sports hatten die meisten Langstreckenpaddler ein Treibersegel dabei. Der Schriftsteller Ludwig Turek erzählt in einem autobiografischen Buch, wie er in den dreißiger Jahren halb Europa in einem besegelten Faltboot umrundete. Kurz hinter dem Haupteingang des Deutschen Museums in München sahen wir 1999 das Klepper-Faltboot mit dem Hannes Lindemann 1956 in 72 Tagen über den Atlantik segelte - ein Zweimaster mit Rahsegeln. Auch zu den Booten aus Pouch gab es schon frühzeitig eine handelsübliche Segelausrüstung in "Fledermausform". Diese bestand aus einem baumwollenen Gaffelsegel (mit zwei zusätzlichen langen Segellatten unterteilt) sowie einer kleinen Fock (in der Form eines gleichseitigen Dreiecks) an einem freistehenden teilbaren Mast. Dazu gehörten noch zwei ovale Seitenschwerter aus Aluguss und ein entsprechender Schwertbalken der mit zwei materialmordenden Hakenschrauben am Süllrand festgeklemmt wurde. |
Thomas Neher vermaß für uns seine Pouch-Spitzsegeleinrichtung und stellte die Daten zur Verfügung. | ![]() ![]() |
In späteren Jahren veränderte
der Hersteller die Form und die Größe der Segel. Beide Segel
wurden höher und schmaler und das Großsegel verlor seine beiden
zusätzlichen Latten. Leider wurde dadurch das Achterliek (Hinterkante)
des Großsegels zu lang und da auch noch minderwertiges Tuch zum Einsatz
kam, waren ausgeleierte und scheußlich flatternde Segel die Folge.
Bei starken Böen muss man ein Faltbootsegel gelegentlich flattern
lassen. Hier zeigte sich die Überlegenheit der älteren Bauform.
Durchgelattete Segel flattern kaum, leiden dadurch weniger und schaffen
ein Gefühl höherer Sicherheit.
Da alle diese Segel keineswegs narrensicher waren, konnte man allerhand Unfug beobachten. Vorsegel, die mit den beiden Fockschoten per "Schleife" am Mast festgebunden waren und Gaffeln, die wie eine Mastverlängerung fast bis in senkrechte Lage gewaltsam an den Mast herangezogen waren, so dass das Großsegel völlig deformiert wurde, sahen wir mehr als einmal. Oft wurde auch vergessen, die Klau des Großbaums mit einem kurzen Stück Leine nach unten festzumachen, so dass sie bei Winddruck allmählich nach oben wanderte und sich eine lustige Tüte im Segel bildete. Wir hatten damals das Glück , zu unserem RZ 85 noch eine der alten, unserer Meinung nach besseren Segelausrüstungen in "Fledermausform" zu bekommen. |
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erste Erfahrungen ![]() ![]() ![]() |
Von Anfang an war uns klar, dass aus einem Faltboot nie eine Rennjolle wird.Schon Größe und Form des Rumpfes setzten klare Grenzen. Trotzdem konnte man auch mit der handelsüblichen Besegelung einiges erreichen. Am besten lief das Boot (wie fast alle Segelboote) bei halbem (seitlichen) Wind. Die Schwerter wurden ein bisschen schräg nach hinten gestellt. Man lehnte sich etwas nach Luv (zum Wind hin) über den Süllrand und fierte die Schoten so weit auf, dass die Segel schön prall standen und einigermaßen Zug auf den Leinen war. Die Schoten irgendwo anzubinden , haben wir fast nie gewagt. Bei einer unerwarteten Böe (Windstoß) konnte man so im Notfall einfach die Segel killen (flattern) lassen. Vor dem Wind (bei Rückenwind) segelt sogar ein Holzschuh. Mit einigem Geschick gelang es manchmal, die Fock nach der einen und das Groß nach der anderen Seite zu halten. Auch wenn man dann die Schwerter ganz hochklappte, wurde das Boot noch immer zügig von den Windwellen überholt. Hart am Wind (schräg gegen die Windrichtung) zu segeln, war das größte Problem. Gute Segelboote können im spitzen Winkel bis ca. 45° gegen die Windrichtung fahren. Dieser Wert war mit dem Faltboot nicht zu erreichen. Der Vortrieb auf diesem Kurs entsteht fast ausschließlich durch den aerodynamischen Sog auf der Außenseite der Segelwölbung . Dem Vortrieb der Segel sind aber der Winddruck auf den Bootsrumpf und die Oberkörper der Besatzung entgegengerichtet. Wir versuchten alle Tricks. Die Schwerter wurden tief abgesenkt. Die Segel holten wir gerade so weit dicht, dass das Vorliek (die Segelvorderkante) nicht einfiel (eine Falte von der falschen Seite bekam). Wir machten uns so klein wie möglich. Wir versuchten jede Winddrehung mitzumachen. Es nützte alles nicht viel. Der Höhengewinn war oft so gering, dass man mit einer missglückten Wende alles wieder einbüßte. |
apropos Wenden ![]() ![]() ![]() |
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apropos Steuerung ![]() ![]() ![]() |
Ein geübter Paddler kommt ja auch ganz gut ohne Ruder aus. Das kleine halbelliptische Ruderblatt der damals erhältlichen Steuerung spielte also sowieso nur im Schlepp, bei Motorfahrt oder zum Segeln eine wichtige Rolle. Ausgerechnet zum Segeln war es aber viel zu klein. Bei größeren Wellen hing es manchmal hilflos für einen Augenblick frei in der Luft. Wir haben schon damals die unterschiedlichsten Varianten im Selbstbau vergrößerter Ruderblätter gesehen. Dann die leidige Fußbetätigung! Auf einer Jolle weiß man immer, wo man die Pinne findet. Die verschiedenen Arten von Pedalen, Gurtschlaufen oder einfach zu Schlingen geknoteten Steuerleinen schienen uns allesamt nicht sehr vertrauenserweckend. Wir kauften eine Steuerleiste, die auf einem dicken Sperrholzklotz drehbar war. Der Klotz wurde auf der Bodenleiter befestigt und die Leinen zum Heck schön gleichlang gespannt. Leider konnte man dieses Ding nicht stufenlos auf unterschiedliche Beinlängen einstellen. Außerdem löste sich bald das Drehgelenk in seine Einzelteile auf. Kein Wunder bei einer so faltbootuntypischen starren Technik. |
![]() Daniel Fronia hat das Ruder mit Schwertblatt ebenfalls ausprobiert und dabei weiterentwickelt. |
Auf die Steuerung richtete sich also der erste Bastelangriff. Der Schlitz im Ruderkoker wurde mit einer Flachfeile mühselig etwas verbreitert und das Ruderblatt gegen ein fast doppelt so großes Pouch-Schwertblatt ausgetauscht. Beim Paddeln oder bei wenig Wind konnte man es mit dem Ruderaufholer ganz flach einstellen, so dass es nicht mehr Widerstand als das Originalblatt entwickelte. Wurden Wind und Wellen kräftiger, konnte man es sehr weit (fast senkrecht) hinablassen. In der tiefsten Einstellung lag ein Teil des Blattes vor der Drehachse, so dass sich teilweise ein Balanceeffekt einstellte und die erforderlichen Fußkräfte spürbar geringer wurden. Selbst auf der Müritz bei abenteurlich hohen Wellen ging uns nie mehr die Ruderwirkung verloren.Der dicke Holzklotz wanderte in den Ofen und wurde durch eine sehr einfache Aufhängung aus zwei wasserfesten Leinen ![]() |
kleiner Besan ![]() ![]() ![]() |
Der Raum über dem Achterschiff schrie geradezu nach einem dritten Segel. Als Mastaufnahme wurde am Spant 6 unten ein durchbohrter Holzklotz und oben eine Messinglasche befestigt und aus zwei Besenstielen, Tapetenleisten, einem Stück Bettlaken und etwas Leine ein kleines Besansegel gebaut. Es hatte die Form eines rechtwinkligen Dreiecks mit leicht gerundeter Hinterkante und drei strahlenförmig angeordneten Langlatten, um es optisch und funktional an die Form des Großsegels anzupassen. Die Fläche war nur wenig größer als die des Vorsegels. Zum Reffen lief eine Leine am Mast hoch durch eine Öse, dann schräg nach hinten um den Besanbaum herum und wieder zurück, mit der man das Segel wie einen Fächer einklappen und zusammenschnüren konnte. Die Besanschot wurde über einen Block (eine kleine Umlenkrolle) vom Heckbeschlag zum Fahrersitz geleitet, und konnte dort hinter einer Klampe festgeklemmt werden. ![]() |
neue Erfahrungen ![]() ![]() ![]()
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Die vergrößerte Segelfläche wirkte sich logischerweise auf die Geschwindigkeit aus, vor allem die Segeleigenschaften veränderten sich jedoch radikal. Durch den Besan wanderte der gemeinsame Druckpunkt aller drei Segel ein ganzes Stück nach hinten. Das Boot wurde stark luvgierig. (Es versuchte von allein mit der Spitze in den Wind zu drehen.) Der Lateraldruckpunkt (gemeinsamer Flächenschwerpunkt aller Unterwasserteile, die die seitliche Abdrift verhindern) musste also ebenfalls nach hinten verschoben werden. Am besten läuft ein Segelboot nun mal, wenn diese beiden Schwerpunkte genau übereinander liegen. Wir versetzten deshalb den Schwertbalken zunächst vom ursprünglichen Platz dicht hinter dem Großmast etwa 30 cm weiter nach hinten bis kurz vor Spant 3. Der Vorschoter konnte gerade noch ein- und aussteigen. (Später veschoben wir den Schwertbalken soger bis hinter die vordere Lehne.) Nun lag das Boot wieder neutral auf dem Ruder. Am eindrucksvollsten änderte sich jedoch die Manövrierfähigkkeit. |
am Wind mit Besan ![]() ![]() ![]() |
Durch die Verteilung der Segel über die gesamte Bootslänge war es jetzt möglich, mit den Schotleinen zu steuern. Dichtholen der Fock und wegfieren des Besan ließ das Boot vom Wind abfallen (mit der Spitze vom Wind wegdrehen), zog man dagegen die Besanschot stramm und lockerte die Fock, luvte es zügig an (drehte die Nase in den Wind). Bei gleichmäßigem Druck auf alle Segel lief das Boot schnurgerade wie auf Schienen. (Eine ähnliche Methode der Steuerung durch Verlagerung des Segeldruckpunktes wendet man auch auf Surfbrettern an.) ![]() Durch den stärkeren Vortrieb konnte man jetzt auch wesentlich "höher gegenangehen" (in spitzerem Winkel zum Wind segeln). Bei einer unerwartet einfallenden Böe ließen wir nur noch die vorderen Segel flattern und der Besan drehte das Boot wie eine Windfahne mit der Spitze zur Windrichtung. Machte stark auffrischender Wind eine Verringerung der Segelfläche nötig, refften wir auf Halbwindkursen gewöhnlich zuerst das Großsegel. Dadurch senkte sich der Segeldruckpunkt und die Kippstabilität verbesserte sich. Gleichzeitig blieb die gute Manövrierfähigkeit erhalten. |
Wenden mit Besan ![]() ![]() ![]() |
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Vorwind mit Besan ![]() ![]() ![]() |
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größere Segel ![]() ![]() ![]()
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![]() Ermutigt durch den ersten Erfolg, aber noch immer unzufrieden mit der erreichten Geschwindigkeit, machten wir uns an die Vergrößerung der Segel. Da geeignetes Synthetiksegeltuch nicht zu beschaffen war, wurde besonders leichter synthetischer Futterstoff (Dederon) mit Silikonkleber (Cenusil) winddicht und wasserabweisend gemacht. Für das Vorsegel wählten wir wieder die Form eines gleichseitigen Dreiecks. Diesmal wurde jedoch die Länge des Vorstags (Leine von der Mastspitze zur Bugspitze) besser ausgenutzt. Die neue Fock geriet so groß, dass sie das Großsegel ein gutes Stück überlappte. Für das neue Großsegel sollten die alten Spieren (Mast, Baum, Gaffel und die beiden Langlatten) wieder Verwendung finden. Also wurde die Gaffel etwas steiler gestellt und die Breite der einzelnen Bahnen vergrößert. ![]() |
Stagen und Wanten ![]() ![]() ![]() doppelter Mastbruch |
Bei einer ersten Probefahrt auf der winzigen Lütschetalsperre bei Oberhof (im Thüringer Wald) erlebten wir ein Wechselbad der Gefühle. Nachdem wir zunächst den dort stationierten 10-Mann-Segelkutter spielend abgehängt hatten, brachen nacheinander beide Holzmasten wie Streichhölzer. ![]() |
neue Risiken ![]() ![]() ![]() |
![]() Ein gewisses "Restrisiko" ist auf dem Wasser sowieso immer dabei. Wir haben mal an dem relativ kleinen Gruber See bei strahlendem Sonnenschein eine einzelne Böe erlebt, bei der richtige Segelboote die nur unter Top und Takel vor Anker lagen, vom Winddruck gegen den blanken Mast gekentert sind. Paddelboote auf dem Wasser die zufällig gerade quer zum Wind lagen, egal ob mit oder ohne Segel, fielen ausnahmslos alle um. Sogar eine Ruderjolle "Anka" (die damals weit verbreiteten "Plastik-Badewannen") zeigte ihre Unterseite. Faltboote am Ufer wurden wie die Stäbe eines Mikadospiels übereinander geworfen. Kein Seemannslatein! Wir haben noch jede Menge Zeugen. |
mehr Besan ![]() ![]() ![]()
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Für die Manövrierfähigkeit und die Bequemlichkeit des Vorschoters schien es uns sinnvoll, die Seitenschwerter noch weiter nach hinten (hinter die Vorderlehne) zu versetzen. Sie wären dann fast in Bootsmitte und würden die Drehbewegung beim Halsen und Wenden am wenigsten bremsen. Dazu musste aber auch der Gesamtdruckpunkt aller Segel ebenfalls weiter nach hinten verlagert werden. Der Besan erhielt also einen längeren Mast (nur noch 10 cm kürzer als der Großmast) und bekam unten einen breiten Streifen Stoff angesetzt. Damit war er deutlich größer als die Fock, hatte aber eine ulkige Form angenommen. (Noch komischer war seine Reffeinrichtung in Form eines "Überziehers" aus Synthetiktuch.) ![]() Die Fahreigenschaften verbesserten sich noch einmal spürbar. Der Vorschoter konnte jetzt bequem einsteigen. Wendemanöver gelangen nun immer. Schon bei leichtem Wind zog der Kahn ab, dass es eine Freude war. Frischte der Wind auf, musste man sehr feinfühlig mit den Schoten umgehen und lieber mal etwas flattern lassen, als das Boot umzuschmeißen. (Geflattert hat dabei eigentlich nur die Fock, durchgelattete Segel flattern kaum.) War es dann doch zu viel Wind, wurde konsequent gerefft. Trotz der umfangreichen Takelage haben wir uns so, eigentlich immer sicher gefühlt. Die meisten unserer großen Wanderfahrten fuhren wir mit dieser Besegelung. Für das RZ 85 schienen uns allerdings die Grenzen des machbaren damit erreicht. Pläne, zwei Faltboote zu einem Katamaran zu verbinden und darauf richtig große Segel zu setzen, wurden dann doch nicht mehr realisiert. Einige Jahre später haben wir die Form des Besan noch einmal eleganter, einfacher und vor allem leichter (etwa in der Art eines Sprietsegels) gestaltet, ohne dabei die Fläche oder das Profil wesentlich zu verändern. In dieser letzten Ausbauphase bekam das Boot auch bedeutend größere und tiefer reichende Schwerter aus Aluplatten, die die Abdrift noch einmal deutlich verringerten und Kenterbewegungen verlangsamten.
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Einhandsegeln ![]() ![]() ![]()
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Um das Boot auch mal allein unter vollen Segeln fahren zu können, wurden beizeiten alle Bedienungelemente bis zum hinteren Sitz verlängert. Die Fock erhielt ein Vorstag aus einem dünnen Glasfiberstab, der mit zwei winzigen Kugellagern an den Enden drehbar gelagert war. Zog man an einer am unteren Ende aufgewickelten Leine, so drehte sich das Vorsegel zu einer länglichen Wurst zusammen. Zog man an der Fockschot und ließ die Reffleine locker durch die Hand gleiten, spulte sie sich auf und das Vorsegel war wieder da. Ähnliche Drehreffs sind heute auf den meisten größeren Booten Standard. Das Großfall (die Leine, mit der das Großsegel hochgezogen wird) war über eine zusätzliche Umlenkrolle am unteren Teil des Mastes bis zum Fahrersitz verlängert. Das heruntergelassene Groß konnte anschließend einfach mit ein paar Schlaufen zusammengeschnürt werden. ![]() ![]() |
Erfolge ![]() ![]() ![]() |
Die Gesamtfläche aller Segel betrug in der maximalen Ausbauphase rund 6 Quadratmeter und war damit (damals) gerade noch segelscheinfrei. Mit zwei Leuten an Bord lag das Boot bei bis zu 3 Beaufort noch recht stabil. Allein musste man sich dann schon kräftig über den Süllrand lehnen. Dass man ein Faltboot unter Segeln kaum ins Gleiten bringen kann, dürfte in der Form und Größe des Rumpfes begründet sein. Es läuft eigentlich immer als Verdränger. Aber Länge läuft halt auch gut. Die erreichbaren Geschwindigkeiten waren für ein Faltboot beeindruckend. Schon ab 2 Windstärken raumschots begannen die Schwerter vernehmlich zu brummen. 10-Mann-Segelkutter und Faltsegelboote (Delphin140) hatten kaum eine Chance. Mit einigen Booten (z.B. Eikplast1) konnten wir gut mithalten, wie eine Montage aus zwei kurz nacheinander geschossenen Fotos dokumentiert. Sogar mit den ersten schwerfälligen Surfern (Ammendorfer Deltabretter mit winzigen Segeln), die damals auf den Seen auftauchten, haben wir uns gemessen. Nur die richtigen Segler wie Finn oder Ixylon fuhren uns davon.
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Reinfälle ![]() ![]() ![]() |
Zweimal haben wir unseren Segler unfreiwillig umgekippt. Einmal mit einem ungeübten Vorschoter, der in der Böe die Fock dichtholte statt sie zu fieren und das andere Mal beim Alleinsegeln auf einem schmalen Rinnensee, als eine enorme Fallböe über die Bäume herab wie ein Faustschlag von backbord achtern in die Segel knallte. Auch loslassen half nichts mehr. Die Wanten blockierten die freie Segelbewegung, und da auch noch die Schwerter aufgeholt waren, ging es blitzschnell "in den Bach". Daher warnen wir jeden davor, unsere Mastverstagung nachzubauen. Bei den heutigen materialtechnischen Möglichkeiten dürfte das auch nicht mehr notwendig sein. (Beide Male herrschte dichter Bootsverkehr und Hilfe durch Motorboote war sofort zu Stelle.) |
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Das Krakower Seengebiet mit seinen vielen Buchten und Inselchen und den komplizierten Windverhältnissen eines engen Binnenreviers war der erste und häufigste Schauplatz unserer seglerischen Bemühungen. Ständig musste man auf Böen und Winddrehungen gefasst sein. Auf mehreren großen Wanderfahrten quer über die Mecklenburger Seenplatte lernten wir dann auch ganz andere ruhigere Verhältnisse kennen. Ein besonderes Erlebnis war jedesmal die Überquerung der oberen Seen und insbesondere der Müritz. Wir sind auch mit dem vollbeladenen Boot immer auf geradem Kurs rübergesegelt. Manchmal dauerte es allerdings den halben Tag und der Vorschoter verschlief den größten Teil. Abstecher zum Schweriner See, auf die Seen um Malchin, ins Feldberger Revier und über die Havelseenkette rundeten die Erfahrungen ab. Unsere Ausrüstung war unter all diesen Bedingungen durchaus brauchbar. Echte Abenteuer brachten zwei Touren, die in Neustrelitz begannen und im Krakower See enden sollten. Schon der Landtransport mit dem aufgebauten und vollbeladenen Boot auf einem winzigen hartgummibereiften Bootswagen rund sieben Kilometer quer durch Kiefernwälder und über abgrundtiefe Sandwege am Ende der Tour hatte es in sich. Dass wir beim zweiten Mal nicht verhaftet wurden, wundert uns heute noch. Zunächst ging es über die nagelneue noch unbefahrene Autobahnbrücke von Alt Schwerin in den glasklaren Drewitzer See. Anwohner wollten uns unter einem Vorwand davor zurückhalten, in den See einzusetzen. Was keiner von uns wissen konnte, an dem damals tatsächlich schon gesperrten See stand inzwischen der Bungalow von Erich Honecker. Dem hatte sogar die Autobahntrasse im großen Bogen auf die westliche Seeseite ausweichen müssen. Wir sind, ohne es zu ahnen, wahrscheinlich mitten durch seine Badestelle gesegelt. Die eigenartigen "Pilzsucher" die uns auf dem anschließenden Landtransport vom Drewitzer See in den Krakower Obersee immer wieder begegneten, hatten komischerweise nie Pilze dabei, obwohl jede Menge davon rumstanden. Einige stellten nur seltsam dumme Fragen. (Stasi?) Mit einbrechender Dämmerung setzten wir in Glave in das gleichfalls inzwischen gesperrte Vogelschutzgebiet Krakower Obersee ein. (Sorry, Herr Dr. Neubauer!) Vögel haben wir bei dieser Fahrt in die Nacht hinein sicher nicht mehr gestört. Die ganze Tour stand damals noch im aktuellen Wasserwanderbuch und wir waren beileibe nicht die einzigen, die sie machten. Heute wäre sie wahrscheinlich nicht mehr möglich. Der Drewitzer See ist, als einer der saubersten Klarwasserseen Europas, weiterhin größtenteils gesperrt und das Naturschutzgebiet Krakower Obersee wird streng überwacht. Man müsste außerdem zweimal mit dem Boot über die Autobahn (A19). An Ozeanüberquerungen war hinter dem eisernen Vorhang nicht zu denken. Es hat allerdings ein paar Mutige gegeben, die es schafften, mit dem Faltboot über die Ostsee in den goldenen Westen zu paddeln. Das wäre schon wieder ein Thema für eine neue Seite. |
Bilder ![]() ![]() ![]() |
All das ereignete sich bereits in den siebziger Jahren in der damaligen DDR. Die alten Bilder haben also teilweise schon dreißig Jahre auf dem Buckel. Neue sind leider nicht zu beschaffen. Von der beschriebenen Besegelung existieren heute nur noch Reste und ein kleines Modell im Maßstab 1:10 . Wo es uns erforderlich erschien, haben wir deshalb Zeichnungen oder Modellfotos eingefügt. |
Fazit ![]() ![]() ![]() |
Segeln mit Faltbooten macht einen Heidenspaß und wer es ausprobieren will - nur Mut! Mit den heutigen Möglichkeiten kann man die Sache natürlich noch ganz anders aufziehen. Wer größere als die handelsüblichen Segel setzen will, sollte an die Stabilität denken. Das Gewicht der Takelage sollte so gering wie möglich sein, um den Massenschwerpunkt unten zu halten. Hohe und schmale Segel fangen zwar mehr Wind, machen das Boot aber kippeliger. Wir würden immer einen niedrigeren und dafür breiteren Segelschnitt mit besonders flachem Profil vorziehen. Von einer Abstagung der Masten raten wir dringend ab. Zu gefährlich! Heute würden wir vieleicht lieber oberflächengehärtete Alurohre oder Oberteile von Surfmasten verwenden, die auch ohne Spannseile sicher frei stehen können. Die Maste sollten schwimmfähig und leicht aus der Halterung zu ziehen sein. Nur so hat man nach einer Kenterung die Chance, das Boot wieder in Schwimmlage zu bringen. Ein vollgelaufenes Paddelboot ist mit stehender Takelage einfach zu kopflastig und fällt nach dem Aufrichten sofort wieder um. (Haben wir unfreiwillig ausprobiert!) ![]() |
PS ![]() ![]() ![]() |
Und noch ein Tip an den Steuermann! Unbedingt jede Wende oder Halse ankündigen! Der Großbaum liegt in Schulterhöhe. Ein Vorschoter, der den ein paar mal mit Schwung vor den Kopf gekriegt hat, kann sehr ungnädig werden. |
Sonstiges ![]() ![]() ![]() |
Hinweise zum Selbstbau eines Besan gibt es auf der Seite mit den Basteltips. Dort steht auch ein Entwurf für eine Schwertbalkenbefestigung, bei der die Spritzdecke keine Löcher bekommt. Ein erster Nachbau dieses Besan ist unter Nachgebaut... zu sehen. Wer Angst hat, mit so vielen Segeln umzufallen, kann sich auch gerne mal die Seite mit den Mehrrumpfbooten ansehen. |
Post ![]() ![]() ![]() |
Wir haben auf unseren Wanderfahrten auch andere Faltboote mit Besan gesehen. Wer einen ähnlichen Eigenbau plant, oder schon eigene Versuche in dieser Richtung unternommen hat, ist uns zum Erfahrungsaustausch willkommen. Zuschriften unter: ![]() |
erstellt von Poly ab 28.02.2000 |
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