Die Schule der Robinsons
- ️andreas Fehrmann
Oben: © 1984 Pawlak Taschenbuchverlag, Berlin, Herrsching. ISBN 3-8224-1042-X Nachdruck v. Verlag A. Hartleben, Inh. Dr. W. Rob, Wien I. Ungekürzte, nur orthographisch angepasste Ausgabe. Pawlaks Collection Jules Verne Band 42 (CF /2202/).
Unten:
A. Weichert Verlag Berlin, um 1937; Serie Kleine Roman-Reihe;
182 Seiten; mit Schutzumschlag CF/2203/); Weitere
Details zu diesen Weichert-Büchern siehe unter
Verlag A. Weichert
Berlin: Jules Verne in weiteren Romanreihen
Bildmaterial:
/1/ L'Ecole des Robinsons aus Verne / Hetzel / Mace: Magasin d'Éducation et de Récréation Band 35 und 36 1. und 2. Halbjahr 1882; Bildzitat aus dem 2. HJ von Seite 39 (CF /6628/) illustriert von Leon Benett.
/2/ Aus einer alten Hetzelausgabe der L'lle mystérieuse, illustriert von Jules-Descartes Ferat (Format beschnitten)
/3/ Daniel Defoe Robinson Crusoe and the Man Friday; ca. 1870 von Richard Edward King in London
/4/ Bildzitat aus /1/; Seite 322
/5/ Postkarte ca. 1890 bis 1900: San Francisco Harbor - "On the Road of a Thousand Wonders"; Neuman Post Card Company No. V.107; CF /21246/
Weiterführendes:
Neben dieser, gibt es noch
mehrere
andere Robinsonaden bei Jules Verne. Andere Inselabenteuer von ihm
zeige ich euch auf der Seite: Robinsonaden
bei Jules Verne.
Wer Lust
auf eine virtuelle Reise
in die Inselwelt des Pazifiks hat, ist eingeladen diesem Link zu
Bildergalerien, aktuellen und historischen Karten Australiens und des
Pazifiks zu folgen: Meine Seite Reif
für die Insel
Die Schule der Robinsons (1882)
Die
Originalausgabe erschien 9. November 1882 unter
dem Titel L'Ecole
des Robinsons bei Pierre-Jules Hetzel, Paris. (Siehe dazu
Frontispiz rechts: Doppelband Jules Verne: L'Ecole des Robinsons / Le Rayon
vert Pierre-Jules Hetzel - Bibliotheque
D'Education et de Recreation Paris, Ausgabe 1882 - CF /2205/)
Die Amerikaner sind immer für eine Überraschung gut: Diesmal wollen sie eine ihrer Inseln im Stillen Ozean versteigern. So geplant in San Francisco. Die rivalisierenden Großindustriellen und Handelshausbesitzer William W. Kolderup und J. R. Taskinar liefern sich bei der Versteigerung ein Duell, aus dem Kolderup als Sieger hervorgeht. Wozu er die unweit von Kalifornien liegende Insel benötig, bleibt dabei unklar. Bild unten: Hafen von San Francisco zwischen 1890 - 1900 /5/
Szenenwechsel:
Wir lernen das Umfeld von William W. Kolderup kennen. Selbst kinderlos
hat er die junge Phina Hollaney als Patenkind unter seine Fittiche
genommen. Ihr zur Seite steht Godfrey Morgan, Sohn der Schwester
Kolderups, als Waise ebenfalls bei ihm untergekommen. Und das zur
Seite stehen ist wörtlich gemeint, haben sich doch Beide in einer
Liebesbeziehung gefunden und von einer bevorstehenden Heirat wird
gesprochen. Aber Godfrey will sich noch Zeit lassen, äußert er doch
sogar den Wunsch eine Weltreise anzutreten. Phina ist darüber gar nicht
erfreut und selbst Onkel William sträubt sich. Begründet mit
Erfahrungsgewinn und Wissenszuwachs lässt sich Godfrey aber nicht von
seiner Idee abbringen. Schließlich stimmt der Onkel zu, nicht ohne
jedoch den skurilen Tanz- und Anstandslehrer T. Artelett, genannt
Tartelett (franz. tartelette = Törtchen) mit auf den Weg zu schicken.
Ofensichtlich soll der im Hause Kolderup angestellte Lehrer, der für
das praktische Leben völlig ungeeignet ist, ebenfalls eine Schule für
das Leben erhalten.
Aber als Beide
mit einem dem Hause
Kolderup gehörenden Schiffe auf die Reise gehen, bahnt sich Unheil an.
Das Schiff, welches einen ziemlich ungewöhnlichen Zickzackkurs
eingeschlagen hat, kommt in ein Unwetter und bald darauf gerät es in
Seenot. Als es zu sinken droht, werden die beiden Weltreisenden über
Bord geworfen, um sich Retten zu können. Gestrandet erkennt Godfrey der
kurz darauf auch Tartelett findet, dass sie die Einzigen des Schiffes
sind, die sich retten konnten. Nur mit einem Taschenmesser ausgerüstet
sieht die Zukunft nicht sehr rosig aus, haben sie doch schnell
herausbekommen, dass sie sich auf einer einsamen Insel befinden. Die
Lage ändert sich aber komplett, als ein angeschwemmter Reisekoffer,
eine Seekiste, gefunden wird (siehe Bild links /1/). Waffen,
Ausrüstung, Kleidung alles was man zum Leben auf einer einsamen Insel
benötigt - gelangt in die Hände des ungleichen Paars. Solch einen
Vorfall mit einem sonderbaren Strandgut konnten wir auch schon in der Geheimnisvollen
Insel genauso lesen (siehe dazu Bild
weiter unten rechts im Text /2/).
Aber
das ist nicht die einzige Überraschung, die die Insel, von Godfrey
nach seiner Liebsten Phina benannt, bietet. Da steigt Rauch auf - aber
keine Spur von Menschen ist zu finden. Da stößt man auf einen Bären und
einen Tiger, man schießt auf sie, trifft auch - und doch sind sie
plötzlich vom Erdboden verschwunden. Zum Schutz vor Wetterunbilden und
wilden Tieren haben sich die Beiden im Stamm eines riesigen Sequoia
häuslich eingerichtet. Nach einiger Zeit, man hat sich gerade etwas
eingerichtet, da landen Wilde, offenbar Kannibalen, und sie wollen ein
Menschenopfer darbringen. Unsere beiden Helden können das Opfer gerade
noch befreien und nach dem Schusswechsel flüchten die Wilden mit ihren
Einbäumen. Wie der berühmte Freitag im Originalrobinson unterwirft
sich der Gerettete Schwarze den beiden Weißen (siehe dazu die beiden
Bilder weiter unten: Links aus diesem Roman Quelle /1/ Bild
beschnitten, rechts die Vorlage /3/). Er stellt sich später mit dem
Namen Karefinotu (Carefinotu) vor und er wird in die kleine
Gemeinschaft aufgenommen.
Aber
das Leben wird trotzdem immer schwerer beherrschbar: Anfangs ein
Inselparadies, tauchen jetzt plötzlich Krokodile, diverse Schlangen und
dann, wie nach Landung der Arche Noah, das gesamte Spektrum von
Raubtieren aus aller Welt auf. Die Lage eskaliert, als die drei
Robinsons in ihrem Baumhaus von den Raubtieren überfallen werden.
Schließlich erobern die Raubtiere die Unterkunft, metzeln die Haustiere
nieder und beim Eindringen in die Wohnhöhle entzündet das Herdfeuer den
gesamten Baum. Jetzt wird es im wahverne30.htmlrsten Sinne des Wortes brenzlig für
die Bedrohten. Mitten im Überlebenskampf beherrscht Karefinotu auf
einmal die englische Sprache! Noch ehe Godfrey das Rätsel lösen kann,
bricht der Baum um und die Raubtiere bedrängen unsere Helden.
Aber die Rettung naht: Schüsse knallen, die wilden Tiere werden zur Strecke gebracht und die Robinsons sind gerettet (siehe Bild rechts /4/). Die Rätsel lösen sich. Urheber des Schiffbruchs ist Onkel Kolderup gewesen, der das Ganze inszeniert hatte um seinen Neffen die Flausen auszutreiben und um ihn die gewünschte Lehre für das Leben zu geben. Aber wie so oft, geriet das Experiment aus dem Ruder. Kolderup wurde selbst genarrt: Sie sorgenvolle Phina hatte den Schiffbrüchigen das rätselhafte Strandgut zukommen lassen und die ganzen wilden Tiere? Die ersten Beiden waren genauso falsch wie der Eingeborene Karefinotu, der ein arrangierter Schauspieler war. Dann aber hatte der in der Versteigerung besiegte Widersacher Taskinar seinen Beitrag geleistet. Aus Rache das er die Insel nicht erhalten hatte, ließ er diverse Raub- und Wildtiere aussetzen. Im Nachhinein fand sogar Kolderup diese Idee faszinierend. Schlussszene: Allgemeine Ausversöhnung und unser zukünftiges Brautpaar will demnächst einen Sommer auf der Insel verbringen ...
Nachtrag:
In
den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts bemerkte Verne selbstkritisch in
seiner Korrespondenz, dass ihm die richtig zündenden Ideen ausgegangen
waren. Dies ist exemplarisch im Roman Die Schule der Robinsons
zu bemerken. Vieles kommt plakativ, Ereignisse sind vorhersehbar oder
gewisse Gestaltungselemente wurden schon in anderen Romanen
verarbeitet. Insgesamt fehlt der Schwung und der straffe
Handlungsfaden. Das Buch macht den Eindruck eines Auftragswerkes. Es
hat selbst mich, einem Freund von Robinsonaden, nicht mitreißen können.
Beim wiederholtem Lesen fiel mir noch auf, dass gewisse inhaltliche und
logische Probleme im Buch vorhanden sind. Dazu zählt der technisch
fragwürdig inszenierter Schiffsuntergang, dass zu umfangreiches
Strandgut, welches nicht mal in zwei Kisten Platz finden würde,
geschweige denn in einer; die mechanisch animierten Wildtiere und die
Tatsache, dass bei der Inszenierung des kannibalischen Opfers, der Tod
der Schauspieler durch die Kugeln der Robinsons in Kauf genommen
wurde. Diese Fakten setzen eine gewisse Toleranz des Lesers voraus.
Gleichzeitig strotzt das Buch von Zitaten in Form von Ideen oder
Gleichnissen aus anderen Büchern. Da ist die gewollte Bezugnahme zum Original-Robinson
(siehe dazu auch oben
die Bilder zur Thematik Freitag), da ist das Baumhaus und die
gerettete Menagerie der Haustiere aus Vernes Lieblingsbuch
Der
schweizerische Robinson von Wyss und auch das
geheimnisvolle Strandgut der
Geheimnisvollen
Insel (siehe auch weiter oben die
Gleichnisse in den Bildern) kommt wieder vor. Selbst die wild
zusammengewürfelte Fauna und Flora hat bei Verne schon Tradition ...