Plattdeutsche Ortsnamen
1 Man vergleiche den Namen der nahe gelegenen Dörenschlucht.
2 In der Älteren Herzebrocker Heberolle findet sich der altsächsische Name Owanwida (Ofanuuida). Dieser und die mittelniederdeutsche Form Avenwedde bedeuten soviel wie "Schafweide". Man vergleiche das plattdeutsche Wort Öwwe(n) ("Mutterschaf/weibliches Schaf"). Dazu passt die Endung -wie ("-weide") des plattdeutschen Namens. Bonne- bedeutet wahrscheinlich "Einfriedung/Einzäunung (für Vieh)". Damit verwandt sind die plattdeutschen Wörter Büne und Bunte ("geflochtener Zaun, Flechtzaun"). Bonnewiebedeutet soviel wie "umzäunte Weide".
3 Queckendorf. Nicht ganz ernst gemeint.
4 In der Älteren Herzebrocker Heberolle findet sich das Wort Emisa als altsächsischer Name der Emsbauernschaft.
5 Kommt wohl von *Niggen Timpe. Man vergleiche das plattdeutsche Wort Timpken ("Zipfel"). Friedrichsdorf befindet sich am äußersten Ende des Reckenberger Gebietes.
6 Zerstörtes Dorf in der Senne.
7 Der plattdeutsche Name stammt aus der Zeit, als Nordhorn noch eine Bauernschaft war. Die altsächsische Form lautete Northornon (Quelle: Ältere Herzebrocker Heberolle).
8 Beim hochdeutschen Ortsnamen handelt es sich wohl um eine falsche Übersetzung des plattdeutschen Namens. Dieser bedeutet soviel wie "hinter Steinhagen". Man vergleiche den Namen der Bauernschaft Überems bei Harsewinkel, die von Harsewinkel aus gesehen hinter der Ems liegt.
9 Der Oberlauf der Hase wurde auf Mittelniederdeutsch Osen genannt. Die altgermanische Form lautet Osna, was soviel wie "Bergfluss" bedeutet. (Verwandt mit altsächsischem Aha ("Wasser, Fluss"), aus dem sich der häufig im niederdeutschen Bereich vorkommende Name Aa zur Bezeichnung eines Wasserlaufes entwickelt hat. Siehe Fußnote 11 zur Bedeutung des Wortes Os).
10 Verwandt mit plattdeutschem Raide "Sumpf". In der in altsächsicher Zeit entstandenen Älteren Herzebrocker Heberolle heißt es Retha und Retho. Im Freckenhorster Heberegister wird der altsächsische Name der Bauernschaft Rheda bei Harsewinkel als Rhedu wiedergegeben.
11 Die Form Osning als Bezeichnung des Teutoburger Waldes ist gelehrter Herkunft und entstammt nicht der plattdeutschen Umgangssprache, sondern dem Mittelniederdeutschen. - Außerdem gab es im Mittelniederdeutschen die Formen Osnig und Osnikke. - Das Wort Osning/Osnig ist wohl verwandt mit altnordisch As (Ås) "Bergrücken". Das Wort As/Ås muss ursprünglich Teil des gemeingermanischen Wortschatzes gewesen sein.
Als das Wort As (Ås) schließlich nicht mehr verstanden wurde, hängte man in altgermanischer Zeit das Wort Eggia "Egge, Bergrücken" an. Das plattdeutsche Wort Egge bedeutet u.a. "Bergrücken". (Außerdem kann es "Schneide," "Kante" oder "Ecke" bedeuten.) Es dient noch heute zur Bezeichnung vieler Höhenzüge im Teutoburger Wald ("Große Egge," "Kahle Egge," "Werther Egge" u.s.w.). Ich vermute, dass Egge mit dem englischen Wort edge verwandt ist. Im 9. Jh. schreibt Einhard, der Biograph Karls des Großen, Osneggi. Das mittelniederdeutsche Osnig dürfte sich aus dem von Einhard überlieferten altgermanischen Ausdruck Osneggi entwickelt haben.
Der zum Bistum Lüttich gehörige mittelalterliche Gau Arduenna (in den Ardennen im heutigen Belgien) wird in einer Urkunde aus dem Jahre 982 Osning genannt. Da Arduenna soviel wie "Hochland" bedeutet, sehe ich meine Vermutung bestätigt, dass das Wort Osning ganz allgemein die Bedeutung "Bergzug, Bergrücken" gehabt haben muss und im hohen Mittelalter in seiner Bedeutung noch nicht auf den Namen eines bestimmten Gebirges, nämlich den des Teutoburger Waldes, eingeschränkt war.
Im engeren Sinne haftet der Name Osning/Osnig heute an dem Abschnitt des Teutoburger Waldes, der nördlich und südlich von Bielefeld gelegen ist (etwa von Halle bis Oerlinghausen). Der Abschnitt, auf dem sich die Ravensburg (zwischen Halle und Borgholzhausen) befindet, heißt im heutigen Plattdeutsch Ramskenbrink. Wohl entstanden aus *Ravensken Brink. Der am Rande der Senne gelegene Abschnitt zwischen Oerlinghausen und Paderborn heißt auf Plattdeutsch Lippsken Waule.
Der Name des am Fuße der Stromberger Berge gelegenen Osnienkamps ist vielleicht auf ähnliche Weise entstanden sein wie das Wort Osning. Bedeutet der Name der alten Grafschaft Waldeck in Hessen, die zum Teil noch zum plattdeutschen Sprachgebiet gehört, soviel wie "Waldegge"? Der Name des Eggegebirges südlich des Teutoburger Waldes ist wahrscheinlich ganz ähnlich entstanden wie das Wort Osning/Osnig: Hochdeutsche Kartographen, die das Wort Egge nicht verstanden, haben überflüssigerweise den Zusatz -gebirge angehängt.
Der Begriff Teutoburger Wald kam erst auf, nachdem Anfang des 16. Jhs. ein Exemplar der bis dahin verschollenen ersten sechs Bücher der Annales des römischen Geschichtsschreibers P. Cornelius Tacitus im Kloster Corvey bei Höxter wiederentdeckt worden war, in dem der Ausdruck saltus Teutoburgiensis als Bezeichnung des Teutoburger Waldes vorkommt (Annales I, 60). Vielleicht kann man das Wort Teutoburgium mit "Volksburg" (Fluchtburg) deuten. Saltus Teutoburgiensis hieße demnach soviel wie "Waldgebirge der Fluchtburgen". Tatsächlich gibt es Überreste solcher vorgeschichtlicher Fluchtburgen im Teutoburger Wald. Für das ungeschulte Auge sind die archäologischen Anzeichen aber schwer zu erkennen. Es gibt Tafeln, die auf solche Stätten hinweisen.
12 Wohl verwandt mit dem schwedischen Wort fala, das soviel bedeutet wie " (mit Heide bewachsene) Ebene". (Die Mittelgebirge des Sauerlandes wurden erst im 7. Jh. in das sächsische Gebiet einbezogen.) In dem gegen Ende des 8. Jhs. erlassenen und in lateinischer Sprache abgefassten Capitulare Saxonicum findet sich der Ausdruck Westfalahi(s) als Bezeichnung der Westfalen.
13 Altsächsisch Cleholta (Quelle: Ältere Herzebrocker Heberolle). Der Name bedeutet wohl so viel wie "Lehmwald". Man vergleiche das plattdeutsche Wort Klegg "Lehm".
14 Altsächsisch Thrufla und Thruflon (Quelle: Ältere Herzebrocker Heberolle). Das plattdeutsche Wort Druffel bedeutet "Haufen, Ansammlung".
15 Altsächsisch Haswinkla (Hasuinkla) (Quelle: Ältere Herzebrocker Heberolle).
16 Altsächsisch Herithi und Herithe (Quelle: Ältere Herzebrocker Heberolle). Der Name bedeutet möglicherweise soviel wie "Heideort".
17 Altsächsisch Hrossabroca (Quelle: Ältere Herzebrocker Heberolle). Der Name bedeutet so viel wie "Pferdeweide". Man vergleiche das plattdeutsche Wort Brouk "feuchter Wald, feuchte Niederung". Außerdem finden sich in der Älteren Herzebrocker Heberolle die Formen Hrossabroch und Rossabroch.
18 Altsächsisch Ulithi (Quelle: Ältere Herzebrocker Heberolle). Möglicherweise verwandt mit altsächsisch Ula ("Eule") und -ithi ("-ort"). "Eulenort".
19 Altsächsisch Padanstidi (Quelle: Ältere Herzebrocker Heberolle).
20 Altsächsisch Spehtashard (Quelle: Ältere Herzebrocker Heberolle). Möglicherweise verwandt mit altsächsisch hard ("Wald"). "Spechtswald".
21 Altsächsisch Widanbrucki und Widenbruggon (Quelle: Ältere Herzebrocker Heberolle). Möglicherweise verwandt mit altsächsisch widu "Wald". "Waldbrücke".
22 Van Berkel und Sampronius (Nederlandse plaatsnamen, Utrecht 1995) bringen den Namen des niederländischen Ortes Ankum in Verbindung mit dem Wort enk ("hoch gelegenes Ackerland"). - Leider teilen Van Berkel und Sampronius nicht mit, aus welcher Sprache dieses Wort stammt. - Tatsächlich passt diese Deutung aber gut zu Ankhiusen/Iänkhousen. Oerlinghausen liegt nämlich auf einem kleinen Berg. Das niedersächsische Ankum befindet sich in einem Ausläufer des Teutoburger Waldes. Wahrscheinlich gehört auch der niederländische Ortsname Enkhuizen zu dieser Gruppe.