Name: Eichmann
- ️Vera Gaserow
- ️Fri Jul 07 1995
7. Juli 1995 Quelle: DIE ZEIT, 28/1995
Er ist noch neu an der Tübinger Universität. Die Telephonzentrale muß eine Weile suchen, bis er sich mit leiser Stimme meldet: "Eichmann." Kein seltener Name. Jedes Telephonbuch nennt eine ganze Liste. Darauf konnte er sich zurückziehen, gut dreißig Jahre lang. Immer dann, wenn jemand - meist beiläufig - wissen wollte, ob denn er? Jetzt will er nicht mehr drumherum reden: Ja, er. Und er wäre ein anderer, wenn diese Frage mit nur einem Wort zu beantworten wäre.
Ricardo Eichmann, seit April Professor für Archäologie des vorderen Orients an der Universität Tübingen, ist der jüngste Sohn Adolf Eichmanns und der einzige unter den vier Geschwistern, der sich jetzt öffentlich zu seiner Biographie bekennt. Als der Vierzigjährige die Professur in Tübingen annahm, war ihm klar, daß er mit dem öffentlichen Amt auch bereit sein muß, über sich zu reden. Das war er seinen Studenten schuldig - und wohl auch sich selbst, denn der Gang an die Öffentlichkeit könnte ein Schritt aus dem ewigen Zwiespalt sein: ein normales Leben führen zu wollen und doch immer auch Sohn zu sein.