Geisel der Geschichte
- ️Peter Eisenman
- ️Thu Oct 30 2003
Das Unternehmen Degussa ist vom Bau des Holocaust-Mahnmals ausgeschlossen worden, weil eine Tochterfirma im Hitlerreich das Giftgas für die Vernichtung der Juden hergestellt hatte. Diese Reaktion ist falsch. Eine Intervention
30. Oktober 2003 Quelle: (c) DIE ZEIT 30.10.2003 Nr.45
Es grenzt an Ironie, dass ein Architekt, dessen Arbeit mehr mit Abstand als mit Nähe und eher mit Schweigen als mit Reden zu tun hat, an einem Projekt beteiligt ist, das ihm weder erlaubt, in sicherem Abstand zu verweilen noch sich in Schweigen zu hüllen. Es ist eine Sache, kritische Distanz zum Entwurf eines Opernhauses zu wahren, aber es ist eine ganz andere, wenn es sich um das deutsche Mahnmal für die Opfer des Holocaust handelt. Obwohl manche das behaupten, betrachte ich mich selbst keineswegs nur als eine Maschine, als einen Mann, der alles tut, was die Kunden von ihm wollen. Als Architekt des Mahnmals für die in Europa ermordeten Juden muss ich mich deshalb gegen die Bemühungen des Kuratoriums aussprechen, einen vorübergehenden Baustopp zu erwirken, nur weil ein Subunternehmer vor über 60 Jahren an verwerflichen Taten beteiligt war.