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Vom Ende einer Art

  • ️Burkhard Wetekam
  • ️Thu May 08 2008

Zeitläufte: Vom Ende einer Art

1858 brachen zwei englische Vogelkundler auf, um auf Island die letzten Riesenalke zu finden. Doch ihre Suche blieb vergeblich

8. Mai 2008 Quelle: DIE ZEIT, 08.05.2008 Nr. 20

Geräuschlos verschwinden immer mehr Tier- und Pflanzenarten von der Erde. Ihre Lebenswelt wird durch den Menschen zerstört; schon länger ist vom Großen Artensterben die Rede. Dass Tiere bis zum letzten Exemplar eigenhändig ausgerottet werden, kommt heute allerdings kaum noch vor. Und doch begann einst auf diese Weise jener Prozess, der unumkehrbar geworden zu sein scheint.

Einige der vernichteten Arten sind wohlbekannt. So "verschwand" um 1780 die Dronte von unserem Planeten, ein flugunfähiger Vogel, der auf der Insel Mauritius vor Madagaskar lebte. Er wurde – in heutigen Worten formuliert – ein Opfer der expandierenden Seefahrerei. Aber auch große Populationen hatten mitunter keine Chance. Die Schwärme der Wandertaube verdunkelten einst Nordamerikas Himmel. Um 1850 geriet die Jagd auf diese Tiere zu einem wahren Volkssport. 1896 erlegten Sonntagsjäger Zigtausende der schönen Vögel an einem einzigen Tag – im vollen Bewusstsein der Tatsache, dass sie auf den letzten verbliebenen Schwarm losgingen; 1914 starb die letzte Wandertaube im Zoo von Cincinnati. Besonders wenig Zeit blieb der Stellerschen Seekuh nach der Entdeckung durch den deutschen Naturforscher Georg Wilhelm Steller. Der sichtete und beschrieb 1741 erstmals die bis zu zehn Meter langen Wassersäugetiere, die in großen Herden an den Küsten des Beringmeeres lebten. Nur 27 Jahre später erschlugen Robbenjäger das letzte dieser sanften Geschöpfe.