Zum Reden geboren
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- ️Wed Jan 04 2006
Kinder: Zum Reden geboren
In seinen Bestsellern erklärt der Kognitionspsychologe Steven Pinker, dass wir unsere Muttersprache per genetisch gesteuertem "Sprachinstinkt" lernen. Und zwar jeder gleich gut - auch wenn diese These Deutschlehrer überraschen dürfte.
4. Januar 2006, 4:30 Uhr Quelle: (c) ZeitWissen 01/2006
Was stört Ihre Gegner an der Annahme, wir hätten einen angeborenen Sprachinstinkt?
Steven Pinker: Viele begehen einen beliebten Denkfehler: Sie glauben, weil etwas angeboren ist, spult es sich maschinell ab, und der Mensch kann nicht mehr eingreifen. Wenn das menschliche Gehirn angeborene Strukturen aufweist, dann könne es nicht lernen. Ich sage genau das Gegenteil: Um überhaupt intelligent lernen zu können, muss das Denksystem sehr komplexe Strukturen mitbringen - dann kann es auf besonders angepasste Weise Informationen von außen aufnehmen.
Wieso ist der Instinkt nicht stark genug, dass Kinder Sprache lernen, indem sie einfach vor dem Fernseher sitzen?
Man riet gehörlosen Eltern von Kindern, die hören können, diese per Fernseher die Lautsprache lernen zu lassen - aber das klappte nicht. Denn um Sprache zu lernen, müssen Kinder nicht nur Sprachlaute hören, sondern auch herausfinden, was der Sprecher mit dem Gesagten meinen könnte. Beim Fernsehen klappt das nicht, weil es nur hypothetische Situationen zeigt, die zu wenig mit der Welt des Kindes zu tun haben.
Das Kind braucht also Gespräche um sich herum, die mit seiner Wahrnehmung und seinen Interessen zu tun haben?
Ja, denn sonst schafft es den Schritt nicht, sich in die Gesprächspartner hineinzudenken - und das ist wichtig für den Spracherwerb.
Wie erkennt ein kleines Kind denn den Unterschied zwischen einer Äußerung wie "Hund" und einer wie "ähem"?