Geschichte
Seine Gründung im August 1871 auf einem Anwaltstag in Bamberg geht auf Initiativen des Preußischen und des Bayerischen Anwaltvereins zurück.
Sitz des Deutschen Anwaltvereins war zunächst zehn Jahre lang Berlin, dann Leipzig und von 1932-1933/34 wiederum Berlin. 1977 zog er von Hamburg, wo er nach dem 2. Weltkrieg wiedergegründet wurde, nach Bonn, das er zugunsten des Regierungssitzes Berlin im Jahre 2000 verlassen hat, um dem Deutschen Bundestag und dem Bundesministerium der Justiz wie bisher auch räumlich nahe zu bleiben.
Schon der „alte“ DAV befasste sich mit der Justizgesetzgebung, vertrat die wirtschaftlichen Interessen der Anwaltschaft und veranstaltete repräsentative Anwaltstage. Dennoch war er – aus heutiger Sicht – eher Honoratiorenverein als Interessenverband. Obgleich er, vor allem in der Zeit der Weimarer Republik, mehr und mehr unmittelbar Einfluss auf die Reichsgesetzgebung zu nehmen versuchte, stand er vielen brennenden Problemen der Anwaltschaft oft hilflos gegenüber.
1933/34 – das gehört zu den dunklen Seiten unserer Geschichte – ließ sich der DAV gleichschalten. Nicht so schnell wie andere Vereinigungen, aber doch ohne große Widerstände. Schließlich wurden er und die örtlichen Anwaltvereine förmlich aufgelöst. Die Anwälte hatten sich in die Fachgruppe Rechtsanwälte des Bundes nationalsozialistischer deutscher Juristen einzugliedern.
Die heute als selbstverständlich erscheinende Wiedergründung des DAV nach dem 2. Weltkrieg war das Werk eines Mannes, des Hamburger Rechtsanwalts Dr. Emil von Sauer, der als Vorsitzender des Hamburgischen Anwaltvereins zunächst die in der Britischen Zone neu oder wiedererstandenen örtlichen Anwaltvereine zu einem „Deutschen Anwaltverein Nord-West“ zusammenfasste. Im Gegensatz zum alten DAV, der die Einzelmitgliedschaft kannte, wurde der neue ein „Vereinsverein“, seine Mitglieder waren und sind die heute 253 örtlichen Anwaltvereine.
Der erste Anwaltstag nach dem 2. Weltkrieg fand 1949 in Coburg statt und brachte den Durchbruch nach Süddeutschland. Aber noch bis in die fünfziger Jahre hinein war es eine wichtige Aufgabe, im Süden und Südwesten der Bundesrepublik örtliche Anwaltvereine zu gründen und sie zu bewegen, sich dem DAV anzuschließen. Heute gehören dem DAV (über die Mitgliedsvereine) mehr als 60.000 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte an.
Seit seiner Wiedergründung befasst sich der Verein verstärkt mit der Justizgesetzgebung, wobei der Schwerpunkt auf dem Verfahrensrecht liegt. Die Stellungnahme zu Gesetzentwürfen – oftmals schon zum ersten Referentenentwurf – werden von den DAV-Gesetzgebungs- und Fachausschüssen erarbeitet und genießen bei Ministerien, vor allem aber bei Parlamentariern, große Wertschätzung. Seit dem Bestehen der Bundesrepublik ist keines der großen Verfahrensgesetze zustande gekommen, ohne dass der DAV zu seinem Entwurf eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben hätte.
Der Fort- und Weiterbildung wurde bereits seit 1953 große Aufmerksamkeit gewidmet. Das seit dieser Zeit ständig erweiterte und verbesserte Seminar- und Lehrgangsprogramm wird seit 1978 von der Deutschen Anwaltakademie organisatorisch betreut und in allen Teilen der Bundesrepublik durchgeführt. Mit dieser „Regionalisierung“ ermöglichen DAV und Deutsche Anwaltakademie einer großen Zahl von Anwälten die Vertiefung ihrer Kenntnisse und den Erwerb von Spezialkenntnissen auch auf solchen Rechtsgebieten, die von der immer noch überwiegend justizförmig ausgerichteten Ausbildung während der Vorbereitungszeit vernachlässigt werden. Seit 1995 wird die Deutsche Anwaltakademie den wirtschaftlichen Erfordernissen entsprechend als GmbH geführt, deren einziger Gesellschafter der Deutsche Anwaltverein ist.
Fester Bestandteil des DAV sind seine mittlerweile über30 Arbeitsgemeinschaften. Die erste hat sich 1976 gegründet, es war die Arbeitsgemeinschaft der Syndikusanwälte. Als erste (Fach-) Arbeitsgemeinschaft, die sich einem bestimmten Rechtsgebiet widmet, kam im Jahre 1979 die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV hinzu. Im Vorfeld gab es bereits seit 1975 einen „Arbeitskreis für Insolvenzrecht im DAV“. Aber auch schon einige Landesarbeitsgemeinschaften zum Verwaltungsrecht. Seitdem sind zahlreiche Arbeitsgemeinschaften dazu gekommen. Die Initiative kam meist von den Kolleginnen und Kollegen. Die Arbeitsgemeinschaften vermitteln in zahlreichen Veranstaltungen nicht nur Spezialwissen zu bestimmten Rechtsgebieten, sondern bieten auch interessante Möglichkeiten des wechselseitigen Austauschs zwischen dem im betreffenden Rechtsgebiet tätigen Kolleginnen und Kollegen an. Das Leistungsspektrum ist sehr breit und reich von Fachveranstaltungen, Kurzlehrgängen, Mitteilungsblättern, elektronischen Newsletter bis hin zur eigenen Pressearbeit.
Schon 1990 eröffnete der Deutsche Anwaltverein zusätzlich zur Bonner Geschäftsstelle sein Büro in Berlin, das vielfache Aktivitäten beim Aufbau der Rechtspflege in den neuen Bundesländern koordinierte. Inzwischen gibt es auch in Ost-Deutschland „flächendeckend“ Anwaltvereine. Die bisher dort gegründeten Vereine sind dem DAV als Mitglieder beigetreten.
Seit 1997 unterhält der Deutsche Anwaltverein sein Büro in Brüssel. In einer Zeit, in der die nationale Gesetzgebung der Länder der Europäischen Gemeinschaft immer mehr von Brüssel bestimmt wird, setzt erfolgreiche Rechtspolitik in Deutschland enge Kontakte zu Brüssel voraus. Der Deutsche Anwaltverein hat sie und wird sie mit Hilfe seines Büros in Brüssel weiter intensivieren.
Informationen über das Forschungsprojekt des DAV zum Thema „Moderne Anwaltsgeschichte“ finden Sie auf der Homepage des Vereins Moderne Anwaltsgeschichte e.V. unter www.anwaltverein.de/anwaltsgeschichte. Ausführliche Informationen zum Thema Anwaltsgeschichte finden Sie auf der Homepage des Forums Anwaltsgeschichte e.V. unter www.anwaltsgeschichte.de