Anaxarch – Wikipedia
Anaxarch (altgriechisch Ἀνάξαρχος Anáxarchos; * um 380 v. Chr. in Abdera, Thrakien; † um 320 v. Chr.) war ein griechischer Philosoph, der der Schule Demokrits angehörte.
Anaxarch wurde in Abdera in Thrakien geboren. Seine philosophische Ausbildung erhielt er bei Diogenes von Smyrna. Er war ein Freund Alexanders des Großen und begleitete diesen auf seinen Feldzügen in Asien. Über Anaxarchs Leben und seine Lehren sind vorwiegend die von Diogenes Laertios überlieferten Anekdoten erhalten, die seine außergewöhnliche Standhaftigkeit und Seelenruhe hervorheben.[1] Ihre historische Richtigkeit kann zwar im Einzelnen kaum überprüft werden, sie haben jedoch das bleibende Bild Anaxarchs derart geprägt, dass man sie schon wegen ihrer literarischen Wirkung nicht beiseitelassen kann. So soll der Philosoph als Antwort auf Alexanders Anspruch, ein Sohn des Zeus zu sein, auf eine blutende Wunde Alexanders gezeigt und gesagt haben: „Das ist das Blut eines Sterblichen und nicht Ichor, wie es aus den Venen der unsterblichen Götter fließt“[2] – der zweite Satzteil ist ein Zitat aus der Ilias.[3]
Während eines Gastmahls soll Anaxarch zu Alexander auf die Frage, wie ihm die Darbietungen gefielen, allzu offenherzig gesagt haben, es fehle nur, dass der Kopf „eines gewissen Satrapen“ serviert würde, wobei er auf König Nikokreon von Salamis (Zypern) zeigte. Diese Bemerkung zog ihm Nikokreons Feindschaft zu.[4] Anaxarch war Lehrer des Skeptikers Pyrrhon von Elis und erscheint in der Überlieferung als Schmeichler Alexanders.[5] Vor allem nach der Kleitos-Affäre trat er als Gegner von Alexanders Hofgeschichtsschreiber Kallisthenes von Olynth auf.[6] Er soll großen Reichtum erlangt und in Luxus geschwelgt haben.[7] Als die Chaldäer Alexander 323 v. Chr. vor dem Einzug in Babylon warnten und der König daher zuerst in Borsippa westlich des Euphrat Halt machte, überzeugte Anaxarch ihn hier, diesen abergläubischen Verkündigungen nicht weiter Glauben zu schenken.[8] Der König begab sich daher doch nach Babylon, wo er indessen bald darauf starb.
Einige Zeit nach Alexanders Tod strandete Anaxarch an der Küste Zyperns und geriet in die Gewalt des Königs Nikokreon. Als letzterer daraufhin den Philosophen in einem Mörser zu Tode stampfen ließ, soll dieser die Folter ohne Schmerzensrufe ausgehalten und nur gesagt haben: „Vernichte den Körper des Anaxarch, Anaxarch selbst wirst du nicht vernichten“. Als Nikokreon daraufhin gebot, dem Philosophen die Zunge herauszureißen, biss Anaxarch sich diese ab, damit der Tyrann nicht einmal darüber gebieten könne.[9] Dieser Tod Anaxarchs wurde durch die Erwähnungen bei Cicero[10] und Valerius Maximus[11] sehr bekannt und bis in die Neuzeit oft als Beispiel extremer Standhaftigkeit zitiert.
Anaxarchs philosophische Ansichten und Lehren sind nicht bekannt. Sein Beiname εὐδαιμονικός (eudaimonikós „der Glückselige“) wird aber teilweise dahingehend gedeutet, dass er als ethisches Lebensziel (Telos) das Glück (griechisch Eudaimonia) ansah. Zudem kann man wegen der Anekdoten annehmen, dass das Ideal der unerschütterlichen Seelenruhe (Ataraxie) für ihn eine große Rolle spielte. Valerius Maximus nennt ihn auch als Anhänger der Lehre Demokrits, dass es unendlich viele Welten gebe.[12]
- Richard Goulet, François Queyrel: Anaxarque d'Abdère. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques, Bd. 1, CNRS, Paris 1989, ISBN 2-222-04042-6, S. 188–191; Nachtrag im Band Supplément, Paris 2003, ISBN 2-271-06175-X, S. 71
- Waldemar Heckel: Who’s Who in the Age of Alexander the Great. Prosopography of Alexander’s Empire. Blackwell, Oxford u. a. 2006, ISBN 1-4051-1210-7, S. 27.
- Julius Kaerst: Anaxarchos 1). In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I,2, Stuttgart 1894, Sp. 2080.
- Tim O’Keefe: Anaxarchus (c. 380 – c. 320 BCE). In: James Fieser, Bradley Dowden (Hrsg.): Internet Encyclopedia of Philosophy.
- Englische Übersetzung der Biographie des Diogenes Laertios
- Altgriechischer Originaltext der Biographie des Diogenes Laertios
- ↑ Diogenes Laertios, Über Leben und Lehren berühmter Philosophen 9, 10, 58–60.
- ↑ Diogenes Laertios, Über Leben und Lehren berühmter Philosophen 9, 10, 60.
- ↑ Homer, Ilias 6, 340.
- ↑ Diogenes Laertios, Über Leben und Lehren berühmter Philosophen 9, 10, 59; vgl. Plutarch, Alexander 28, 4.
- ↑ Athenaios, Deipnosophistai 6, 250 f – 251 a.
- ↑ Arrian, Anabasis 4, 10, 5 – 11, 9; Plutarch, Alexander 52, 8 f.
- ↑ Klearchos bei Athenaios, Deipnosophistai 12, 548 b-c.
- ↑ Diodor, Bibliothḗkē historikḗ 17, 112, 4 f.; Iustinus, Epitoma historiarum Philippicarum Pompei Trogi 12, 3, 5.
- ↑ Diogenes Laertios, Über Leben und Lehren berühmter Philosophen 9, 10, 59.
- ↑ Cicero, Tusculanae disputationes 2, 22, 52; De natura deorum 3, 33, 82.
- ↑ Valerius Maximus, Facta et dicta memorabilia 3, 3 ext. 4.
- ↑ Valerius Maximus, Facta et dicta memorabilia 8, 14 ext. 2.
Personendaten | |
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NAME | Anaxarch |
ALTERNATIVNAMEN | Anaxarchos; Anaxarchus |
KURZBESCHREIBUNG | griechischer Philosoph |
GEBURTSDATUM | um 380 v. Chr. |
GEBURTSORT | Abdera, Thrakien |
STERBEDATUM | um 320 v. Chr. |