Julia-Menge – Wikipedia
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und den Parametern
cre = cim = -0.5251993
Die Julia-Mengen, erstmals von Gaston Maurice Julia und Pierre Fatou beschrieben, sind Teilmengen der komplexen Zahlenebene, wobei zu jeder holomorphen oder meromorphen Funktion eine Julia-Menge gehört. Oft sind die Julia-Mengen fraktale Mengen. Das Komplement der Julia-Menge heißt Fatou-Menge.
Wendet man eine auf ganz definierte Funktion
immer wieder auf ihre Funktionswerte an, dann ergibt sich für jedes
eine Folge komplexer Zahlen:
Abhängig vom Startwert kann diese Folge zwei grundlegend verschiedene Verhalten zeigen:
- Eine kleine Änderung des Startwertes führt zu praktisch der gleichen Folge, die Dynamik ist in gewissem Sinne stabil: Der Startwert wird der Fatou-Menge zugeordnet.
- Eine noch so kleine Änderung des Startwertes führt zu einem komplett anderen Verhalten der Folge, die Dynamik hängt „chaotisch“ vom Startwert ab: Der Startwert gehört zur Julia-Menge.
Das Newton-Verfahren ist eines der bekanntesten und am weitesten verbreiteten Verfahren zur Lösung nichtlinearer Gleichungen. Hat man die zu lösende Gleichung in der Form
geschrieben, dann sind Nullstellen einer Funktion
zu finden. Ist die Funktion
differenzierbar, dann transformiert das Newton-Verfahren das statische Problem
in einen dynamischen Prozess: Es liefert eine Iterationsvorschrift der Gestalt
mit folgenden Eigenschaften:
Man muss also nur eine ungefähre Lösung des Problems haben. Die Fixpunkte agieren dabei ähnlich wie die Zentren von Kraftfeldern, die Teilchen in ihrer Nähe anziehen. Mit jedem Iterationsschritt wandern die Teilchen näher zur Kraftquelle.
Von seiner Konzeption her ist das Newton-Verfahren also – wie andere Fixpunktiterationen auch – ein lokales Verfahren, dessen Verhalten bekannt ist, wenn man sich nahe an einer Nullstelle befindet. Was geschieht jedoch, wenn wir uns weiter von den Anziehungspunkten entfernen, und wie sehen die Grenzen zwischen den Einzugsbereichen der einzelnen Kraftquellen aus?
![](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/0/06/Julia_N_z3_-2z_2.jpg/310px-Julia_N_z3_-2z_2.jpg)
Die türkis-, beige- und pinkfarbene Areale sind die Einzugsgebiete der drei Nullstellen des Polynoms.
Startwerte aus den roten Arealen werden von einem Zyklus der Länge 2 angezogen, konvergieren damit nicht gegen eine der Nullstellen. Startwerte aus der weißen Arealen, welche die Grenze zwischen den einzelnen Einzugsgebieten bildet, hüpfen wild umher und konvergieren ebenfalls nicht gegen eine der Nullstellen.
Ernsthafte Untersuchungen über die globale Dynamik des Verfahrens reichen zurück bis ins Jahre 1879, als Lord Arthur Cayley das Problem von den reellen Zahlen auf die komplexen Zahlen ausdehnte und globale Untersuchungen vorschlug:
“In connexion herewith, throwing aside the restrictions as to reality, we have what I call the Newton-Fourier Imaginary Problem. […] The problem is to determine the regions of the plane, such that P being taken at pleasure anywhere within one region we arrive ultimately at the point A; anywhere within another region at the point B; and so for the several points representing the roots of the equation.”
– Arthur Cayley[1]
Dabei stieß er jedoch schon für den Fall, dass ein Polynom dritten Grades ist, auf unüberwindliche Probleme, sodass er seine Untersuchungen schließlich einstellte:
“The solution is easy and elegant in the case of a quadratic equation, but the next succeeding case of the cubic equation appears to present considerable difficulty.”
Vor diesem Hintergrund entwickelten die Franzosen Pierre Fatou und Gaston Julia zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihre Theorie der Iterationen rationaler Funktionen in der komplexen Ebene, das heißt die Theorie diskreter dynamischer Systeme der Form
mit einer meromorphen Funktion
Sei also eine meromorphe Funktion auf dem Abschluss der komplexen Zahlen, also der Quotient einer holomorphen Funktion und eines Polynoms (deren gemeinsame Nullstellen bereits gekürzt seien, z. B. der Quotient zweier teilerfremder Polynome, oder einer Sinus-Funktion durch ein Polynom, wobei Nullstellen an ganzzahligen
Vielfachen gekürzt seien). Zudem sei der Grad von
größer als
Der Grad einer meromorphen Funktion ist das Maximum der Grade der teilerfremden Polynome in Zähler und Nenner. Der Grad gibt im Allgemeinen an, wie viele Urbilder ein Punkt besitzt. Je nachdem, welche Dynamik der Prozess
für einen bestimmten Startwert zeigt, wird dieser Wert einer von zwei Mengen zugeordnet:
- Fatou-Menge
- Die Startwerte aus dieser Menge führen unter Iteration zu einer stetigen Dynamik, das heißt: Wenn sich der Startwert nur ein klein wenig ändert, dann zeigt auch die Dynamik ein ähnliches Verhalten. Julia-Menge
- Die Punkte in dieser Menge führen zu instabilen Prozessen: Jede noch so kleine Änderung des Startwertes führt zu einer komplett anderen Dynamik.
Die Zahlenkugel ist die disjunkte Vereinigung dieser beiden Mengen. Jeder Punkt gehört also entweder zur Fatou-Menge oder zur Julia-Menge. Die Julia-Menge einer Funktion wird als bezeichnet und die Fatou-Menge als
Die historische Definition der Julia-Menge, wie sie von Fatou und Julia stammt und unten nachzulesen ist, ist weder sonderlich intuitiv noch anschaulich. Daher werden hier einige Eigenschaften[2] dieser Mengen zusammengestellt, wozu zunächst ein paar grundlegende Begriffe benötigt werden.
Für jeden Wert definiert die Rekursion
eine Folge von Punkten auf der Riemannschen Zahlenkugel. Diese Folge wird auch als Orbit von bezeichnet:
bedeutet dabei immer
-malige Hintereinanderausführung von
und ist nicht mit der
-ten Potenz zu verwechseln. Die Definition des inversen Orbits erfolgt etwas anders, weil
im Allgemeinen nicht eindeutig umkehrbar ist. Der inverse Orbit eines Punktes
besteht aus allen Punkten, die irgendwann auf diesen abgebildet werden:
Falls für ein
gilt, dann heißt
ein periodischer Punkt und der Orbit
heißt periodischer Orbit oder Zyklus.
Ist die kleinste natürliche Zahl mit dieser Eigenschaft, dann heißt
die Periode des Zyklus. Falls dies für
zutrifft, wenn also
gilt, dann ist
ein Fixpunkt von
Offenbar ist ein periodischer Punkt von
dessen Periode gleich
ist, ein Fixpunkt von
Anhand der Ableitung kann man die Stabilität eines periodischen Punktes charakterisieren. Sei dazu
Dann heißt der periodische Punkt
Durch Anwendung der Kettenregel sieht man, dass für alle Punkte des Zyklus den gleichen Wert hat, und analog heißt dieser Zyklus dann (stark) anziehend, indifferent oder abstoßend.
Diese Namensgebung ist durch folgende Beobachtung motiviert: Für den Fall verhält sich
in einer Umgebung des Fixpunktes
genauso wie
in einer Umgebung von Null. Unter Iteration wandern daher Werte immer näher an den Fixpunkt heran, wenn
gilt, und für
entfernen sich die Werte immer weiter vom Fixpunkt. Unter der Iteration zieht der Fixpunkt also Werte in seiner Umgebung an oder er stößt sie ab. Für
ist der Fall komplizierter, und für
werden die Werte mindestens so stark angezogen wie von
in einer Umgebung von
Ist ein anziehender Fixpunkt von
dann heißt die Menge
das Einzugsgebiet des Fixpunktes. Die Menge besteht also aus allen Punkten, deren Orbit gegen
konvergiert. Offenbar enthält diese Menge den inversen Orbit von
Das
kommt vom englischen basin of attraction (Einzugsgebiet/Sammelbecken des Attraktors, hier also Sammelbecken eines anziehenden Fixpunktes oder Zyklus). Wenn
ein anziehender periodischer Zyklus der Periode
ist, dann hat jeder der Fixpunkte
sein Einzugsgebiet, und
bezeichnet die Vereinigung dieser Einzugsgebiete.
Eine mögliche Definition der Julia-Menge geschieht über die Menge ihrer abstoßenden periodischen Punkte:
wobei „Abschluss“ den topologischen Abschluss meint. Dies ist die Definition, auf der Julia seine Theorie aufbaute. Ausgangspunkt der Fatouschen Arbeit war eine andere, weiter unten angegebene Definition.
Jedes Element der Julia-Menge lässt sich also als Grenzwert einer konvergenten Folge darstellen, die nur aus abstoßenden periodischen Punkten von besteht.
Einige Eigenschaften der Julia-Menge sind:
- Die Menge der abstoßenden periodischen Punkte ist dicht in
und enthält überabzählbar viele Punkte.
- Die Julia-Mengen von
und
sind identisch.
- Für jedes
aus
ist der inverse Orbit
dicht in
- Ist
ein anziehender Zyklus von
dann gilt für das Einzugsgebiet des Zyklus und dessen Rand:
und
- Sei
ein Element der Julia-Menge und
eine Umgebung von
Dann gibt es eine natürliche Zahl
mit
- Falls die Julia-Menge innere Punkte hat, dann gilt
- Dies folgt direkt aus der gegebenen Definition.
- Jede rationale Funktion hat einen beachtlichen Vorrat an abstoßenden periodischen Punkten.
- Die Julia-Menge ist invariant unter
Wendet man
punktweise auf die Julia-Menge an, ist das Ergebnis wieder die Julia-Menge. Gleiches gilt für die Menge der Urbilder.
- Folgt durch Induktion aus dem vorherigen Punkt.
- Dieser Punkt inspiriert zu einem Verfahren zur Visualisierung der Julia-Menge durch Rückwärts-Iteration. Allerdings sind die Urbilder nicht gleichverteilt in
und die Urbilder sind im Allgemeinen nicht einfach zu bestimmen.
- Diese Eigenschaft ist für ein bildgebendes Verfahren einsetzbar, wenn man einen anziehenden Zyklus kennt. Liegt ein Punkt im Einzugsgebiet dieses Zyklus, färbt man ihn zum Beispiel weiß, ansonsten schwarz. Die Julia-Menge ist dann die Grenze zwischen den beiden Gebieten. Außerdem sagt diese Eigenschaft, dass die Julia-Menge in vielen Fällen fraktale Eigenschaften haben muss. Hat die Funktion
z. B. mehr als zwei anziehende Fixpunkte
dann gilt
das heißt, jeder Punkt der Julia-Menge liegt auf dem Rand jedes Einzugsgebietes; und alle Einzugsgebiete haben denselben Rand. - Aus einem beliebig kleinen Stück lässt sich die Julia-Menge rekonstruieren, indem man die Funktion
endlich oft (punktweise) darauf anwendet. Zudem besitzt die Julia-Menge keine isolierten Punkte.
Ein Punkt heißt kritischer Punkt von
, wenn
in keiner Umgebung von
umkehrbar ist. Ist
differenzierbar, dann ist ein kritischer Punkt durch
charakterisiert. In jedem Einzugsgebiet, das zu einem (stark) anziehenden Attraktor gehört, liegt mindestens ein kritischer Punkt. Indem man die kritischen Punkte einer Funktion betrachtet, können daher Aussagen über die Dynamik dieser Funktion getroffen werden.
Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Mandelbrot-Menge, deren Bezug zu bestimmten Julia-Mengen weiter unten erläutert wird. Die Mandelbrot-Menge kartographiert das unterschiedliche Verhalten des kritischen Punktes der Abbildung
für verschiedene Werte von
![](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/a/a9/Julia-Teppich.png/570px-Julia-Teppich.png)
Dieser steht jeweils unter jeder Grafik.
Eine einfache Art, die Julia-Menge eines Polynoms zu definieren, ist mittels der Rekursion
mit einem Startwert
Die Menge definiert man als die Menge aller komplexen Zahlen
deren Betrag nach beliebig vielen Iterationsschritten beschränkt bleibt. Die Julia-Menge
ist dann der Rand dieser Menge.
wird als ausgefüllte Julia-Menge oder gelegentlich auch unpräzise als Julia-Menge selbst bezeichnet. Man kann nachweisen, dass
beschränkt ist.
Diese Definition ist die direkte Umsetzung der Eigenschaft 6: Für ein Polynom ist ein anziehender Fixpunkt. Die Julia-Menge ergibt sich also als Rand des Einzugsgebietes dieses Fixpunkts. Falls ein Punkt darin liegt, dann konvergiert er schließlich gegen
oder – bei Verwendung der Standardmetrik – sein Betrag wächst über alle Grenzen. Bleibt sein Betrag beschränkt, dann gehört er zum Einzugsgebiet eines anderen Attraktors oder zur Julia-Menge selbst.
Diese Definition wird in der Regel zur Erzeugung von Grafiken verwendet, da sie leicht in ein Computerprogramm übersetzt werden kann.
Für meromorphe Funktionen, deren Zählergrad um mindestens größer ist als ihr Nennergrad, kann man die gleiche Definition verwenden, da auch für solche Funktionen
ein anziehender Fixpunkt ist.
![](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/cb/Julia-Set_z2%2Bc_0_0.png/220px-Julia-Set_z2%2Bc_0_0.png)
An diesem einfachen Beispiel lassen sich schon viele Eigenschaften der Julia-Menge nachweisen.
Die Funktion hat drei Fixpunkte:
Für diese Punkte gilt
Da die Ableitung in
und in
verschwindet, sind diese beiden Fixpunkte anziehende Fixpunkte, während
abstoßend ist. Alle Startwerte, deren Betrag kleiner als
ist, konvergieren gegen
und alle Startwerte, deren Betrag größer als
ist, konvergieren gegen
Im verbleibenden Fall liegt
auf dem Einheitskreis, hat die Darstellung
und es gilt
Anwendung von
verdoppelt also lediglich den (reellen) Exponenten in der Polarkoordinatendarstellung, der Betrag der Zahl bleibt immer gleich
. Der Exponent
kann immer so gewählt werden, dass er im halboffenen Intervall
liegt. Betrachtet man nur die Wirkung von
auf die Variable
im Exponenten, dann entspricht
der Abbildung
auf dem reellen Intervall das heißt einer Multiplikation mit
, wobei nur die Nachkommastellen relevant sind. Der Fixpunkt
von
wird zum Fixpunkt
von
. Iteriert man den Wert
mit
, dann ergibt sich die Folge
Also ist ein periodischer Punkt, ebenso
In der Darstellung einer Zahl als Dualbruch werden durch die Multiplikation mit
nur die Ziffern um eine Stelle nach links geschoben, und die Vorkommastelle wird durch das „mod“ immer auf
gesetzt, wie am Beispiel
zu sehen ist:
Betrachtet man die Mengen
,
dann sieht man direkt, dass die Menge der periodischen Punkte von
ist, weil die Nachkommastellen der Elemente von
periodisch sind. Die Menge der periodischen Punkte – das sind die rationalen Zahlen mit ungeradem Nenner – liegen dicht im Intervall
Mit der obigen Definition entspricht das Intervall der Julia-Menge von
Die Julia-Menge von
ist also der Rand des Einheitskreises
Alle Elemente von werden schließlich auf Null abgebildet, denn die Elemente von
haben eine abbrechende Dualentwicklung.
ist also der inverse Orbit von
unter
. Gemäß Eigenschaft 5 ist diese Menge dicht in der Julia-Menge: Die Zahlen mit abbrechender Dualentwicklung sind dicht im Intervall
Die Julia-Menge ist sowohl der Rand des Einzugsgebietes von
als auch der Rand des Einzugsgebietes von
(Eigenschaft 6).
Eigenschaft 7 lässt sich auch direkt nachweisen: Sei eine Umgebung eines Punktes von
das heißt ein Teilstück des Einheitskreises der Länge
Ist die Länge kleiner als der Halbkreis, dann verdoppelt sich die Länge des Teilstücks mit jeder Anwendung von
Man wähle
daher so, dass
gilt und hat die komplette Julia-Menge überdeckt.
Alle rationalen Zahlen führen zu Folgen, die schließlich periodisch werden. Grund dafür ist, dass rationale Zahlen eine periodische Dualentwicklung haben. Entsprechend führen irrationale Zahlen zu Folgen, die nicht periodisch werden.
![](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/4/45/Julia-Set_z2%2Bc_-1_0.png/220px-Julia-Set_z2%2Bc_-1_0.png)
![](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/9/90/Julia-Set_z2%2Bc_-0.6_0.6.png/220px-Julia-Set_z2%2Bc_-0.6_0.6.png)
Im allgemeinen Fall quadratischer Polynome genügt es, Polynome der Gestalt
zu betrachten, denn alle anderen quadratischen Polynome lassen sich durch eine lineare Koordinatentransformation in diese Darstellung bringen.
Ebenso wie bei der Normalparabel ist ein anziehender Fixpunkt der Abbildung, und in einer Umgebung von
gibt es eine Transformation
die
in eine Normalparabel überführt:
Liegt ein Punkt in dieser Umgebung und ist
dort umkehrbar, dann lässt sich zu dem Punkt mittels der Iterationsvorschrift das Urbild
finden:
Das Urbild wird so ausgewählt, dass die Transformation stetig auf den neuen, größeren Bereich fortgesetzt werden kann. Durch dieses Verfahren kann die Umgebung, in der
die gleiche Dynamik hat wie
sukzessive vergrößert werden – zumindest so lange, wie die Funktion umkehrbar ist, solange man also durch Rückwärtsiteration nicht zu einem kritischen Punkt der Funktion gelangt. Entscheidend für die Dynamik ist daher das Verhalten des kritischen Punktes
Dies ist der einzige kritische Punkt außer
Liegt im Einzugsbereich von
dann kann die Transformation irgendwann nicht mehr weitergeführt werden, weil die Rückwärtsiteration zu diesem Punkt der Nicht-Umkehrbarkeit von
gelangt. Falls der Punkt
nicht gegen
strebt, dann kann der Homöomorphismus
auf alle Punkte außerhalb der Kreisscheibe ausgedehnt werden. In diesem Fall ist die Julia-Menge von
zusammenhängend.
Liegt hingegen im Einzugsgebiet von
dann kann die Transformation nicht bis zur Kreisscheibe ausgedehnt werden, weil man zu einem Verzweigungspunkt, nämlich dem kritischen Punkt, gelangt. In diesem Fall kann es neben dem Attraktor
keinen anderen anziehenden Attraktor geben, denn jeder anziehende Attraktor enthält mindestens einen kritischen Punkt. In diesem Fall besteht die Julia-Menge aus Cantor-Staub und die Fatou-Menge hat nur eine einzige Zusammenhangskomponente.
Für das Lebesgue-Maß der Julia-Menge rationaler Abbildungen wurde lange entsprechend den Beispielen, in denen man es berechnen konnte, angenommen, dass es entweder ist (Cantor-Staub) oder die ganze Riemann-Sphäre umfasst. Die Existenz von Julia-Mengen positiven Lebesgue-Maßes bei Iteration quadratischer Polynome wurde von Adrien Douady vermutet und 2005 von Xavier Buff und Arnaud Chéritat bewiesen.
![](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/8/8e/725_Julia_sets.png/220px-725_Julia_sets.png)
Diese beiden grundlegend verschiedenen Eigenschaften geben Anlass zur Definition einer Parametermenge, die alle komplexen Zahlen beinhaltet, für die der kritische Punkt von
nicht nach
entweicht: die Mandelbrot-Menge
Das heißt, die Mandelbrot-Menge ist die Menge der Parameter für welche die Rekursion
beschränkt bleibt, wenn man
wählt.
Die Mandelbrot-Menge ist also eine Beschreibungsmenge der Julia-Mengen quadratischer Polynome. Jedem Punkt der komplexen Zahlenebene entspricht eine Julia-Menge. Eigenschaften der Julia-Menge lassen sich an der Lage von
relativ zur Mandelbrot-Menge beurteilen: Wenn der Punkt
Element der Mandelbrot-Menge ist, dann sind sowohl die Julia-Menge
als auch
zusammenhängend. Andernfalls sind beide Cantormengen unzusammenhängender Punkte. Liegt der Punkt in
dann besteht die Fatou-Menge aus zwei Zusammenhangskomponenten, nämlich aus dem von der Julia-Menge umgrenzten Gebiet sowie dem Einzugsgebiet von
Liegt
nicht in der Mandelbrot-Menge, dann besteht die Fatou-Menge nur aus dem Einzugsgebiet von
Falls in der Nähe des Randes der Mandelbrot-Menge liegt, dann ähnelt die entsprechende Julia-Menge den Strukturen der Mandelbrot-Menge in der näheren Umgebung von
Zur graphischen Darstellung der ausgefüllten Julia-Mengen in der zweidimensionalen komplexen Zahlenebene wird die Farbe eines Punktes danach gewählt, wie viele Iterationen notwendig waren, bis
da die Iteration für alle
mit
divergiert. Punkte, die nach einer vorgegebenen Maximalzahl von Iterationsschritten betragsmäßig kleiner als
sind, werden als konvergierend angenommen und in der Regel schwarz dargestellt. Die Wahl von
ist zwar möglich, allerdings ergeben sich für größere Werte wie
harmonischere Färbungen, die zudem gut den Äquipotentiallinien einer elektrisch aufgeladenen Julia-Menge entsprechen.
Für holomorphe oder meromorphe Funktionen die keine Polynome sind, kann obiges Verfahren nicht angewendet werden, da die iterierten Funktionswerte im Allgemeinen für keinen einzigen Anfangswert gegen Unendlich laufen. Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Julia-Menge
für solche allgemeinen Funktionen zu definieren:
Man kann auch die ursprüngliche Definition auf die Algebra der Quaternionen ausweiten. Diese ist ein reell vierdimensionaler Raum, weshalb eine vollständige Darstellung einer Julia-Menge darin problematisch ist. Es ist aber möglich, den Schnitt einer solchen Julia-Menge mit einer dreidimensionalen Hyperebene zu visualisieren.
- Alan F. Beardon: Iteration of rational functions. Springer, 1991.
- Norbert Steinmetz: Rational iteration. Walter de Gruyter, 1993.
- John Milnor: Dynamics in one complex variable. Princeton University Press, 2006, arxiv:math.DS/9201272.
- Christoph Dötsch: Dynamik meromorpher Funktionen auf der Riemannschen Zahlenkugel. Zur Charakterisierung von Julia-Mengen. Diplomica Verlag, 2008, ISBN 3-8366-6026-1 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).