Goldenes Dreieck (Geometrie) – Wikipedia
![](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/a/a5/Golden_triangle_%28math%29.svg/280px-Golden_triangle_%28math%29.svg.png)
In Geometrie und Elementargeometrie ist ein Goldenes Dreieck ein gleichschenkliges Dreieck, bei dem die Längen der Schenkel zur Länge der Grundseite im Verhältnis des Goldenen Schnitts stehen[1]. Man unterscheidet zwischen dem Goldenen Dreieck erster Art und dem Goldenen Dreieck zweiter Art:[2]
Das Goldene Dreieck erster Art ist ein gleichschenklig-spitzwinkliges Dreieck und hat die Winkel ,
und
. Das Goldene Dreieck zweiter Art ist ein gleichschenklig-stumpfwinkliges Dreieck und hat die Winkel
,
und
[3].
![Goldenes Dreieck erster und zweiter Art, nach Euklid](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/69/01_Goldenes_Dreieck-Euklid-2.svg/220px-01_Goldenes_Dreieck-Euklid-2.svg.png)
Auf der längsten Seite eines Goldenen Dreiecks trägt man, ggf. ausgehend von dem Eckpunkt mit dem kleineren Winkel, die kürzeste Seite ab und verbindet den so entstehenden Abtragungspunkt mit dem gegenüberliegenden Eckpunkt. Auf diese Weise wird
in zwei Teildreiecke
und
zerlegt.
Mit den Ähnlichkeitssätzen ergibt sich, dass entweder oder
zu
ähnlich ist. Daraus zieht man die Folgerung, dass die Innenwinkelsumme gleich dem Fünffachen des kleinsten Winkels ist. Folglich ist einer der Winkel gleich
. Ist dies der Winkel an der Spitze von
, so ist
ein Goldenes Dreieck erster Art. Ist es ein Basiswinkel, so ist
ein Goldenes Dreieck zweiter Art. Mit dem Innenwinkelsummensatz ergibt sich dann, dass im ersten Fall das Innenwinkeltripel gleich
sein muss, im zweiten Fall dagegen allein
in Frage kommt.[4][5]
![Goldenes Dreieck erster Art, nach Euklid](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/6a/01_Goldenes_Dreieck-Euklid-3.svg/100px-01_Goldenes_Dreieck-Euklid-3.svg.png)
Ist ein solches mit Grundseite
und die Schenkeln
bzw.
, so bedeutet dies für
und
:
Ist nun der Basiswinkel bei
und
der Winkel an der Spitze
von
, so erhält man
und weiter
und schließlich mit dem Innenwinkelsummensatz
![Goldenes Dreieck zweiter Art, nach Euklid](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/c4/01_Goldenes_Dreieck-Euklid-4.svg/220px-01_Goldenes_Dreieck-Euklid-4.svg.png)
Mit den gleichen Überlegungen wie oben erhält man
und weiter
und damit
und schließlich mit dem Innenwinkelsummensatz
Die Goldenen Dreiecke sind exakt diejenigen gleichschenkligen Dreiecke, die einen Winkel von enthalten.
Euklid von Alexandria beschrieb in seinem Werk Die Elemente ein spezielles gleichschenkliches Triangel[6], heute bekannt als das Goldene Dreieck. Dieses Dreieck findet sich wieder in seiner Beschreibung für ein gleichseitiges und gleichwinkliches Pentagon[7] mit einem gegebenen Umkreis. Die Konstruktion eines Goldenen Dreiecks gelingt als Konstruktion mit Zirkel und Lineal. Abhängig davon, was von einem zu konstruierenden Goldenen Dreieck vorgegeben ist, wie z. B. der Umkreis, die Grundseite oder der Schenkel, sind dafür unterschiedliche Vorgehensweisen erforderlich.
![](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/9/95/01_Goldenes_Dreieck-Umkreis.svg/220px-01_Goldenes_Dreieck-Umkreis.svg.png)
Ist der Umkreis gegebenen, reicht eine konstruierte Seitenlänge des Fünfecks aus, um die Länge der Grundseite des Goldenen Dreiecks zu erhalten.[8]
Es beginnt mit dem Ziehen des Umkreises mit dem gegebenen Radius um den Mittelpunkt und dem anschließenden Einzeichnen des Durchmessers
. Es folgen die Halbierung des Radius
in
und das Errichten einer Senkrechten im Mittelpunkt
mit Schnittpunkt
auf dem Umkreis. Nach dem Ziehen des Kreisbogens um den Punkt
mit Radius
ergibt sich mit dem Schnittpunkt
auf dem Durchmesser
die Seitenlänge
eines Fünfecks.
Nun bedarf es dreier Kreisbögen mit dem Radius gleich der Fünfeckseite: Der Kreisbogen um
ab
ergibt
, der um
ergibt
und schließlich ergibt der Kreisbogen um
die Länge der Grundseite
. Mit dem abschließenden Einzeichnen der Schenkel
und
ist das gesuchte Goldene Dreieck
fertiggestellt.
![](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/0/02/01_Goldenes_Dreieck-Grundseite.svg/220px-01_Goldenes_Dreieck-Grundseite.svg.png)
Ist die Grundseite – Seitenlänge eines Fünfecks – gegeben, nutzt man den Ansatz Goldener Schnitt mit äußerer Teilung.
Zuerst wird die gegebene Grundseite auf einer Halbgeraden abgetragen und anschließend im Punkt
halbiert. Es folgt ein Kreisbogen mit dem Radius
um
und ein zweiter mit gleichem Radius um
, Schnittpunkt ist
. Nun wird die Grundseite
über
hinaus verlängert und eine Senkrechte in
errichtet, bis sie den Kreisbogen in
schneidet.
Der nächste Kreisbogen um mit Radius
ergibt auf der Verlängerung den Schnittpunkt
und liefert somit die Länge
eines Schenkel des Goldenen Dreiecks. Nach dem Einzeichnen des letzten Kreisbogens um
mit Radius
trifft die jetzt zu ziehende Halbgerade ab
durch
diesen Kreisbogen in
. Abschließend werden die Schenkel
und
eingezeichnet, somit ist das gesuchte Goldene Dreieck
fertiggestellt.
![](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/d/d7/01_Goldene_Dreiecke-Euklid-5.svg/220px-01_Goldene_Dreiecke-Euklid-5.svg.png)
Ausgangssituation ist eine vorgegebene Schenkellänge , die im Verhältnis des Goldenen Schnitts zu teilen ist. Hierzu verwendet man die sogenannte innere Teilung nach Euklid.
Entsprechend dem Bild in der Einleitung Goldene Dreiecke erster und zweiter Art ergeben sich dabei der Schnittpunkt und damit die beiden Abschnitte
und
. Um die beiden Goldenen Dreiecke erster und zweiter Art zu finden, bedarf es noch des Punktes
mit seinen gleichen Abständen zu den Punkten
und
Nach dem Verbinden der Punkte
und
mit dem Punkt
entstehen die Goldenen Dreiecke
und
erster Art sowie das Goldene Dreieck
zweiter Art.
Das künstlerische Bild Dreiecke im Goldenen Schnitt (Pigmente, Acryl auf Leinwand), erstellt von Irene Schramm-Biermann, zeigt bei genauer Betrachtung auch eine dünn eingezeichnete spiralförmige Linie. Sie entspringt aus dem kleinsten gelben Dreieck und ist eine logarithmischen Spirale. Für den Betrachter bleibt offen: Wurde mithilfe der logarithmischen Spirale das goldene Dreieck geformt oder wurde anhand eines goldenen Dreiecks die logarithmische Spirale bestimmt. Beides ist möglich.[9]
![](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/0/02/Irene_Schramm-Biermann._Dreiecke_im_goldenen_Schnitt.jpg/440px-Irene_Schramm-Biermann._Dreiecke_im_goldenen_Schnitt.jpg)
Die oben beschriebene Zerlegung von in die Teildreiecke
und
liefert beide Formen des Goldenen Dreiecks. Beide Formen treten also stets gemeinsam auf.[10] Sie ergeben sich regelmäßig bei der Konstruktion mit Zirkel und Lineal von regulärem Fünfeck und regulärem Zehneck. Die Winkel
,
und
sind also allein mit Zirkel und Lineal konstruierbar.[11]
Das große Goldene Dreieck erster Art (grün / blau) lässt sich zerlegen in ein Goldenes Dreieck erster Art (grün) und ein Goldenes Dreieck zweiter Art (blau).
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, ein Zehneck mit Goldenen Dreiecken zu parkettieren. Die folgenden Beispiele zeigen Parkettierungsmöglichkeiten mit Goldenen Dreiecken erster Art (spitzwinklig) und Goldenen Dreiecken zweiter Art (stumpfwinklig).
Links und rechts besteht die Parkettierung aus jeweils 10 Goldenen Dreiecken erster und 10 Goldenen Dreiecken zweiter Art und in der Mitte aus 20 Goldenen Dreiecken erster Art und 10 Goldenen Dreiecken zweiter Art.[12]
- Siegfried Krauter: Erlebnis Elementargeometrie. Spektrum Akademischer Verlag, München 2005, ISBN 3-8274-1644-2.
- Theophil Lambacher, Wilhelm Schweizer (Hrsg.): Lambacher-Schweizer. Mathematisches Unterrichtswerk für höhere Schulen. Geometrie. Ausgabe E. Teil 2. 13. Auflage. Ernst Klett Verlag, Stuttgart 1965.
- Mario Livio: The Golden Ratio. The Story of Phi, the World’s Most Astonishing Number. Broadway Books, New York 2003, ISBN 0-7679-0816-3.
- ↑ Krauter: S. 200
- ↑ In englischsprachigen Quellen (vgl. etwa Livio: The Golden Ratio. S. 79. ) versteht man unter Golden Triangle allein das Goldene Dreieck erster Art, während für das Goldene Dreieck zweiter Art die Bezeichnung Golden Gnomon (von Gnomon, altgriechisch γνώμων, gleichbedeutend mit Zeiger an der Sonnenuhr) geläufig ist.
- ↑ Lambacher-Schweizer: S. 165
- ↑ Krauter: S. 199–200
- ↑ Lambacher-Schweizer: S. 165
- ↑ Johann Friedrich Lorenz: Euklids Elemente, fünfzehn Bücher. Hrsg.: Im Verlag der Buchhandlung des Waysenhauses. Halle 1781, S. 61 ff. (Euklids Elemente, Viertes Buch, Der 10. Satz., Seite 61: Einen gleichschenklichen Triangel zu beschreiben ..., Seite 62: Es sey eine gerade Linie, AB ... [abgerufen am 18. Dezember 2016]).
- ↑ Johann Friedrich Lorenz: Euklids Elemente, fünfzehn Bücher. Hrsg.: Im Verlag der Buchhandlung des Waysenhauses. Halle 1781, S. 62 ff. (Euklids Elemente, Viertes Buch, Der 11. Satz., In einem gegebnen Cirkel, ABCDE, ein gleichseitiges und gleichwinkliches Pentagon... [abgerufen am 18. Dezember 2016]).
- ↑ Euklid, Übersetzer:Rudolf Haller: Stoicheia (Euklids Elemente). IV.11. In einen Kreis ein gleichseitiges und gleichwinkliges Fünfeck einbeschreiben. Markgröningen 2017 (opera-platonis.de [PDF; abgerufen am 17. Juli 2024]).
- ↑ Carsten Stohn, Sebastian Neumann, Tobias Högel: 8.2 Spira mirabilis. Projekt für Theoretische Mathematik, Spiralen in Naturwissenschaft, Technik und Kunst. Universität Freiburg, 2002, abgerufen am 27. März 2021.
- ↑ Livio: S. 79
- ↑ Krauter: S. 201
- ↑ Heinz Klaus Strick: Kunterbunte Mathematik, Springer-Verlag GmbH, Berlin 2023, ISBN 978-3-662-67312-6, S. 176/177