Axonometrie – Wikipedia
- ️Sat Jun 15 1996
Die Axonometrie ist ein Verfahren in der darstellenden Geometrie, um relativ einfach räumliche Objekte in einer Zeichenebene darzustellen.
Hierbei verwendet man die Koordinaten wesentlicher Punkte und die Bilder der drei Koordinatenachsen in einer Zeichenebene. Das Resultat ist für jede Wahl der Bildachsen bis auf eine Skalierung eine Parallelprojektion. Im Allgemeinen ergibt sich eine schiefe (oder schräge) Parallelprojektion. Nur bei besonderer Wahl der Bildachsen und der Verzerrungsverhältnisse ergibt sich eine orthogonale (oder senkrechte) Parallelprojektion, das heißt die Abbildungsstrahlen stehen senkrecht auf der Bildebene (s. orthogonale Axonometrie).

Man denkt sich die Koordinatenachsen zusammen mit den Punkten
mit Hilfe paralleler Strahlen auf eine Zeichenebene projiziert. Die Einheitsstrecken
werden in der Regel verzerrt wiedergegeben. Die Verzerrungsverhältnisse werden mit
,
und
bezeichnet.
Ein Punkt
wird nun wie folgt in das Bild mit den Koordinatenachsen eingetragen:
- Man gehe vom Nullpunkt
- um
in
-Richtung, dann
- um
in
-Richtung und schließlich
- um
in
-Richtung.
(Die Reihenfolge kann beliebig vertauscht werden.)
Da es für eine konkrete Projektionsrichtung und Lage der Bildebene sehr mühsam ist, Bildachsen und Verzerrungen zu konstruieren, wählt man einfach die Bilder der Koordinatenachsen in der Zeichenebene und definiert geeignete Verzerrungen. Die mathematische Rechtfertigung dafür ist der Satz von Pohlke: Für (fast) jede Wahl der Bildachsen und Verzerrungen erhält man bis auf Ähnlichkeit (Skalierung) das Bild einer Parallelprojektion. (Die Bilder der Koordinatenachsen dürfen nicht auf eine Gerade fallen, die Verzerrungen sollen größer als Null sein.)
(Für Festlegungen im Bereich Technisches Zeichnen: siehe DIN 5 Teil 10.)

(Bildebene parallel zur yz-Ebene)


Nur bei geeigneter Wahl von Bildachsen und Verzerrungen ist der Bildeindruck gut. Eine gute Bildwirkung erzielt man, wenn man die Bildachsen und die Verzerrungsverhältnisse so wählt, dass das Ergebnis eine senkrechte Parallelprojektion ist. Da man mit möglichst einfachen Verzerrungsverhältnissen (z. B.: 1 oder 0,5) arbeiten möchte, kann man sich bei der Wahl der Bildachsen und Verzerrungen an den Beispielen im Bild („verschiedene Verzerrungen eines Einheitswürfels“) orientieren. Hat man Karo-Papier zur Verfügung, so bietet sich die folgende Wahl für Achsen und Verzerrungen an: Zwei Koordinatenachsen fallen mit den Hauptrichtungen des Karo-Papiers zusammen, die dritte Achse verläuft in Richtung der Karo-Diagonalen (siehe Eingangsbild). Um die Konstruktion einfach zu halten, sollte man die Einheiten auf der waagrechten und senkrechten Achse zwei Kästchen und auf der Diagonalrichtung eine Kästchendiagonale als Einheit wählen. Das ergibt dann folgende Verzerrungen: gleich ≈ 0,7:1:1.
Axonometrien mit zwei gleichen Verzerrungen heißen dimetrisch, mit drei gleichen Verzerrungen isometrisch, ansonsten trimetrisch.
Festlegung:
Solche Axonometrien werden bei Stadtplänen verwendet, um Maßstabgerechtigkeit (horizontal) und Anschaulichkeit von Gebäuden zu erreichen.

Bei einer Ingenieur-Axonometrie nach ISO 5456-3:1996(E)[1] sind die Verzerrungen:
(dimetrische Axonometrie)
Die Achsen sind wie folgt ausgerichtet:
(oder auch 7° und 42° zur Waagerechten[2])
Vorteile der Ingenieur-Axonometrie sind:
- einfache Verzerrungen,
- fast eine senkrechte Axonometrie (gute Bildwirkung, der Skalierungsfaktor ist 1,06),
- der Umriss einer Kugel ist ein Kreis (ansonsten ist er eine Ellipse).
(Man beachte die Mehrfachbedeutung des Ausdrucks Isometrie in der Mathematik.)
Bei der isometrischen Axonometrie, kurz: Isometrie, sind die Verzerrungen alle gleich. Die Winkel zwischen den Achsen-Bildern können noch frei gewählt werden.
Bei der als Standard-Isometrie bezeichneten Darstellung gilt folgendes:
Die Vorteile dieser Parameterwahl sind:
- Die Koordinaten können unverändert übernommen werden,
- Das axonometrische Bild ist eine um den Faktor
skalierte Orthogonalprojektion (senkrechte Parallelprojektion). Daraus resultiert eine gute Bildwirkung und der Umriss einer Kugel ist ein Kreis.
- Zeichensysteme, wie z. B. xfig, bieten ein Dreiecksraster, um das Zeichnen von Objekten mit achsenparallelen Kanten zu erleichtern.
Die „Nachteile“ sind:
- Ein Schönheitsfehler aufgrund der Symmetrie ist, dass zwei der 8 Eckpunkte eines achsenparallelen Würfels zusammenfallen (siehe Bild „Würfel mit isometrischer Axonometrie“).

Bei einer allgemeinen Axonometrie können die zwei Winkel zwischen den Achsen und die Verzerrungen
(fast) frei gewählt werden. Damit alle drei Achsenbilder nicht auf einer Geraden liegen, muss
sein. Diese Beschränkung für die Wahl der Winkel garantiert eine Ansicht von schräg oben. Die Beschränkung
liefert Ansichten von schräg unten . Sie vertauscht die übliche Orientierung von der x-Achse zu der y-Achse. Negative Verzerrungen würden die übliche Orientierung der Achsen verändern.

Kreise werden bei Parallelprojektion im Allgemeinen auf Ellipsen abgebildet. Ein wichtiger Sonderfall: Ein Kreis, dessen Kreisebene parallel zur Bildtafel ist, wird unverzerrt abgebildet. Dies ist beispielsweise der Fall bei einer Kavalierprojektion, bei der die yz-Ebene (siehe Beispiel) unverzerrt abgebildet wird. Bei einer Vogelperspektive bleiben alle horizontalen Kreise unverzerrt. Falls ein Kreis zu einer Ellipse verzerrt wird (siehe Bild „Axonometrie: Kreise in Kavalierprojektion“), kann man einige Punkte und ein Tangentenquadrat abbilden und in das Bild des Quadrates (Parallelogramm) eine Ellipse von Hand oder mit einem Zeichenprogramm einpassen. Dabei ist zu beachten, dass die Bilder von senkrechten Kreisdurchmessern im Allgemeinen nicht die Hauptachsen der Bildellipse, sondern konjugierte Durchmesser sind. Aus diesen kann man die Hauptachsen mit Hilfe der Rytzschen Achsenkonstruktion rekonstruieren. Anschließend lässt sich die Ellipse mit einem Zeichenprogramm oder einem Ellipsenzirkel exakt zeichnen. Falls man nur Zirkel, Lineal und ein Kurvenlineal zur Hand hat, lässt sich die Ellipse erstaunlich gut und schnell mit Hilfe der Scheitelkrümmungskreise näherungsweise zeichnen (s. Ellipse oder C. Leopold, S. 64). In der orthogonalen Axonometrie kommt man meistens ohne die aufwändige Rytzkonstruktion aus.

Der Umriss einer Kugel ist nur bei orthogonaler Axonometrie einfach ein Kreis mit dem Radius der Kugel. Da sowohl die Ingenieuraxonometrie als auch die Standardisometrie skalierte Orthogonalprojektionen sind (s. oben), erscheint der Umriss einer Kugel hier auch jeweils als Kreis, allerdings skaliert. In einer beliebigen Axonometrie erscheint der Umriss einer Kugel als Ellipse, was den Betrachter irritieren mag (siehe das Bild einer Kugel in isometrischer Vogelperspektive). Deshalb sollte man Szenen mit Kugeln besser mit orthogonaler Axonometrie oder wenigstens in Ingenieur-Axonometrie oder Standardisometrie abbilden.
Im Raum liege weiterhin das kartesische Koordinatensystem mit Ursprung
zugrunde. Die Zeichenebene sei mit einem kartesischen
Koordinatensystem mit Ursprung
versehen. Eine Axonometrie, bei der
Bildpunkt von
ist, lässt sich durch die Abbildung
beschreiben, die dem Koordinatenvektor eines allgemeinen Raumpunktes
den Koordinatenvektor in
des Bildpunktes
zuordnet. Die Abbildung
ist linear und kann somit durch ihre
Abbildungsmatrix
dargestellt werden:
(Matrix-Vektor-Produkt). Die drei Spalten von sind die Bildvektoren
der Standardbasis-Vektoren
und beschreiben so die Bildachsen. Sie liegen nicht auf einer gemeinsamen Ursprungsgeraden, d. h. die reelle
Matrix
hat den Rang
Umgekehrt erzeugt jede derartige Matrix eine Axonometrie.
Beispiele
1. Die oben eingeführten Verzerrungen und Winkel
führen umgehend auf die Abbildungsmatrix
dabei wird angenommen, dass die Achse ebenso wie die
Bildachse nach oben und die
Achse nach rechts zeigt.
2. Speziell für und
ergibt sich die Standard-Isometrie mit der Matrix
Bei ihr wird etwa die Ecke des Einheitswürfels auf
abgebildet, ebenso wie die gegenüberliegende Ecke
(mit
wird die Transponierung bezeichnet). Wie oben erwähnt, ist die Standard-Isometrie eine um den Faktor
skalierte orthogonale Axonometrie.
3. Wird also die letzte Matrix mit dem Kehrwert multipliziert, so ergibt sich die Abbildungsmatrix
einer orthogonalen Axonometrie. Übrigens sind bei ihrer Transponierten beide Spalten
orthonormal, d. h. es gilt und
Das charakterisiert orthogonale Axonometrien, wie sich im Folgenden beispielhaft zeigt.

4. Nun wird umgekehrt eine weitere orthogonale Axonometrie mithilfe der orthonormalen Vektoren
konstruiert. Diese beiden bestimmen zusammen mit und
ein weiteres kartesisches Koordinatensystem im Raum. Ein allgemeiner Raumpunkt
hat jetzt noch einen weiteren Koordinatenvektor
neben
Dabei gilt stets
mit der
Basiswechsel-Matrix
Weil diese orthogonal ist, gilt
und folglich
Die orthogonale Axonometrie, die senkrecht auf die
Ebene als Zeichenebene projiziert, entspricht dem Weglassen der untersten
Koordinate bei
Ihre Abbildungsmatrix erhält man entsprechend aus
durch Weglassen der untersten Zeile:
Damit lassen sich Punkte in dem nebenstehenden Bild des Einheitswürfels berechnen. So wird etwa die Ecke auf
abgebildet.
- Ulrich Graf, Martin Barner: Darstellende Geometrie. Quelle & Meyer, Heidelberg 1961, ISBN 3-494-00488-9.
- Fucke, Kirch, Nickel: Darstellende Geometrie. Fachbuch-Verlag, Leipzig, 1998, ISBN 3-446-00778-4
- Cornelie Leopold: Geometrische Grundlagen der Architekturdarstellung. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, 2005, ISBN 3-17-018489-X
- Normale (orthogonale) Axonometrie mit einfachen Beispielen
- Darstellende Geometrie für Architekten (PDF; 1,5 MB). Skript (Uni Darmstadt)
- Grundlagen und Elemente der Verkehrsmaschinentechnik (Memento vom 10. August 2013 im Internet Archive) (PDF; 493 kB) TU Dresden
- ↑ 5.2 Dimetric axonometry. In: Technical drawings – Projection methods – Part 3: Axonometric representations. S. 3 und 4, International standard ISO 5456-3:1996(E), First edition 1996-06-15, 15. Juni 1996, abgerufen am 29. September 2024 (englisch).
- ↑ Hans Hoischen: Technisches Zeichnen. Grundlagen, Normen, Beispiele, Darstellende Geometrie. 21. Auflage. Girardet, Düsseldorf 1986, ISBN 3-7736-2023-3, S. 252, 7.6.2 Dimetrische Projektion DIN 5 Teil 2.