Wittscher Blockplan – Wikipedia
(Weitergeleitet von Mathieugruppe)
Als Wittsche Blockpläne[1] (auch Witt-Designs, engl. Witt designs[2]) werden in der endlichen Geometrie bestimmte Blockpläne bezeichnet, die 1931 von Robert Daniel Carmichael entdeckt[3] und 1938 von Ernst Witt, nach dem sie auch benannt sind, erneut beschrieben wurden[4]. Es handelt sich dabei zunächst um zwei 5-Blockpläne, die als kleiner bzw. großer Wittscher Blockplan bezeichnet werden. Beide sind bis auf Isomorphie die einzigen einfachen 5-Blockpläne mit der Punktanzahl 12 (kleiner) bzw. 24 (großer Wittscher Blockplan). Der kleine Wittsche Blockplan ist ein
-Blockplan, als Steinersystem ein
; der große
ist ein
-Blockplan, als Steinersystem ein
.
Die Bedeutung des kleinen und großen Wittschen Blockplans liegt – für die Diskrete Mathematik – darin, dass sie jahrzehntelang die einzigen bekannten, nichttrivialen 5-Blockpläne waren und dadurch sehr ausführlich untersucht sind. In der Gruppentheorie, genauer für die Klassifikation der endlichen einfachen Gruppen, sind die beiden 5-Blockpläne und ihre Ableitungen , die häufig auch als Wittsche Blockpläne bezeichnet werden, von großer Bedeutung, da die Mathieu-Gruppen (benannt nach Émile Léonard Mathieu, das sind 5 der sporadischen einfachen Gruppen,
) ihre Automorphismengruppen sind.
- Geometrische Konstruktion

Der -Blockplan
kann als dreifache Erweiterung der affinen Ebene der Ordnung 3,
(siehe die Abbildung rechts) konstruiert werden. Man macht sich dabei einige Besonderheiten dieser Ebene zunutze:
- Jeder Punkt von
ist in genau 8 Vierecken aus
enthalten,
- je zwei verschiedene Punkte von
liegen in genau 3 Vierecken aus
,
- jedes Dreieck von
ist in genau einem Viereck aus
enthalten.
Nun werden der Punktmenge drei zusätzliche Punkte hinzugefügt
und folgende Typen von Blöcken für die neue Blockmenge
definiert:
- Für jede Gerade G von A seien
- und
(dies sind die Punkte eines Parallelenpaars von A) Blöcke von
.
- Für jedes Viereck v von A mit
seien
- und
Blöcke von
.
Dies ergibt für insgesamt 132 Blöcke mit je 6 Punkten: 12 für die erweiterten Geraden (1. Typ), 12 für die Komplemente der Geraden, das sind die Parallelenpaare von A (2. Typ) und je 54 für die erweiterten Vierecke (3. Typ) und die erweiterten Paare von schneidenden Geraden (4. Typ).
Die so definierte Inzidenzstruktur ist ein
-Blockplan.[5]
Der große Wittsche Blockplan lässt sich als dreifache Erweiterung der projektiven Ebene
der Ordnung 4 konstruieren.[6]
Die Parameter einer endlichen Inzidenzstruktur, die einer Regularitätsbedingung genügen, sind diejenigen der Inzidenzparameter (durchschnittliche Blockanzahl durch i beliebige Punkte) bzw.
(durchschnittliche Punktzahl auf j beliebigen Blöcken), die bei allen i-elementigen Punktmengen bzw. j-elementigen Blockmengen übereinstimmenden positiven Zahlen gleichen. Beim kleinen und großen Wittschen 5-Blockplan, die beide als Inzidenzstrukturen den Typ (5,1) haben, sind dies die Parameter
und
. Nach jeder Ableitung genügt ein Blockparameter weniger seiner Regularitätsbedingung:
- Reguläre Inzidenzparameter
Blockplan | Typ als Inzidenzstruktur | b5 | b4 | b3 | b2 | b1 (r) | b0 (Gesamtblockzahl) | v2 | v1 (k) | v0 (Gesamtpunktzahl) |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
(2,1) | - | - | - | 1 | 4 | 12 | - | 3 | ||
(3,1) | - | - | 1 | 4 | 12 | 30 | - | 4 | 10 | |
(4,1) | - | 1 | 4 | 12 | 30 | 66 | - | 5 | 11 | |
(5,1) | 1 | 4 | 12 | 30 | 66 | 132 | - | 6 | 12 | |
(2,2) | - | - | - | 1 | 5 | 21 | 1 | 5 | 21 | |
(3,1) | - | - | 1 | 5 | 21 | 77 | - | 6 | 22 | |
(4,1) | - | 1 | 5 | 21 | 77 | 253 | - | 7 | 23 | |
(5,1) | 1 | 5 | 21 | 77 | 253 | 759 | - | 8 | 24 |
Außerdem lässt sich für Teilmengen eines Blockes B eine nur von der Punktzahl
abhängige Schnittzahl
angeben, falls
ist. Mit anderen Worten ist
die von B und U unabhängige Anzahl von Blöcken, die mit B genau alle Punkte von U gemeinsam haben. Die folgende Tabelle gibt diese Schnittzahlen an:[2]
- Schnittzahlen
t | k | v0 | n8 | n7 | n6 | n5 | n4 | n3 | n2 | n1 | n0 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2 | 3 | 9 | - | - | - | - | - | 1 | 0 | 3 | 2 |
3 | 4 | 10 | - | - | - | - | 1 | 0 | 3 | 2 | 3 |
4 | 5 | 11 | - | - | - | 1 | 0 | 3 | 2 | 3 | 0 |
5 | 6 | 12 | - | - | 1 | 0 | 3 | 2 | 3 | 0 | 1 |
2 | 5 | 21 | - | - | - | 1 | 0 | 0 | 0 | 4 | 0 |
3 | 6 | 22 | - | - | 1 | 0 | 0 | 0 | 4 | 0 | 16 |
4 | 7 | 23 | - | 1 | 0 | 0 | 0 | 4 | 0 | 16 | 0 |
5 | 8 | 24 | 1 | 0 | 0 | 0 | 4 | 0 | 16 | 0 | 30 |
Mit Hilfe dieser Schnittzahlen kann man die Eindeutigkeit der Wittschen Blockpläne (bis auf Isomorphie, als Blockpläne mit ihren jeweiligen Parametern) nachweisen.[2]
Die 5 sporadischen Mathieu-Gruppen sind die vollen Automorphismengruppen der Wittschen Blockpläne, wobei der Subskript an der Kurzbezeichnung jeweils dem Subskript des zugehörigen Witt-Blockplanes, also dessen Punktzahl v entspricht. Alle fünf sind einfache Gruppen, d. h. sie haben keine außer den trivialen Normalteilern.[9] Rein gruppentheoretisch lässt sich der Subskript v der Mathieugruppen auch beschreiben als minimale ganze Zahl
, so dass
als Permutationsgruppe auf
operiert, mit anderen Worten,
ist die kleinste symmetrische Gruppe, so dass ein Gruppenmonomorphismus
existiert. Der Parameter
des Blockplanes, der angibt, für wie viele beliebige Punkte jeweils ein gemeinsamer Block existiert, gibt gruppentheoretisch den maximalen Transitivitätsgrad der zugehörigen Mathieugruppe an, das heißt, die Gruppe operiert als
-fach, aber nicht
-fach transitive Permutationsgruppe auf den Punkten des entsprechenden Blockplans und kann auf keiner Menge mehr als
-fach transitiv und treu operieren.
Mathieu-Gruppe | Gruppenordnung | Blockplan | Parameter |
Steiner-Notation |
---|---|---|---|---|
7920 |
||||
95040 |
||||
443520 |
||||
10200960 |
||||
244823040 |
- Originalartikel
- Thomas Beth, Dieter Jungnickel: Mathieu Groups, Witt Designs and Golay Codes. In: Geometries and Groups (= Lecture Notes in Mathematics). Band 893. Springer, Berlin/Heidelberg/New York 1981, ISBN 3-540-11166-2, S. 157–179.
- Robert Daniel Carmichael: Tactical Configurations of Rank Two. In: American Journal of Mathematics. Band 53, 1931, S. 217–240, JSTOR:2370885.
- Ernst Witt: Die 5-Fach transitiven Gruppen von Mathieu. In: Abh. Math. Sem. Univ. Hamburg. Band 12, 1938, S. 256–264, doi:10.1007/BF02948947.
- Lehrbücher
- Thomas Beth, Dieter Jungnickel, Hanfried Lenz: Design Theory. 2. Auflage. B.I. Wissenschaftsverlag, London/New York/New Rochelle/Melbourne/Sidney 1999, ISBN 0-521-33334-2, IV: Witt designs and Mathieu groups.
- Albrecht Beutelspacher: Einführung in die endliche Geometrie. I. Blockpläne. B.I. Wissenschaftsverlag, Mannheim/Wien/Zürich 1982, ISBN 3-411-01632-9, 2.4: Ein 5-Blockplan.
- Pegg, Ed. Jr., Eric W. Weisstein: Witt design. In: MathWorld (englisch).
- Eric W. Weisstein: Mathieu Groups. In: MathWorld (englisch).
- Die sporadischen Gruppen (Erzeuger, Untergruppen, Konjugiertenklassen …) im Atlas of Finite Group Representations (englisch)
- ↑ a b Beutelspacher (1982)
- ↑ a b c d e Beth, Jungnickel, Lenz (1999)
- ↑ Carmichael (1931)
- ↑ Witt (1938)
- ↑ Beutelspacher (1982), Hauptsatz 2.4.6
- ↑ Eine Skizze dieser Konstruktion, die auf Witt(1938) zurückgeht, findet sich in Beth, Jungnickel, Lenz (1999), IV.6.4: Construction
- ↑ Beth, Jungnickel, Lenz (1999), Corollary IV.2.6
- ↑ Beth, Jungnickel, Lenz (1999), Lemma IV.4.11
- ↑ Beth, Jungnickel, Lenz (1999), Theorem IV.5.12