de.wikipedia.org

Olympische Sommerspiele 2020/Reiten – Springreiten Einzel – Wikipedia

Olympische Ringe
Sportart Reiten
Disziplin Springreiten
Geschlecht Mixed
Teilnehmer 75 Athleten aus 35 Ländern
Wettkampfort Baji Kōen
Wettkampfphase 3. bis 4. August 2021
Medaillengewinner
 Ben Maher (GBR)
 Peder Fredricson (SWE)
 Maikel van der Vleuten (NED)
2016 2024
Reitwettbewerbe bei den
Olympischen Spielen 2020
Qualifikation
Dressurreiten
Einzel Mannschaft
Springreiten
Einzel Mannschaft
Vielseitigkeitsreiten
Einzel Mannschaft

Die Einzelwettbewerbe im Springreiten bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio wurden am 3. und 4. August 2021 im Baji Kōen (auch als Equestrian Park bezeichnet) ausgetragen. Alle Prüfungen fanden unter Flutlicht statt.

Runde Datum Uhrzeit
Qualifikation 3. August 2021 19:00 Ortszeit (12:00 deutscher Zeit)
Finale 4. August 2021 19:00 Ortszeit (12:00 deutscher Zeit)

Insgesamt gab es 75 Startplätze. Jede Nation, die sich für den Mannschaftswettbewerb im Springreiten qualifiziert hatte, erhielt drei Startplätze in diesem Einzelwettbewerb. Reiter, deren Nation keine Mannschaft stellte, hatten die Möglichkeit, sich über andere Turniere zu qualifizieren.

Die Titelträger der letzten Olympischen Spiele und der letzten Weltmeisterschaften waren in Tokio nicht am Start: Nick Skelton beendete gut ein dreiviertel Jahr nach den Olympischen Spielen 2016 zusammen mit seinem Hengst Big Star seine Karriere. Ein Hexenschuss und eine Operation wegen eines hartnäckigen Blutergusses verhinderten, dass Alice, das Weltmeisterpferd von Simone Blum, rechtzeitig zu den Olympischen Spielen fit werden würde. Daher stellte Simone Blum ihre Olympiaambitionen bereits im April 2021 zurück.[1]

Der neue Modus für die Olympischen Spiele 2020 betraf auch die Reihenfolge der Entscheidungen der Springreiter: Ähnlich wie bei den Nationenpreisturnieren des Longines FEI Jumping Nations Cups wurde nun zunächst die Einzelentscheidung am 3. und 4. August ausgetragen. Der Nationenpreis bildete nun den Abschluss der Springreitwettbewerbe.

Durch die geänderte Reihenfolge verringerte sich die Anzahl der Prüfungen bis zur Einzelentscheidung deutlich: Dienten 2016 die zwei Prüfungen der Mannschaftswertung mit zusammen drei Parcours je Reiter als Qualifikation für das Einzelfinale, waren die Prüfungen von Einzel- und Mannschaftswertung in Tokio noch deutlicher voneinander getrennt.

Als Qualifikation zum Einzelfinale diente nur noch eine einzige Qualifikationsprüfung, an der alle 75 Reiter-Pferd-Paare der Einzelwertung teilnahmen. Diese war als Springprüfung nach Fehlern, nicht gegen die Zeit ausgeschrieben. Bei einem Gleichstand auf Platz 30 zwischen mehreren Teilnehmern wäre abweichend die benötigte Zeit herangezogen worden, um die Qualifikation für das Einzelfinale zu ermitteln. Hindernishöhen von 1,65 Meter waren gemäß dem Regelwerk in der Qualifikationsprüfung zugelassen, eine Hindernishöhe von 1,60 Meter für zumindest für zwei Steilsprünge war zwingend vorgegeben.

Im Einzelfinale am 4. August traten die besten 30 Teilnehmerpaare aus der Qualifikationsprüfung an. Alle Reiter starteten hier wieder strafpunktfrei, das Ergebnis aus der Qualifikation wurde nicht mitgenommen. Beim Einzelfinale handelte es sich, ähnlich einem Großen Preis, um eine Springprüfung mit Stechen. Die Besonderheit hierbei war jedoch, dass es bei Punktgleichheit um einen beliebigen Medaillenrang Stechen vorgesehen waren. Somit wären im Extremfall auch zwei Stechen möglich gewesen: Eines um die Gold- und Silbermedaille bei Punktgleichheit auf den ersten beiden Plätzen sowie eines bei Punktgleichheit auf Rang drei. Auch im Einzelfinale waren Hindernishöhen von 1,65 Meter zugelassen, eine Hindernishöhe von 1,60 Meter war für zumindest für zwei Steilsprünge zwingend vorgegeben.[2]

Dem Parcoursbauer Santiago Varela oblag es in dieser Qualifikationsprüfung, einen Parcours aufzubauen, der die schwächeren Teilnehmer nicht überfordert, aber dennoch die 30 besten Paare aus dem Starterfeld herausfiltert. Dementsprechend war der Parcours der leichteste Kurs dieser olympischen Springreitwettbewerbe. Die Hoffnung der schnellen Reiter mit vier Strafpunkten, über eine schnelle Zeit noch einen Platz unter den Top 30 zu erringen, bewahrheitete sich nicht. Genau 30 Paare beendeten den Kurs ohne Hindernisfehler, fünf davon mit Zeitstrafpunkten.

Das Aus aufgrund von zum Teil leichtesten Hindernisfehler traf auch einige Favoriten: Steve Guerdat (Einzel-Olympiasieger von 2012) und Marlon Modolo Zanotelli (Einzelgold Panamerikanische Spiele 2019) hatten vier Strafpunkte, aus den Vereinigten Staaten qualifizierte sich niemand für das Einzelfinale. Auch Christian Kukuk und André Thieme verpassten mit einem Springfehler den Einzug in das Einzelfinale knapp und beendeten die Einzelwertung auf Rang 31.

Überraschend zogen alle drei japanischen Reiter in das Einzelfinale ein. Ben Maher ritt mit seinem Pferd Explosion W die schnellste fehlerfreie Runde in dieser Prüfung – ein Fingerzeig für das Einzelfinale.[3]

Rang Reiter Pferd Strafpunkte Zeit
(Sekunden)
Springfehler Zeitfehler Gesamt
Vereinigtes Königreich Ben Maher Explosion W 0,00 0,00 0,00 81,34
Darragh Kenny Cartello 0,00 0,00 0,00 82,01
Ashlee Bond Donatello 0,00 0,00 0,00 82,84
Niederlande Maikel van der Vleuten Beauville Z 0,00 0,00 0,00 84,61
Mario Deslauriers Bardolina 0,00 0,00 0,00 84,76
Bertram Allen Pacino Amiro 0,00 0,00 0,00 85,18
Grégory Wathelet Nevados S 0,00 0,00 0,00 85,20
Luciana Diniz Vertigo du Desert 0,00 0,00 0,00 85,62
Vereinigtes Königreich Scott Brash Jefferson 0,00 0,00 0,00 85,72
Schweden Peder Fredricson All In 0,00 0,00 0,00 85,83
Jérôme Guery Quel Homme 0,00 0,00 0,00 86,10
Daniel Deußer Killer Queen 0,00 0,00 0,00 86,14
Niels Bruynseels Delux 0,00 0,00 0,00 86,67
Yuri Mansur Alfons 0,00 0,00 0,00 86,74
Vereinigtes Königreich Harry Charles Romeo 0,00 0,00 0,00 86,94
Schweden Malin Baryard-Johnsson Indiana 0,00 0,00 0,00 87,42
Frankreich Nicolas Delmotte Urvoso du Roch 0,00 0,00 0,00 87,49
Japan Daisuke Fukushima Chanyon 0,00 0,00 0,00 87,51
Martin Fuchs Clooney 0,00 0,00 0,00 87,56
Kristaps Neretnieks Valour 0,00 0,00 0,00 87,66
Schweden Henrik von Eckermann King Edward 0,00 0,00 0,00 88,00
Niederlande Marc Houtzager Dante 0,00 0,00 0,00 88,02
Nayel Nassar Igor van de Wittemoere 0,00 0,00 0,00 88,42
Japan Kōki Saitō Chilensky 0,00 0,00 0,00 88,56
Cian O’Connor Kilkenny 0,00 0,00 0,00 88,66
26  Geir Gulliksen Quatro 0,00 1,00 1,00 89,41
Japan Eiken Satō Saphyr des Lacs 0,00 1,00 1,00 90,40
Beat Mändli Dsarie 0,00 1,00 1,00 91,46
Mouda Zeyada Galanthos 0,00 1,00 1,00 91,71
30  Daniel Meech Cinca 0,00 2,00 2,00 93,87
31  Spanien Eduardo Álvarez Aznar Legend 4,00 0,00 4,00 83,49
Marlon Modolo Zanotelli Edgar M 4,00 0,00 4,00 84,11
Steve Guerdat Venard de Cerisy 4,00 0,00 4,00 85,62
Niederlande Willem Greve Zypria S 4,00 0,00 4,00 86,20
André Thieme DSP Chakaria 4,00 0,00 4,00 86,45
Vereinigte Staaten Jessica Springsteen Don Juan van de Donkhoeve 4,00 0,00 4,00 87,15
Aleš Opatrný Forewer 4,00 0,00 4,00 87,17
Samuel Parot Dubai 4,00 0,00 4,00 87,60
Australien Edwina Tops-Alexander Identity Vitseroel 4,00 0,00 4,00 87,93
Christian Kukuk Mumbai 4,00 0,00 4,00 88,07
Vereinigte Staaten Kent Farrington Gazelle 4,00 0,00 4,00 88,57
42  Teddy Vlock Amsterdam 4,00 2,00 6,00 95,74
43  Frankreich Mathieu Billot Quel Filou 4,00 3,00 7,00 98,99
44  José Maria Larocca Finn Lente 8,00 0,00 8,00 84,69
Vereinigte Staaten Laura Kraut Baloutinue 8,00 0,00 8,00 85,23
Enrique González Chacna 4,00 4,00 8,00 101,53
47  Eugenio Garza Perez Armani SL Z 8,00 1,00 9,00 89,10
Italien Emanuele Gaudiano Chalou 8,00 1,00 9,00 89,48
Andreas Schou Darc de Lux 8,00 1,00 9,00 89,52
Roberto Terán Dez' Ooktoff 8,00 1,00 9,00 89,71
Jasmine Chen Benitus di Vallerano 8,00 1,00 9,00 91,01
52  Martín Dopazo Quintino 8,00 2,00 10,00 93,39
Li Zhenqiang Uncas S 8,00 2,00 10,00 95,79
Frankreich Pénélope Leprevost Vancouver de Lanlore 8,00 2,00 10,00 96,82
55  Anna Kellnerová Catch Me If You Can OLD 12,00 0,00 12,00 86,55
Manuel González Dufrane Hortensia van de Leeuwerk 12,00 0,00 12,00 88,23
57  Bruce Goodin Danny V 12,00 1,00 13,00 90,18
Ukraine Oleksandr Prodan Casanova F Z 12,00 1,00 13,00 92,17
Fabian Sejanes Emir 12,00 1,00 13,00 92,49
60  El Ghali Boukaa Ugolino du Clos 12,00 2,00 14,00 93,13
Hector Florentino Carnaval 12,00 2,00 14,00 95,53
62  Abdel Said Bandit Savoie 8,00 7,00 15,00 113,40
63  Abdelkebir Ouaddar Istanbull van het Ooievaarshof 16,00 0,00 16,00 87,52
64  Uma O’Neill Clockwise of Greenhill Z 16,00 1,00 17,00 91,45
65  Zhang Xingjia For Passion d'Ive Z 16,00 2,00 18,00 93,60
66  Australien Katie Laurie Casebrooke Lomond aufgegeben
Zhang You Caesar aufgegeben
Kamil Papoušek Warness aufgegeben
Ibrahim Bisharat Blushing aufgegeben
Alberto Michán Halbinger Cosa Nostra ausgeschieden
Mathilda Karlsson Chopin VA ausgeschieden
Ahmad Saber Hamcho Deville ausgeschieden
Ali Al Ahrach USA de Riverland ausgeschieden

Auch in der Finalprüfung gelang es dem Parcoursbauer einen Springkurs zu gestalten, der die passenden hohen Anforderungen an die 30 verbliebenen Starterpaare stellte, aber dennoch keine schlechten Bilder durch Überforderungen lieferte. Die letzten beiden Teilnehmer aus dem deutschen Sprachgebiet, die im Vorfeld zum Kreis der Favoriten zählenden Martin Fuchs (Europameister 2019) und Daniel Deußer (Weltranglistenerster), schlossen beide mit zwei Hindernisfehlern die Einzelwertung ab.

Während Cian O’Connor und Scott Brash einen Zeitfehler hinnehmen mussten – kurioserweise beendeten beide den Kurs zeitgleich nach 88,45 Sekunden – zogen sechs Reiter-Pferd-Paare in das Stechen um die Medaillen ein.[4] Der Ritt von O’Connor lieferte die Grundlage für eine Diskussion über das Regelwerk: O’Connors Wallach Kilkenny bekam während des Rittes Nasenbluten. Anders als Blut im Maul oder an den Flanken des Pferdes ist das Nasenbluten nicht als Grund für eine Disqualifikation vorgesehen, so dass die Richter den Ritt nicht vorzeitig abklingelten.[5]

Enorm stark zeigten sich Schwedens Vertreter, alle drei schwedischen Reiter zogen in das Stechen ein. Den Auftakt zum Stechen machte Daisuke Fukushima, der mit seinem Pferd Chanyon in unter 44 Sekunden fehlerfrei blieb. Kein Teilnehmer im Stechen zeigte Nerven, alle blieben fehlerfrei, so dass ausschließlich die Zeit über die Top drei im Stechen entschied. Die einzige „Amazone“ im Stechen, Malin Baryard-Johnsson, unterbot Fukushimas Zeit direkt um drei Sekunden. Fast noch einmal um denselben Abstand schneller blieb ihr Landsmann Peder Fredricson mit seinem Silbermedaillen-Pferd von 2016, All In. Doch wie in Rio, so blieb Fredricson auch in Tokio hinter einem Briten. Dieses Mal war es Ben Maher mit Explosion W. Das Paar, das insbesondere die Global Champions Tour dominierte und 2019 knapp Einzelgold bei den Europameisterschaften verpasst hatte, kam der Modus von Tokio entgegen. Die Erfahrungen aus unzähligen Stechen ausspielend, war das Paar nochmals schneller als Fredricson und All In.

An Mahers Zeit sollte niemand im Stechen mehr herankommen. Henrik von Eckermann und Maikel van der Vleuten reihten sich mit ihren Pferden auf den Plätzen vier und drei ein.[6][7]

Rang Reiter Pferd Normalumlauf Stechen
Strafpunkte Zeit
(Sekunden)
Strafpunkte Zeit
(Sekunden)
Springfehler Zeitfehler Gesamt
Vereinigtes Königreich Ben Maher Explosion W 0,00 0,00 0,00 85,67 0 37,85
Schweden Peder Fredricson All In 0,00 0,00 0,00 86,77 0 38,02
Niederlande Maikel van der Vleuten Beauville Z 0,00 0,00 0,00 85,31 0 38.90
Schweden Henrik von Eckermann King Edward 0,00 0,00 0,00 85,48 0 39,71
Schweden Malin Baryard-Johnsson Indiana 0,00 0,00 0,00 87,22 0 40,76
Japan Daisuke Fukushima Chanyon 0,00 0,00 0,00 87,57 0 43,76
Cian O’Connor Kilkenny 0,00 1,00 1,00 88,45
Vereinigtes Königreich Scott Brash Jefferson 0,00 1,00 1,00 88,45
Grégory Wathelet Nevados S 4,00 0,00 4,00 84,26
10  Luciana Diniz Vertigo du Desert 4,00 0,00 4,00 84,69
11  Ashlee Bond Donatello 4,00 1,00 5,00 88,02
12  Frankreich Nicolas Delmotte Urvoso du Roch 4,00 1,00 5,00 88,04
13  Japan Kōki Saitō Chilensky 4,00 1,00 5,00 89,82
14  Jérôme Guery Quel Homme 4,00 3,00 7,00 99,84
15  Bertram Allen Pacino Amiro 8,00 0,00 8,00 84,64
16  Martin Fuchs Clooney 8,00 0,00 8,00 84,99
17  Darragh Kenny Cartello 8,00 0,00 8,00 85,11
18  Daniel Deußer Killer Queen 8,00 0,00 8,00 85,69
19  Mouda Zeyada Galanthos 8,00 0,00 8,00 86,63
20  Yuri Mansur Alfons 8,00 0,00 8,00 87,27
21  Niederlande Marc Houtzager Dante 12,00 1,00 13,00 88,10
22  Mario Deslauriers Bardolina 12,00 1,00 13,00 88,51
23  Kristaps Neretnieks Valour 12,00 1,00 13,00 88,75
24  Nayel Nassar Igor van de Wittemoere 12,00 1,00 13,00 89,63
25  Japan Eiken Satō Saphyr des Lacs 16,00 0,00 16,00 84,67
26  Niels Bruynseels Delux ausgeschieden
Daniel Meech Cinca ausgeschieden
Vereinigtes Königreich Harry Charles Romeo aufgegeben
Geir Gulliksen Quatro aufgegeben
Beat Mändli Dsarie aufgegeben
  1. Springen: Olympia-Aus für DSP Alice und Simone Blum, Julia Basic / Deutsche Reiterliche Vereinigung, 20. April 2021
  2. FEI Regulations for Equestrian Events at the Olympic Games, 24th Edition,Effective for the Olympic Games Tokyo 2020, 23 July-8 August 2021: Chapter IV - Jumping (PDF; 649 kB)
  3. Springreiten: Ergebnis Qualifikation Einzelwertung
  4. Springreiten: Ergebnis Einzelfinale vor dem Stechen
  5. Cian O’Connor verzichtet auf das Teamspringen, Sarah Schnieder / Reiter Revue International, 4. August 2021
  6. Ben Maher holt Einzel-Gold, Kirsten Lemke / Reiter Revue International, 4. August 2021
  7. Springreiten: Ergebnis Einzelfinale (Stechen)