Hauptfaserbündel – Wikipedia
In der Mathematik ist das Hauptfaserbündel, Prinzipalfaserbündel bzw. Prinzipalbündel ein Konzept der Differentialgeometrie, mit dem getwistete Produkte formalisiert werden und das unter anderem in der Physik zur Beschreibung von Eichfeldtheorien und speziell Yang-Mills-Feldern verwendet wird.
Prinzipalbündel verallgemeinern den Begriff des kartesischen Produktes eines Raumes
und einer topologischen Gruppe
. So wie das kartesische Produkt
besitzt auch ein Prinzipalbündel
die folgenden Eigenschaften:
- eine Gruppenoperation von
auf
in der gleichen Art wie
für den Produktraum
- eine Projektionsabbildung von
nach
die im Falle eines Produktraumes einfach die Projektion auf den ersten Faktor darstellt:
.
Anders als Produkträume haben Prinzipalbündel keinen bevorzugten Schnitt, wie er im Produktfall durch das neutrale Element der Gruppe gegeben ist. Es gibt also zu Elementen
kein bevorzugtes Element aus
als Identifikation von
. Genauso wenig gibt es allgemein eine stetige Projektion auf
welche die Projektion auf das zweite Element des Produktraumes verallgemeinert:
. Prinzipalbündel können deswegen komplizierte Topologien haben, die eine Darstellung des Bündels als Produktraum verhindern, selbst wenn einige zusätzliche Annahmen gemacht werden.
Funktionen lassen sich als Schnitte im trivialen Prinzipalbündel
interpretieren, nämlich als
. Schnitte in Prinzipalbündeln verallgemeinern also den Begriff der G-wertigen Abbildungen.
Ein Prinzipalbündel ist ein Faserbündel über einem Raum
mit der Projektion
, versehen mit einer stetigen Rechtsoperation
(im Folgenden notiert als
) einer topologischen Gruppe
, sodass die Operation jede Faser auf sich selbst abbildet (das heißt
für alle
und alle
) und die Gruppe frei (jeder Punkt wird nur unter dem neutralen Element der Gruppe invariant) und transitiv (jeder Punkt einer Faser wird von jedem anderen mittels der Gruppenoperation erreicht) auf jeder Faser operiert. Die Gruppe
heißt Strukturgruppe des Prinzipalbündels.
Sind und
glatte Mannigfaltigkeiten, die Strukturgruppe eine Lie-Gruppe und die Operation selbst glatt, so heißt das Prinzipalbündel glattes Prinzipalbündel.
Wie bei jedem Faserbündel ist die Projektion topologisch gesehen lokal trivialisierbar: Es gibt also zu jedem eine offene Umgebung
, sodass
homöomorph ist zu
. Jede Faser ist homöomorph zur als topologischer Raum aufgefassten Strukturgruppe
. Eine Trivialisierung eines Prinzipalbündels ist sogar unter Berücksichtigung der Gruppenoperation möglich: Es lässt sich ein äquivarianter Homöomorphismus
wählen, sodass
für alle . Jede solche lokale Trivialisierung
induziert einen lokalen Schnitt
vermöge
, wobei
das neutrale Element bezeichne.
Umgekehrt induziert auch jeder lokale Schnitt eine lokale Trivialisierung
gegeben durch
mit
. Die lokale Trivialisierbarkeit folgt also aus der Existenz lokaler Schnitte, welche allgemein auf Faserbündeln existieren. Anders als bei allgemeinen Faserbündeln (man betrachte etwa das Tangentialbündel einer glatten Mannigfaltigkeit) impliziert nicht nur die globale Trivialisierbarkeit die Existenz eines globalen Schnittes, sondern auch die Existenz eines globalen Schnittes die Trivialisierbarkeit.
Im physikalischen Kontext lässt sich die Wahl einer Eichung als (je nach Situation lokale oder globale) Wahl einer Trivialisierung bzw. eines Schnittes verstehen.[1]
Sei eine differenzierbare n-dimensionale Mannigfaltigkeit. Das Reperbündel
ist die Menge aller Basen von Tangentialräumen
, mit der kanonischen Projektion
. Die Gruppe
wirkt transitiv und treu auf den Fasern.
Galois-Überlagerungen sind Prinzipalbündel mit der diskreten Gruppe der Decktransformationen als Strukturgruppe.
Sei eine Lie-Gruppe und
eine abgeschlossene Untergruppe, dann ist
ein Prinzipalbündel mit Strukturgruppe
.
In der Topologie und Differentialgeometrie gibt es einige Anwendungsfälle der Prinzipalbündel. Desgleichen gibt es Anwendungen der Prinzipalbündel in der Physik. Dort bilden sie einen entscheidenden Teil des mathematischen Rahmens der Eichtheorien.
Im Falle von kann man zu jedem
-Prinzipalbündel
ein assoziiertes komplexes Vektorbündel
definieren durch
mit der Äquivalenzrelation
.
Analog kann man zu jedem -Prinzipalbündel ein assoziiertes reelles Vektorbündel definieren.
Zum Beispiel sei eine differenzierbare n-dimensionale Mannigfaltigkeit und
das Rahmenbündel. Dann ist das Tangentialbündel
das assoziierte Vektorbündel für die kanonische Wirkung von
auf
.
Allgemeiner lässt sich auch ein assoziiertes Vektorbündel für beliebige Hauptfaserbündel definieren. Sei hierzu ein
-Prinzipalbündel und
eine reelle oder komplexe Darstellung. Dann ist
mit der Äquivalenzrelation
.
ein Vektorbündel, genannt das Vektorbündel assoziiert mit und
. Im Falle von
stimmt das so konstruierte Vektorbündel mit dem obigen überein, wenn man für
die fundamentale Darstellung wählt.
Ein -Prinzipalbündel
lässt sich auf eine Untergruppe
reduzieren, wenn das Bündel
einen Schnitt besitzt. Insbesondere ist ein Prinzipalbündel genau dann trivial, wenn es sich auf die Untergruppe
reduzieren lässt.
Betrachte das Rahmenbündel einer n-dimensionalen differenzierbaren Mannigfaltigkeit, die Strukturgruppe ist
. Dann gilt:
Sei im Folgenden eine gerade Zahl:
Sei im Folgenden eine ungerade Zahl:
- wenn die Mannigfaltigkeit eine Kontaktstruktur besitzt, dann lässt sich die Strukturgruppe auf
reduzieren.
Eine wichtige Rolle beim Studium von Prinzipalbündeln spielen Zusammenhangs-1-Formen und deren Krümmungs-2-Formen
.
In einem ladungsfreien erfüllen das elektrische Feld
und das Magnetfeld
die Maxwell-Gleichungen. Die Felder besitzen Potentiale
und
mit
und
. Diese Potentiale sind jedoch nicht eindeutig, denn
und
für eine beliebige Funktion
geben dieselben Felder.
Man betrachtet die Minkowski-Raum-Zeit und das Prinzipalbündel
mit der Zusammenhangsform
. Deren Krümmungsform gibt das elektromagnetische Feld:
Die Eich-Transformationen sind von der Form .
Die Maxwell-Gleichungen lassen sich formulieren als , wobei
der Hodge-Operator ist.
- David Bleecker: Gauge Theory and Variational Principles. Dover edition Auflage. Addison-Wesley Publishing, 1981, ISBN 0-486-44546-1.
- Jürgen Jost: Riemannian Geometry and Geometric Analysis. (4th ed.). Springer, New York 2005, ISBN 3-540-25907-4.
- R. W. Sharpe: Differential Geometry: Cartan's Generalization of Klein's Erlangen Program. Springer, New York 1997, ISBN 0-387-94732-9.
- Norman Steenrod: The Topology of Fibre Bundles. Princeton University Press, Princeton 1951, ISBN 0-691-00548-6.
- Martin Schottenloher: Geometrie und Symmetrie in der Physik. vieweg, Braunschweig 1995, ISBN 3-528-06565-6.
- Shlomo Sternberg: Curvature in Mathematics and Physics. Dover, Mineola 2012, ISBN 0-486-47855-6.
- Helga Baum: Vorlesung über Eichfeldtheorie (PDF; 584 kB)
- ↑ Pierre Deligne, Pavel Etingof, Daniel Freed, Lisa Jeffrey, David Kazhdan, John Morgan, David Morrison, Edward Witten (Hrsg.): Quantum Fields and Strings: A Course for Mathematicians. American Mathematical Society, 1999, ISBN 0-8218-1987-9, S. 18.