Bilinearform – Wikipedia
Als Bilinearform bezeichnet man in der linearen Algebra eine Funktion, welche zwei Vektoren einen Skalarwert zuordnet und die linear in ihren beiden Argumenten ist.
Die beiden Argumente können verschiedenen Vektorräumen entstammen, denen jedoch ein gemeinsamer Skalarkörper
zugrunde liegen muss; eine Bilinearform ist eine Abbildung
. Eine Bilinearform ist eine Linearform bezüglich ihres ersten als auch ihres zweiten Arguments und somit insbesondere eine Multilinearform mit zwei Argumenten.
Es seien Vektorräume über einem Körper
(oder allgemeiner ein Linksmodul
und ein Rechtsmodul
über einem nicht notwendigerweise kommutativen Ring).
Eine Abbildung
heißt Bilinearform, wenn die zwei Bedingungen einer linearen Abbildung (Additivität und Homogenität) in beiden Argumenten gelten:
,
,
,
.
Dabei sind ,
und
.
Wenn beide Argumente der Bilinearform aus dem gleichen Vektorraum stammen, bezeichnet man
als den Formwert des Vektors
(bezüglich
). Die Bilinearform
kann zusätzliche Symmetrieeigenschaften haben:
- Eine Bilinearform
heißt symmetrisch, wenn
- für alle
gilt.
- Für eine symmetrische Bilinearform ist stets
(Polarisationsformel). Daraus folgt, dass die Bilinearform durch die Gesamtheit der Formwerte vollständig bestimmt ist, falls der zugrundeliegende Körper
eine Charakteristik ungleich
hat
.
- für alle
gilt.
- Eine Bilinearform
heißt antisymmetrisch oder schiefsymmetrisch, wenn
- für alle
gilt.
Jede alternierende Bilinearform ist auch antisymmetrisch. Ist , was zum Beispiel für
und
erfüllt ist, gilt auch die Umkehrung: Jede antisymmetrische Bilinearform ist alternierend. Betrachtet man allgemeiner Moduln über einem beliebigen kommutativen Ring, sind diese beiden Begriffe äquivalent, wenn der Zielmodul keine 2-Torsion besitzt.
- eine symmetrische Bilinearform und
- eine alternierende Bilinearform.
- Es gibt eine kanonische nicht ausgeartete Bilinearform
Sei eine Bilinearform. Die Menge
ist ein Untervektorraum von und heißt Linkskern oder Linksradikal der Bilinearform. Die Symbolik „
“ soll andeuten, dass Elemente des Linkskerns gerade die sind, welche (im Sinne der Bilinearform) orthogonal zum gesamten Raum
sind. Entsprechend heißt
Rechtskern oder Rechtsradikal. Ist eine Bilinearform symmetrisch, so stimmen Rechtskern und Linkskern überein und man nennt diesen Raum den Ausartungsraum von
.
Die Schreibweisen und
werden mit analoger Definition auch für Teilmengen
beziehungsweise
benutzt.
Jede Bilinearform definiert zwei lineare Abbildungen
und
Rechts- und Linkskern sind die Kerne dieser Abbildungen:
Sind beide Kerne trivial (die beiden Abbildungen und
also injektiv), so heißt die Bilinearform nicht ausgeartet oder nicht entartet. Andernfalls heißt die Bilinearform ausgeartet oder entartet. Sind die Abbildungen
und
sogar bijektiv, also Isomorphismen, so heißt die Bilinearform perfekte Paarung. Bei endlichdimensionalen Vektorräumen gilt dies immer, die Begriffe nicht ausgeartet und perfekt sind in diesem Fall also synonym verwendbar.
Die Bilinearform ist somit genau dann nicht ausgeartet, wenn Folgendes gilt:
Ist die Bilinearform symmetrisch, so ist sie genau dann nicht ausgeartet, wenn ihr Ausartungsraum der Nullvektorraum ist.
Für endlichdimensionale Vektorräume mit
existieren Basen
und
.
Die darstellende Matrix einer Bilinearform bezüglich dieser Basen ist
mit
.
Sind und
die Koordinatenvektoren von
bzw.
, d. h.
so gilt
,
wobei das Matrixprodukt eine -Matrix liefert, also ein Körperelement.
Ist umgekehrt eine beliebige
-Matrix, so definiert
eine Bilinearform .
Sind und
weitere Basen von
und
, weiterhin
die Basiswechselmatrix von
nach
. Dann ergibt sich die Matrix von
in der neuen Basis als
Ist ,
und
, dann heißen die Matrizen
und
zueinander kongruent.
- Das Standardskalarprodukt in
hat bezüglich der Standardbasis als Matrix die Einheitsmatrix.
- Wenn
und dieselbe Basis für
und
verwendet wird, so gilt: Die Bilinearform ist genau dann symmetrisch, wenn die Matrix symmetrisch ist, genau dann antisymmetrisch, wenn die Matrix antisymmetrisch ist, und genau dann alternierend, wenn die Matrix alternierend ist.
- Die Abbildung
ist eine Bijektion des Raumes der Bilinearformen
auf die
-
-Matrizen. Definiert man die Summe und Skalarmultiplikation von Bilinearformen auf kanonische Weise (
), so ist diese Bijektion auch ein Vektorraumisomorphismus.
- Für symmetrische Bilinearformen über Vektorräumen endlicher Dimension existiert eine Basis, in der die darstellende Matrix Diagonalgestalt hat (falls
) (siehe Gram-Schmidtsches Orthogonalisierungsverfahren für den Spezialfall positiv definiter Bilinearformen).
- Falls weiterhin
, kann man eine Basis finden, in der zusätzlich auf der Diagonalen nur die Einträge 1, −1 und 0 vorkommen (Trägheitssatz von Sylvester).
- Gerd Fischer: Lineare Algebra, Vieweg-Verlag, ISBN 3-528-03217-0