Algebraischer Zahlkörper – Wikipedia
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Ein algebraischer Zahlkörper oder kurz ein Zahlkörper (alt Rationalitätsbereich) ist in der Mathematik eine endliche Erweiterung des Körpers der rationalen Zahlen . Die Untersuchung algebraischer Zahlkörper ist ein zentraler Gegenstand der algebraischen Zahlentheorie, eines Teilgebiets der Zahlentheorie.
Eine wichtige Rolle spielen dabei die Ganzheitsringe algebraischer Zahlkörper, die Analoga des Rings der ganzen Zahlen im Körper
darstellen.
Ein algebraischer Zahlkörper ist definiert als endliche Körpererweiterung des Körpers
der rationalen Zahlen. Das bedeutet, dass
als Vektorraum über
eine endliche Dimension hat. Diese Dimension heißt Grad des Zahlkörpers.
Als endliche Erweiterungen sind Zahlkörper stets auch algebraische Erweiterungen von ; das heißt, jedes Element eines Zahlkörpers ist Nullstelle eines Polynoms mit rationalen Koeffizienten und ist daher eine algebraische Zahl. Umgekehrt ist allerdings nicht jede algebraische Erweiterung von
ein Zahlkörper: Beispielsweise ist der Körper
aller algebraischen Zahlen zwar eine algebraische, aber keine endliche Erweiterung von
, also kein algebraischer Zahlkörper.
Nach dem Satz vom primitiven Element sind Zahlkörper einfache Körpererweiterungen von , lassen sich also in der Form
als Adjunktion einer algebraischen Zahl
zu
darstellen.
Ein Element eines Zahlkörpers
wird ganz genannt, wenn es Nullstelle eines normierten Polynoms (Leitkoeffizient 1) mit Koeffizienten aus
ist. Das heißt,
erfüllt eine Gleichung der Gestalt
mit ganzen Zahlen . Solche Zahlen werden auch ganzalgebraische Zahlen genannt.
Die ganzen Zahlen bilden einen Unterring von , der Ganzheitsring von
genannt wird und üblicherweise mit
,
oder auch
bezeichnet wird.
, falls
kongruent 2 oder 3 mod 4 ist,
, falls
kongruent 1 mod 4 ist.
Da ein Zahlkörper vom Grad
ein
-dimensionaler
-Vektorraum ist, besteht jede Basis von
aus genau
Elementen. Ist
eine solche Basis, dann lässt sich jedes Element
schreiben in der Form
mit eindeutig bestimmten Koeffizienten , die jedoch von der Wahl der Basis abhängen.
Gilt
, dann besitzt
die spezielle Basis
, wobei der Grad
von
gleich dem Grad des Minimalpolynoms der algebraischen Zahl
ist.
Eine Basis von heißt Ganzheitsbasis, wenn sich jedes ganze Element
in der Form
mit
schreiben lässt. Beispielsweise ist
eine Basis von
, aber keine Ganzheitsbasis, denn nicht alle Elemente des Ganzheitsrings
lassen sich als ganzzahlige Linearkombinationen von 1 und
schreiben. Dagegen ist
eine Ganzheitsbasis von
.
Eine andere basisabhängige Darstellung von Elementen eines Zahlkörpers ist die Matrixdarstellung. Sei dazu
fest gewählt, dann ist durch die Multiplikation mit
eine lineare Abbildung
,
gegeben. Dieser Endomorphismus lässt sich bezüglich einer festen Basis durch eine quadratische Matrix darstellen.
Die Determinante und die Spur der Abbildung (also der darstellenden Matrix), die von der Wahl der Basis unabhängig sind, werden Norm bzw. Spur von
genannt und sind wichtige Hilfsmittel für Rechnungen und Beweise in algebraischen Zahlkörpern.
Die algebraischen Zahlkörper bilden zusammen mit den Funktionenkörpern der Charakteristik
die Klasse der globalen Körper, die zusammen mit den lokalen Körpern, zu denen etwa die Körper
der p-adischen Zahlen gehören, die wichtigsten Untersuchungsobjekte der algebraischen Zahlentheorie darstellen.
- Idealklassengruppe
- Dirichletscher Einheitensatz
- Kummer-Erweiterung
- Quadratisches Reziprozitätsgesetz, Artinsches Reziprozitätsgesetz
- Klassenkörpertheorie
- Brauer-Gruppe
- Iwasawa-Theorie
- Dedekindsche Zeta-Funktion
- Falko Lorenz: Algebraische Zahlentheorie. BI-Wissenschaftsverlag, Mannheim 1993, ISBN 3-411-16701-7.
- Stefan Müller-Stach, Jens Piontkowski: Elementare und algebraische Zahlentheorie. Ein moderner Zugang zu klassischen Themen. Vieweg, Wiesbaden 2006, ISBN 3-8348-0211-5 (Vieweg Studium).
- Jürgen Neukirch: Algebraische Zahlentheorie. Springer-Verlag, Berlin 2006. ISBN 3-540-37547-3.