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Politische Öffentlichkeit statt Mitbestimmung? Zur Bedeutung der contiones in der mittleren und späten römischen Republik

  • ️Claudia Tiersch
  • ️Fri May 01 2009

Zusammenfassung

Die Untersuchung befaßt sich mit dem Volksversammlungstyp der contiones als entscheidender kommunikativer Schnittstelle zwischen Volk und Senat in der Zeit der römischen Republik. Durch eine Analyse kommunikativer und performativer Mechanismen, aber auch der hier thematisierten Gegenstandsbereiche wird gezeigt, warum es nobilitären Rednern innerhalb der mittleren Republik meist gelang, die Akzeptanz der Bürgerschaft für die von ihnen formulierten politischen Ziele zu gewinnen. Hierbei gelang die Integration der Bürger trotz einer zutiefst hierarchischen Kommunikationsstruktur, denn die aristokratischen Redner vermochten ihre herausgehobenen Geltungsansprüche durch die Verheißung patronalen Leistungsaustauschs an geltende Sozialbeziehungen anzuknüpfen und dadurch für die Zuhörer mit sozialem Sinn zu erfüllen. Allerdings verdeutlichte die wachsende Gewalt innerhalb der contiones der späten Republik die institutionellen Grenzen dieses Versammlungstyps. Dieser war nicht mehr in der Lage, die massiven Interessengegensätze jener Jahrzehnte kommunikativ zu bewältigen. Insofern wird die Krise der späten römischen Republik auch als Störung der Kommunikationsbeziehungen zwischen Ober- und Unterschichten faßbar.

Abstract

This paper highlights the role of the contiones as the essential forum of political discourse between Senate and People in the Roman Republic. Scrutinizing communicative and performative strategies, and the political agenda as well, it is shown, why aristocratic rhetores usually succeeded in persuading Roman citizens to follow their political plans. To explain the astonishing fact that the citizens gave their consent in spite of a very hierarchical communication, you have to realize that leading aristocrats were able to legitimize their claims by promising huge benefits to the Roman populus, according to existing patronal relations. The growing political violence in the contiones of the Late Republic, however, revealed institutional limits of this type of political assembly. It was not appropriate any longer to offer communicative strategies for coping with the severe clash of interests during those decades. Consequently, the political crisis of the Late Roman Republic could be conceptualized as a crisis of communication between mass and elite.

Published Online: 2009-09-25

Published in Print: 2009-05

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