Landeshymne – Historisches Lexikon
Autor: Josef Frommelt | Stand: 31.12.2011
Die sich mit dem Aufkommen von Nationalstaaten im 19. Jahrhundert ausbreitenden Volks-, Landes- oder Nationalhymnen (von griechisch hýmnos: Weihe-/Lobgesang) sollen dem nationalen Selbstverständnis und Zusammengehörigkeitsgefühl Ausdruck geben und den Staat bei politischen, patriotischen, kulturellen oder sportlichen Anlässen repräsentieren.
Die Melodie der liechtensteinischen Landeshymne entspricht der aus Motiven John Bulls (1562–1628) und Henry Purcells (1659– 1695) entstandenen, erstmals 1745 in einer Bearbeitung von Thomas August Arne aufgeführten englischen Nationalhymne «God Save the King». Die Melodie dieser ersten Hymne eines Landes wurde zum Inbegriff der Nationalhymne und breitete sich schnell über ganz Europa aus. Im 19. Jahrhundert wurde sie mit verschiedenen Texten in über 30 Ländern verwendet.
Die mündliche Überlieferung und mehrere Schriftstellen weisen darauf hin, dass der Balzner Frühmesser Jakob Josef Jauch in den 1850er Jahren auf diese Melodie den Text «Oberst am deutschen Rhein lehnet sich Liechtenstein» schrieb. Obwohl beim Sängerfest in Vaduz 1879 die Hymne mit dem von Albert Schädler verfassten Text «Auf Brüder allzumal» gesungen wurde, hielt man am Jauch’schen Text fest. 1895 wurde anlässlich der ersten Landesausstellung in Vaduz als liechtensteinische Landeshymne «Oberst am deutschen Rhein» gesungen.
Die Worte «am deutschen Rhein» und «im deutschen Vaterland», die sich auf Liechtensteins Mitgliedschaft im Deutschen Bund bezogen, wurden durch dessen Auflösung 1866 sinnlos und für manche Bürger zum Stein des Anstosses. Nach 1900 versuchten patriotische Gruppierungen, das Wort «deutsch» aus dem Hymnentext zu eliminieren. Gustav Alfons Matt verfasste einen geänderten Text, der bis auf wenige Worte dem heute gültigen entspricht. Deutschnational denkende Kreise, ab 1938 vor allem die Volksdeutsche Bewegung in Liechtenstein, führten jedoch eine heftige Pressefehde für die Erhaltung des alten Textes. Erst 1963 nahm der Landtag den geänderten, auf zwei Strophen verkürzten Text mit Mehrheitsbeschluss an. 1983 wurde eine einheitliche Fassung für Orchester mit Chor beziehungsweise für Blasmusik zur offiziellen Version erklärt.
Die Landeshymne wird stehend gesungen. Das Heben der Hand bei den Worten «Hoch leb der Fürst vom Land, hoch unser Vaterland» entspricht der schon im 19. Jahrhundert üblichen Geste bei Hochrufen auf den Fürsten.
Literatur
- Josef Frommelt: Die liechtensteinische Landeshymne, in: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein, Bd. 104 (2005), S. 7–67.
- Ulrich Ragozat: Die Nationalhymnen der Welt: ein kulturgeschichtliches Lexikon, Freiburg 1982, S. 143f.
Zitierweise
<<Autor>>, «Landeshymne», Stand: 31.12.2011, in: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein online (eHLFL), URL: <<URL>>, abgerufen am 15.2.2025.
Medien
Das Absingen der Landeshymne anlässlich des Staatsfeiertags 1981 (LI LA). In der Bildmitte ist Fürstin Gina von und zu Liechtenstein zu erkennen.