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Klare politische Aussage von wütenden alten Männern.

laut.de-Kritik

Klare politische Aussage von wütenden alten Männern.

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Schöne alte Lieder hören, ein paar Erinnerungstränen vergießen, ein bisschen Bier trinken – so stellten sich wohl die meisten Zuschauer die Tour von Crosby, Stills, Nash and Young im Sommer 2006 vor. Der Titel der Tour, "Freedom Of Speech", klang etwas bedrohlich, aber was sollte man von vier gestandenen Musikern erwarten, die sich alle schon jenseits der 60 befanden?

Wie sich schnell herausstellte, war der Antriebsgrund der Konzerte weniger Taschenbeutel und Nostalgie, sondern eine klare politische Aussage: Lasst uns die Kriege in Irak und Afghanistan stoppen, die den betroffenen Bevölkerungen, den US-Soldaten und ihren Familien nur unendliches Leid gebracht haben. Neil Youngs Kinofilm "Déjà Vu" zeigt wirkungsvoll, wie sehr das Thema nicht nur das Publikum, sondern die gesamten USA spaltet.

Die vorliegende CD ist so etwas wie ein Soundtrack zum Film, wobei sie weder Interviews noch Lieder anderer, sondern nur Mitschnitte aus verschiedenen, nicht näher angegebenen Konzerten enthält. Das macht etwas stutzig, wie auch das "Living With War-Theme", das Young nachträglich im Studio auf dem Klavier eingeklimpert hat. Da liegt zunächst die Vermutung nahe, dass er an noch mehr Stellen herumgebastelt hat.

Wohl leider nicht. Der Sound ist für einen Tüftler wie ihn erstaunlich mies, das Publikum nur selten zu hören, die Abmischung breiig. Vielleicht wollte er kaschieren, wie dünn die Stimmen von Crosby und Stills mittlerweile geworden sind? Jedenfalls klingen die meisten Relikte aus der Vergangenheit, insbesondere "Déjà Vu" und "Wooden Ships", nur wie Schatten ihrer selbst.

Besser schneiden das mit dem Publikum gesungene "What Are Their Names", das akustische "Find The Cost Of Freedom" und der Klassiker "Teach Your Children" ab. Ihr bekanntester Protestsong, "Ohio", ist hier nicht vertreten. Das wäre zu billig gewesen, meinte Young. Warum spielten sie ihn dann live? Über die Auswahl von Stücken in einem Livealbum lässt sich vorzüglich streiten - fest steht, dass von den 35 Titeln, die sie jeden Abend spielten, gerade mal vierzehn vertreten sind.

Ziel der CD ist es wohl eher, den Zuhörer zum Nachdenken zu bewegen. Deshalb bildet Youngs kritisches Album "Living With War" das Hauptgerüst der Tracklist. Dass seine Mitstreiter auf der Bühne mit Feuer und Flamme dabei waren, ist nicht nur an ihrem energischen Singen zu hören, sondern auch an ihrem verzerrungsreichen Gitarrenspiel.

Ihre Abrechnungen mit George W. Bush, "Let's Impeach The President", "Looking For A Leader" und "Living With War", besitzen nun die richtige Portion Wut. Dass CSNY differenzieren können, beweist "Families", das von US-Soldaten im Einsatz und ihren Angehörigen handelt. "Our Thanks to The United States Armed Forces", steht auf der letzten Seite des Booklets. Schuld an den Zuständen ist die Politik und nicht das Militär, so die Aussage.

Schade eigentlich, dass Young das Album im Studio ohne CSN aufgenommen hat, denn mit ihnen erreicht das Material eine neue Qualität. Der Rest ist kaum den Erwerb der CD wert. Da lohnt es sich eher, den Film im Kino oder auf DVD anzuschauen – entspannt und mit Bier.