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Städte und Gemeinden bis heute | Warnsdorf | Deutsche in Böhmen & Mähren

  • ️Thomas
  • ️Fri May 17 2024

Geschichte

Das in einer Höhe von 335 m ü. M. im Mandaubecken, umgeben von der herrlichen Natur des Lausitzer Gebirges liegende Warnsdorf war die größte Stadt des Niederlandes und Hauptstadt des eigenen Kreises. Es liegt im Südosten des Niederländer Zipfels in einer Entfernung von 66 km (Luftlinie) von Dresden, 38 km von Görlitz, 40 km von Reichenberg und 93 km von Prag. Die Stadt berührte mit etwa zweidrittel ihrer Gemarkungsgrenze sächsisches Gebiet. Dabei grenzen die sächsischen Nachbarorte Seifhennersdorf (heutiger Grenzübergang von der CSSR zur DDR) und Großschönau in Sachsen unmittelbar an Warnsdorf an, gegen Norden und Nordwesten erstreckte sich das Hügelland der sächsischen Oberlausitz. Im Nordwesten gehen das Lausitzer Gebirge und der Kreibitzer Berg in das Gebiet der Böhmisch-sächsischen Schweiz über. In einem breiten Talkessel gelegen, erheben sich ringsum die bewaldeten, vielgestaltigen Bergkuppen, über die im Norden, Osten und Süden, oft mitten über die Gipfel, die ehemalige und auch heutige Staatsgrenze verläuft, nur im Südwesten eine Verbindung mit dem Inneren Böhmens bietend. Die bewaldeten Hügel sind der Burgsberg, Spitzberg, Finkenhübel und die Schönborner Höhe, die Höhe von 400 bis 500 m und mehr erreichen.
Warnsdorf war Endpunkt der Bahnlinie TetschenTeichstatt-Warnsdorf und wurde außerdem von einer sächsischen Bahnlinie zwischen Neugersdorf und Zittau durchquert, an welcher zwei Bahnhöfe auf Warnsdorfer Gebiet lagen. Durch diese Verbindung über die einstige sächsische Staatseisenbahn seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts und die Böhmische Nordbahn seit 1869 wurde der Wirtschafts- und Reiseverkehr sowohl in das Altreich, als auch vor allem in das Aussig-Teplitzer Kohlengebiet frühzeitig hergestellt.

Straßenverbindungen bestanden zu den Nachbarorten Niedergrund, Schönborn, Seifhennersdorf und Großschönau in Sachsen und damit Straßenanschluss an die großen Überlandverbindungen nach allen Seiten. Für Handel und Verkehr war diese durch die eigenartige Grenzziehung isolierte Lage nicht sehr förderlich. Auch an die Bildung eines mit der Stadt wirtschaftlich Zusammenhängenden Hinterlandes beschränkte sich auf das im Südwesten anschließende Grund- und Kreibitztal.
Die Besiedlung von Warnsdorf hat vermutlich schon um das Jahr 1200 zu Beginn der großen Koloniationswelle aus Deutschland eingesetzt. Die Gründung des Dorfes in Form eines Waldhufendorfes längs der Mandau erfolgte zum Ende des 12. Jahrhunderts und war rein deutschen Ursprungs. Die Eintragung im Register der päpstlichen Zehnten vom Jahre 1352 ist die erste bekannte schriftliche Erwähnung von Warnsdorf, das als Wernardi Villa (Dorf) offenbar nach den Gründern bezeichnet wird. Kurz danach wird es auch Wernolfsdorf genannt und bald aber nur noch mit dem Namen Warnsdorf bezeichnet. Es war selbstverständlich einer Herrschaft unterstellt, die verschiedentlich wechselte. Die Tollsteiner Herrschaft, zu der es gehörte, war im Besitz der Berka von Duba und der Wartenberge bis zum 15. Jahrhundert, der Schleinitz vom Ende des 15. Jahrhundert und seit dem 17. Jahrhundert bis zur Verstaatlichung 1919 des mächtigen Geschlechts der Lichtenstein. In der Zeit der Hussitenkriege stand Warnsdorf aufseiten des Kaisers Siegmund. Als die Hussiten 1429 das Lausitzer Heer in nächster Nähe schlugen, hatte die Siedlung Warnsdorf schwer darunter zu leiden.
Den zuerst ausschließlich als Bauern tätigen Siedlern folgten nach den Hussitenstürmen die Gärtner, genannten Kleinbauer, Aushäusler als Tagelöhner, Handwerker, Flachsspinner, Leinenweber und Hausierer. Es entwickelte sich schon ein lebendiger Handel, der durch den Dreißigjährigen Krieg und der Gegenreformation für das aufblühende Gemeindewesen große Rückschläge erlitt.
Nach einer Grundaufnahme von 1654 bestanden in Warnsdorf 32 Bauerngüter, 22 Gärten (Kleinbauern) und 4 Meierhöfe, die genauso mehrmals den Besitzer wechselten wie die gesamte Oberherrschaft, die in der Regel einfach „die Herrschaft genannt wurde Als Inhaber der Meierhöfe werden die Herren von Knobloch, von Leimar, von Haugwitz und von Pötting genannt. 1637 wurde das Dorf Warnsdorf der Herrschaft Rumburg einverleibt, bei der es weiterhin verblieb. Diese Herrschaft wurde 1681 an den Fürsten Anton Florian von Lichtenstein verkauft und verblieb im Besitz dieser Familie, wie gesagt, bis zum Ersten Weltkrieg. Etwa 1654 stand übrigens infolge der Auswanderung der evangelischen Bevölkerung mehr als die Hälfte der Häuser leer. 1678 zählte Warnsdorf etwa 600 Einwohner. Zwischen 1678 und 1786 wurden die Meierhöfe im Bereich diese Ortes aufgeteilt und an Kleinsiedler (Häusler) gegen Entrichtung einer Erbpacht übertragen. Hierdurch entstanden 5 weitere kleine Ortschaften, nämlich Neu-Warnsdorf 1678, Floriansdorf 1699, Karlsdorf 1727, Alt-Franzthal 1783 und Neu-Franzthal 1784. Diese zuerst als Gemeinde bestehenden Einzelorte wurden 1849 mit der größeren Gemeinde Warnsdorf (bis dahin Altwahnsdorf genannt) zusammengeschlossen, die wiederum auf einer Fläche von 17 Quadratkilometer in 8 Bezirke unterteilt wurde und mit 14000 Menschen das „größte Dorf Österreichs“ wurde. Am 28. Juli 1868 erfolgte Warnsdorfs Erhebung zur Stadt, die mit 1706 ha die gleiche Gemarkungsfläche wie die Hauptstadt Prag hatte. Sie legte sich durch Gemeindebeschluss vom 13. Dezember 1888 ein Stadtwappen bei (das Wappen des Oberlausitzer Geschlecht von Warnsdorf): Ein blauer Schild, über einem liegenden silbernen Halbmond ein sechsstrahliger silberner Stern (Entwurf des akademischen Malers August Frind aus Schönlinde). Das Stadtwappen war von da ab in vielfacher Ausführung an Gebäuden, Portalen und anderen Bauwerken sichtbar.

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Die Zahl der Häuser wird im josefinischen Kataster von 1785 mit 547 angegeben, 1820 bereits mit 841. Die Zunahme der Bevölkerung hatte auch ein Ansteigen von Handel und Gewerbe zur Folge. Gerade im Zuge der Verstärken Industrialisierung stieg die Bevölkerung von 1833 auf 7470, 1880 auf 15.160, 1910 auf 23219 (Höchstand) und nahm bis 1939 infolge durch Krieg und Nachkriegszeit wieder auf 21179 ab. 1914 wurden mehr als 2000 Häuser gezählt. Im Adressbuch von 1941 stehen 2431 Häuser verzeichnet.

Warnsdorf überragende Bedeutung liegt in seiner machtvollen Industrie. Der Charakter der Stadt wurde jahrzehntelang durch die Tradition der Textil- und Maschinenbauproduktion geformt. Die Textilindustrie hatte ihre Anfänge im Flachsbau und im Leinenhandel schon im 13. Jahrhundert. Die Leinenproduktion wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts im Zusammenhang mit der Gründung von Manufakturen erweitert, die die Grundlage für die künftige Spezialisierung und den weiteren Aufschwung schufen. Als Kaiser Josef II. 1786 die Einfuhr von Baumwolle gestattete, war Warnsdorf unter den Ersten, die diesen Rohstoffe zu verarbeiten begannen. Eine große Konjunktur erlebte die Warnsdorfer Textilindustrie in der Zeit der napoleonischen Kriege, als die sehr ernste Konkurrenz Englands wegfiel. Es stabilisierte sich die Erzeugung von Samt und von bedruckten Stoffen. Einen weiteren mächtigen Aufschwung erzwang im Jahre 1869 die Eisenbahnverbindung mit Tetschen, später mit Rumburg, Innerböhmen und auch mit Zittau. Ende des 19. Jahrhunderts begann sich die Erzeugung von Werkzeugmaschinen zu entwickeln. Eine dieser Maschienenbaufabriken war die Warnsdorfer Firma Arno Plauert, die Drehmaschinen, Bohrmaschinen und Dampfpumpen erzeugte und auch die Erzeugung von Automobilen plant. Diese Firma wird heute noch in der Tschechoslowakei als staatlicher Betrieb unter der Bezeichnung TOS betrieben.

Mitte des 17. Jahrhunderts, befand sich die Erzeugung von Leinenwaren und der Damastweberei bereits auf einer beachtlichen Stufe. Bedeutungsvoll wurde die Fabrikation aber erst mit der vergrößerten Verarbeitung von Baumwolle. Wir finden bald jene Erzeugnisse, die den Ruf Warnsdorf in der ganzen Welt begründeten, die baumwollenen Barchente, Inlette, Nankin, Manchester, Piquets, Samte, Hosen und Westenstoffe, allerlei Mischwaren aus Leinen, Baumwolle, Schafwolle und Seide. 1838 zählte man in diesem Dorf 900 Zwirner und Flammer, 300 Färbergehilfen, 150 Bleichknechte, 450 Graveure, Modellstecher und Handdrucker, 30 Maschienendrucker und 100 Appreteure. Die ersten mechanischen Webstühle wurden 1860 eingeführt. Die Warnsdorfer Waren eroberten sich ganz Österreich als Absatzgebiet, sie wurden nach Galizien, Russisch-Polen, Ungarn, in die Alpenländer, nach dem Balkan, ja bis nach China verfrachtet. Im Gefolge der Webindustrie entwickelte sich die Spinnerei; es entstanden zahlreiche Handwerksbetriebe, Spezialerzeugungen der Leder-, Maschinen – und chemischen Industrie und andere Unternehmungen. Zuletzt arbeiteten von 12608 in der Industrie Beschäftigten 7900 in der Textilindustrie (je 1/3 in der Weberei, Wirkerei und anderen Branchen) und 2200 in der Maschinenindustrie. Davon arbeiteten in Großbetrieben mit über 200 Beschäftigten rund 58 %, in Betrieben zwischen 50 und 200 Beschäftigten rund 23 %, in kleineren oder Kleinstbetrieben etwa 18 %.
Die Übersicht über die Industrie und die gewerblichen Betriebe 1939 ergibt: 6 Appreturanstalten, 1 Armaturenfabrik, 1 Baggerfabrik, 1 Blechwarenfabrik, 4 Buchdruckereien / Eduard Strache, 1 Bürstenfabrik, 1 Dachpappenfabrik, 1 Drahtwaren- und Drahtzaunfabrik, 1 Drahtmatratzenfabrik, 1 Stahldrahtmatrazenfabrik, 1 Fahrradfabrik, 1 elektronische Apparatefabrik, 1 Granit- und Syenit-Schleiferei, 1 Holzbearbeitungsmaschinenfabrik, 1 Werkzeugfabrik, 1 Essenzfabrik, 3 Farbenfabriken, 1 Kinderwagenfabrik, 5 Kleiderfabriken, 3 Lederfabriken, 8 sonstige Maschinenfabriken, 3 Metallwarenfabriken – Eisengießerei Zimmer, 3 Möbelfabriken, 1 Musterkartenfabrik, 2 Papierwarenfabriken, 1 Parkettfabrik, Pianofortefabrik Firma Scholz und Söhne, 2 Putzwollefabriken, 1 Sägewerk, 5 Samtfabriken, 1 Schamottewarenfabrik, 4 Schotterwerke, 1 Schraubenfabrik, 1 Schuhfabrik, 1 Seifenfabrik, 1 Stahlmöbelfabeik, 4 Möbelfabriken, 1 Seilerfabrik, 1 Signierschablonenfabrik, 4 Spinnereien für Baumwolle und Zellwolle, 2 Steinbrüche, 1 Strick- und Wirkwarenfabrik, Strumpffabrik Kunert und Söhne, insgesamt 44 Textilwarenfabriken, 1 Transportgerätefabrik, 2 Wäschefabriken, 15 Weberreifabriken (Baumwolle und Zellwolle), 1 Frotteewarenwebereifabrik, 1 Kunstseidenwirkereifabrik, 1 Seidenwebereifabrik, Samtschneiderei Heinrich Stolle, 2 Werkzeugmaschinenfabriken – Arno Plauert, 1 Ziegelei, 1 Ziegeleimaschinenfabrik, 2 Zwirnfabriken, 1 Wagenfabrik (Wagen- und Karosserie), 5 Transportunternehmen, 1 Spiral- und Plattfedernfabrik, 19 Agenturen für Garne und Seide, dazu 7 Banken und Sparkassen, 13 Hotels und Gasthöfe und 69 Gaststätten.

Als größter Betrieb war die Strumpfabrik Kunert und Sohn hervorzuheben, in der 1939 mehr als 4500 Arbeiter beschäftigt waren. Aus einem mittelständischen Familienbetrieb seit 1924 , der hier als Folge einer Krise in der Schönlinder Strumpfindustrie einen neuen Anfang machte, wuchs in den 14 Jahren ein Werk von weltweiter Bedeutung. Waren 1924 hier 20 Personen mit einer Tagesproduktion von 300 Strumpfpaaren tätig, so waren es 5 Jahre später in einem achtstöckigen Hochhaus 800 Arbeiter, die 15000 Paar Strümpfe erzeugten; 1934 erreichten 1600 Arbeiter 40000 Paar Strümpfe und 1938 produzierten fast 5000 Betriebsangehörige täglich 110000 Paar Kunert-Strümpfe, von denen 85% exportiert wurden. Die Firma lieferte in fast alle europäischen Staaten und nach zahlreichen überseeischen Ländern. Eigene Niederlassungen bestanden in Prag, Pilsen, Brünn, Mährisch-Ostrau, Preßburg, Kaschau und in 26 bedeutenden Städten des europäischen Auslands.
Nach der Enteignung und Vertreibung 1945 entstanden die Kunert-Werke aus dem Nichts heraus wieder zu einer Weltfirma in Immenstadt im Allgäu, in Rankweil in Vorarlberg und in Lindau/Bodensee. In diesen Betrieben könnten vor allem viele ehemalige Betriebsangehörige und Heimatvertriebene (gerade aus Nordböhmen) beschäftigt werden. In Warnsdorf aber wird das Kunertwerk heute von den Tschechen als staatliche Firma „Elite„ als größtes tschechoslowakisches Unternehmen für Damenstrümpfe unterhalten.
Der Fortschritt der Warnsdorf Industrie ist nicht zuletzt auf die Spezialisierung auf Qualitätswaren nach englischen Muster in Baumwolle zurückzuführen. Besonders die Warnsdorfer Hosenzeigs haben als billige und bewährte Gewerbeart zusammen mit allen anderen Erzeugnissen wie Samten u. a. Weltruf erlangt und waren überall Konkurrenzfähig. Man sagt, dass die Stadt zuletzt über 100 rauchende Schlote hatte, davon 70 Fabriken in der Textilbranche. Deshalb wurde Warnsdorf das „Nordböhmische Manchester„ genannt. Bis 1914 gingen weit über 10 Millionen Meter Gewebe, Samte und Druckwaren, aus den Betrieben hervor. Die für Warnsdorf typische Musik war das Sirenenkonzert der vielen Fabriksirenen, die Beginn und Ende der Arbeitszeit anzeigten. Die steil aufsteigende Entwicklung wurde allerdings durch den Ersten Weltkrieg und dem Zerfall der Donaumonarchie zunächst einmal empfindlich zurückgeschlagen, wenngleich auch in der ČSR wieder neue beachtliche Leistungen erbracht wurden. Zweifellos aber hätte sich Warnsdorf ohne den Krieg von 1914 bis 1918 noch weiter stürmisch und imposanter entwickelt, als dies nach 1918-1939 geschah. Wir können nicht umhin, außer der Firma Kunert eine Reihe von wichtigsten Textilfabriken nach Entstehung und Bestand namentlich aufzuführen: Gerade in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bildeten sich die Begriffe des „Warnsdorfer Hosenzeigs“ unter verschiedenen Benennungen heraus, nebenbei übrigen Erzeugnissen aus Baumwolle und Schafwolle. Bis 1860 waren folgende fabrikmäßig E Textilunternehmen entstanden: Franz Hanisch 1839, Josef Theissig 1840 (zeitweilig über 100 Arbeiter), Florian Goth 1840, Carl Hanisch , H.Niclatsch, Conrad Jäckel, Brüder Richter 1856 (wurden zu einem großen Fabrikkomplex mit mehr als 1500 Arbeitern), Rampfel und Tschirner, Wenzel Richter, Julius Kreibich (Spinnerei)1865, mit 60 Arbeitern, Pilz und Schmidt und zahlreiche andere. Die ersten Baumwolleabfallspinnerein errichtete 1860 Heinrich Bürger. Die meisten dieser Firmen wechselten zwar die Namen, bestanden aber bis in die neuste Zeit. Die Firma G.A. Fröhlich AG, entstanden schon 1777, hatte 1927 1200 Arbeiter, davon 40 Meister, 70 Beamte, 76 Vertreter in alle Welt. Carl Hanisch (1819), Weberei, Färberei und Druckerei, hatte 300 Arbeiter. Johann Liebisch und CO. hatte bis 1945 500 Arbeiter. Franz Hanisch und Sohn, gegründet 1939 als Handweberei, mechanische Weberei und Spinnerei, hatte zeitweilig 5000 Spindeln laufen. H.Jungmichels Söhne (1840) bis 1918 als Druckfabrik sehr bekannt. Goth und Länger gehörte zu den ältesten Webwarenerzeugern bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. Johann Goldberg (1850) hatte etwa 80 Arbeiter, Hermann und Niclatsch bestand als großer Betriebe bis 1920, Josef Florian Pilz war eine Weberei mit 250 Webstühlen und 180 Arbeitskräften, Rampfel und Endler (1862) hatte 80 Arbeiter. H.C. Thiele (1870) mit ca. 200 Arbeitern, Heinrich Stolle (1870) mit 180 Arbeitern. Carl Stolle (1870) mit 70 Arbeitern, Valentin Zabel (1870) mechanische Weberei mit 100 Arbeitern, Josef Richter (1870) mit 100 Arbeitern, Bauer und Gerber (1870) mit 180 Arbeitern, F.R.Löwy (1880) Verarbeitung von Schafwollkammgarnen mit 500 Arbeitern, Julius Beer (1880) mit 200 Arbeitern, Josef A. Richter (1890) mit 150 Arbeitern. Der Inhaber der letztgenannten Firma war Obmann des Warnsdorfer Industriellenverbandes und kaiserlicher Rat.

Es ist natürlich unmöglich, die Entwicklung oder den Niedergang dieser und anderen Firmen im Verlaufe von 60 bis 80 Jahren genau zu schildern.
An Spinnerei sind aufzuzählen:
Johann Gottfried Haebler mit 60000 Spindeln und 400 Arbeitern. Klein und Co., Spinnerei, Weberei, Färberei und Appretur (seit 1870) mit zeitweilig 300 Arbeitern, Brüder Perutz mit 30000 Spindeln und 200 Arbeitern, Max Schnitzer (1881), Heinrich Richter mit 150 Arbeitern, Schmidt und Richter (1890) mit ca. 100 Arbeitern, Vinzenz Hille (1890) mit 50 Arbeitern, Josef A. Eggers Sohn (1900) mit 40 Arbeitern. Es wurden vielfach Baumwollerohgewebe aus größeren tschechischen Betrieben des Landes gekauft und in Warnsdorfer Betrieben veredelt. Wenn im Vorstehenden die Gründungsjahre und Zahlen der Arbeiter angegeben werden, so war oft der Übergang von einer alten Hausweberei zur mechanischen Fabrik nicht exakt auszumachen und es stellten die Zahlen auch nicht einen gleichzeitigen Querschnitt dar. Man sollte also nicht nach Vollständigkeit der Aufzählung suchen.
Es wurde schon gesagt, dass der Erste Weltkrieg und vor allem sein Ausgang für die Warnsdorfer Industrie einen weitgehenden Verlust der Absatzmärkte brachte und dass die ersten Nachkriegsjahre ein beständiges Auswegsuchen, Umstellen, zum Teil ein Vegetieren bedeutet. Die allgemeine Weltwirtschaftskrise um 1929 brachte ebenfalls große Schäden, vor allem Arbeitslosigkeit. In Warnsdorf gab es zeitweilig 6000 ganze oder teilweise Erwerbslose. Viele Betriebe mussten schließen, andere waren nur zeitweilig tätig oder arbeiteten weit unter ihrer Leistungsfähigkeit. Die Steuerpolitik des Staates tat das übrige, die deutsche Industrie an den Rand des Verderbes zu bringen. Manche Firmen aber gelang es, durch Umstellung auf andere Gewerbe und Aufnahme neuer Fabrikationszweige sich der Lage anzupassen und mit Zähigkeit einen neuen Aufschwung zu erzielen. Das glänzendste Beispiel hierfür ist die schon beschriebene Firma J. Kunert und Söhne, die sich in ungewöhnlich raschem Aufstieg zur größten Strumpffabrik Europas entwickelte. In diesem Betrieb, wie auch in vielen anderen Unternehmungen, hatte eine große Anzahl von Beschäftigten ihren Wohnsitz außerhalb der Stadt und Tag für Tag kamen mit eigens für diesen Zweck fahrenden Zügen, mit Autobussen, mit Fahrrädern und zu Fuß Tausende von Arbeitern aus den Orten hinter der Lausche, des Grund- und Kreibitztales und des Rumburger Bezirks in die Warnsdorfer Betriebe.
Die in den dreißiger Jahren in Deutschland neu entstandene Situation wirkte sich für die Warnsdorfer Industrie jahrelang belastend aus, weil die fast durchweg in Prag zentralisierten Großbanken mit ihren Krediten zurückhaltend waren und der tschechische Staat nichts zur Förderung der deutschen Industrie tat. Es kam zu auffallenden vielen Konkursen, so in Warnsdorf allein bei 25 Textilbetrieben. Erst ab 1939 erfolgte eine gewaltige Wiederbelebung, vor allem durch Modernisierung des Maschinenparks. Der Krieg 1939-1945 zeichnete sich natürlich mit anderen Regeln der Entwicklung ab.
Wirtschaftlich eng verbunden mit Warnsdorf war das Grundtal und das Kreibitztal, die hinsichtlich der industriellen Zusammenfassung mit der Stadt Warnsdorf eigentlich eine Einheit bildeten. Es mag hier erwähnt werden, dass im ganzen Bezirksgebiet Warnsdorf (außerhalb der Stadt) noch zusätzlich 25 % an Industriebetrieben gezählt wurden, nämlich 16 Betriebe mit über 200 Beschäftigten, 40 Betriebe mit 51 bis 200 Beschäftigten und 172 Betriebe mit 5 bis 50 Beschäftigten.
Es ist klar ersichtlich, wie vielgestaltig und umfangreich Stadt und Kreis Warnsdorf industrialisiert waren. Trotzdem bestanden noch immer im ganzen Bezirk 2120 landwirtschaftliche Betriebe mit über 0,5 ha Größe und es übten 26 % der Eigner die Landwirtschaft als einzigen Beruf, 6 % als Hauptberuf und 66 % als Nebenberuf aus.
Der von Warnsdorf ausgehende Antrieb für den gesamten Verkehr war gewaltig. Drei Postämter mit über 160 Angestellten, 2 Bahnhöfe (Bahnhof Warnsdorf und Bahnhof Altwarnsdorf) mit 145 Bediensteten, 7 Spediteure und zahlreiche Transportunternehmer standen im Dienste des Personen- und Güterverkehrs. Autobuslinien verbanden sternförmig alle Orte der Umgebung und weiter gelegene Schwerpunkte mit dieser Stadt. Warnsdorf verfügte über ein 1870 gegründetes Gaswerk mit einem Rohrnetz von über 30 km. Das gleichfalls private Elektrizitätswerk bezog den Strom in früheren Jahren aus Hirschfelde in Sachsen. Die tschechische Regierung veranlasste nach 1920 den Anschluss an die Nordböhmischen Elektrizitätswerke, nach 1939 Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft. Die Verwaltungsaufgaben der Stadtgemeinde waren infolge der Ausdehnung des bebauten Gebiets ungemein schwer. Schon 1924 wies das Straßennetz, das sich in den folgenden Jahren weiter ständig vergrößerte, eine Länge von 115 km auf. Die Wasserversorgung war aus mehreren Hochquellen gesichert, die Länge der Leitung betrug annähernd 100 km, das Kanalnetz mehr als 50 km.
Für Fremdenverkehrsangelegenheiten war der „Fremdenverkehrsverein„ der Stadt Warnsdorf zuständig.

Warnsdorf, Kriegerdenkmal, Landkreis Warnsdorf

Bis zum Anschluss an das Reich bestanden in Warnsdorf 3 politische Zeitungen, von denen die christliche-soziale, im Jahre 1873 von Ambros Opitz gegründete „Volkszeitung„ und die sozialdemokratische „Volksstimme“ nach dem Anschluss ihr Erscheinen einstellen mussten. Die 1871 von Ed. Strache und dem Gründer der altkatholischen Gemeinde Kaplan Anton Nittel gegründete politische „Zeitung „Abwehr“, die seit 1914 als Tagesblatt erschien, blieb bis zuletzt dann die einzige politische Zeitung des Landkreises Warnsdorf. Bis 1938 gab es auch ein „unabhängiges Nachrichtenblatt“ mit dem Titel „Achtung“. Ferner erschienen hier die katholische Monatszeitschrift „Immergrün“, die „Kinderwelt“, der „Katholische Frauenbund“ und die „Warnsdorfer Hausblätter“, sowie das „Verbandsblatt der katholischen Geistlichen„, alle im Verlag Anbros Opitz, daneben noch einige weitere Berufszeitschriften.

Das Kriegerdenkmal an der Hauptstraße bei der Einweihung am 3.Juni 1925 für die gefallenen Warnsdorfer, vom Unterstützerverein gedienter Soldaten, enthüllt.

Schulwesen

Das Schulwesen erfreute sich einer besonderen Pflege. Neben 5 Volksschulen und 1 Hilfsschule bestanden 2 Bürgerschulen, 1 Oberschule für Jungen, die 1904 als k.k. Staats-Realschule von der Stadtgemeinde erbaut und 1936/37 zum Deutschen Staats-Realgymnasium umgestaltet worden war.

Anfang Oktober 1939 wurden die Schulräume bis Ende Oktober 1938 zum Quatier des Polizeibataillons „Florian“, das beim Einmarsch deutscher Truppen in Warnsdorf beteiligt war. (Major d.Sch. Gustav-Adolf Florian)

Des Weiteren gab es die „ Marienanstalt“, eine private Volks- und Bürgerschule mit Öffentlichkeitsrecht und Pensionat für Mädchen und Industrialschule für Handarbeit. Die seit vielen Jahrzehnten bestehende Webereifachschule wurde 1926 durch Zusammenlegung der Webereifachschulen Warnsdorf, Rumburg und Schluckenau wesentlich ausgestaltet und hatte als Staatsfachschule für Weberei für das ganze Niederland besondere Bedeutung für die Ausbildung des Nachwuchses in der Textilindustrie. Die 1893 als städtische zweitklassige Handelsschule gegründete spätere Wirtschaftsfachschule genoss ebenfalls einen weit über die Grenzen der engeren Heimat hinausreichenden Ruf. Erwähnenswert ist noch die Kreisberufsschule und Fortbildungsschule in Warnsdorf über die Landkreise Warnsdorf und Rumburg. In der Zeit der ČSR gab es eine tschechische Volks- und Bürgerschule und eine tschechische Fortbildungsschule. 4 Kindergärten, eine geräumige Jugendherberge, 1 vorbildliche Stadtbücherei, deswegen 3 private Volksbüchereien und das reichhaltige städtische Museum und Stadtarchiv leisteten ihren Dienst an der Öffentlichkeit. Das Museum enthielt eine einzigartige Sammlung von Textilien aus den ägyptischen Pyramiden, eine ansehnliche Sammlung von Zinngeschirr, von Schnitzarbeiten aus vergangenen Jahrhunderten und eine Gemäldegalerie, daneben alte Möbel, Uhren, Geschirr und Silber aus der Vergangenheit der Stadt.

An Behörden hatten ihren Sitz in Warnsdorf außer der auch die Polizei umfassenden Stadtverwaltung die Bezirkshauptmannschaft, das spätere Landratsamtes, dem auch eine unentgeltliche Arbeits- und Dienstvermittlung angeschlossen war, das Bezirksgericht (Amtsgericht), das Finanzamt, ein Zollamt, Arbeitsamt, Kreisschulamt und Eichamt. Warnsdorf hatte ein großes Allgemeines Krankenhaus mit chirurgischer Abteilung, interner Abteilung, Infektions- und Augenabteilung, mit moderner Röntgenstation. Die Allgemeine Ortskrankenkasse war für den Bezirk zuständig. Im Dezember 1943 wurden die Allgemeine Ortskrankenkasse Schluckenau (Groß-Schönau) und Rumburg mit der AOK Warnsdorf vereinigt, mit dem Sitz in Warnsdorf und Verwaltungsstelle in Rumburg und Groß-Schönau. In Warnsdorf war sogar eine Vertretung der tschechoslowakischen Luftverkehrsgesellschaft eingerichtet. An Vereinen und Verbänden verzeichnet das Stadtbuch von 1938 insgesamt 240 Vereine verschiedenster Art, der Kulturpflege, des Sports, der Musik, Geselligkeit und der Fortbildung, daneben gab es 16 gewerbliche Genossenschaften und bis 1938 auch 21 tschechische Vereine.
Es gab noch einige Bäckerein (Bäckerei Max Glutig), Hotels und Gaststätten.

Pfarrerei, Kirche, Matriken

Kirchliche Verhältnisse: Warnsdorf hatte eine katholische Kirchengemeinde mit Dechantei seit 1894 (vorher alte Pfarrei, die schon 1384 bestanden und 1714 wieder errichtet worden war) und die Dekanalkirche zu St. Peter und Paul, sowie die Karlskirche im VI. Bezirk. Die Matriken waren von 1571 bis 1584 und dann erst ab 1634 geführt. Zur Seelsorge gehörte auch die Marienanstalt der Borromäerinnen Und die Hauskapelle im Allgemeinen Krankenhaus. Es bestand weiter die deutsche evangelische Kirchengemeinde mit einer evangelischen Kirche und Pfarramt und die im Jahre 1871 gegründete altkatholische Kirchengemeinde mit Pfarramt. Hier war aber auch der Synodalrat der altkatholischen Kirche in der tschechoslowakischen Republik eingerichtet und Warnsdorf war seit 1924 auch der Sitz des altkatholischen Bischofs.
Nach der religiösen Statistik von 1941 hatte Warnsdorf 15051 Katholiken, 3788 Altkatholiken, 1669 Protestanten, 1104 Bekenntnislose und 10 griechisch-katholische Menschen. Die altkatholische Kirchgemeinde war in dieser Stärke die größte in der Donaumonarchie bzw. der ČSR. Bis 1938 bestand in Warnsdorf auch eine israelitische Kultusgemeinde.
Die katholische Dekanalkirche befand sich am Marktplatz auf einem kleinen Hügel. Sie steht an der Stelle einer 1233 errichteten kleinen Dorfkirche, die 1740 durch Blitzschlag zerstört worden war. Unter Förderung durch den Fürsten von und zu Lichtenstein wurde 1776 mit dem Neubau der Kirche begonnen. Die im barocken Stil errichtete Kirche fasste 2500 Menschen. Die Innenausstattung mit mehreren Altären war aufgrund ansehnlicher Spenden besonders reichhaltig und schön. Bemerkenswert war der weit sichtbare Barockhelm des Kirchturms. Bei einer großen Feuersbrunst von 1829, der auch viele Häuser der Stadt zum Opfer fielen, brannte das Kirchendach ab, wurde jedoch bald darauf erneuert. In der Umgebung der Dekanalkirche befand sich eine Reihe von Grabsteinen, die von der Fertigkeit und dem künstlerischen Sinn der Steinmetzen zeugten. Die Karlkirche, deren Turm unvollendet blieb, die evangelische und die altkatholische Kirche wurden im 19. Jahrhundert erbaut. Die altkatholische Kirche hatte eine dominierende Stellung in der Silhouette der Stadt und war mit Kunstwerken des berühmten heimischen Bildhauers Vinzenz Pilz ausgestattet, dessen Denkmal vordem Gebäude der Bezirkskrankenkasse stand. Vinzenz Pilz war geboren in Warnsdorf 1816 und starb 1896 in Wien. Auf dem Hauptaltar der altkatholischen Kirche von Warnsdorf stand seine 2 m Höhe Alabasterstatue Christi, die der Meister 1882 seiner Vaterstadt gewidmet hat. In dieser Kirche befindet sich auch ein künstlerisch wertvolles Relief der Drei Könige von Vinzenz Pilz (14.11.1816 – 26.4.1896 ).

Vereinswesen

Wie sich der schon aufgeführten Zahl der Vereine hervorgeht, war das Vereinsleben in Warnsdorf besonders reichhaltig. Mehrere Schützenvereine, von denen der älteste bereits 1794 gegründet worden war, prägten das Gesellschaftsleben der Stadt. Das alljährliche am Markt und der anschließenden „Pohlswiese“ abgehaltene Schützenfest (Warnsdorfer Schießen) war für Jung und Alt ein Volksfest. Weiter bestand hierbei Freiwillige Feuerwehr, mehrere Turnvereine, Gesang- und Musikvereine, ein Naturheilverein mit Schrebergarten, ein Gebirgsverein, eine Sektion des Alpenverein, die die Warnsdorfer Hütte in den Alpen erbaute und unterhielt, der Kulturverband und der „Bund der Deutschen“. Als größtes kulturelles Ereignis sei erwähnt, dass am 29. Juni 1830 (Peter und Paul -Fest) in der Dekanalkirche von Warnsdorf die liturgisch komplett Uraufführung von Beethovens „Missa Solemnis“, einem der schwersten Werke des Komponisten, stattgefunden hat. Warnsdorf war damals noch ein unbekanntes Dorf und dieses Ereignis zeigte von der schon damals hier lebenden Begeisterung für Musik und Kunst und der aktiven Musikpflege. Die Seele dieses großartigen Unternehmens war der Lehrer Vinzenz Richter, der das Werk mit Musikern und Sänger aus der ganzen böhmischen und sächsischen Umgebung einstudiere. Die zweite vollständige Aufführung diese Werks erfolgte erst 1835 in Preßburg und danach in anderen europäischen Großstädten. Zum Gedächtnis an diese einzigartige Kulturart in der Geschichte der Stadt, die kaum Ihresgleichen hat, wurde die Missa Solemnis im 20. Jahrhundert aus Tradition wiederholt und wird sie heute noch in der Dekanalkirche aufgeführt und zieht das Interesse aller Musikfachleute aus ganz Europa auf sich.

Trotz dichter Besiedlung und trotz vielen Fabriken machte Warnsdorf nicht den Eindruck einer ausgesprochenen Industrielandschaft. Die vielen meist kleinen, höchstens zweistöckigen Häuser in oft traditioneller Bauweise, mit Fachwerk oder in Umgebindebauweise, die zahlreichen Gärten, Baumanpflanzungen und viele dazwischen liegende noch immer landwirtschaftlich genutzte Flächen bezeugen, dass die Bevölkerung ihre Stadt so haben wollte, wie sie gewachsen war, und keineswegs eine moderne Großstadt anstrebte. Der für die Stadt verhältnismäßig kleine Marktplatz mit Dekanalkirche und Pfarrhaus, Rathaus, Bürgerschule und zwei Gasthöfen konnte kaum als städtebaulicher Mittelpunkt bezeichnet werden. Von ihm verlief talwärts die etwa 1 km lange, von mehreren Baumreihen eingesäumte Hauptstraße mit den Hauptgeschäften, Gaststätten und Banken, einer kleineren Parkanlage und mehreren schönen Wohnhäusern, die zum Teil kunstgeschichtlich und künstlerisch wertvolle Portale und Ornamente aufwies. Von hier aus zweigten die zahlreichen Nebenstraßen ab. Wenn man Warnsdorf in seiner ganzen Größe erfassen wollte, musste man einen der Hügel außerhalb der Stadt aufsuchen und in den weiten Talkessel blicken. Den schönsten Blick genoss man vom Burgsberg (427 m), der von einer Aussichtswarte seit 1904 gekrönt war und der eine herrliche Dominante zur Stadt bildete, den Blick nicht nur auf Warnsdorf, sondern auch auf das rund 800 m aufragende dicht bewaldete Lausitzer Gebirge mit der Lausche (791 m), die bis zum Frühling an den höchsten Stellen mit Schnee bedeckt ist, dem Ziegenrücken Und der Finkenkoppe, tief nach Sachsen und ins Jeschkengebirge, ja bis zum Riesengebirge.

Spitzberg

Die Warnsdorfer Wanderfreunde hatten Glück, als sie nur ein Jahr nach der Vernichtung ihres Aussichtsturms auf dem Galgenberg ein neues Objekt auf dem nahen Spitzberg (542 m) gewannen.

Dieso so mächtige aussehende Bergkuppe bot schon lange eine herrliche Aussicht dank einer Holzgalerie, die der Warnsdorfer Gebirgsverein dort errichten ließ. Aber um einen wirklichen Aussichstturm hat sich erst der unternehmungslustige Gastwirt Franz Kühnel verdient gemacht. Er erwarb von dem Grundbesitzer, dem Fürsten von Lichtenstein, die Bewilligung, auf dem Spitzberg einen Touristengasthof und die dazu nötigen Bauten errichten zu lassen. Am Gasthof entstand eine große Sommerterasse und ein 14 m hoher Aussichtsturm. Alle Objekte wurden im Sommer 1898 erfolgreich beendet und im Juli desselben Jahres für die Touristen eröffnet. Der Gasthof erfreute sich von Anfang an eines guten Besuchs, denn die Rundaussicht von dem Aussichtsturm wurde bald weitberühmt: Bei klarem Wetter war sogar das Riesengebirge zu erblicken, und die wunderschöne Landschaftlockte die Stadbewohner zu Ausflügen. Der Gasthof war ganzjährig in Betrieb, den im Winter kamen viele Skiläufer zu den Spitzbergabhängen her.

Aber den Gasthof und den Aussichtsturm auf dem Spitzberg hat ein trauriges Los getroffen. In der Nacht vom 27. zum 28. November 1905 brannten beide Objekte vollkommen nieder. Der Gastwirt begann zwar gleich im nächsten Jahr, einen neuen Gasthof zu bauen, aber auch dieser hatte kein langes Leben, denn während der Kriegszeit – im Jahre 1915 – ging auch er in Flammen auf.

Nach diesem Vorfall mussten die Warnsdorfer lange Zeit auf dieses Erholungsgebiet verzichten. Erst im Jahre 1930 wurde auf dem Spitzberg wieder eine kleine Schenke errichtet, und weil sie sich von Anfang eines guten Besuchs erfreute, erwies sie sich bald als zu klein und musste erweitert und modernisiert werden.

Der Besitzer, Herr Josef Grünwald, ließ auf das Gasthaus noch einen verglasten turmförmigen Aufbau setzen, der den Gästen als Aussichtscafe diente. Der Betrieb in diesem schon dritten Gasthof auf dem Spitzberg wurde zu Weihnachten 1933 aufgenommen.

Im südlichsten Stadtgebiet lag der sogenannte Edelgrund, ein Ausflugsziel für die Erholung und Unterhaltung suchenden Warnsdorfer. Durch seine Lage war Warnsdorf auch Ausgangspunkt für Ausflüge in die entfernteren Gebiete des Riesengebirges und der Böhmische-Sächsischen Schweiz. Heute hat der Grenzübergang von Warnsdorf nach Seifhennersdorf für die Verbindung der CSSR mit der DDR, für die Touristik und den Wirtschaftsverkehr vor allem mit Sachsen große Bedeutung.

Am 24. April 1945 traf die Kolone der ca.500 Häftlinge in Begleitung der SS-Wachmanschaft (Unterscharführer Bleser) aus dem KZ-Nebenlager Schwarzheide (Stammlager Sachsenhausen) in Warnsdorf ein und wurden in der Textilfabrik Haebler untergebracht bis zum 5. Mai 1945.

Mai 1945

Am 9. und 10. Mai 1945, nach Abschluß des Waffenstillstandes, wurde der Bezirk Warnsdorf von russischen und polnischen Truppen besetzt. Am 15. Mai folgten tschechische Partisanen und Gendarmerie, wenige Tage später kam eine tschechische Garnison nach Warnsdorf (Krankenhaus St. Josefs-Hospital). Die Altreichsdeutschen mußten bis zum 26. Mai 1945 die Tschechoslowakei verlassen, dann erfolgte die 1. Großaustreibung am 22. bis 23. Juni. Die vorbereiteten gedruckten Befehle dazu kamen vom Militärortskommandanten aus Böhmisch Leipa. Die Deutschen der Landgemeinden des Bezirkes Warnsdorf hatten sich am 22. Juni am Westrande der Gemeinde, die der Stadt Warnsdorf am 23. Juni auf der Schönborner Straße zwischen Realschule und Friedhof zu versammeln. An die 1500 Menschen wurde gegen Westen über die Grenze bei Hinterhermsdorf gejagt.
Am 17. Juli erhielten 3000 bis 4000 Fabrikarbeiter in ihren Betrieben auf weißem, nicht unterschriebenen Zettel die Bestätigung, dass sie ausgewiesen sind.

2. Großaustreibung 19.bis 20. Juli 1945
Am 18. Juli wurde in Warnsdorf wieder der Befehl des Militärkommandanten von Böhmisch Leipa angeschlagen, das sich am 19. Juli, 5 Uhr früh, alle vom Ortsausschuß bestimmten Personen am Sportplatz beim Bahnhof am Sammelplatz zu stellen haben. Die Bezirksverwaltungskommission ordnete die Anhaltung aller Fabrik- und Gewerbeunternehmen in Stadt und Bezirk Warnsdorf vom 18.Juli, 19.00 Uhr, bis 20.Juli, 6.00 Uhr früh, an. Das Infanterieregiment Nr.28 (Prag) traf zur gewaltsamen Durchführung der Ausweisung ein. Etwa 2000 Warnsdorfer wurden in zwei Lastzügen nach Dürrhennersdorf und Sohland an der Spree gefahren. Das wiederholte sich am 20. Juli erneut und es wurden ca.2000 Warnsdorfer mit zwei Lastzügen nach Dürrhennersdorf und Sohland an der Spree gefahren. Während der zwei Großaustreibungen schieden etwa 75 Warnsdorfer freiwillig aus dem Leben. Bei der ersten und zweiten Großaustreibung wurden aus der Stadt Warnsdorf etwa 4500 Deutsche, d.s. 25 %, auf dauernd über die Grenze gebracht. Die Landgemeinden wurden, stärke – wohl mit 40 % – betroffen.

Die SNB-Kommandantur 2 (tschechische Polizeieinheit) ließ 929 Personen (SS- und SA-Männer und politische Leiter) festnehmen und davon sind 330 in das Kreisgericht und Internierungslager Böhmisch-Leipa (ehem.RAD-Lager) überführt wurden.

Über 1000 Deutsche aus dem Bezirk Warnsdorf, dazu auch über 100 aus Rumburg und einzelne aus dem Schluckenauer Bezirk wurden gegen Ende des Jahres 1945 in das durch Zusammentragen aller Warnsdorfer Baracken bedeutend vergrößerte „Eichenlager“ (hinter dem Gasthaus „Zur Eiche“) überführt. Sie waren für die Austreibung im Jahre 1946 bestimmt.

Die Stadt Warnsdorf zählte am 28. Mai 1945 16500 Deutsche und 1000 Tschechen, am 23. Juli 1945 11800 Deutsche und 2400 Tschechen, 3. Dezember 1945 10800 Deutsche und 8000 Tschechen.
Für die deutschen Bewohner des Landkreis / Stadt Warnsdorf wurde das Internierungslager „Eiche“ in Warnsdorf benutzt, zur Vorbereitung der Abschiebung in die BRD, Österreich und DDR.
Das sind zusammen 16.324 heimatvertriebene Deutsche im Jahre 1946.
Weitere Transporte von dem Lager wurden mit der Eisenbahn verschickt. Der erste Zug mit Deutschen ging erst am 22. April 1946 ab, der letzte – dreizehnte – am 10. Oktober 1946.
Zu den Transporten in die Russische Zone fehlen vielfach die Daten. Sie waren trotz aller Bemühungen in Warnsdorf nicht zu erfahren. Von Vertriebenen der Ostzone konnte man sie wegen Gefährdung ihrer Person nicht einholen.

Nach 1945 wurden Teile des Kriegerdenkmals auf dem Warnsdorfer Friedhof deponiert. Eine Grünfläche an der Hauptstraße ist übrig geblieben.

Von den 4209 Häusern des Bezirkes Warnsdorf waren schon am 1. Dezember 1947 804, d.s. fast 20 %, unbewohnt. Seitdem hat der Verfall der Häuser rasche Fortschritte gemacht. Die Bauernhäuser samt dem landwirtschaftlichen Boden waren bereits im Frühjahr 1946 an 379 Tschechen übergeben worden.

Ende 1946 waren bereits 21 Fabriken demontiert, eingestellt oder nach der Slowakei übersiedelt. Dann wurden weitere Betriebe geschlossen und die Maschienen nach Innerböhmen, Mähren oder der Slowakei überführt. 1950 waren hauptsächlich noch drei große Industrie „Kombinate“ tätig, das sind die Firmen Maschinenfabrik Anton Plauert, Baumwolle- und Stoffe Firma G.A. Fröhlichs Sohn AG, Strumpffabrik Julius Kunert & Söhne.

Viele Fabrikgebäude stehen leer, von manchen dienen die Erdgeschosse als Viehställe.

Heute


Varnsdorf (deutsch Warnsdorf) ist eine Stadt im Norden Tschechiens im Bezirk Děčín, Ústecký kraj.

Die Stadt Varnsdorf besteht aus den Ortsteilen Studánka (deutsch Schönborn), Světliny 1.díl (deutsch Lichtenhain – Schönborner Anteil) und Varnsdorf (deutsch Warnsdorf).

Spitzberg: Dieser Gasthof ist heute auf dem Spitzberg ebenfalls nicht mehr zu finden. Er hat zwar den Krieg unversehrt überstanden, aber in der Nachkriegszeit kamen statt der Touristen Soldaten dorthin, und nach ein paar Jahren sank er auch in Schutt und Asche.

1992 Bugsberg

Die Gemeinde plant für den Burgsberg eine Drahtseilbahnstatdion mit WC-Einrichtung, dazu müssen die Flurstücke am Grenzübergang mit der Nummer: 815/816 erworben werden.

1994 Millitärabzug

Abzug der Garnision aus Warnsdorf, das tschechische Millitär (Zivilverteidigung) gibt zum 1.Juli das ehemalige Krankenhaus St. Josefs-Hospital wieder an die Stadt Warnsdorf, welches das Militär ab 1945 benutzt hat.
Die Rückgabe an die Stadt sieht die Bürgermeisterin als ein Danar-Geschenk an, denn mit derartigen, die Stadt finanziell belastenden Eigentum sei Warnsdorf reichlich versorgt.

2014 Kriegerdenkmal

Das Kriegerdenkmal von 1914-1918 wurde Restauriert und auf dem Friedhof mit allen Namen der Gefallenen aus Warnsdorf mit einer Zusatztafel in tschechischer und deutscher Sprache aufgestellt.

2020 Bahnhof Warnsdorf

Im nächsten Jahr hätte der Bahnhof in Varnsdorf (Warnsdorf) sein 150-jähriges Bestehen feiern können. Doch dieses Jubiläum wird es nicht mehr geben. In den vergangenen Tagen rückten schwere Bagger an und rissen zwei Drittel des historischen Bauwerkes ab. Die Bahnverwaltung bezeichnet diesen Vorgang als Optimierung des Empfangsgebäudes, nachdem sie sich nicht mehr um die Instandhaltung gekümmert hatte. „Der Bahnhof sah aus, als ob hier die Zeit stehen geblieben war“, sagt Vize-Bürgermeister und Geschichtsforscher Jiří Sucharda.
Das Besondere am Varnsdorfer Bahnhof war einst das Aufeinandertreffen zweier Bahnlinien, der Sächsischen und der Österreichisch-Ungarischen. Der Bahnhof besaß zwei Türme und zwei Zollämter. „Seine Größe war der Zeit geschuldet, in welcher der Bahnhof zugleich als Grenzstation diente“, erklärt Marek Illiaš, Sprecher der Bahnverwaltung. Die örtlichen Unternehmer mussten auf den Bau lange warten.
Das österreichische Handelsministerium erteilte bereits 1857 die Baugenehmigung für die Strecke von Děčín (Tetschen) bis Varnsdorf. Man nahm an, dass diese binnen zwei Jahren in Betrieb geht. Doch der erste Aushub erfolgte erst 1866 nach dem preußisch-österreichischen Krieg. Der Ausbau kostete die Böhmische Nord Bahn BNB (České severní dráhy) 25 Millionen Gulden. Auf der Stecke Chřibská-Rybniště–Varnsdorf (Kreibitz-Teichstatt-Warnsdorf) wurden zusätzlich Bahnstationen in Podluží-Jiřetín und Dolní Podluží ( fr. Obergrund-St. Georgenthal und Niedergrund) errichtet. Das Bahnhofsgebäude in Varnsdorf entstand an der Ortsgrenze zu Großschönau. Der provisorische unverputzte Ziegelbau befand sich westlich des späteren Bahnhofsgebäudes, das in den Jahren 1870 bis 1871 errichtet wurde. Die erste Lokomotive in Varnsdorf kam am 23. Oktober 1868 an, im selben Jahr begann der Ausbau der Strecke Zittau-Großschönau. „Meist verkehrten hier gemischte Züge, die sowohl Personen als auch Güter beförderten“, berichtet Jiří Sucharda. Der erste Zug aus Varnsdorf fuhr am 15. August 1871 um 4.15 Uhr nach Zittau. Gleich darauf zog im Bahnhof das Zollamt ein. Im Jahr 1874 erfolgte der Bau der Verbindungsstrecke Varnsdorf-Seifhennersdorf. Der Bahnhof wuchs, Betriebswerk, Drehscheibe und Lagerräume kamen dazu. Bereits 1889 beherbergte der Bahnhof fünf eigenständige Ämter – österreichische wie sächsische. Nach Prag war Varnsdorf die zweitgrößte Bahnstation der Böhmischen Nordbahn, in der rund 80 Menschen arbeiteten. „Um die Jahrhundertwende wurden hier täglich zwei österreichische Schnellzüge und 23 österreichische und sächsische Personen- und Güterzüge abgefertigt.“
Nach der Gründung der unabhängigen Tschechoslowakei (1918) verlor der Bahnhof nach und nach an Bedeutung. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Zugverbindung über Deutschland für sechs Jahre lang komplett eingestellt. Die Züge fuhren nur noch zwischen Liberec (deutsch Reichenberg) und Hrádek nad Nisou (deutsch Grottau). Im Mai 1951 rollte der Verkehr zwischen Varnsdorf (deutsch Warnsdorf) und Hrádek nad Nisou über Zittau/Sachsen wieder, auf sächsischen Bahnhöfen hielten die Züge allerdings nicht. Erst ab 1989 durften die Passagiere auf der Strecke Varnsdorf-Liberec Aus- und Einsteigen. Und erst 2006 konnte Varnsdorf seine Funktion als Grenzbahnhof wieder aufnehmen. SZ-Online 30.11.2020

2021 Spitzberg

Die Pläne für einen Aussichtsturm auf dem Spitzberg bei Varnsdorf liegen indes auf Eis. Denn das Vorhaben wird von Streitigkeiten um das Grundstück auf dem Gipfel ausgebremst. Die Kosten sollen bei drei Millionen Kronen liegen. Ob der Turm jemals kommt, ist offen.

2021 Rathaus Bücher von 1942 gefunden

Jahrelang mussten Mitarbeiter aus dem Bezirksarchiv Děčín an Antragsteller schreiben, um Informationen über in Varnsdorf lebende Personen zu erhalten, dass die lokalen Bevölkerungsnachweise wahrscheinlich bei einem Brand im Rathaus von Varnsdorf am 31. Januar 1942 zerstört wurden.
Dies ist ab heute nicht mehr notwendig. Martin Musílek Mitarbeiter der Stadt Varnsdorf und der Direktor des Varnsdorfer Theaters fand diese Bücher. Ordentlich in zwei Holzkisten gestapelt, wurden sie wahrscheinlich 1942 aus einem feuergeschädigten Gebäude entnommen, sicher aufbewahrt … und vergessen. Aus dem ehemaligen Bezirksarchiv Varnsdorf kam ein kleinerer und weniger bedeutender Teil der Bücher, in denen der vorübergehende Aufenthalt und die Herausgabe von Informationen aufgezeichnet wurden, zusammen mit dem Aktenmaterial in Děčín an. Für das Staatsbezirksarchiv in Děčín ist die Feststellung von etwa fünfzig Aufzeichnungen aus den Jahren 1791 – 1942 (bisher) das Ereignis des Jahres. Nach der Reinigung der Ablagerungen von 80 Jahre altem Staub werden die Bücher digitalisiert und die älteren im E-Research-Raum des Staatlichen Regionalarchivs in Litoměřice veröffentlicht.

Bild: Stadt Varnsdorf 5.2021
Bild: Stadt Varnsdorf 5.2021
Archivbücher der Stadt Warnsdorf

2021 Bald wieder Gastronomie auf dem Burgsberg

Der Burgsberg, das markante Ausflugsziel oberhalb der deutsch-tschechischen Grenze in Varnsdorf (Warnsdorf), wird renoviert. Die Sanierung begann schon im Vorjahr, die Bauleute sollen bis 2022 mit der Erneuerung fertig sein. „Wegen der Bauarbeiten bleibt auch der Aussichtsturm für die ganze Sommersaison gesperrt“, informiert der Sprecher des Varnsdorfer Rathauses, Tomáš Secký, auf Nachfrage der SZ. „In dem historischen Gebäude erneuern wir auch die Gaststätte, die dort früher war“, ergänzt er.
Lange Jahre waren nur der Aussichtsturm und die Ausstellungshalle zugänglich. Nun will die Stadt auch das Restaurant wiederbeleben. Die geplanten Kosten belaufen sich auf rund 25 Millionen Kronen (eine Million Euro).
Die nächste Etappe der Rekonstruktion des Aussichtspunkts ist die Renovierung der Terrasse, die direkt vom Restaurant zugänglich sein wird. Derzeit werden die Unterlagen für eine Ausschreibung vorbereitet. Wenn alles nach den Vorstellungen des Rathauses läuft, soll auch dieses Vorhaben noch im Herbst starten. Zum Schluss muss noch die Zufahrtsstraße instandgesetzt und ein Parkplatz für Restaurantbesucher ausgebaut werden.
Der Burgsberg ist 437 Meter hoch und ein Phonolitberg. Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war er ein beliebtes Ausflugsziel. 1886 hat dort der Seifhennersdorfer Kuntsche eine originelle Grotte aus Baumrinde gebaut. Tatsächlich berühmt wurde der Ort erst Anfang des 20. Jahrhunderts durch das Restaurant und den 29 Meter hohen Aussichtsturm. Sein Bau begann im Mai 1903 dank einer vom Fürsten Liechtenstein gewährten Anleihe von 50.000 Kronen, die fast die Hälfte des Kostenvoranschlags deckte. Zum Bau trugen auch weitere Bürger bei, mit Geldspenden oder Dienstleistungen. Manche halfen beim Transport des Baumaterials. Dadurch konnte die prunkvolle Burgsbergwarte schon ein Jahr später, am 15. Mai 1904, eröffnet werden.
Die Warte wurde noch kurz nach dem Zweiten Weltkrieg genutzt, später wurde sie nicht mehr gepflegt und verfiel allmählich.
Der Zweite Weltkrieg durchtrennte auf Jahre alle Verbindungen zur benachbarten Oberlausitz. Zwanzig Jahre war hier eine Einheit der tschechoslowakischen Grenzwachen stationiert. Mit Ausnahme des einsturzgefährdeten Turmes wurde die Burgsbergwarte in den Jahren 1967 bis 1969 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Es engagierte sich aber weder ein solventer Varnsdorfer Betrieb noch eine staatliche Institution für die konkrete Übernahme des allmählich verfallenden Objektes. Nach misslungener Privatisierung und halbherziger Modernisierung setzte sich dieser Trend bis zur Jahrtausendwende fort. Schließlich überdeckte nur noch eine Ruine ohne Turm und Dach den kleinen Felssporn.
Erst 1967 wurde sie von der Stadt Varnsdorf repariert. Nach 1989 wurde das Gebäude privatisiert und weil der neue Besitzer kein Interesse zur Nutzung des Areals hatte, verwandelte sich das Objekt innerhalb weniger Jahre wieder zu einer Ruine.

Ende der 1990er Jahre blieben von dem schönen Bau nur noch die kahlen Mauern mit zerschlagenen Fenstern und Reste der Balkenkonstruktion des ehemaligen Aussichtsturmes übrig.
Im Jahre 2002 informierte Lokalredakteur Tomáš Secký von „Hlas severu“ seine Leserschaft über die Gründung eines tschechischen Stiftungsfonds und eines deutschen Fördervereins Burgsberg. Verbunden damit waren gemeinsame Anstrengungen zur zeitgemäßen Rekonstruktion der gesamten Burgsbergwarte. Doch auch jetzt vergingen die Jahre mit Notsicherungs- und Sanierungsarbeiten. Es gelang, bis 2003 den Aussichtsturm zugängig zu machen, der seit Neustart inzwischen weit über 100.000 Besucher hatte. Im zweiten Stock erfolgte 2005 die Eröffnung eines Ausstellungs- und Hochzeitssaales, der auch gut angenommen wurde.

Burgsberg 2013


Den Abschluss sämtlicher Arbeiten erhofften sich die Stadtväter dann für 2019, hatten aber nicht auf dem Schirm, dass die Planungen von 2001 nicht mehr heutigen Standards entsprachen. Also kommt es erneut zu einer Verzögerung von fast zwei Jahren. Am 30. Oktober dieses Jahres konnte Tomáš Secký erfreut mitteilen, dass umfangreiche Arbeiten am Kulturdenkmal wieder Fahrt aufgenommen haben. Mitte nächsten Jahres soll nun das rot-weiße Flatterband vorm Haupteingang endlich reif zur Durchschneidung sein.
Insgesamt kalkuliert man 26 Millionen Kronen an Baukosten ein, umgerechnet rund eine Million Euro. Vordergründig für das Restaurant mit Nebengelassen, sagte unlängst Bürgermeister Roland Smolloch. Erwartungsgemäß stießen die Bauleute an manchen Stellen auf den felsigen Untergrund, was die Arbeiten wiederum erschwerte. Im ersten Stock entsteht ein Restaurant mit drei Räumen, das bei Bedarf durch Schiebetüren unterteilt werden kann. Im nördlichen Bereich des Gebäudes werden Sanitärräume für Gäste und Belegschaft gebaut, ebenso ein kleiner Lastenaufzug. Die Küche wird jetzt in einem Nebengebäude untergebracht und eine neue Gasheizungsanlage demnächst installiert. Da die Außenfassade bis auf wenige Fenstersprossen völlig intakt ist und 2006 sogar der tschechische Fassadenwettbewerb gewonnen wurde, ist eine mehrstöckige Baubühne anstelle eines Gerüstes errichtet worden. Über die werden sämtliche Transporte getätigt.
Petra Laurin SZ/Bautzen

Niederlandhefte -Schriftenreihe des Bundes der Niederländer“ – Wilhelm Pfeifer S.19/20 – HEFT 9 – 1977
Geschichte des Niederlandes“ – Karl Richter 1960
Heimatkunde des politischen Bezirkes Rumburg“ – Anton Hockauf 1885
Die deutschen Heimatführer“ Band 17/18 Sudetenland – Druck 1939

Unser Niederland“ – Ausgabe 522/523 Mai/Juni 1993 S.136/137 – Die Austreibung der Deutschen aus Warnsdorf – L.Grünthal 1950
[wp-svg-icons icon=“newspaper“ wrap=“i“] „Unser Niederland“ – Ausgabe 690 – Mai 2007

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