Seite 511 - Geflügelte Worte
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es möglich wäre, dass ich Gott sein könnte und zween Söhne hätte, so müsste mir der älteste Gott nach mir und der andre König in Frankreich sein'". Die Redensart leben wie Gott in Frankreich, die allein in Deutschland gebräuchlich ist, lässt sich nur aus dieser Anekdote erklären. Man muss annehmen, dass Maximilian in den Mund gelegt wurde, sein erster Sohn müsse Gott, sein zweiter Gott in Frankreich sein.-- Der Ablasskrämer Johann Tetzel (1455-1519) pflegte zu sagen: "sobalde der pfennige ins becken geworffen und clünge sobalde vere die sele, dafür er geleget, ym Himmel" (s. "Görlitzer Annalen" 1509-1542 von Bürgermeister Joh. Hass; abgedr. in d. "Zeitschr. f. histor. Theolog." 4, Heft, Jahrg. 1842, S. 173). Hans Sachs in seinem Sang "Die Wittenbergisch Nachtigall, Die man yetz höret vberall" (1523) legte dann den Ablasskrämern die Verse in den Mund: /* "Legt ein gebt euwer hilff und stewr Und lösst die seel auss dem Fegfewr Bald der guldin im Kasten klinget Die Seel sich auff gen hymel schwinget". */ Dies hat sich zu dem geflügelten Wort umgeformt: Sobald das Geld im Kasten klingt, Die Seele aus dem Fegfeuer springt. Freilich hat Tetzel in seiner Antithese gegen Luthers 27. These ("Statim ut iactus numus in cistam tinnierit evolare dicunt animam") gesagt, dass eine geläuterte Seele sich auch ohnedem zu Gott aufschwinge, aber er hat damit nicht ganz die reinigende Kraft solcher Spende abgeleugnet. (vrgl. Kayser: " Geschichtsquellen über Tezel" Annal. 1877. S. 13).--
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