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Orientalistik Mainz: Geschichte

Die Anfänge des Seminars für Orientkunde fallen mit der Wiedereröffnung der Johannes Gutenberg-Universität 1946 zusammen. Inhaber des Lehrstuhls für Islamische Philologie und Islamkunde und erster Direktor des Seminars für Orientkunde war Prof. Dr. Helmuth Scheel (geb. 19.5.1895, gest. 6.6.1967). Scheel leitete das Seminar bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1963. Als Scheel 1946 den Lehrstuhl in Mainz einnahm, konnte er bereits auf ein bewegtes Leben als Soldat, Diplomat und Dozent zurückblicken. Scheel war 1928 in Greifswald promoviert worden, seine Dissertation trug den Titel "Die Schreiben der türkischen Sultane an die preußischen Könige in der Zeit von 1721 bis 1774 und die ersten preußischen Kapitulationen vom Jahre 1761". Scheel war von 1939 bis 1952 Herausgeber der Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft (ZDMG) und gehörte 1949 zu den Begründern der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. Er war Mitherausgeber der Philologiae Turcicae Fundamenta (Bände I und II), eines der Standardwerke der Turkologie.

Nachfolger von Helmuth Scheel war Prof. Dr. Johannes Benzing (geb. 13.1.1913, gest. 16.3.2001). Benzing wurde 1939 mit der Dissertation "Über die Verbformen im Turkmenischen" promoviert und habilitierte sich 1942 mit der Arbeit "Tschuwaschische Forschungen IV. Die Kasus". Benzing wurde 1959 Außerplanmäßiger Professor, 1963 Ordentlicher Professor für Islamische Philologie und Islamkunde am Seminar für Orientkunde. Sein Forschungsschwerpunkt lag auf der Turkologie; nach seiner Emeritierung 1981 wurde seine Professur in einen Lehrstuhl für Turkologie umgewidmet.

Die Fächer Islamische Philologie und Islamkunde wurden seit 1968 durch mehrere Professoren gelehrt. Im Jahre 1968 wurde Prof. Dr. Heribert Horst (geb. 1925) Außerplanmäßiger Professor (Habilitation 1962, Pensionierung 1990).

1972 wurde Dr. Helga Venzlaff (geb. 1935) Assistenzprofessorin am Seminar für Orientkunde, 1974 Außerplanmäßige Professorin, 1976 Professorin (Habilitation 1973, Pensionierung 2000).

Dr. Hans Jürgen Kornrumpf (geb. 1926) wurde 1975 Außerplanmäßiger Professor (Habilitation 1975, Pensionierung 1991). Alle drei Gelehrten führen auch nach ihrer Pensionierung bis heute Lehrveranstaltungen zur Islamischen Philologie und Islamkunde durch.

Nach der Emeritierung von Professor Benzing im Jahre 1981 wurde Prof. Dr. Lars Johanson (geb. 1936 in Köping/Schweden) C4-Professor für Turkologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Habilitation 1971 in Uppsala, Umhabilitation nach Mainz 1973). Professor Johanson ist Herausgeber der Reihe Turcologica im Harrassowitz-Verlag (seit 1985, bisher über 60 Bände) und der Zeitschrift Turkic Languages (seit 1997). Er wurde 2001 pensioniert. Johanson forscht auf allen erdenklichen Gebieten der sprachwissenschaftlichen Gesamtturkologie und hat eine beeindruckende Zahl wissenschaftlicher Publikationen verfaßt.

Prof. Dr. Manfred Kropp (geb. 1947) ist seit 1991 C3-Professor für Islamwissenschaften und Semitistik am Seminar für Orientkunde. Er war von 1999 bis 2008 beurlaubt. Die Fachvertretung Islamwissenschaft hatte von 1999 bis 2004 Privatdozent Dr. phil. habil. Franz-Christoph Muth (geb. 1954) inne.

In der Übergangsphase zwischen der Pensionierung von Professor Johanson und der Neubesetzung (2001-2002) wurde die C4-Professur für Turkologie von Prof. Dr. Bernt Brendemoen (geb. 1949 in Oslo) vertreten. Brendemoen war seit 1989 Leiter des Universitätsfaches Türkisch an der Universität Oslo und wurde 2002 zum Professor für Turkologie an der Universität Oslo ernannt.

Seit 2002 ist Prof. Dr. Hendrik Boeschoten (geb. 1950 in Hilversum/Niederlande) C4-Professor für Turkologie. Sein Werk umfaßt eine große Zahl von Publikationen u.a. zur sprachwissenschaftlichen Turkologie und Islamischen Philologie. Professor Boeschoten ist der amtierende Geschäftsführende Leiter des Seminars für Orientkunde.

Am Seminar für Orientkunde werden die wissenschaftliche Reihe Turcologica und die Zeitschrift Turkic Languages herausgegeben.

Seit 1997 ist die Turkologie mit einem eigenen Projekt "Türkische Dialekte türkisch-iranischer Kontaktgebiete in ihrem Verhältnis zu Zentren sprachlicher Normierung" im Sonderforschungsbereich 295 "Kulturelle und sprachliche Kontakte - Prozesse des Wandels in historischen Spannungsfeldern Nordostafrikas/Westasiens" der Universität Mainz vertreten.

Das Seminar für Orientkunde beteiligt sich immer wieder an der Ausrichtung von Fachkonferenzen und Symposien.

In Kooperation mit dem SFB 295 wurde 2002 das Symposium "Erbe der Seldschuken" veranstaltet; 2004 fand das Symposium "The Evolution of Turkic in Iran" statt.

2002 richtete das Seminar für Orientkunde in Mainz die 5. Deutsche Turkologenkonferenz "Einheit und Vielfalt in der türkischen Welt" aus.

2006 fand das Symposium "Die Turkologie in Mainz — Traditionen und Perspektiven" statt.

An allen genannten Veranstaltungen nahmen Turkologen aus aller Welt teil.