Arbeiterlager bei den Tanklagern in Bremen-Farge&Schwanewede
- ️Fri Oct 20 2000
Bis 1945:
Für die umfangreichen militärischen Bauvorhaben während
des III. Reiches im Raum Farge und Schwanewede wurden natürlich
Massen von Arbeitskräften und Personal benötigt. Als Spitzenzahl
können bis zu 12.000 Menschen genannt werden, die hier zeitgleich
beschäftigt waren. Um diese in der Nähe der Baustellen unterbringen
zu können, sind nach und nach im Umkreis von sechs Kilometern
insgesamt acht Lager errichtet worden.
Der Aufbau dieser Lager folgte zeitlich den Projekten, die hier begonnen
wurden. Bereits 1936 entstand das erste Quartier für den Bau des Wifo-Tanklagers
Bremen-Farge. 1939 war Baubeginn des Kriegsmarinetanklagers
Farge auf Gebiet der Gemeinde Schwanewede. Im Sommer 1943 folgte
schließlich in Bremen-Rekum unmittelbar an der Weser die U-Boot-Bunkerwerft "Valentin".
Während das Wifo-Tanklager 1943 vorerst fertiggestellt wurde,
sind die Arbeiten am unvollendeten Kriegsmarinetanklager 1941 weitgehend
gestoppt worden. Mit dem Baubeginn des "Valentin" verlagerte
sich der Schwerpunkt aller Aktivitäten im Raum Farge auf die Baustelle
der Bunkerwerft.
Auch die Umstände der Unterbringung und die Art und Weise der
Behandlung von Arbeitskräften folgte der Entwicklung in der Zeit.
Zunächst, noch vor Beginn des II. Weltkrieges, waren deutsche
Arbeitskräfte aus entfernten Gebieten unterzubringen. In dieser
Zeit gab es auch zahlreiche im Ausland angeworbene Freiwillige auf
den Baustellen. Meistens waren es schwierige wirtschaftliche Verhältnisse
in den Heimatländern, die die Menschen dazu bewegten, Arbeit in
Deutschland anzunehmen. Nachdem durch die ersten Feldzüge des
II. Weltkrieges etliche Länder von deutschen Truppen besetzt waren,
kamen viele mehr oder weniger freiwillig angeworbene ausländische
Arbeitskräfte dazu. Darunter waren Menschen aus den westlichen
Ländern, wie Frankreich, Belgien und den Niederlanden, sowie aus
allen besetzten osteuropäischen Ländern. Als die NS-Regierung
im März 1942 der Arbeitsdienst für Ausländer einführte,
kamen zahlreiche Zwangsverpflichtete hinzu. Auf den Baustellen wurden
auch Kriegsgefangene eingesetzt, KZ-Häftlinge mußten hier
ebenfalls arbeiten.
Die Behandlung der Arbeitskräfte war sehr unterschiedlich und
entsprach der "Rassenpolitik" der Nationalsozialisten. Während
Fremdarbeiter aus den westlichen Ländern eine vergleichsweise
gute Versorgungslage und mehr Freiheiten hatten, waren sowjetische
Kriegsgefangene, KZ-Häftlinge und Insassen des Arbeitserziehungslagers
die am schlechtesten Versorgten und am unmenschlichsten Behandelten
in den Lagern.
Nun zu den einzelnen Lagern:
Weiterhin diente das Gelände als Materiallager für das
Bauvorhaben. Am Nordrand befand sich der Endpunkt der Marinebahn
mit Verladerampen. Auf den Freiflächen und in diversen Baracken
wurden Baumaterialien gelagert.
Da die eigenen Gebäude für die Einheiten der Abteilung
nicht ausreichten, sind noch im Sommer 1943 die nördlichsten
Baracken des Arbeitserziehungslagers von der Marine übernommen
worden. Dort kam die 7. Kompanie der Marineersatzabteilung 25 unter.
Die Einrichtung wurde von Gestapo Bremen als Straflager verwendet.
Im AEL herrschten die schlimmsten Bedingungen. Es sollte dazu dienen,
sogenannte Arbeitsunwillige zu bestrafen. Die Insassen sollten für
einen befristeten Zeitraum inhaftiert bleiben und in der Zeit eine
schlimmere Behandlung als im KZ erfahren, um sie dadurch für
den späteren weiteren Arbeitseinsatz gefügig zu machen.
Bei der Auswahl der Zuweisungen und der Festlegung der Aufenthaltsdauer
herrschte völlige Willkür.
In den Baracken waren bis zu 600 Häftlinge aller Nationalitäten
untergebracht, darunter auch Deutsche. Sie wurden zu schwersten Arbeiten
auf den Baustellen der Tanklager und der Bunkerwerft herangezogen.
Durch die besonders harten Umstände kamen mindestens 150 Menschen
zu Tode. Im April 1943 ist das Lager aufgelöst worden, die Gefangenen
verlegte man teilweise nach Hamburg-Fuhlsbüttel.
Noch im Sommer 1943 mußten die nördlichsten Baracken des
AEL an die Kriegsmarine abgegeben werden. Diese brachte darin eine
Kompanie der 25. Marineersatzabteilung unter, siehe Punkt -#4-.
Oberirdisch hatte man neben dem Dach des Bunkers Baracken für
Verwaltung, Krankenrevier und Küche errichtet. Ab Juli 1944
kamen zahlreiche weitere deportierte Franzosen in das Außenlager.
Jetzt wurden im Kommando zwei zusätzliche Häftlingsbaracken
gebaut. Die maximale Belegungszahl belief sich auf bis zu 3.000 Insassen,
durchschnittlich waren rund 2.000 Menschen aller Nationalitäten
einquartiert. Sie mußten auf der Baustelle schwerste Zwangsarbeit
verrichten. Durch die harten Arbeits- und Lebensumstände sowie
durch die völlig unzureichende Ernährung kam es zu mindestens
550 Toten in diesem Kommando.
Im März 1945 wurden die Verhältnisse noch schlimmer. In
dieser Zeit führte die Kommandantur von Neuengamme die schrittweise
Evakuierung der westlich gelegenen Außenkommandos durch. Dadurch
trafen in Farge weitere Häftlinge unter anderem aus den Standorten Versen und Dalum ein.
Schließlich sollte auch Farge aufgelöst werden. Die Häftlinge
verlegten bis zum 11. April mit Gewaltmärschen Richtung KZ-Auffanglager
Sandbostel. Viele von ihnen kamen danach in die Lübecker Buch,
um von dort per Schiff weitertransportiert zu werden. Bei einem tragischen
Angriff alliierter Staffeln am 3. Mai auf diese Schiffe kamen 7.400
KZ-Häftlinge ums Leben.
In der Pufferzone zwischen dem Kriegsmarine- und dem Wifo-Tanklager
ist ein Massengrab angelegt worden. Hier wurden ab Frühjahr
1944 mindestens 783 Opfer aus den KZ-Außenlagern, dem Arbeitserziehungslager
und vermutlich dem Lager der sowjetischen Kriegsgefangenen verscharrt.
Der II. Weltkrieg endete am 8. Mai 1945. Am 11. Mai besetzten britische
Truppen die Umgebung.
Ab 1945:
Die Entwicklung der einzelnen Lager nach dem II. Weltkrieg:
1947 ging das Hospital an die Evangelische Kirche über. Diese
nutzte das Lager bis Dezember 1962 als Krankenhaus und Altersheim.
1963 übernahm die Bundeswehr das Areal baute es zu einer Kaserne
aus. Im Rahmen der Truppenreduzierungen verlegten zu Beginn des Jahres
2004 die letzten Einheiten daraus in die Lützow-Kaserne nach
Schwanewede. Nun steht das frührer MGL II leer. In einer historischen
Baracke, der "Wilhelmine", wird der Kreis Osterholz nun
eine Dokumentation über das Lager aufbauen.
Die Gesamtfläche des Kriegsmarine-Tanklagers ist heute
der Standortübungsplatz der Bundeswehr-Garnison Schwanewede.
Nördlich des Marinegemeinschaftslagers II befindet sich ein Friedhof,
auf dem zahlreiche Opfer begraben liegen, die noch nach Kriegende im
Lazarett an den Folgen der Mißhandlungen gestorben sind.
Im Jahre 1949 wurden die Leichen aus dem Massengrab am Rande der Behältergruppe
I exhumiert und auf den Friedhof in Bremen-Osterholz umgebettet. Im
Jahre 1954 sind bei Waldarbeiten am Ostrand des freigezogenen Teils
vom Wifo-Tanklager weitere Tote in einem Massengrab gefunden worden.
Auch sie bekamen nun ihre letzte Ruhestätte auf den Osterholzer
Friedhof.
Zustand:
Von den Lagern ist nicht mehr viel zu erkennen.
Zugang:
Die Standorte der Lager Tesch und des Lagers Heidkamp sind heute Wohngebiet,
somit zugänglich. Das frühere Marinegemeinschaftslager
II ist nicht zugänglich, kann aber von außen eingesehen
werden. Marinegemeinschaftslager I, das Lager der 2. Marinebaubereitschaftsabteilung
und das AEL Farge befanden sich auf dem heutigen Standortübungsplatz.
Dieser darf außerhalb von Übungszeiten betreten werden.
Am Ort des Lagers Bahrsplate ist alles frei begehbar.
Hinweis:
Es gibt eine Web-Seite, die sich mit dem Arbeitserziehungslager befaßt:
http://www.geocities.com/Pentagon/7087/uk073.htm
Eine weitere Seite berichtet über das Lager Bahrsplate:
http://www.geocities.com/Pentagon/7087/uk072.htm
Der Verein
"Dokumentations- und Gedenkstätte Geschichtslehrpfad Lagerstraße/U-Boot-Bunker
Valentin e.V."
informiert im Internet:
http://www.geschichtslehrpfad.de
Es ist ein interessantes Buch über den U-Boot-Bunker Valentin
erschienen, das auch diverse Abbildungen der Lager enthält:
Titel: Die U-Boot-Bunkerwerft "Valentin"
Autor: Rainer Christochowitz
Verlag: Donat Verlag
ISBN: 3-934836-05-4
Die Nummerierung entspricht der obigen Auflistung.
Nicht in diesem Kartenausschnitt darstellbar ist das Lager Bahrsplate.
Rot markiert: der heutige Zaunverlauf des IVG-Tanklagers, dunkelblau: der äußere
Zaun des Wifo-Tanklagers im II. Weltkrieg,
violett: die Grenze des Kriegsmarinetanklagers.